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Hugo Hamiltons ergreifender neuer Roman basiert auf einer Reise nach Berlin, die der irischdeutsche Schriftsteller im Mai 2008 mit seiner Kollegin Nuala O'Faolain unternahm. Die berühmte irische Schriftstellerin war an Krebs erkrankt und hatte nur noch wenige Tage zu leben. Ihr letzter Wunsch war es, dass ihr Freund Hugo Hamilton sie zwei Tage lang auf einer letzten Reise durch Berlin begleitete ...
Die Schriftstellerin Úna weiß, dass ihre Tage gezählt sind, weil sie unheilbar an Krebs erkrankt ist. Kurz vor ihrem sicheren Tod will sie sich noch einen letzten Wunsch erfüllen und einmal mit
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Produktbeschreibung
Hugo Hamiltons ergreifender neuer Roman basiert auf einer Reise nach Berlin, die der irischdeutsche Schriftsteller im Mai 2008 mit seiner Kollegin Nuala O'Faolain unternahm. Die berühmte irische Schriftstellerin war an Krebs erkrankt und hatte nur noch wenige Tage zu leben. Ihr letzter Wunsch war es, dass ihr Freund Hugo Hamilton sie zwei Tage lang auf einer letzten Reise durch Berlin begleitete ...

Die Schriftstellerin Úna weiß, dass ihre Tage gezählt sind, weil sie unheilbar an Krebs erkrankt ist. Kurz vor ihrem sicheren Tod will sie sich noch einen letzten Wunsch erfüllen und einmal mit ihrem guten alten Freund nach Berlin reisen. Liam kennt Úna, die zwanzig Jahre älter ist als er, schon lange und hat sich gern auf diese Reise eingelassen, auch wenn er nicht weiß, ob er der Aufgabe gewachsen sein wird. Zwei Tage lang begleitet er seine Freundin durch Berlin. Úna hat eine Liste vorbereitet, will das Pergamon-Museum besuchen, sich bei einem Essen in der Paris Bar von alten Freunden verabschieden und unbedingt "Don Carlos" in der Berliner Staatsoper sehen. Vor allem aber will sie reden. Die Zeit drängt, und ihre Gespräche erfordern, wie Úna es nennt, einen "Rhythmus der Ehrlichkeit". Es gibt keine Floskeln mehr, keine Ausflüchte, keine falsche Scham. Beide erzählen von entscheidenden Ereignissen in ihrem Leben, Úna von ihren Liebschaften, ihrem berühmten Vater, der alkoholsüchtigen Mutter und, immer wieder, dem schrecklichen Tod ihres jüngeren Bruders. Liam seinerseits spricht von den Unsicherheiten in seiner Liebesbeziehung und den Problemen mit seiner Tochter ... Tiefe Zuneigung, Ehrlichkeit und ein unverwüstlicher, vielleicht typisch irischer Humor machen diesen Roman einer Abschiedsreise nach Berlin zu einem ganz besonderen, zuinnerst bewegenden Buch.
Autorenporträt
Hugo Hamilton wurde 1953 als Sohn eines irischen Vaters und einer deutschen Mutter in Dublin geboren. Er arbeitete zunächst als Journalist, bevor er Kurzgeschichten und Romane veröffentlichte. Als DAAD-Stipendiat lebte und arbeitete er 2001/2002 ein Jahr lang in Berlin. Hugo Hamilton lebt mit seiner Familie in Dublin. 2004 erhält er in Paris den "Femina-Preis" für ausländische Literatur.

Henning Ahrens, geboren 1964, lebt als Schriftsteller und Übersetzer in Handorf, Niedersachsen. 2016 wurde er mit dem Bremer Literaturpreis ausgezeichnet.

Henning Ahrens, geboren 1964, lebt als Schriftsteller und Übersetzer in Handorf, Niedersachsen. 2016 wurde er mit dem Bremer Literaturpreis ausgezeichnet.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Hymnisch bespricht Rezensentin Meike Fessmann Hugo Hamiltons neuen Roman "Jede einzelne Sekunde", in dem er die Geschichte von Una und Liam erzählt, die sich an seine eigene Reise mit der im Jahre 2008 im Alter von 68 Jahren gestorbenen Schriftstellerin Nuala O'Faolain anlehnt. Die Kritikerin folgt hier dem ungleichen Paar, das sich von einem Chauffeur durch Berlin fahren lässt, bewundert Liams Ruhe, mit der er die im Rollstuhl sitzende und über ihr Leben klagende Una ins Pergamon-Museum, ans Holocaust-Mahnmal oder durch den Botanischen Garten schiebt und fühlt sich beim gemeinsamen Warten auf den Tod während der Lektüre an Beckett erinnert. Zugleich zeigt sie sich beeindruckt von Hamiltons Kunst, bei all den erschütternden und verbitterten Einsichten in Unas Leben, etwa den Alkoholismus der Mutter, den Drogentod des Bruders oder die eigene Kinderlosigkeit, für die sie den Vater verantwortlich macht, doch eine ganz eigene Leichtigkeit im Roman herzustellen. Ein ebenso sprachgewaltiges wie sensibles Buch, das auch vom Triumph des Überlebenden über die eigenen Tragödien erzählt, lobt die eingenommene Kritikerin.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.02.2015

Die Frist, die Dir noch bleibt
Hugo Hamilton erzählt in seinem neuen Roman „Jede einzelne Minute“ von einer Reise ans Ende des Lebens
Sie sind ein seltsames Paar, die beiden Schriftsteller, die sich im Mai 2008 zwei Tage lang von einem Chauffeur durch Berlin kutschieren lassen. Mit roten Converse-Turnschuhen an den Füßen und einer durchsichtigen Plastiktasche, der umfunktionierten Schutzhülle eines Kissens, auf dem Schoß, sitzt Úna im Rollstuhl und dirigiert Liam, den zwanzig Jahre jüngeren Kollegen. Geduldig schiebt er sie durch die Gegend, erfüllt ihre Wünsche, nimmt ihre Befehle entgegen, lauscht ihren ständigen Ratschlägen und den Tiraden über ihr verfehltes Leben. Sie sind kein erotisches Paar, hatten nicht einmal eine Affäre miteinander, obwohl Úna viele Affären in ihrem Leben hatte, mit Männern wie mit Frauen. Es ist ein Freundschaftsdienst, den er ihr erweist. Úna ist unheilbar an Krebs erkrankt und hat Liam gebeten, sie auf einer letzten Reise zu begleiten.
  Eine Atmosphäre des Aufschubs liegt über dem neuen Roman von Hugo Hamilton, der 1953 als Sohn eines irischen Vaters und einer deutschen Mutter in Dublin geboren wurde. Eine ähnliche Reise hat er tatsächlich gemeinsam mit seiner berühmten Kollegin Nuala O’Faolain unternommen, die im Mai 2008 mit 68 Jahren an Krebs gestorben ist. Bis auf wenige im Präteritum gehaltene Passagen, darunter der Bericht, dass Úna eine gute Woche nach der Reise starb, vergegenwärtigt Hugo Hamilton das Geschehen im Präsens. Es ist, als wären wir dabei, und es hat etwas von einem Beckett-Stück, einer Mischung aus „Endspiel“ und „Warten auf Godot“.
  Doch Hamilton gewinnt dem gemeinsamen Warten auf den Tod eine merkwürdige Leichtigkeit ab. Während er, ganz Diener eines fremden Willens, fast immer freundlich und geduldig, den Tiraden der Freundin lauscht, macht sich in ihm ein Gefühl breit, von dem er weiß, dass es eigentlich verachtenswert ist, das er aber dennoch genießt: „Vielleicht gehört es sich nicht, so etwas zu sagen, aber Únas Sterben hatte zur Folge, dass ich mich in gewisser Weise lebendig fühlte. Es gab mir das Gefühl, zum ersten Mal an meinem eigenen Leben teilzuhaben.“
  Wie Nuala O’Faolain und Hugo Hamilton haben auch Úna und Liam viel über ihre unglückliche Kindheit geschrieben. Aber es gibt Dinge, von denen Liam niemals erzählte. Nun kann er sie sich von der Seele reden, ohne dass sie einem anderen in Erinnerung bleiben. Denn das Gedächtnis seiner Zuhörerin wird bald erlöschen. Und so offenbart er ihr sein schmerzlichstes Geheimnis: Seine geliebte Tochter Maeve hat kurz vor ihrer dann aufgeschobenen Hochzeit herausgefunden, dass sie nicht seine leibliche Tochter ist. Er wusste das so wenig wie sie, auch wenn er es manchmal geahnt hat. Hamilton, der mit seinen Kindheitserinnerungen „Gescheckte Menschen“ und „Der Matrose im Schrank“ bekannt wurde, spielt geschickt mit der autobiografischen Suggestion und verbirgt sich zugleich hinter seinem Erzähler. So bleibt alles in der Schwebe. Und er versteht es, diesen Schwebezustand eindrucksvoll zu nutzen: um über den Sinn des Lebens nachzudenken, nicht zuletzt darüber, ob es sinnvoll ist, den eigenen Eltern ein Leben lang Vorwürfe zu machen.
  Mit großer Ruhe, von Station zu Station der Besichtigungstour – sie führt das chaplineske Paar unter anderem zum Brandenburger Tor, ins Pergamonmuseum, zum Holocaust-Mahnmal, aber auch an so lauschige Orte wie den Botanischen Garten – entfaltet er den Unterschied zwischen der Lebensauffassung Únas, die zu Einsamkeit und Verbitterung führt, und der eigenen. Während Úna ihren Vater, einen erfolgreichen Journalisten und Womanizer, für alles Unglück in ihrem Leben verantwortlich macht – für den Alkoholismus der Mutter, den frühen Drogentod des jüngeren Bruders und nicht zuletzt für die eigene Kinderlosigkeit –, befreit er sich im Angesicht der sterbenden Freundin aus den Fängen seiner unglücklichen Kindheit. Es ist ein stiller Abschied von den Eltern, einem Lehrer, der als einziges Gefühl nur Wut zeigen konnte, und einer zur Melancholie neigenden Mutter – ein Abschied „im Nachhinein, aus der Ferne“.
  Der rote Faden des Romans ist Schillers „Don Carlos“, Únas Lieblingsdrama, in dem sie die Tragödie ihrer eigenen Familie zu erkennen meint: ein Vater, der aus Gründen des Machterhalts den eigenen Sohn opfert. Ihr Vater habe Jimmy, seinen Sohn, „ohne Liebe“ ins Leben entlassen und ihn nach London geschickt, weil er sich in Dublin für ihn geschämt habe. Ohne sich die eigene Schuld einzugestehen, erzählt sie dem Freund, dass sie den Bruder eines Abends hinauskomplimentiert hatte, als er uneingeladen zu ihrer Geburtstagsfeier erschienen war. Der Besuch von Verdis „Don Carlos“ in der Berliner Staatsoper wird prompt zum Debakel.
  „Jede einzelne Minute“ ist ein sensibles Buch über das Leid einer Frau, die sich während der letzten Frist, die der Tod ihr einräumt, fühlt, „als hätte die Zukunft sie verlassen“. Aber es ist auch die Triumphgeste eines Überlebenden, der mit dem Tod der Freundin die Deutungshoheit übernimmt. Die Vater-Sohn-Tragödie des „Don Carlos“ wandelt Liam in eine Vater-Tochter-Geschichte um, in der die Liebe und Solidarität des Vaters auch dann noch erhalten bleiben, als er erfährt, dass die Tochter nicht sein leibliches Kind ist. Obwohl Úna ihm früher stets das Wort abschnitt, wenn er von seiner Tochter erzählte, hört sie auf ihrer letzten Reise doch die Rede an, die er für die vielleicht noch stattfindende Hochzeit der Tochter vorbereitet hat. Darin erzählt er, wie schön es für ihn war, sie aufzuziehen, vom täglichen Zubereiten der Mahlzeiten bis hin zum Blick, mit dem er ihr nachsah, wenn sie zur Schule ging.
  „Man kann nicht im Voraus planen, woran sich das eigene Kind später erinnert“, ist der kluge Lehrsatz eines Erzählers, dessen Werk sich von Erinnerung nährt. „Jede einzelne Minute“ ist weder sentimentales Rührstück noch Klamauk. Úna und Liam sind keine „besten Freunde“. Sie sind auch Gegner. Aber sie spielen das gleiche Spiel: wie man mit Worten den Tod in Schach hält.
MEIKE FESSMANN
Hugo Hamilton: Jede einzelne Minute. Roman. Aus dem Englischen von Henning Ahrens. Mit einem Nachwort von Elke Heidenreich. Luchterhand Literaturverlag, München 2014. 352 Seiten, 18,99 Euro. E-Book 14,99 Euro.
In Romanfiguren
verwandelt:
Nuala O’Faolain (Bild oben)
und Hugo Hamilton.
FotoS: Getty Images (oben); Mike Wolff, HF
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"Darf man beim Thema Tod von kurzweilig reden? Das war es nämlich dieses Buch. Jede einzelne Minute, die ich gelesen habe." Christine Westermann / WDR5