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Zum 200. Geburtstag von Elizabeth Gaskell am 29. September 2010 Elizabeth Gaskell porträtierte das Leben und Lieben in der englischen Provinz ebenso klug und unterhaltsam wie Jane Austen. Ihrem scharfen Blick blieb keine Seelenregung verborgen, die Schwächen ihrer Helden entrollt sie mit Nachsicht und Humor. Gaskells schönste Erzählungen präsentiert dieser Band in einer exklusive Auswahl. Seine ersten Tage als Landarzt hatte sich Dr. Harrison weniger turbulent vorgestellt. In London aufgewachsen, provoziert er bei den unverheirateten Damen von Duncombe arglos Missverständnis um Missverständnis…mehr

Produktbeschreibung
Zum 200. Geburtstag von Elizabeth Gaskell am 29. September 2010
Elizabeth Gaskell porträtierte das Leben und Lieben in der englischen Provinz ebenso klug und unterhaltsam wie Jane Austen. Ihrem scharfen Blick blieb keine Seelenregung verborgen, die Schwächen ihrer Helden entrollt sie mit Nachsicht und Humor. Gaskells schönste Erzählungen präsentiert dieser Band in einer exklusive Auswahl.
Seine ersten Tage als Landarzt hatte sich Dr. Harrison weniger turbulent vorgestellt. In London aufgewachsen, provoziert er bei den unverheirateten Damen von Duncombe arglos Missverständnis um Missverständnis und findet sich plötzlich dreifach verlobt. Erst nach zahlreichen Geständnissen ist der Weg frei für die große Liebe. In "Cousine Phillis" zeigt sich der jugendliche Erzähler betört vom ländlich-einfachen Charme seiner reizenden Verwandten. Gerade sein wohlmeinender Rat setzt deren Lebensglück jedoch ein tragisches Ende. Die Geschichte vom "Schafscherer in Cumberland" führt uns schließlich auf einem heiteren Spaziergang durchs sommerliche Nordengland. Hier versteht es die viktorianische Autorin, mit schwelgerischen, sinnenfrohen Landschaftsbeschreibungen zu begeistern.
Elizabeth Gaskell (1810 1865), Frau eines Geistlichen und fünffache Mutter, schrieb vierzig Erzählungen, sieben Romane (darunter das populäre "Frauen und Töchter") und eine vielbeachtete Biographie über ihre Freundin Charlotte Brontë. Mit ihrem psychologischen Scharfsinn und Wissen um die Lebensbedingungen ihrer Zeitgenossen gilt sie heute als eine der bedeutendsten Chronistinnen Nordenglands.
Autorenporträt
Elizabeth Gaskell, geb. 1810 als Elizabeth Stevenson in London, aufgewachsen in Knutsford (Cheshire) bei ihrer Tante, heiratete 1832 William Gaskell, einen unitarisch freikirchlichen Geistlichen und Universitätsdozenten in Manchester, mit dem sie fünf Kinder hatte. Während sich ihr Mann für die Bildung der Arbeiter engagierte, ist in Elizabeth Gaskells Korrespondenz immer wieder von den sozialen Härten des Frühkapitalismus die Rede. Ihr Erstlingsroman 'Mary Barton' verhalf ihr zur Bekanntschaft mit Dickens, für dessen Zeitschrift 'HouseholdWords' sie von nun an literarische Beiträge lieferte.
Ihr Erfolg brachte dem nicht gerade reichlich ausgestatteten Haushalt der Gaskells eine finanzielle Entlastung; nun konnte die Schriftstellerin Reisen unternehmen und in den literarischen Salons von London verkehren. Ein halbes Dutzend Romane und rund vierzig Erzählungen entstanden, außerdem eine Biographie von Charlotte Bronte. Sie starb 1865.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.09.2010

Was vom Dorfe übrig blieb

Völlig zu Unrecht ist die britische Autorin Elizabeth Gaskell, die in ihrer Heimat verehrt wird, hierzulande vergessen. Zu ihrem zweihundertsten Geburtstag liegen jetzt Erzählungen von ihr auf Deutsch vor.

Elizabeth Gaskell wurde vor zweihundert Jahren in London geboren. An sie und ihre Romane zu erinnern heißt, ein Versäumnis der jüngeren Literaturgeschichtsschreibung zu notieren. Denn es hängt von deren Verständnis des zwanzigsten Jahrhunderts ab, wie sie über die Literatur des neunzehnten Jahrhunderts berichtet, nämlich unter anderem so, dass Elizabeth Gaskell dabei gar keine Rolle spielt. In diesem Verständnis ist der Roman eine philosophische Gattung. Es kann gar nicht genug Philosophie in ihm vorkommen: Bewusstseinsphilosophie, Geschichtsphilosophie, Kunstphilosophie, Metaphysik, Pessimismus, religiöse Rätsel und so weiter.

Wenn so etwas geliefert wird - bei Mann, Kafka, Woolf, Joyce, Proust, Musil -, schlägt der Geigerzähler stark aus, sonst kaum. Und weil dasselbe Messgerät auch für die Literatur vor 1900 Verwendung findet, gibt es tausend Literaturgeschichten, in denen Goethe, Stendhal, Flaubert und Dostojewski eine Hauptrolle spielen, aber so gut wie keine, in der das für Jane Austen, Thackeray, Meyer, Maupassant oder Fontane gilt -, und überhaupt keine mit Elizabeth Gaskell.

Denn für Autoren wie sie hat der Roman gar nichts mit Philosophie zu tun. Sondern mit Schilderungen. Als "Art as Description" hat die große Kunsthistorikerin Svetlana Alpers einst das Programm der frühneuzeitlichen niederländischen Genremalerei umrissen. Das literarische Pendant dazu ist ein Phänomen des neunzehnten Jahrhunderts. "Schafscherer in Cumberland" heißt die erste der im vorliegenden Band übersetzten Erzählungen, die tatsächlich gar nichts erzählt, sondern nur berichtet, wie ein sommerlicher Ausflug zu jenen Schafzüchtern sich um 1850 zutrug. Fast möchte man es, wie manches Stück von Adalbert Stifter, mehr einen Beitrag zur agrar- denn zur literaturgeschichtlichen Überlieferung nennen. Für Leser, die vom Erzählen einen Spannungsbogen erwarten, ist so etwas eine Enttäuschung.

Wer den Band von vorn liest, sollte ihn trotzdem nicht gleich wieder zuschlagen. Denn schon in der zweiten Erzählung, "Cousine Phillis" aus dem Jahr 1863, wird deutlich, wovon jene schildernde Haltung zeugt. Es ist der Versuch, etwas zu schildern, das kaum noch da ist, eine Welt festzuhalten, die in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts dabei war zu entschwinden. Ohne große Kunstfertigkeit berichtet Gaskell, wie Dampfmaschinen und preiswerter Briefverkehr in die Gesellschaft der Kusinenheirat und des Landbesitzertums eindringen. Individuen, die sich noch an die Pflege frommer Praktiken verwiesen sahen, erfahren die Normalität der Rücksichtslosigkeit. Sie erwarten noch Umgangsformen aus der Welt Jane Austens und stehen noch im Landschaftshorizont der Schwestern Brontë, aber sie erleben schon die Industriemoderne. Der Geistliche ist an fünf Tagen der Woche Bauer, doch es ist ein Eisenbahningenieur mit globalem Tätigkeitsfeld, der die Genreszene erschüttert.

Elizabeth Gaskell war zu ihrer Zeit schlagartig berühmt geworden mit Romanen, die jeweils eines von beidem schilderten: Manchester, seine Unternehmer und seine Fabrikarbeiterschaft - in "Mary Barton", dem ersten Roman der Weltliteratur überhaupt, der eine Industriestadt schildert, und später in "North and South". Oder "Cranford", wie sie ihre heimatliche Gemeinde Knutsford, fünfundzwanzig Kilometer südlich der Tuchfabriken, in ihrem dritten Roman 1851 nannte: eine von Ritualen des Widerstands gegen die aufziehende Zeit lebende kommunale Donquichotterie, die vor allem von Witwen und Jungfern aufgeführt wird.

Das männliche Pendant dazu ist die Titelgeschichte des Bandes. In ihr gerät der junge Arzt Harrison in ein Netz von Heiratserwartungen des kleinstädtischen Duncombe und seiner von Phrasen und Voreingenommenheiten bestimmten Bewohner. Das Wachsfigurenkabinett, als das man Gaskells Romanwelt einmal bezeichnet hat, zeigt hier die leicht unheimlichen Seiten, die alles Überholte hat, wenn an ihm festgehalten wird, als sei es selbstverständlich. "Es war einmal ein Land, und in dem Land war eine Grafschaft, und in der Grafschaft war eine Stadt, und in der Stadt war ein Haus, und in dem Haus war ein Zimmer, und in dem Zimmer stand ein Bett, und in diesem Bett lag hellwach ein kleines Mädchen." So beginnt Gaskells letzter Roman "Frauen und Töchter", und es ist dieser Gestus eines "Es war einmal", das auf etwas Gegenwärtiges angewendet wird, der ihre Geschichten prägt. Insofern war es auch ganz folgerichtig, dass sie auch Gespenstergeschichten schrieb. Den "Geist im Gartenzimmer", einen Beitrag zu einer Sequenz von Schauerstücken, die Charles Dickens 1859 mitverfasst und herausgegeben hat, hätte man sich beispielsweise anstelle der Schafscherer gut als Eingangsstück vorstellen können.

Der Manesse Verlag hat schon einiges dafür getan, dass Elizabeth Gaskell hierzulande nicht völlig vergessen ist, insbesondere durch eine Ausgabe von "Frauen und Töchter". Zum runden Geburtstag der Autorin legt er diese Ausgabe vor, eine um zwei Geschichten gekürzte Fassung der "Erzählungen", die 1996 im selben Haus erschienen sind. Ihre großen, recht umfangreichen Werke warten allerdings noch auf eine Übersetzung. Und die Autorin, die in Großbritannien verehrt wird, auf einen Platz in der Literaturgeschichte, den sie nicht nur durch ihre Gutmütigkeit, ihren Sinn für das tätige Leben und ihre Sehnsucht nach einer unaufgewühlten Gesellschaft verdient hat.

JÜRGEN KAUBE

Elizabeth Gaskell: "Mr. Harrisons Bekenntnisse". Erzählungen. Mit einem Nachwort von Alice Reinhard-Stocker. Aus dem Englischen von Andrea Ott. Manesse Verlag, München 2010. 376 S., geb., 19,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Pünktlich zum 200. Geburtstag der Autorin erscheint diese Neuauflage mit Erzählungen. Jürgen Kaube ist beeindruckt vom Primat des Berichts bei Verzicht auf alles Philosophische in diesen Texten. Den Band nicht gleich aus der Hand zu legen, rät er uns allerdings, auch wenn wir Spannung erwarten, denn für Kaube hat Elisabeth Gaskell ein Anliegen. Es geht um die Schilderung von dem Untergang Geweihtem im Zuge der Industrialisierung, um den Einzug von Dampfmaschine und preiswerter Briefpost. Und hier spürt der Rezensent sogar etwas Unheimliches in den Texten, immer dann, wenn das märchenhafte "Es war einmal..." von Gaskell angewandt wird, um noch Existierendes zu beschreiben. Für Kaube ist der Band eine gute Gelegenheit, diese bei uns beinahe vergessene Autorin kennenzulernen.

© Perlentaucher Medien GmbH
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