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Raquel ist 25 Jahre alt, groß, hat ein abgeschlossenes Kunststudium und ist ein gefragtes Model, war schon auf den Titelseiten der spanischen Ausgaben von Elle, Vogue, Marie Claire. Eigentlich stimmt alles in ihrem Leben, hätte sie sich nicht in einen verheirateten und zudem recht dämlichen Mann verliebt. Raquels beste Freundin Elsa trauert ihrem verflossenen Liebhaber nach: Die promovierte Anglistin ist Journalistin und hat einen ersten Roman veröffentlicht. Auf eine neue Beziehung aber will sie sich nicht einlassen. Auch Maria hat Karriere gemacht. Das Private dagegen ist eher eine…mehr

Produktbeschreibung
Raquel ist 25 Jahre alt, groß, hat ein abgeschlossenes Kunststudium und ist ein gefragtes Model, war schon auf den Titelseiten der spanischen Ausgaben von Elle, Vogue, Marie Claire. Eigentlich stimmt alles in ihrem Leben, hätte sie sich nicht in einen verheirateten und zudem recht dämlichen Mann verliebt. Raquels beste Freundin Elsa trauert ihrem verflossenen Liebhaber nach: Die promovierte Anglistin ist Journalistin und hat einen ersten Roman veröffentlicht. Auf eine neue Beziehung aber will sie sich nicht einlassen. Auch Maria hat Karriere gemacht. Das Private dagegen ist eher eine Katastrophe: Die erfolgreiche Marketingchefin wurde ohne Vorwarnung einen Tag vor dem gemeinsamen Urlaub von ihrem Freund sitzengelassen. Und Susi, die Juristin und passionierte Schwimmerin, hat den Tod ihres Bruders nicht verwunden und kämpft mit Tabletten und Alkohol gegen ihren Alltag. Die vier Frauen leben in derselben Großstadt, sind miteinander befreundet, ohne Partner, ohne Kinder oder familiäre Bindungen. Sie haben einen gutbezahlten Beruf. Und sie sind auf der Suche. Vier Stadtneurotikerinnen, die sich gegen die Konventionen auflehnen und beginnen, auch ihre Sexualität ohne falsche Schamgefühle auszuleben. Der neue Roman der heute populärsten spanischen Autorin, Lucía Etxebarría, erzählt die Lebensgeschichten vier junger spanischer Frauen. Lucía Etxebarría läßt ihre weiblichen Protagonistinnen durch einige zwischenmenschliche Fegefeuer gehen, bis sie die überkommenen Spielregeln hinter sich lassen.
Autorenporträt
Lucía Etxebarría wurde 1966 in Bermeo geboren, sie stammt aus einer baskischen Familie. Sie arbeitete als Journalistin, Übersetzerin und Buchhändlerin. Sie schrieb u. a. eine Biographie über die Musikerin Courtney Love ("Aguanto Esto" 1996). 1998 erschien in der FVA Von Liebe, Neugier, Prozac und Zweifeln. Ihr neuer Roman Beatriz und die himmlischen Körper war lange auf Platz 1 der spanischen Bestsellerlisten und wurde mit dem "Premio Nadal" ausgezeichnet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.09.2005

Die Makroben der Marketingfrau
Ein neuer Roman der spanischen Erfolgsautorin Lucía Extebarría

Vier spanische Frauen, vier Schicksale: Die Juristin Susi hat ihren geliebten Bruder verloren und hält sich durch exzessives Schwimmen und ebensolchen Tablettenkonsum am Leben. Marketingleiterin María erlebt auf der Flucht vor der Einsamkeit, in die sie ihr untreuer Freund gestoßen hat, eine sexuell obsessive Zeit in Schottland, kehrt aber dennoch in die Tristesse ihres spanischen Alltags zurück. Die Journalistin und erfolglose Schriftstellerin Elsa kämpft mit den psychischen Folgen einer Vergewaltigung und findet einen Mann, der ihrem "Imago", ihrem Bild eines optimalen Geliebten, entspricht, ohne daß sie ihn halten könnte. Und schließlich das Top-Model Raquel, deren elende Jugend von (männlicher) Unterdrückung geprägt war. Sie leidet unter der unglücklichen Liebe zu einem verheirateten Mann und therapiert ihre Depressionen mit Alkohol.

Dies ist das Personal von Lucía Etxebarrías gerade auf deutsch erschienenem, sechs Jahre altem Roman "Wir sind anders als die anderen Frauen". Anders dadurch, daß sie sich nicht den Konventionen beugen, daß sie dem traditionellen Weg einer Frau als Mutter und Hausfrau ausweichen und ihren eigenen Pfad suchen. Die anderen Frauen sind vom Typ Gemma, der Frau des Mannes, in den sich Model Raquel verliebt hat: ein Heimchen, das den ganzen Tag in der "Hola", der spanischen "Gala", blättert, ihre Kinder "für immer" dadurch stigmatisiert, daß sie ihnen geschlechtsspezifisch rosa oder blaue Kleidchen aufzwängt, die antriebslos, gelangweilt und langweilend ihren Alltag fristet, sich beim ehelichen Sex verhält "wie ein Käfer, der sich totstellt", und ihren Mann mit Unwichtigkeiten wie der Stromrechnung oder dem Zeugnis der Tochter nervt, die für sie von größerer Bedeutung sind "als der Beginn des Dritten Weltkriegs". So weit, so banal - mit dem Hinweis, daß jene, die Gaby Hauptmann oder Hera Lind schätzen und "Bandits" für einen guten Film halten, hier auf ihre Kosten kommen, könnte man schließen.

Doch es handelt sich ja um Literatur mit Anspruch, um einen Roman der gefeierten Autorin Lucía Etxebarría, nach "El Mundo" die "originellste und meistgelesene Autorin Spaniens", der als Exponentin eines "rigorosen neuen Feminismus" und als Schlüsselfigur bei der "Auflösung der Grenzen zwischen sogenannter hoher Kunst und ,Popkultur'" der Ehrendoktor der Universität Aberdeen verliehen wurde und die als Trägerin des renommierten Premio Nadal in diesem Jahr auch noch mit dem Premio Planeta ausgezeichnet worden ist, dem mit 601 000 Euro höchstdotierten Literaturpreis der spanischsprachigen Welt.

Wie steht es nun mit literarischen Finessen, die über den platten Plot hinausgehen? Der gelobte rigorose Feminismus ist wahrlich unübersehbar: Den Frauen, die sich dem traditionellen Schema widersetzen, gilt die ungeteilte Sympathie der Erzählerin, wohingegen Männer als egozentrische und lächerliche Randfiguren erscheinen, im Persönlichen so uninteressant, daß man schon einmal ihren Namen vergißt: Der Werbetexter Jaime, der das Herz der schönen Raquel bricht, wird plötzlich zu "Javier". In Hinsicht auf ihre Protagonistinnen versteht Etxebarría dagegen keinen Spaß, es gibt keine doppelten Böden, keine ironische Brechung, keine alternative Perspektive: nur tiefen Ernst und Trauer und Wut über das weibliche Scheitern an den Bedingungen der männlich dominierten Gesellschaft. Und weil es nicht reicht, daß dies im Roman laufend gezeigt und mehrfach ausdrücklich gesagt wird, hat Etxebarría einen Prolog vorangesetzt, in dem sie es noch einmal ausführt.

Zieht man den Kampf gegen den Chauvinismus-Drachen ab, bleibt ein bunter, Kopfschmerzen verursachender Cocktail: ein wenig drastischer Sex, Drogen und esoterischer Nonsens ("Maria trägt viele Marias in sich, eine riesige Kolonie von Mikroorganismen, die in Maria schwimmen, denn Maria besteht zu achtzig Prozent aus Wasser"); dazu eine Armada küchenpsychologischer Analysen und intellektuelle Tiefe verbürgenden Fachvokabulars, von der unvermeidlichen "Vagina dentata" bis zum "Lapsus linguae"; schließlich schiefe Metaphern (Küsse sind "die Fata Morgana der Liebe") und eine nicht enden wollende Anhäufung von Weisheiten im Ratgebertonfall ("In der Liebe ist es genauso wie an der Börse, je mehr man investiert, desto mehr verliert man"): Erstaunlich, wie vehement sich Etxebarría gegen die gesellschaftlichen Zwänge wehrt, indem sie selbst zu den abgegriffensten Klischees greift. Als sich zwei Freundinnen einen als Lehrfilm getarnten Porno ansehen, beklagen sie sich, daß "man in dieser Gesellschaft nie jemanden nackt sieht, der mehr wiegt oder älter ist, als es dem Ideal entspricht". Als wäre der Autorin in diesem Moment aufgefallen, daß man Gleiches auch über die Heldinnen ihrer Bücher sagen könnte, die prinzipiell schön, begehrenswert und klug sind, schreibt sie der einen rasch ein paar Kilo Übergewicht auf die Hüften, um zugleich noch ein weiteres beliebtes Frauenzeitschriftsthema verarbeiten zu können, garniert mit dem historischen Verständnis eines Hollywood-Sandalenschinkens: "Ihre Zellulitis bebte wie das Römische Reich angesichts der Christen."

Die Welt verlangt nach einfachen Antworten. Ihr diese zu verweigern ist Aufgabe der Literatur oder doch ihres besseren Teils. Das schwierige Problem des Geschlechterverhältnisses in einer modernen Gesellschaft wäre ein lohnendes literarisches Thema. Lucía Etxebarría wählt hingegen den offenbar massentauglicheren Weg eines eindimensionalen Klischee-Feminismus.

TILMANN LAHME

Lucía Etxebarría: "Wir sind anders als die anderen Frauen". Roman. Aus dem Spanischen übersetzt von Catalina Rojas Hauser. Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2005. 318 S., geb., 22,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Wer Hera Linds Bücher mag oder Filme wie "Bandits" gut findet, dem dürften auch dieser sechs Jahre alte und nun auf deutsch erschienene Roman der spanischen Autorin Lucia Extebarria gefallen, vermutet Tilmann Lahme, der sich selbst offenbar nicht zu dieser Gattung zählt. Den Plot, der sich um vier Frauen dreht, die alle unter unterschiedlichen Ausprägungen "männlicher Unterdrückung" zu leiden hatten und sich nun einer traditionellen Frauenrolle verweigern, tut der Rezensent kurzerhand als "banal" ab. Die Mischung des Romans aus "drastischem Sex", Esoterik und Küchenpsychologie hat ihm regelrecht "Kopfschmerzen bereitet". Zudem nervt ihn der "intellektuelle Tiefe" vorgaukelnde "Fachjargon" und die im Ton von Ratgebern verabreichten Lebensweisheiten, wobei er auch über manche "schiefe Metapher" gestolpert sei, wie er moniert. Am überraschendsten aber findet er den Umstand, dass Extebarria ausgerechnet mit den "abgegriffensten Klischees" gegen Gesellschaftszwänge zu Felde ziehen will. Lahme betont, dass das "Geschlechterverhältnis" der "modernen Gesellschaft" ein durchaus "lohnendes literarisches Thema" sei, doch diesem "eindimensionalen Klischee-Feminismus" kann Lahme absolut nichts abgewinnen.

© Perlentaucher Medien GmbH