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"Ich habe Sie nicht um Ihre Liebe gebeten. Ich wollte Sex mit einem Mann, dessen Gesicht ich kannte." Harry Weinlaub, einer der letzten großen Stars des deutschen Fernsehens, gerät durch den unerhörten Antrag einer jungen Unbekannten in ein Beziehungsdrama aus privaten Verstrickungen und verdrängten Wahrheiten.
Der als Fernsehkommissar berühmte Schauspieler Harry Weinlaub kommt mit seiner neuen Rolle nicht klar. Bei den Dreharbeiten bricht er zusammen. Zu Hause findet er einen Brief mit dem Foto einer jungen Frau, die sich als unheilbar krank darstellt. Auch ihre Jungfräulichkeit deutet sie
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Produktbeschreibung
"Ich habe Sie nicht um Ihre Liebe gebeten. Ich wollte Sex mit einem Mann, dessen Gesicht ich kannte."
Harry Weinlaub, einer der letzten großen Stars des deutschen Fernsehens, gerät durch den unerhörten Antrag einer jungen Unbekannten in ein Beziehungsdrama aus privaten Verstrickungen und verdrängten Wahrheiten.
Der als Fernsehkommissar berühmte Schauspieler Harry Weinlaub kommt mit seiner neuen Rolle nicht klar. Bei den Dreharbeiten bricht er zusammen. Zu Hause findet er einen Brief mit dem Foto einer jungen Frau, die sich als unheilbar krank darstellt. Auch ihre Jungfräulichkeit deutet sie an. Sie will mit ihm schlafen. Eine publicitygeile Göre, die zu viel ferngesehen hat, das ist Weinlaubs einzig plausible Erklärung für diesen verrückten Wunsch.
Doch als Katja Westermann, ein schmales, mädchenhaftes, aber selbstbewusstes Wesen eines Tages vor seiner Tür auftaucht und zielstrebig in das Schlafzimmer geht, gerät Weinlaub in die Klemme. Eine seltsame Liebesgeschichte beginnt, die sich so ganz anders entwickelt, als Weinlaub es erwartet, und deren fataler Verlauf nicht mehr umkehrbar ist.

Der Antrag ist ein Berlin-Roman, der im Theater- und Filmmilieu spielt, ein Ost-West-Roman und eine Vater-Sohn-Geschichte, in der dieser Urkonflikt durch den Schatten, den die deutsche Nazivergangenheit wirft, ganz wesentlich verschärft wird.
Marielouise Jurreit, die mit ihrem ersten Roman Das Verbrechen der Liebe in der Mitte Europas Platz 1 der SWR-Bestenliste belegte, erzählt in ihrem neuen Roman mit klarer Sprache und subtilen Beobachtungen eine bewegende Geschichte von Liebe und Einsamkeit.

Autorenporträt
Marielouise Jurreit, geboren in Dortmund, lebt heute in Berlin. 1976 erschien »Sexismus - Über die Abtreibung der Frauenfrage«, ein Klassiker der Frauenbewegung. Zuletzt veröffentlichte sie den Roman »Das Verbrechen der Liebe in der Mitte Europas«, mit dem sie Platz 1 der SWR-Bestenliste belegte. Ihr Roman »Der Antrag« erschien 2004 in der FVA.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.04.2004

Eine ganze Menge Holz
Marielouise Jurreits Roman „Der Antrag”
Man nennt ihn Harry, er ist ein alternder, aber beliebter Fernsehstar, er wohnt in Berlin und frönt einer ungesunden Sucht. Harald Juhnke? Falsch. Der Mann heißt Heinrich Weinlaub, und er hängt nicht öffentlich an der Schnapsflasche, sondern vertilgt heimlich Unmengen von Zartbitterschokolade. Getrunken allerdings wird im hauptstädtischen „Theater- und Filmmilieu” (Klappentext) sowieso, was die Leber hält, und manche Kollegen, wie etwa Harrys schwuler junger Filmpartner, der tatsächlich auf den Namen Harald hört, richten sich gar mit stärkeren Drogen zugrunde. Mitten hinein in dieses prickelnd verderbte Milljöh führt uns Marielouise Jurreit, die im goldenen Zeitalter des Feminismus ein bahnbrechendes Werk über die „Abtreibung der Frauenfrage” verfasste, sich danach im Filmgeschäft umtat und schließlich unter die Romanschriftstellerinnen ging. Hatte sie in ihrem vor vier Jahren erschienenen Debüt-Epos „Das Verbrechen der Liebe in der Mitte Europas” noch versucht, die politischen Erschütterungen und den psychoanalytischen Selbsterforschungsdrang ihrer Generation in die Schilderung einer weiblichen Lebenskrise einzuarbeiten, versetzt sie sich nun in die Seele und den Triebhaushalt eines Mannes, dem eine erotische Obsession entschieden mehr zu schaffen macht als die Nazikarriere seines Vaters. So wandeln sich die Zeiten, und so ändern sich die Strategien, wenn es darum geht, im Felde der Literatur auf sich aufmerksam zu machen.
Eine Prise Schicksal
Die Hauptstadt, das Showbusiness, der Sex und der Nazivater, das ist schon eine ganze Menge Holz, aber aus jeder zweiten Fernsehschmonzette wissen wir, dass erst eine Prise Schicksal, etwa in Gestalt eines unheilbaren Leidens, dem Plot die rechte Würze gibt. Also hat Jurreit die einundzwanzigjährige, an Lymphdrüsenkrebs erkrankte Schauspielschülerin Katja erfunden, die dem Senior-Mimen einen Fanbrief besonderer Art schreibt: Sie möchte „einmal vor ihrem möglichen Tod” mit jemandem schlafen, und zwar besonders gern mit dem von ihr geschätzten und verehrten Harry Weinlaub. Der, ganz Gentleman, reagiert zunächst mit interesseloser Betroffenheit, zumal das beigefügte Fastnacktfoto ihn nicht unmittelbar anspricht: „Halb Mondkalb, halb Undine”, denkt er bei sich; wir hingegen wagen kaum daran zu denken, wie unbarmherzig solche sexistischen Männerkommentare vor zwanzig, dreißig Jahren von der Autorin geahndet worden wären.
Als Katja den Angebeteten mit einem Tulpenstrauß heimsucht, hat er ihr denn auch nichts zu bieten außer einer Tasse Tee. Wenig später aber ist Harry anfällig geworden, denn seine Lebensgefährtin, die sehnige, pragmatische Filmemacherin Christine, geht wieder einmal auf Abstand. So muss der Leser, der das eigentlich gar nicht so genau wissen will, mehrfach mit ansehen, wie Harry Hand an sich legt und sich dabei vom Konterfei der Todgeweihten erregen lässt. Immerhin bleibt uns die Peinlichkeit einer veritablen Paarungsszene erspart, denn kaum hat Weinlaub so richtig Feuer gefangen, muss er erfahren, dass die fragile Patientin mit anderen reifen Herren herummacht, die ihren beruflichen Aufstieg fördern, während er, Harry, das Objekt seiner Begierde bloß in die Plastinat-Ausstellung eines notorischen Leichenverwerters begleiten darf. Am Ende feiert Katja, nun doch nicht sterbenskrank, einen Triumph als Nina in Tschechows „Möwe” und tut sich mit ihrem gleichaltrigen Bühnenpartner auch privat zusammen. Harry guckt in die Röhre, aber dafür hat er seine Art-déco-Einrichtung, die er nie mochte, bei Sotheby’s versteigern lassen und „Genaueres über das Verhalten seines Vaters im Zweiten Weltkrieg” herausgefunden: Der war zwar SS-Mann, aber wenigstens kein KZ-Aufseher. Trost spenden ferner die Schriften deutscher Mystiker, von denen es heißt, sie wirkten „wie ein positiver Eingriff in Harrys Hirnstoffwechsel”.
Eine abenteuerliche Mischung fürwahr, serviert mit einem unbekümmerten Erzähl-Elan, der an Heroen des Trivialromans wie Simmel und Konsalik gemahnt. Man müsste einmal nachlesen, ob jene Herren vergleichbar interessante anatomische Beobachtungen im Repertoire hatten: „Sein Glied baumelte unerlöst”, oder „Aus seinem offenen Bademantel starrte ein Nest von weißgekrausten Brusthaaren”, oder „ein eingelaufenes T-Shirt, unter dem die Höcker der kleinen Brüste schwebten”. Von der sogenannten Hauptstadtliteratur haben wir offenbar noch einiges zu erwarten – es dürfte sich lohnen, schon mal die Schokoladenvorräte aufzustocken.
KRISTINA MAIDT-ZINKE
MARIELOUISE JURREIT: Der Antrag. Roman. Frankfurter Verlagsanstalt, Franfurt am Main 2004. 288 Seiten, 21,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.05.2004

Ganz und gar zartbitter
Marielouise Jurreit findet den neuen Zeit- und Gesellschaftsroman

Wie basteln wir einen Zeit- und Gesellschaftsroman? Natürlich muß er in Berlin spielen, ganz dicht am Puls der Zeit. Gebraucht werden Sätze wie diese: "In der Nähe der Hackeschen Höfe versuchten sie auf der überfüllten Oranienburger Straße einen Platz vor einem Café zu erkämpfen. Schließlich gaben sie auf und setzten sich in einen der Innenhöfe, die zwischen der Synagoge und der Auguststraße ausgebaut waren." So gewinnt der Roman die beinharte Authentizität eines Falkplans. Also Berlin rauf und runter, alles zwischen Bleibtreustraße und Alexanderplatz, und auf den Fernsehturm schicken wir unsere Protagonisten auch. Zwischendurch gönnen wir ihnen immer mal wieder ein bißchen Ruhe in diesem bekannten Restaurant in der Französischen Straße, wo die Promis sitzen - Sie wissen schon. Um all diese Orte miteinander verbinden zu können, brauchen wir ganz, ganz viele Taxifahrten, denn Berlin ist eine schnelle Stadt mit weiten Wegen.

Andererseits: Berlin allein reicht auch nicht ganz. Berlin kann auf die Dauer nämlich ziemlich langweilig und unziemlich traurig sein: "Er hatte alles satt; er haßte Berlin am Morgen, und insbesondere haßte er Taxifahrer, die ihm vom traurigen Zustand Berlins erzählten." Also Monotonie vermeiden und das Zeit- und Gesellschaftspanorama durch einen Abstecher nach München erweitern und vertiefen! Im übrigen brauchen wir München auch wegen der lebensprallen Erotik, denn auf diesem Gebiet hat das verquält coole Berlin ja nun wirklich nichts zu bieten: "Ihre Dirndlfigur, der aufgepumpt wirkende Busen und die stämmigen Beine, zog ihn nicht an, aber nun hatte er sich auf sie eingelassen und konnte sich nicht mehr verweigern; den Blick auf die sonnenverbrannte, etwas faltige Haut ihres Ausschnitts fixiert, suchte er nach einem Ausweg, den er sich selbst versperrt hatte." Etwas in dieser Art. Da muß unser Held eben durch und weiß dann hinterher auch Berlin wieder zu schätzen.

Jetzt zum Personal! Wo könnten wir dem, was unsere Zeit und unsere Gesellschaft im Innersten bewegt, näherkommen als in der Medienwelt? Wieviel menschliches Elend hinter all dem Glanz, wieviel seelische Abgestumpftheit unter dem virtuosen Rollenspiel, wieviel Rivalität und Gier, Eifersucht und Einsamkeit! Also Schauspieler, Regisseure, Agenten, also Theater, Fernsehen, Film. Auf die Mischung kommt es an; der Zeit- und Gesellschaftsroman braucht eine gewisse menschliche Bandbreite. Man tut gut daran, als Protagonisten einen Mann zu wählen, der einiges hinter sich hat und das Leben kennt: zum Beispiel einen sehr erfolgreichen Film- und Fernsehschauspieler um die 55, also im besten "Tatort"-Kommissarsalter. Das läßt jede Lebensanfechtung plausibel erscheinen und schafft Vertrauen, zumal wenn der Mann eine gewisse liebenswürdige Unzeitgemäßheit ausstrahlt: "Ich besitze kein Auto, kein Handy, keinen Computer und kein DVD. Nun wissen Sie fast alles über mich." Dieser Mann, den wir Harry Weinlaub nennen können, ist seit über einem Jahrzehnt - genauer: seit dem Fall der Mauer: nie den Blick aufs große Ganze verlieren! - mit einer Filmemacherin liiert, die zur Zeit ein Werk über die Eiswüsten Sibiriens dreht; man ahnt, wie kompliziert es in einer solchen Seele aussehen muß. Die Abwesenheit der Lebensgefährtin gibt dem großen Darsteller die Gelegenheit, eine fällige Lebenskrise auszuagieren, und dabei hilft ihm das Personal, mit dem er nun zu umgeben ist: ein schwuler Jungdarsteller, manisch-depressiv; eine todkranke Jungdarstellerin, Undinentypus (auch der Germanist will auf seine Kosten kommen); ein Regisseur mit künstlerischen Karrierebrüchen, aber stetigem Erfolg bei den Frauen; ein erfolgreicher Film- und Fernsehagent, Vielfraß aus erotischem Kummer und mit einem Faible für Horrorfilme. So weit also das Kernpersonal, das beruflich und erotisch untereinander zu verknüpfen und dann mit den zwar interessanten, aber nicht allzu spektakulären Nebenfiguren zu umgeben ist, in denen der Leser auch die Statisten seines Alltags zu erkennen vermag.

Doch halt: Es handelt sich um einen deutschen Zeit- und Gesellschaftsroman, und dieses Genre bedarf einer problemgesättigten Tiefenstruktur. Deren Beschaffung können wir den Vätern anvertrauen; die haben Erfahrung auf diesem Gebiet, nicht nur im deutschen Roman. Die Väter dürfen getrost schon allesamt tot sein; dafür, daß sie dennoch lebendig bleiben, kann man ein höchst bewährtes Verfahren sorgen lassen: die große Verdrängung. Hier darf nicht geknausert werden: Eine anständige Tiefenstruktur braucht Verdrängung. Also sollte man großzügig altersgemäß problematische Väter verteilen: Der große Schauspieler bekommt einen SS-Mann zum Vater; der Jungdarstellerin kann man einen Hauptmann der NVA zuteilen; dem schwulen Jungdarsteller wird ein schwuler Angestellter als Papa zugeteilt, der nie sein Coming-out hatte.

Nun zur Handlung. Es hilft nichts: Hier ist Phantasie gefragt, denn die Konkurrenz schläft nicht. Es kommt darauf an, einen Plot zu finden, der die dunkle deutsche Tiefenstruktur beherzt mit der glitzernden globalisierten Oberfläche verbindet. Dazu wird erst einmal der berühmte Schauspieler mit einer mittleren Lebenskrise ausgestattet, die sich in Arbeitsstörungen einerseits, im gesteigerten Konsum von Cognac und Zartbitterschokolade andererseits manifestiert. Der Leser sollte gleich mit dem ersten Satz vom Ernst der Lage in Kenntnis gesetzt werden: "Harry Weinlaub hatte einen schlechten Tag." Nach einem solchen Satz kann im deutschen Zeit- und Gesellschaftsroman nichts mehr schiefgehen.

Harry Weinlaub hat sich also gerade in Charlottenburg eine Wohnung gekauft, und wie es der Zufall so will, ist dies just die Wohnung, in der Harry als Kind seinen Vater, den ehemaligen SS-Mann, verschiedentlich dabei beobachten konnte, wie er Harrys Mutter mit einer Ärztin betrog - und dies genau an der Stelle, wo Harry sein Bücherzimmer eingerichtet hat, um dort die Schriften deutscher Mystiker zu lesen. Denn Deutschland ist ein tiefes Land, selbst im 4. Stock Charlottenburger Altbauten. Bevor Harrys Vater sich aber dem außerehelichen "Liebesakt" widmete, pflegte er den Sohn mit Zartbitterschokolade fortzuschicken. Das erklärt auch, warum Harry sich in der neuen Wohnung dem unkontrollierten Verzehr von Zartbitterschokolade hingibt. Und erklärt des weiteren, weshalb mit dem Bezug der Wohnung eine Entfremdung von Harrys Lebensgefährtin, der attraktiven Filmemacherin, einsetzt. Denn sie sieht, was freilich erst allmählich "aus den Untiefen seines Bewußtseins" aufsteigt, auf fatale Weise dieser Ärztin ähnlich, mit der Harrys Vater . . . Ganz wichtig also: den Leser, dieses unaufmerksame Wesen, mit Psychologie der bewährtesten Art bei der Stange halten! Nichts unerklärt lassen! Der Grundgeschmack des deutschen Zeitromans ist zartbitter!

Und jetzt der Clou: die Jungdarstellerin. Einundzwanzigjährige Schauspielerinnen sind freilich ein so bewährtes Mittel zur Auslösung akuter Lebenskrisen bei älteren Herren, daß man sich schon etwas ganz Besonderes ausdenken muß. Es bedarf nun einer spezifisch Berliner Variante, am besten irgendwie in der Benn-Tradition. Etwa so: Da erhält Harry plötzlich den Brief einer ihm unbekannten jungen Frau, deren Berufswunsch Schauspielerin ist: "Die Absenderin behauptete, unheilbar krank zu sein, zugleich deutete sie ihre Jungfräulichkeit an. Sie leide an einem Lymphknotenkrebs. Seit einem dreiviertel Jahr sei sie in Behandlung. (. . .) Er solle sich mit ihr zu einem gemeinsamen Wochenende treffen, einmal vor ihrem möglichen Tod wolle sie mit jemandem schlafen." Da fehlt doch nun gar nichts: Sex und Tod, Krebs und eine Andeutung von Jungfräulichkeit. Dieser Absenderin wird der Leser jedenfalls so rasch verfallen, wie Harry ihr verfällt.

Nun kommt es nur noch darauf an, Harry durch die Höhen und Tiefen einer erotischen Obsession gehen zu lassen, dies unter optimaler Ausnutzung des bereitgestellten Personals, das interessante erotische Vernetzungen zuläßt, bis der Roman ein zartbitteres Ende erreicht, an dem sich ein seelisch gereifter Harry "lächelnd" vom Leser verabschiedet: Vater abgeschafft, Lebensgefährtin abgeschafft, Illusionen über Jungdarstellerinnen abgeschafft, aber ein neuer Schreibtisch angeschafft. Wie man so etwas auf spannende Weise erzählt, bei vorzüglicher Kenntnis der entsprechenden Milieus und Lokalitäten, soll hier nicht auch noch verraten werden; wer weiteren Aufschlusses über den neuen deutschen Zeit- und Gesellschaftsroman bedarf, wird ihn bei der Lektüre von Marielouise Jurreits zweitem Roman "Der Antrag" gewinnen. Gut gebastelt, Marielouise Jurreit! Ein Buch wie dieses liest sich weg wie nichts. Und ist dann auch weg wie nichts.

ERNST OSTERKAMP

Marielouise Jurreit: "Der Antrag". Roman. Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2004. 287 S., geb., 21,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Sehr ausführlich und durchweg ironisch bespricht Ernst Osterkamp diesen Roman, wobei er ihn als nach allen Regeln der Kunst zusammengestellten, geradezu idealtypischen "Zeit- und Gesellschaftsroman" charakterisiert. So ein Roman muss natürlich in Berlin spielen, so der Rezensent, der in den Beschreibungen der Orte die "beinharte Authentizität eines Falkplanes" bespöttelt. Auch die Protagonisten wirken auf ihn wie aus dem Baukasten und die psychologische Ausleuchtung der "bewährten Art" lässt nichts unerklärt, so Osterkamp mit grimmigem Vergnügen am Verriss. Dieses Buch, das von der "mittleren Lebenskrise" der Hauptfigur Harry Weinlaub erzählt, hat alles, was der große Gegenwartsroman verlangt: "Sex und Tod, Krebs und eine Andeutung von Jungfräulichkeit", und er "liest sich weg wie nichts", gibt der Rezensent zu. Doch genauso schnell hat man ihn vergessen, so Osterkamp giftig, der diesem nach allzu bewährtem Rezept hergestellten Roman offensichtlich nichts abgewinnen kann.

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