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Eine englische Familie macht Ferien in einem Sommerhaus in Norfolk. Der Vater Michael, ein Literaturprofessor, trifft sich wie gewohnt mit Studentinnen. Die Mutter Eve, eine erfolreiche Autorin, versucht, ihre Schreibblockade zu überwinden. Die Kinder Magnus und Astrid leben in ihrer eigenen abgeschotteten Welt. Bis plötzlich Amber auftaucht, eine geheimnisvolle, charismatische Fremde, und das Leben dieser ganz normalen neurotischen Familie gehörig durcheinanderbringt.
Eine englische Familie macht Ferien in einem Sommerhaus in Norfolk, wie immer. Der Vater Michael, ein Literaturprofessor,
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Produktbeschreibung
Eine englische Familie macht Ferien in einem Sommerhaus in Norfolk. Der Vater Michael, ein Literaturprofessor, trifft sich wie gewohnt mit Studentinnen. Die Mutter Eve, eine erfolreiche Autorin, versucht, ihre Schreibblockade zu überwinden. Die Kinder Magnus und Astrid leben in ihrer eigenen abgeschotteten Welt. Bis plötzlich Amber auftaucht, eine geheimnisvolle, charismatische Fremde, und das Leben dieser ganz normalen neurotischen Familie gehörig durcheinanderbringt.

Eine englische Familie macht Ferien in einem Sommerhaus in Norfolk, wie immer. Der Vater Michael, ein Literaturprofessor, trifft sich ab und zu in der Stadt mit Studentinnen. Die Mutter Eve, eine erfolreiche Autorin, versucht, ihre Schreibblockade zu überwinden. Der 17-jährige Magnus verkriecht sich, weil er glaubt, am Selbstmord einer Mitschülerin schuld zu sein. Die 12-jährige Astrid beschäftigt sich mit ihren Gedanken und sieht sich das Leben durch ihre Digicam an. Alles ganz normal also - bis plötzlich Amber auftaucht, barfuß, geheimnisvoll, charismatisch. Keiner kennt sie, aber jeder denkt, sie sei eine Freundin der anderen. Man fragt nicht nach, man ist ja so cool. Und Amber, die eigentlich Alhambra heißt, nach dem Kino in einem fernen Land, in dem sie gezeugt wurde, lügt sich ihren Weg in die Familie hinein. Sie ist exotisch, ungewöhnlich, unübersehbar. Sie wirft Astrids Digicam weg, verführt Magnus, sagt Michael die Meinung und küsst Eve auf den Mund. Sie bringt das feste Gefüge der aneinander vorbeilebenden durchschnittsneurotischen Familie ins Wanken, und als sie wieder verschwindet, ist jeder der Vier ein anderer geworden.

Witz, Alltag, Zufall, Wahrheit, das Leben im 21. Jahrhundert, Allegorien und Mathematik - diese Autorin zieht alle Register, und ihre sprühende Phantasie wie ihre Sprachmagie sind einzigartig.

Ausgezeichnet mit dem Whitbread Award 2005 für den besten Roman.
Autorenporträt
Ali Smith wurde 1962 in Inverness in Schottland geboren und lebt heute in Cambridge. Sie hat bisher drei Romane und drei Erzählbände veröffentlicht und schreibt regelmäßig für verschiedene Zeitungen. Sie stand bereits zweimal auf der Shortlist des Booker Prize und einmal auf der Shortlist des Orange Prize.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.10.2006

Ein Engel und alles in Farbe
Ali Smith löst in ihrem Roman „Die Zufällige” mit Sprachlust den Bann der Geschichte, des Sex und der Medien
Es soll in alten Zeiten lebhafte Diskussionen über die Geschlechtszugehörigkeit der Engel gegeben haben. Hier liegt der Fall eindeutig. Der Engel, der in diesem Buch alle Geschichten miteinander verbindet, ist unverkennbar weiblicher Natur und sehr verführerisch. Welchem Geschlecht die Figur angehört, die er gerade verführt, ist ihm durchaus gleichgültig. Nicht gleichgültig ist, wozu er sie verführt: zur Liebe zunächst, gewiss. Aber auch: zum Sprechen, zum Erzählen. Und vor allem: zu einer Literatur, die sich dem Hier und Jetzt verschreibt.
Denn dieser Roman der 1962 in Schottland geborenen, in Cambridge lebenden Schriftstellerin Ali Smith – bitte nicht mit Zadie Smith verwechseln! – ist eine wunderbar lässige, unwiderstehliche, literarisch funkensprühende Verführung zur Gegenwart. Der Engel darin heißt Amber, er wurde 1968 in einem Kino namens „Alhambra” gezeugt wurde, als gerade „Geküsst und geschlagen” mit Terence Stamp lief, ein Geschöpf mindestens so sehr der technologischen Innovation wie der Rebellion im London der Swinging Sixties: „Ich schlug die Augen auf. Es war alles in Farbe.”
Es lief 1968 noch ein Film mit Terence Stamp: „Teorema” von Pier Paolo Pasolini, die Geschichte vom Engel, der die Familie eines Mailänder Industriellen heimsucht. Ali Smith benutzt das Modell wie einen Leihwagen, den man mietet und möglichst komplikationslos wieder abgibt. Sie will ins England des Jahres 2003, in die Umgegend von Norfolk. Dort macht die Familie Smart Urlaub in einem Ferienhaus, das nicht alle Erwartungen erfüllt. Man ist Mittelklasse, aber auch nicht mehr. Man wohnt normalerweise in Islington, London. Michael Smart ist Literaturdozent und Inhaber eine großen Sammlung von Postkarten, die ihm die Studentinnen schicken, bei denen er zum Zuge gekommen ist. Eve Smart macht mit der Buch-Serie „Das Wahre” Furore und einiges Geld, die Kinder Astrid (12) und Magnus (17) stammen aus einer früheren Verbindung Eves.
Soweit, so normal. Aber kaum ist der Engel – nach angeblicher Autopanne – in die Familien eingeschmuggelt, hebt der Roman ab, entführt die Figuren aus der Ereignislosigkeit ihres Feriendaseins und setzt sie dem Bann aus.
Eve Smart steht unter dem Bann der Geschichte. Ihre Buchserie beruht darauf, das Leben eines gewöhnlichen Menschen, „der im Zweiten Weltkrieg vor seiner oder ihrer Zeit getötet wurde”, fiktiv weitergehen zu lassen, und zwar „in einem Frage-und-Antwort-Format”. Eve soll und will ihrem Bestseller, der Geschichte der Ilse Silber, ein nächstes Erfolgsbuch folgen lassen.
Darüber gerät sie in eine Schreibhemmung, und wer wissen will, was die Romanautorin Ali Smith von der sentimentalen Ausbeutung der Geschichte hält, braucht nur ihre Zusammenfassung des Bestsellers zu lesen: „Ilse Silber, eine deutschstämmige Frau, insgeheim Jüdin, doch nach außen stramme Nazi-Mutter, die sogar das Mutterkreuz von Hitler erhielt, weil sie sieben Kinder zur Welt gebracht hatte (die alle bei Bombenangriffen der Alliierten umkamen), wird gebeten, ihre Sterbestunde im wirklichen Leben zu schildern, den Moment, als ihre Kleider Feuer fingen und sie in Wuppertal in den Fluss sprang. Anhand von Smarts Fragen erzählt sie dann postum, was geschah, als sie sich aus dem Wasser schleppte, sich abtrocknete, mit Hilfe eines Bauern ihre Verbrennungen heilte und ihr Leben noch dreißig Jahre fortführte.” Versteht sich, dass der Engel der Gegenwart diese Schreibblockade nicht aufhebt.
Das Spiel „Kameras filmen”
Dr. Michael Smart, der Literaturdozent und Spezialist für „Epiphanien” in der Moderne, steht unter dem Bann des Sex. Man könnte sagen, er ist der Wiederholung der immergleichen Gegenwart hörig. Seine Geschichte ist in diesem Roman die beiläufigste, komische, besser: comic-artigste, bis hin zum ironisch herbeizitierten unvermeidlichen Ende, der Androhung seiner Entlassung aus dem College. Versteht sich, dass der Engel ihn lediglich vorführt, aber nicht verführt - und schon gar nicht: sich von ihm verführen lässt. Mit Lust verstaut stattdessen Ali Smith seine Geschichte in der Parodie eines Sonett-Zyklus.
Amber aber, der Engel, wendet sich den heimlichen Hauptfiguren zu: Astrid und Magnus, den Kindern der Gegenwart im neuen Jahrhundert. Ja, es ist das Jahr des beginnenden Irakkriegs, über den Fernsehschirm flimmern die toten Söhne Saddams (gefolgt von den ihnen gewidmeten Talkshows), aber wie dieser Roman gegen die Umklammerung der Literatur durch die Historie polemisiert, so verweigert er auch jede Beflissenheit gegenüber der Zeitgeschichte. Er begnügt sich mit der Normalversion der Anwesenheit des Krieges: von Alltagsfetzen überlagert, zieht er durch das Bewusstsein der Figuren.
Wie Ali Smith dieses Bewusstsein abbildet, von Figur zu Figur wandernd, aus der Binnenperspektive, aber in der grammatischen Form der dritten Person berichtend, das hat nichts etudenhaft Avantgardistisches, lässt aber als Feuerwerk der Assoziationen und Wahrnehmungen das behäbig-ordentliche Erzählen des landläufigen Realismus weit hinter sich: Hinreißend die 12-jährige Astrid in ihren Gedankenspielen, das überwache Kind des Video-Zeitalters, das von der Kindheit Abschied nimmt. In ihr hat die jugendliche Neugier einen Erklärungswahn auf dem medialen Niveau der Zeit entfesselt – es ist die Zeit der allgegenwärtigen Überwachungskameras, denen die Digicam-Expertin Astrid einen Streich spielt, wenn sie mit Amber „Kameras filmen” spielt.
Das dunkle Zentrum des Roman ist Magnus, das Genie der Mathematik und der Manipulationen am Computer, von der Schule suspendiert im Zuge der Untersuchungen zum Selbstmord einer Mitschülerin, von der Bilder kursierten, auf denen ihr Kopf in perfekter Montage den Körpern von Porno-Girls aus dem Internet aufmontiert war. Versteht sich, dass Amber nicht nur den Zahlenbann löst, unter dem Magnus steht, sondern dass er derjenige ist, den sie nach Strich und Faden und leibhaftig verführt.
Ja, dieser Engel kommt aus dem Kino. Den Bann der Geschichte und Zeitgeschichte, des Sex und der Medien aber löst dieser Roman mit seinem eigenen Zauber: durch sein (auch in der Übersetzung) freies, unerschrockenes, einfallsreiches Erzählen, durch seine große Sprachlust. LOTHAR MÜLLER
ALI SMITH: Die Zufällige. Roman. Aus dem Englischen von Silvia Morawetz. Luchterhand Literaturverlag, München 2006. 320 Seiten, 19,95 Euro.
Die Ferienhausagentur hatte mit dem „legendären hohen Himmel von Norfolk” geworben, und, natürlich, mit dem Internetanschluss.
Foto: Carol Havens/Corbis
Ali Smith, geboren 1962 in Inverness, Schottland
Foto: Inside Foto
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Ins Leben einer mehr nebeneinander her als miteinander lebenden Familie platzt eine junge Frau namens Amber, über die man wenig mehr erfährt, als dass sie in einem Kino geboren ist und dass sie den Familienzusammenhang sogleich reichlich durcheinander bringt - wenn auch letztlich mit heilsamer Wirkung. Die Verführbarkeit des an der Uni lehrenden Vaters führt sie vor, tut sich dann aber mit dem Sohn zusammen. Der steht nach dem Tod einer Freundin ziemlich neben sich, Amber hat beruhigende Wirkung auf ihn. Bestechend an Ali Smiths Roman findet die Rezensentin Anne Kraume, wie Ali Smith den Chor der sich abwechselnden Erzählerstimmen zu orchestrieren versteht und die Versuche der Figuren, ihre je eigenen "Komplexitätsreduktionen" vorzunehmen, durch die Darstellung von sprachlichen "Floskeln" und "Obsessionen" entlarvt.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Dem Leser fliegt Ali Smiths wilde Prosa nur so um die Ohren, die ungewöhnlich und aufregend ist." (Brigitte)

"Ein kraftvoller Appell an die Experimentierlust in der Literatur wie im Leben." (Facts)

"Ein Roman aus England, bei dem man an französisches Kino denken muß - er ist sexy, lustig, und alle Figuren sind irgendwie neurotisch." (Glamour)