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Produktdetails
  • Kailash
  • Verlag: Kailash
  • Seitenzahl: 294
  • Abmessung: 215mm
  • Gewicht: 468g
  • ISBN-13: 9783720521963
  • ISBN-10: 3720521966
  • Artikelnr.: 24710767
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.09.2001

An einem Tag im Mais konnte ich ohne nennenswerte Unkosten dem Glücksfall begegnen
Wer sich dem Dienst an einer höheren Sache widmet, sollte bei aller Phantasie und Großherzigkeit das geregelte Leben zu schätzen wissen: Kenneth Johnson bildet zum Maya-Kalenderschamanen aus

Lange bevor Kolumbus Amerika entdeckte, lebte auf der mittelamerikanischen Insel Yukatan, beherrscht von mächtigen Königen und Priestern, das kunstfertige Volk der Mayas. Kulturen wie diese, von der wir über Jahrtausende getrennt waren, sind uns besonders fremd. Kein Herodot hat uns - und sei es noch so bruchstückhaft - über sie informiert. Die Pyramiden Ägyptens gehören zu den Weltwundern und schmücken die Zigarettenschachteln, die Pyramiden Mittelamerikas fallen uns nur auf Nachfrage ein.

Genauso ist es mit Kalender, Horoskop und Wahrsagerei der Mayas. Die Siebentagewoche, der babylonische Tierkreis und der unheilschwangere Freitag der Dreizehnte sind uns vertraut, auch wenn wir vielleicht manchmal nicht daran glauben wollen. Die Mayas haben im Grunde ganz ähnliche Traditionen wie wir, nur die Details sind anders. Ob das Bedürfnis nach einem Geburtshoroskop in den Genen des Homo sapiens verankert ist oder ob es Bestandteil der Kultur war, die ihn auf dem langen Weg von Alaska nach Mittelamerika begleitet hat, werden wir vielleicht nie mit Sicherheit wissen.

Der Untertitel von Kenneth Johnsons Buch - "Praxis und Anwendung des Maya-Kalenders" - übertreibt. Der Kalender der Mayas besteht zunächst einmal aus einem weltlichen Kalender mit achtzehn Monaten mit je zwanzig Tagen und einem Rumpfmonat mit fünf. Das ist fast ein Sonnenjahr, nur gibt es keine Schaltjahre. Der Durchschnittsindianer wird es aber seinerzeit kaum gemerkt haben, daß am Ende seines Lebens der Frühling etwas früher kam als am Anfang. (Die alten Ägypter hatten übrigens auch ein Jahr konstanter Länge, das sogenannte annus vagus, das sich langsam durch die Jahreszeiten bewegte.) Parallel dazu gibt es aber noch die rituelle Zeit. Diese verläuft in zwei Zyklen mit Perioden von 13 und 20 Tagen, ein wenig vergleichbar mit dem Fließschen Biorhythmus mit seinen Perioden 23, 28 und 33. Und nur mit diesem "Ritual-Almanach" beschäftigt sich das vorliegende Buch ausführlich.

Ein Beispiel macht alles klarer. Der Rezensent wurde am Tag 7 Mais geboren, wie man mit den Tabellen im Buch berechnen kann. Der Tag darauf war 8 Jaguar. Die 8 folgt auf die 7, danach kommt die 9 usw. bis zur 13, danach beginnt man wieder mit 1. Auf den Mais folgt der Jaguar, danach der Adler usw. Von diesen "nagual" gibt es 20 verschiedene: Krokodil bis Ahnen und wieder von vorn. Was bedeutet 7 Mais? Die 7 liegt genau in der Mitte des Zyklus 1, 2, 3, . . . , 13 und hat daher eine starke und ausgeglichene Energie. Die Tage am Anfang sind schwach, die am Ende sind oft zu stark. Die 7 ist ein guter Tag für Rituale und anderes. Und der Mais ist ein "wahrer Glücksfall". An diesem Tag steigen Götter wie Quetzalcoatl, die gefiederte Schlange, zur Erde herab. Mais-Geborene schätzen ein geregeltes Leben. (Stimmt!) Der Mais ist ein stilles Zeichen, das nicht ans Licht der Öffentlichkeit drängt. (Stimmt.) Die "in die Höhe wachsenden Maisstengel stehen symbolisch für die zentrale Säule, den kosmischen Weltenbau, der die Quelle aller inneren Macht und Autorität ist". Der Mais ist ein günstiges Zeichen für einen künftigen Kalenderschamanen.

Es geht aber noch weiter. Die Vergangenheit von 7 Mais wird bestimmt durch 12 Schlange im "Westen". Die Schlangenkraft hat ihren Sitz im Wurzelchakra am Ende der Wirbelsäule. Die Liebesgöttin Jaderock ist untrennbar mit diesem Zeichen verbunden. Marilyn Monroe etwa wurde am Tag 5 Schlange geboren.

Die Zukunft von 7 Mais liegt im "Osten" bei 2 Krokodil. Krokodile sind visionäre Träumer wie Federico Fellini ("Julia und die Geister") und Woody Allen. Die 2 gibt aber zu erkennen, daß die Tendenz in unserem Fall eher moderat ist. (Stimmt!) Im "Süden" von 7 Mais wird die männliche Energie durch 1 Hirsch bestimmt. Hirsche stehen "unter dem inneren Zwang, nur um der persönlichen Macht willen Einfluß und Kontrolle über andere zu erlangen". Hier ist die schwache 1 sicherlich positiv zu interpretieren.

Dafür findet man im "Norden" 13 Sturm. Sturm-Geborene sind phantasievoll und großherzig. (Stimmt!) Sie "können von der Last ihres Karmas erlöst werden, wenn sie sich dem Dienst an einer höheren Sache widmen".

Kurz und gut, der Rezensent wäre der ideale Kalenderschamane, ähnlich wie Sigmund Freud und Carl Gustav Jung (jeweils 10 Mais). Zum Glück steht in Johnsons Buch alles, was man wissen muß, um einer solchen Vision zu folgen. Es ist alles deutlich einfacher als bei der klassischen Astrologie, wo man mühsam die Planeten auf die Himmelshäuser verteilen muß, und auch für einen Spätberufenen noch erlernbar.

Wenn man das gesamte Spektrum abdecken will, sozusagen als Full Service Agentur, benötigt man noch ein paar Hilfsmittel. Dafür muß man sich aber nicht in Unkosten stürzen. Irgendein kleines Säckchen, zum Beispiel die Art Beutel, in der man seine Runensteine aufbewahrt, genügt zum Wahrsagen. Man füllt es mit Samen. Ob das nun Maiskörner sind oder Bohnen, ob es 150 sind oder 260, bleibt jedem selbst überlassen. Für ein Orakel greift man ein paar von diesen Samen und legt sie nach einem gewissen Muster auf dem Tisch aus. Zur Interpretation dienen praktischerweise wieder die gleichen "nagual", die wir sowieso schon kennen.

Erweitern kann man diesen Ritus durch das Auslegen von Kristallen. Auf seinen persönlichen Lichtstein, genannt "sastun", sollte man zum Zeichen der Ehrerbietung jeden Freitag neunmal mit Brandy ein Kreuz zeichnen. Das Kreuz ist hier nicht das christliche Kreuz. Es steht vielmehr für den Lebensbaum, eine Art abgespeckte Windrose mit Westen, Osten, Norden und Süden. Der Freitag und der Brandy entspringen allerdings nicht der Maya-Tradition. Diese Verbesserung des Ritus dürfte auf die spanischen Eroberer in Mittelamerika zurückgehen.

Vielleicht sollte der Rezensent sich tatsächlich künftig dem Dienst an einer höheren Sache widmen. Die besten Voraussetzungen dafür besitzt er. Von dem passenden Buch ganz zu schweigen.

ERNST HORST

Kenneth Johnson: "Die Weisheit des Jaguars." Praxis und Anwendung des Maya-Kalenders. Aus dem Amerikanischen von Elisabeth Liebl. Heinrich Hugendubel Verlag, München 2001. 294 S., Abb., geb., 39,90 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Der Untertitel des Buches sei irreführend, meint Ernst Horst. Es ginge bei der Studie von Kenneth Johnson nicht um den "weltlichen", kosmologischen Kalender der Maya, sondern ausführlich um die "rituelle Zeit". Diese zyklische Zeit sei mit dem Fließschen Biorhythmus vergleichbar. Um den Leser seiner Rezension eine Vorstellung dieses "Ritual-Almanach" und seiner mythologischen Bestandteile zu geben, exerziert Horst sein eigenes Geburtsdatum als Beispiel durch. Dabei kann er zwar einige Riten der Maya-Tradition nennen, so recht deutlich werden sie aber natürlich nicht. Zumindest kommt er zu dem Ergebnis, dass er die besten Voraussetzungen und das richtige Buch hätte, sich künftig höheren Dingen zu widmen, - als Kalenderschamane nämlich.

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