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In der aktuellen internationalen Forschung über den Ersten Weltkrieg stehen insbesondere die Kriegsgesellschaften im Mittelpunkt. Dennoch fehlte bisher eine Untersuchung, die sich mit dem Diskurs um Krieg und Frieden, Kriegs- und Friedensziele in der ÖffentlichkeitÖsterreich-Ungarns befaßt. Das vorliegende Werk von Petronilla Ehrenpreis schließt diese wichtige Forschungslücke.Erstmals wurden die deutschsprachige Presse Wiens und der Kronländer, Versammlungsberichte und Sitzungsprotokolle der Parteien systematisch ausgewertet. Sie gewähren einen umfassenden Einblick in die öffentliche…mehr

Produktbeschreibung
In der aktuellen internationalen Forschung über den Ersten Weltkrieg stehen insbesondere die Kriegsgesellschaften im Mittelpunkt. Dennoch fehlte bisher eine Untersuchung, die sich mit dem Diskurs um Krieg und Frieden, Kriegs- und Friedensziele in der ÖffentlichkeitÖsterreich-Ungarns befaßt. Das vorliegende Werk von Petronilla Ehrenpreis schließt diese wichtige Forschungslücke.Erstmals wurden die deutschsprachige Presse Wiens und der Kronländer, Versammlungsberichte und Sitzungsprotokolle der Parteien systematisch ausgewertet. Sie gewähren einen umfassenden Einblick in die öffentliche Auseinandersetzung um Krieg und Frieden in der Julikrise 1914, die sich in den Kriegs- und Friedenszieldebatten der Parteien, der im Krieg neu entstandenen bürgerlichen Gesprächskreise und der Eliten aus Wirtschaft, Kirche und Verbänden fortsetzte.Vor allem durch die Analyse der Presseakten ließen sich neue Erkenntnisse über die Rolle der (ver-)öffentlich(t)en Meinung im Entscheidungsprozess der politisch Verantwortlichen gewinnen und es konnte rekonstruiert werden, wie die Entscheidungsträger mit dem Instrumentarium der Pressepolitik den gesellschaftlichen Diskurs zu lenken versuchten, aber letztendlich scheiterten. Die Politik des Außenministers Czernin, der die Öffentlichkeit wie kein anderer seiner Amtsvorgänger während des Kriegs in sein außenpolitisches Kalkül einbezog, erfährt in diesem Kontext eine Neubewertung.Die Autorin:Petronilla Ehrenpreis, geb. 1962; Studium der Geschichte, Anglistik und politischen Wissenschaften an den Universitäten Erlangen/Nürnberg und Wien sowie am University College of Wales, Aberysthwyth; Promotion zum Dr. phil. an der Universität Erlangen-Nürnberg 1999; Forschungsschwerpunkte: Geschichte des Ersten Weltkriegs, Kommunikationsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts.
Autorenporträt
Petronilla Ehrenpreis, geb. 1962, studierte Geschichte, Anglistik und politischen Wissenschaften an den Universitäten Erlangen/Nürnberg und Wien sowie am University College of Wales, Aberysthwyth. Sie promovierte zur Dr. phil. an der Universität Erlangen-Nürnberg 1999. Ihre Forschungsschwerpunkte: Geschichte des Ersten Weltkriegs, Kommunikationsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.09.2006

Falken, Tauben, Wiener
Kriegszieldebatten in Regierung und deutschsprachiger Öffentlichkeit der k. u. k. Monarchie

Immer wieder findet der Erste Weltkrieg, das eindrucksvolle Lehrstück über die geschichtsmächtige Wechselwirkung von Krieg und Revolution, die Aufmerksamkeit der Historiographie. Vor diesem Hintergrund untersucht Petronilla Ehrenpreis die schier nicht enden wollenden Debatten über "Krieg und Frieden, Kriegs- und Friedensziele in Regierung, Parteien und deutschsprachiger Öffentlichkeit der Donaumonarchie". Im Zentrum ihrer Darstellung, die auf einer kaum zu überbietenden Materialbasis ruht und in ihrer lexikalischen Anlage immer wieder die Grenze des Lesbaren streift, steht die heute so genannte Diskursanalyse der "nicht-diplomatiegeschichtlichen" Faktoren. Die politischen Entscheidungen der Verantwortlichen - während der Julikrise des Jahres 1914 beispielsweise - erscheinen der Verfasserin dagegen eher zureichend geklärt. Schon die Tatsache, daß der Nachlaß des Grafen Hoyos, eines der einflußreichsten Repräsentanten aus der unmittelbaren Umgebung des österreichisch-ungarischen Außenministers Berchtold, für die Forschung nicht zugänglich ist, setzt hinter solche Annahme ein Fragezeichen.

Wie auch immer: Was die Autorin darstellt, ist für die Geschichte der Doppelmonarchie während der Jahre von 1914 bis 1918 aufschlußreich und verweist über sich hinaus auf die kaum zu lösenden Probleme eines in überalterten Verfassungszuständen verharrenden Kaiserreichs während eines modernen Völkerringens: Mit einer bis zu den im Frühjahr 1917 einsetzenden Liberalisierungen äußerst rigiden Pressezensur war den sich auftürmenden Verwerfungen, welche die Regierung in Wien und die Völker der unterschiedlichen Nationalitäten zunehmend voneinander entfremdeten, einfach nicht mehr beizukommen. Der Appell an das einigende Band der Krone versagte vor allem nach dem Tod des bereits zu seinen Lebzeiten legendären Kaisers Franz Joseph, weil die Massen nach Teilhabe an der politischen Macht beziehungsweise nach der Befreiung aus dem von vielen so empfundenen "Völkerkerker" der übernationalen Monarchie verlangten.

Weil aber eine freie Debatte, lange Zeit jedenfalls, nicht stattfinden konnte, wurden informelle Einrichtungen der Meinungsbildung, welche die Verfasserin systematisch betrachtet, um so wichtiger: In Parteien und Verbänden, beim hohen Klerus der katholischen Kirche und in "bürgerlich außerparlamentarischen Gesprächsforen", die sich beispielsweise als "Dienstag-Kreis" um den Direktor des Haus-, Hof- und Staatsarchivs in Wien, Hanns Schlitter, oder als "Friedjung-Kreis" um den bekannten österreichischen Historiker gebildet hatten, wurde über Kriegführung und Friedenssuche, über Gegenwart und Zukunft des Vielvölkerstaates, über Monarchie und Parlamentarismus ebenso hingebungsvoll wie ausufernd diskutiert. Tatsächlich relevant wurde so manches davon in dem historischen Moment, als der im November 1916 zum Kaiser gekrönte Karl I. ausgerechnet Ottokar Graf Czernin zum Außenminister ernannte.

Die von Kriegsbeginn an vorwaltende Neigung der k. u. k. Monarchie, eher um ihrer Selbstbehauptung willen zu fechten und weniger, um ausladende Eroberungen zu tätigen, verdichtete sich nunmehr zum zentralen Ziel des neuen Repräsentanten am Ballhausplatz, nämlich "in einem militärisch günstigen Augenblick dem Feind ,goldene Brücken' zu bauen und den Krieg - wenn nötig auch mit beträchtlichen Opfern - zu beenden". Auf diesem Weg versuchte Czernin, nicht zuletzt auch mit Hilfe der staatlichen Presselenkung, also des Literarischen Bureaus, die Öffentlichkeit für sich zu gewinnen. Immer wieder betonte der Außenminister, "Österreich-Ungarn sei nicht zu vernichten und wolle auch nicht vernichten". Mit charismatischer Tatkraft ausgestattet, vermochte er, zumindest anfangs, gewisse Erfolge zu verbuchen, bis sich schließlich auch ihm die unüberwindbaren Grenzen der allgemeinen Verhältnisse zeigten: Denn "Hand in Hand mit dem öffentlichen Diskurs um einen Verständigungsfrieden gingen der Regierung unerwünschte Forderungen nach Demokratisierung und Selbstbestimmung".

Bereits kurze Zeit nach dem Friedensschluß von Brest-Litowsk im März 1918, mit dem das revolutionäre Rußland aus dem Ersten Weltkrieg ausschied und den die Doppelmonarchie stärker als Auftakt zu einem allgemeinen Frieden und weniger, wie etwa der deutsche Bündnispartner, als Voraussetzung für einen endgültigen Sieg der Waffen ansah, schlug Czernins Abschiedsstunde. Die Phalanx der von ihm, der auf inneren Ausgleich und äußeren Frieden setzte, attackierten "Friedenshysteriker", "Annexionisten" und "Masaryks", womit er sich gegen die nach seiner Einschätzung kaum erfüllbaren Forderungen der Tschechen wandte, trug dazu bei, daß er stürzte.

Zwischen Falken und Tauben, Anhängern des Sieg- und des Verständigungsfriedens gespalten, litt Österreich-Ungarn seinem Untergang entgegen. So, wie die Donaumonarchie 1914 eher in "Schicksalsergebenheit" als aus Kriegslust den Waffengang begonnen hatte, also aus der "Überzeugung von der Unaufschiebbarkeit der dauerhaften Lösung eines Konfliktes, der als Existenzfrage der Monarchie eingestuft wurde", so nahm zumindest die deutschsprachige Öffentlichkeit den im September 1919 in Saint-Germain-en-Laye geschlossenen Frieden mit "dem Gefühl einer dumpfen Niedergeschlagenheit" hin. Ebendieser weitverbreiteten Empfindung aber verlieh das "Wiener Handelsblatt" unter dem Datum des 12. September 1919 sinnfälligen Ausdruck, als es über das außenpolitisch gedemütigte und innenpolitisch zerrissene Land urteilte: "Der Friede kommt über uns."

KLAUS HILDEBRAND

Petronilla Ehrenpreis: Kriegs- und Friedensziele im Diskurs. Regierung und deutschsprachige Öffentlichkeit Österreich-Ungarns während des Ersten Weltkriegs. Studienverlag, Innsbruck 2005. 512 S., 54,- .

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Anerkennend äußert sich Klaus Hildebrand über Petronilla Ehrenpreis? Untersuchung der Diskussionen über Kriegs- und Friedensziele in Regierung und Öffentlichkeit während des Ersten Weltkriegs. Er lobt ihre Auswertung entsprechender Debatten in der deutschsprachigen Presse, in Versammlungsberichten und Sitzungsprotokollen von Parteien und Verbänden. Dass Ehrenpreis die Diskursanalyse von "nicht-diplomatiegeschichtlichen Faktoren" in den Mittelpunkt ihrer Arbeit rückt, hält Hildebrand für zulässig. Allerdings teilt er nicht ihre Einschätzung, die politischen Entscheidungen der Verantwortlichen seien zureichend geklärt. Dennoch betrachtet er die Darstellung als grundsätzlich erhellend für die Geschichte der Doppelmonarchie während der Jahre von 1914 bis 1918.

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