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Wenn Ali Smith die Regeln des Erzählens erklärt, entfalten sich Geschichten. Ihre Vorlesungen über Literatur sind eine Liebesgeschichte, wie sie noch keiner je gehört hat - eine Geschichte zweier Liebender ebenso wie die Geschichte der Liebe des Menschen zur Kunst und was sie für unser aller Leben bedeutet.

Produktbeschreibung
Wenn Ali Smith die Regeln des Erzählens erklärt, entfalten sich Geschichten. Ihre Vorlesungen über Literatur sind eine Liebesgeschichte, wie sie noch keiner je gehört hat - eine Geschichte zweier Liebender ebenso wie die Geschichte der Liebe des Menschen zur Kunst und was sie für unser aller Leben bedeutet.
Autorenporträt
Smith, AliAli Smith wurde 1962 in Inverness in Schottland geboren und lebt in Cambridge. Sie hat mehrere Romane und Erzählbände veröffentlicht und zahlreiche Preise erhalten. Sie ist Mitglied der Royal Society of Literature und wurde 2015 zum Commander of the Order of the British Empire ernannt. Ihr Roman »Beides sein« wurde 2014 ausgezeichnet mit dem Costa Novel Award, dem Saltire Society Literary Book of the Year Award, dem Goldsmiths Prize und 2015 mit dem Baileys Women's Prize for Fiction. Mit »Herbst« kam die Autorin 2017 zum vierten Mal auf die Shortlist des Man Booker Prize sowie auf Platz 6 der SWR-Bestenliste.

Morawetz, SilviaSilvia Morawetz, geb. 1954 in Gera, studierte Anglistik, Amerikanistik und Germanistik und ist die Übersetzerin von u.a. Janice Galloway, James Kelman, Hilary Mantel, Joyce Carol Oates und Anne Sexton. Sie erhielt Stipendien des Deutschen Übersetzerfonds, des Landes Baden-Württemberg und des Landes Niedersachsen.
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Das ist kein Buch, das man in "einem Rutsch" weglesen kann. Soll man auch nicht. Es erfordert Zeit und volle Konzentration. Denn: "Wir behandeln Bücher heute mit überraschender Lässigkeit. Wir kämen nicht auf die Idee, dass wir ein Musikstück bereits beim ersten Mal Hören verstehen, glauben bei einem Buch aber nur zu gern, wir hätten es gelesen, wenn wir einmal damit durch sind." Es ist wie ein liminaler Raum: "Die sind so etwas wie eine Zwischenwelt, in die man versetzt wird. Wie wenn man ein Kunstwerk betrachtet oder Musik hört und hinterher merkt, dass man eine Zeitlang woanders war?" So ergeht es dem Leser auch bei dieser Lektüre. Eingebettet ist die Sammlung an Vorlesungen - die Ali Smith, ein Mitglied der Royal Society of Literature, in Oxford hielt und die die Relation zwischen Denken und Kunst ebenso behandelt wie die Liebe zur Literatur - in die Geschichte einer Trauernden, die ihre Geliebte auch nach einem Jahr noch schmerzlich vermisst und mit der sie in einen Dialog tritt. Sebald, Hitchcock, Shakespeare, Cezanne, Forster, Colette, Pasternak, Ovid oder Freud: Sie alle finden einen Platz bei Smith. Es ist eine Hommage an die Kunst und die Liebe. Nehmen Sie sich die Zeit, lesen Sie das Buch (mehrmals)!

© BÜCHERmagazin, Tanja Lindauer (lin)

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.04.2017

Geisterbeschwörung
Die Oxforder Literatur-Vorlesungen von Ali Smith
Eine der vielen Merkwürdigkeiten, die das Fach Literaturwissenschaft auszeichnen, ist die Vorliebe, sich der Methoden seines Gegenstands zu bedienen, um den eigenen Forschungsbereich einzugrenzen. Darüber, was Literatur eigentlich ist, gehen selbst innerhalb einzelner Institute die Ansichten weit auseinander. Die meisten Forscher können sich aber darauf einigen, dass die Literatur Ähnlichkeiten mit dem Traum hat, vor allem, wie er von Sigmund Freud beschrieben wurde. Oder dass sie etwas Gespenstisches an sich hat, wenn sie Stimmen, Menschen und Dinge erscheinen lassen kann, die gar nicht wirklich da sind. Randständiger, aber auch nicht unbeliebt, ist der Vergleich der Literatur mit Pflanzen, vielleicht vor allem deshalb, weil Pflanzen zur Metapher für so ziemlich alles taugen. Der Roman als ornamentales Blumenbeet, warum nicht?
Im Frühjahr 2012 hatte die schottische Autorin Ali Smith eine Gastprofessur in Vergleichender Literaturwissenschaft am St. Anne’s College in Oxford inne. Sie hielt dort vier Vorlesungen, die nun „wie sie gehalten wurden“ in einer sehr aufmerksamen deutschen Übersetzung erscheinen. Die Texte mit den Titeln „Zeit“, „Form“, „Ränder“ und „Angebot und Widerspiegelung“ drehen sich im Wesentlichen um diese Frage, auf die viele Literaturwissenschaftler immer wieder zurückkommen: Was ist das eigentlich, Literatur? Smith gibt darauf eine performative Antwort. Ihre Texte sind keine klassischen Vorlesungen, sondern Mischungen aus Kurzgeschichten und Theorie, die sich zu so etwas wie einem Roman zusammenfügen.
Die Lebensgefährtin der Erzählerin, eine Literaturwissenschaftlerin, ist gestorben, geistert aber als eine Art freundlicher Zombie noch immer durch das gemeinsame Haus. Die Erzählerin lenkt sich mit Musicals und Dickens-Romanen ab, sie wühlt in den Unterlagen der Geliebten, um die versprochenen Vorlesungen doch noch irgendwie in einen vortragbaren Zustand zu bekommen. Ali Smiths Methode ist lesen und schreiben zugleich.
„Walter Benjamin sagt, der Erzähler habe seine Autorität dem Tod entliehen,“ heißt es in den Auszügen aus den halb fertigen Skripten, die etwa die Hälfte des Textes ausmachen. Wir Leser folgen der Erzählerin, denn in Smith’ Texten weiß sie wortwörtlich um den Tod, der in Gestalt der verstorbenen Geliebten, als fast barockes memento mori immer anwesend ist. „You must remember this, as time goes by, the fundamental things apply.“ Wo nötig oder nützlich, lässt die Übersetzerin Silvia Morawetz auch den englischen Text stehen.
Bedeutsam ist nur, was auch ein Ende hat. Oft wird eine Parallele zwischen Text und Tod gezogen. Der Vergleich ist selbst etwas beliebig, da er sich auch leicht umdrehen lässt: Literatur entwischt dem Tod, da sie ja gerade nicht sterben kann und offene Formen wie der Roman haben theoretisch das Potenzial, ihr Ende endlos hinauszuschieben. Sie sind geschrieben, als könne es immer so weitergehen. In dem Vergleich scheint aber eine Facette der Literatur auf, die sonst kaum sichtbar zu machen gewesen wäre. Davon ausgehend spinnt Smith die Gleichnisse weiter.
Wenn Ali Smith ihre gespenstische Geliebte mit der Literatur vergleicht, geht es dabei nicht auch um Liebe? „Ich wusste zwar, dass es bei Vergleichen um ein like ging, um ein ‚wie‘, war aber nie auf den Gedanken gekommen, dass es bei Metaphern um Liebe gehen konnte.“ In einem der vielen Gedichte, die sie zitiert, deren Quellen sie aber nicht immer angibt, findet Ali Smith den Vergleich des Herzens mit einem Apfelbaum. Ein Wegweiser durch alle Vorlesungen ist Dickens „Oliver Twist“. Unter den Bildern und Fotografien, die Smith anführt und die im Buch enthalten sind, finden sich auch Collagen, in denen der Buchrücken der alten Dickens-Ausgabe zum Baum oder Ast wird. Pflanzen und Literatur, das taugt, wie gesagt, zu fast allem. Papier wird ja auch aus Holz hergestellt und das Herz kann sich, wie ein Apfelbaum, selbst heilen, heißt es in dem Gedicht. „Es sei denn, es erging ihm wie den buchstäblich Tausenden Apfelbäumen, die erst in der letzten Zeit von den britischen Inseln verschwanden, weil Supermärkte meinen, fünf verschiedene Apfelsorten im Angebot zu haben sei ausreichend.“ Nichts ist tödlicher für das Schreiben als die immer selben Vergleiche.
Der Tod ist eine Grenze, in den beiden letzten Vorlesungen streift Smith die Grenzbereiche der Literatur. Neben den Klassikern, Sylvia Plath, W. H. Auden, W. G. Sebald, mit denen sich jeder Literaturstudent in England auseinandersetzen muss, sucht sie ihre Beispiele in den Fotografien vergessener Surrealistinnen und in griechischen Muscials. Oft verdichtet sie Themen, über die sich Dissertationen schreiben ließen: Literatur als Spiegel, als Identitätsstifter und die Rolle des Zufalls von Dickens’ Romanen bis zu Shakespeares Dramen, „an deren Ende eine Wiedergeburt steht, ein Verlorener wiedergefunden wird oder ein Toter ins Leben zurückkehrt, oft mittels einer klug angewandten List“. Was Literatur ist, man weiß es am Ende der Vorlesungen. Aber man kann es nicht so einfach sagen.
NICOLAS FREUND
Ali Smith: Wem erzähle ich das? Aus dem Englischen von Silvia Morawetz. Luchterhand Literaturverlag, München 2017. 224 Seiten, 20 Euro. E-Book 15,99 Euro.
Die verstorbene Lebensgefährtin
der Erzählerin hat sich in einen
freundlichen Zombie verwandelt
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