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In jeder dieser ungewöhnlichen Geschichten treten Tiere auf - mal als Jäger, mal als Beute oder auch nur als des Menschen bester Freund. Eine eigenartige, enge Beziehung tut sich zwischen Mensch und Tier hier auf, es ist, als könnten die verborgenen Ängste und Sehnsüchte des Menschen, die Blessuren, die ihm das Leben beigebracht hat, die Gefühle, die er nicht auszudrücken wagt, erst im Spiegel des tierischen Gegenübers faßbar werden. Ein einsamer Elefantenpfleger findet etwas dem Seelenfrieden Vergleichbares, wenn er sich der Gefahr aussetzt, von seinem tonnenschweren Schützling erdrückt zu…mehr

Produktbeschreibung
In jeder dieser ungewöhnlichen Geschichten treten Tiere auf - mal als Jäger, mal als Beute oder auch nur als des Menschen bester Freund. Eine eigenartige, enge Beziehung tut sich zwischen Mensch und Tier hier auf, es ist, als könnten die verborgenen Ängste und Sehnsüchte des Menschen, die Blessuren, die ihm das Leben beigebracht hat, die Gefühle, die er nicht auszudrücken wagt, erst im Spiegel des tierischen Gegenübers faßbar werden. Ein einsamer Elefantenpfleger findet etwas dem Seelenfrieden Vergleichbares, wenn er sich der Gefahr aussetzt, von seinem tonnenschweren Schützling erdrückt zu werden. Ein Kind spielt mörderische Spiele mit dem Kaninchen, das ihm sein ferner Vater geschenkt hat. Ein aufgeblasener Süßwarenverkäufer projiziert den Ärger über seine Frau auf deren preisgekrönten Kampfhahn. Eine junge, behütete Frau, die sich nichts sehnlicher wünscht, als frei zu sein, wird im afrikanischen Dschungel von einem Affen gebissen und verschwindet spurlos. Drei Jungs laufen nach einschneidenden Erlebnissen auf der Truthahnfarm von zu Hause weg; nicht alle kommen zurück ...

Mit Bravour erzählte Geschichten über das grausame und liebenswerte Monster Mensch, grelle Satiren, dunkle Märchen, komische Parabeln, intensive Momentaufnahmen, verstörende Ausflüge ins Ich - eine junge, neue Stimme in der amerikanischen Literatur.
Autorenporträt
Hannah Tinti wuchs in Salem, Massachusetts, auf. Sie studierte Literatur an der New York University, bekam zwei Stipendien und veröffentlichte u. a. in 'Best American Mystery Stories', 'Story Quarterly' und 'Epoch'. Im Augenblick gibt sie das Magazin One Story heraus und schreibt an ihrem ersten Roman.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.04.2005

Die Boa in der Bratpfanne
In der Symbol-Menagerie: Hannah Tintis animalische Erzählungen

In archaischen Gesellschaften spielen Tierverehrung und Tieropfer eine große Rolle, die aufgeklärte Zeitgenossen in der Regel entweder spöttisch belächeln oder als barbarisch ablehnen. Vielleicht aber sind uns diese alten Riten gar nicht so fern, wie es scheint. Diesen Eindruck kann man gewinnen, wenn man die elf hintersinnigen "Tiergeschichten" der jungen New Yorker Schriftstellerin Hannah Tinti liest. Alle Tiere, die in ihrem Debüt vorkommen, besitzen hohe Symbolkraft. Oder, wie es der Ich-Erzähler der Titelerzählung, ein Zoowärter, ausdrückt: "Jeder, der mit Tieren arbeitet, hat irgendwo ein Zeichen."

Jede von Tintis Figuren leidet unter einer nicht verwundenen Kränkung, die sich in ihrem Umgang mit Tieren ausdrückt. Der Zoowärter etwa wurde einst von seiner Frau verlassen, nachdem er sie aus Eifersucht krankenhausreif geschlagen hatte. Weil er sich die Tat selbst nicht verzeihen kann, pflegt der Verlassene ein riskantes Bußritual: Regelmäßig legt er seinen Kopf unter den Fuß der Elefantendame Marysue. "Ich stelle mir vor", räsoniert er dabei, "wie meine Exfrau dieses riesige Ohr anhebt und hineinflüstert: Tritt da drauf."

Traditionell ist der Elefant ein Symbol für weise Urteilskraft. In ähnlicher Weise treten Tiere auch in allen Geschichten als erklärende Sinnbilder auf, die Rückschlüsse auf die Seelenverfassung der Protagonisten zulassen. Das weiße Kaninchen "Slim" hat der kleine Rick von seinem Vater geschenkt bekommen, der sich ansonsten aber überhaupt nicht um seinen Sohn kümmert. Die erlittene Vernachlässigung durch den Vater läßt der Junge prompt am Kaninchen aus, das nicht nur ein prädestiniertes Opfertier (samt weißem Unschuldsfell), sondern auch Ricks eigene Situation darstellt. Denn genauso, wie der Vater fälschlich annimmt, daß sein Sohn ihn nicht braucht und schon auf eigenen Beinen steht, ist auch Rick davon überzeugt, daß Slim eigentlich fliegen können müßte.

Hannah Tintis Konzept, Seelenkonflikte mit Hilfe althergebrachter Tiersymbole auszuleuchten, ist zweifellos interessant. Manchmal allerdings übertreibt sie ihr Spiel der unheilvoll-animalischen Andeutung auch. Beispielsweise dann, wenn die Autorin mit dem klassischen der Phallussymbole, der Schlange, einen plakativen Zeichen-Hammer auspackt. Denn in der Geschichte geht es - natürlich - um männlichen Sex. Genauer: um den bindungsunwilligen Schwerenöter Fred, der in der Wohnung eines one night stand ausgerechnet seine Boa constrictor vergißt. Die geschmähte Liebhaberin überträgt ihre Erwartungen an Fred auf das zurückgelassene Tier und wirbt regelrecht um die Gunst der Boa, füttert sie mit Hamstern, singt ihr Marvin-Gaye-Songs vor und läßt sie aus dem Terrarium frei.

Allein das Reptil zeigt sich in Übereinstimmung mit seinem Vorbesitzer von diesen Liebesbeweisen wenig beindruckt. Die erlittene Enttäuschung wiederholt sich und führt diesmal zu Bestrafung: Erst läßt die Frau die Boa hungern, dann wird sie geköpft - bildlich gesprochen, ein klarer Akt von Kastration. Doch als wären das alles nicht schon sinnträchtige Bilder genug, läßt Tinti den Herumtreiber Fred dann auch noch just an jener Stelle ihrer Erzählung wiederauftauchen, als seine ehemalige Liebhaberin gerade dabei ist, die tote Schlange, klein gehackt und gewürzt, in der Pfanne zu braten. Der ahnungslose Mann ißt sein eigenes Tier. Oder, besser gesagt: sein bestes Stück. Eine Pointe, die rasch verpufft.

Tinti, die von der amerikanischen Literaturkritik bereits als Nachfolgerin Edgar Allan Poes gefeiert wurde, versteht es, in ihrem Debüt durch die Tierverweise eine Aura des Geheimnisvollen und Unheimlichen zu erzeugen. In ihren schwächeren Stücken aber fällt die Charakterisierung ihrer Figuren oft zu stereotyp aus. Da liest man von einem gockeligen Bonbonladenbesitzer, der sich - ganz Hahn im Korb - von Frauen sogar noch die Schnürsenkel binden läßt. Oder man hört von Ambruzzo Spagnetti, dem Killer des Jahres, dessen Name bereits wie ein italienisches Klischee klingt. Als kleiner Junge bekommt Ambruzzo eine Münze mit quasiprognostischem Büffel-Emblem zugesteckt. Danach wächst er zum Auftragskiller heran, der seine blutige Arbeit büffelig-stoisch erledigt, bis er am Ende erschossen wird. Vielleicht eine tragische, aber natürlich keineswegs eine ungewöhnliche Karriere für einen Killer, mit oder ohne Büffelbild.

In der besten Erzählung, "Konservierung", wird die junge Malerin Mary von Verlustängsten geplagt. Einst hatte sie eine Kunstschule besucht, ist aber nur an einem naturgeschichtlichen Museum gelandet, um verblichene Tierbilder nachzukolorieren. Ihr Vater, ebenfalls ein Maler, liegt im Sterben. Er aber ist ein berühmter Künstler, der auch nach seinem Tod noch weiter wirken möchte. Deswegen unterschreibt er einen Vertrag, dem zufolge sein konservierter Körper Teil einer Leicheninstallation werden soll.

Mary ist wohl deswegen darüber so entsetzt, weil das Projekt den väterlichen Tod als unumstößliche Tatsache festschreibt. Während ihrer Arbeit stößt sie immer wieder auf Spuren eines lebenden Bären, der sich offenbar im Museum versteckt hält. Tatsächlich aber stellt sich heraus, daß dieser Bär nur ausgestopft ist - und die falsche Wahrnehmung lediglich Marys Wunschdenken entspringt. Die Tochter fürchtet, mit dem Vater ihren Beschützer zu verlieren, ohne sich diese Angst jedoch ganz eingestehen zu können. "Wenn sie könnte", heißt es nüchtern bei Tinti, "würde sie ihren Vater in einem eigenen Schaukasten konservieren. Sie will jeden Teil von ihm für sich aufbewahren." In Hannah Tintis gelungenen Erzählungen wie dieser stehen die Tiere stellvertretend für jene inneren Dämonen, die rationale Kontrollmenschen nur allzugern verleugnen, um um so hartnäckiger von ihnen heimgesucht zu werden.

GISA FUNCK

Hannah Tinti: "Tanz der Tiere". Erzählungen. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Brigitte Heinrich. Luchterhand Literaturverlag, München 2004. 240 S., geb., 19,50 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Es ist beunruhigender Stoff. Fast jede Geschichte in diesem Band wird Sie aufrütteln und Ihre Träume unterwandern. Mit dieser Warnung: Wärmstens empfohlen."
(Library Journal)

"Tiere spielen die Titelrolle in Tintis sensationellem Debüt. In 11 höchst originellen, manchmal wunderschönen Geschichten werden sie mit der symbolischen Bedeutung all dessen versehen, was an ihren menschlichen Gegenspielern besonders, grausam und liebenswert ist."
(Publishers Weekly)

"Tintis Kurzgeschichten erforschen die komplizierten und manchmal merkwürdigen oder verwirrenden Überschneidungen zwischen der menschlichen und der tierischen Welt."
(Los Angeles Times)

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Einige von Hannah Tintis Geschichten haben Gisa Funck richtig gut gefallen, andere nichts so sehr. In beiden Fällen lag das an den Tiermotiven, die das Innere der menschlichen Figuren erhellen sollen: Manchmal geht das Konzept auf, dann "stehen die Tiere stellvertretend für jene inneren Dämonen, die rationale Kontrollmenschen nur allzugern verleugnen, um allein um so hartnäckiger von ihnen heimgesucht zu werden", in anderen Fällen erscheint es als bloße Masche und lässt die Erzählung ins allzu Offensichtliche kippen - etwa in der Geschichte mit dem Liebhaber, der Frau und der Schlange. Insgesamt findet die Rezensentin Tintis Tiersymbolik jedoch "zweifellos interessant" und lobt ihre Fähigkeit, eine "Aura des Geheimnisvollen und Unheimlichen" zu erzeugen, auch wenn sie nicht ganz so weit wie amerikanische Rezensenten gehen möchte, die in der Autorin bereits eine Wiedergängerin Edgar Allan Poes entdeckt haben.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Verspielt trifft auf makaber in dieser Sammlung von Kurzgeschichten mit tierischen Themen wie Zoos, Haustieren u.ä. Die merkwürdigen Schicksale der Tiere spiegeln verstörende Aspekte im gestörten Leben ihrer Besitzer wider - nichts für Liebhaber von Kuscheltieren." (The Bookseller)