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Alex kehrt in seine Heimatstadt zurück, in der sich vier Jahre zuvor etwas Grauenvolles ereignet hat: Der Außenseiter Alfred Oxenberger, genannt Ox, erschoß am ersten Schultag nach den Sommerferien im Drogenrausch acht Mitschüler mit einem gestohlenen Gewehr. Alex besaß damals den Mut, sich Ox entgegenzustellen und ihm die Pumpgun abzunehmen, sonst wäre alles noch schlimmer gekommen. Dafür wurde er als Held gefeiert. Doch die Öffentlichkeit hat nie die ganze Wahrheit erfahren. Woher stammte die Waffe und welche diabolische Rolle spielte Alex' Klassenkamerad Pauly? Der Roman rollt Schritt für…mehr

Produktbeschreibung
Alex kehrt in seine Heimatstadt zurück, in der sich vier Jahre zuvor etwas Grauenvolles ereignet hat: Der Außenseiter Alfred Oxenberger, genannt Ox, erschoß am ersten Schultag nach den Sommerferien im Drogenrausch acht Mitschüler mit einem gestohlenen Gewehr. Alex besaß damals den Mut, sich Ox entgegenzustellen und ihm die Pumpgun abzunehmen, sonst wäre alles noch schlimmer gekommen. Dafür wurde er als Held gefeiert. Doch die Öffentlichkeit hat nie die ganze Wahrheit erfahren. Woher stammte die Waffe und welche diabolische Rolle spielte Alex' Klassenkamerad Pauly?
Der Roman rollt Schritt für Schritt die damaligen Ereignisse wieder auf. Was waren die Ursachen des brutalen Schulhofmassakers? Von Schuldgefühlen getrieben will Alex sich zunächst zu seiner Verantwortung bekennen, dann aber vor allem Pauly fertigmachen, den Drahtzieher, der Ox benutzt hat, um die eigenen Mordphantasien in die Tat umzusetzen. Auf seinem Rachefeldzug verliert Alex zunehmend die Wirklichkeit und sich selbst aus dem Blick, und auch Do, seine große Liebe, vermag ihn nicht mehr aufzuhalten. Mit Feingefühl für die psychologischen Hintergründe schildert Marc Höpfner in seinem Roman eine neue Generation, der durch das Aufwachsen in einer immer virtuelleren Welt die traditionelle Wahrnehmung der Realität verlorengegangen ist. Sie kommt mit ihrem wirklichen Leben nicht zurecht und will es schließlich vernichten, und zwar total und apokalyptisch.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.08.2001

Rachefeldzug
aus Realitätsverlust
Marc Höpfners Roman „Pumpgun”
beschreibt die Folgen virtueller Gewalt
Eine Anklage, ein Schocker, der sich in Buchform gegen Gewalt richtet, die uns aus Monitoren entgegenschlägt. Eigentlich unverfilmbar. Eigentlich.
Der 36-jährige Münchner Schriftsteller Marc Höpfner veröffentlichte kürzlich sein Debüt „Pumpgun” bei der Frankfurter Verlagsanstalt. Ein Roman, der den schleichenden Verlust von Wirklichkeit durch den Konsum von Filmen, Computerspielen und Werbung beschreibt. Dennoch liegen ihm mehrere Angebote zur Verfilmung seines Werkes vor. „Natürlich ist das mit einem Widerspruch verbunden – allerdings soll das auch kein Actionfilm werden”, erklärt Höpfner. Er sieht die geplante Mitarbeit am Drehbuch als Schutz, dass der Film „keine voyeuristische Gewaltorgie” wird. Im Zentrum stehe auch in der literarischen Vorlage eine Liebesgeschichte. Die drastische Beschreibung von Gewaltexzessen, bei der selbst ein Auffahrunfall wie ein Kriegsszenario geschildert wird, sei lediglich ein Nebenaspekt: „Gewalt an sich empfinde ich als abstoßend, und sie taugt alleine nicht zum Thema.”
Der in Kiel geborene Höpfner studierte in München Philosophie und ist seither als freier Schriftsteller hier hängen geblieben: Im Gegensatz zu vielen anderen jungen Autoren brauche er die „Erfahrungsdusche und das Inspirationsfeld Berlin” nicht. Er mag München – die Stadt, in der er das Exzerpt für sein Buch schon 1983 schrieb. Kurz zuvor war er in einen schweren Autounfall verwickelt und dabei weniger über seine Verletzungen erschrocken als darüber, „wie die Leute eisschleckend auf die bizarre Szenerie schauten”.
Dieses „Fernbild oder Fernsehbild” verarbeitete er zu einem fünfhundert Seiten starken handschriftlichen Pamphlet, das er „ohne taugliche wissenschaftliche Belege aus ein paar drastischen privaten Erlebnissen destillierte”. Dann steckte er das Manuskript in eine Schublade: „Neun Tote, ein Massenmord unter Schülern in einem deutschen Roman, der keine Genreliteratur sein wollte? Das konnte es nicht geben.”
In der Schublade schlummerten seine „Privatphantasien” über ein Jahrzehnt – bis der frei erfundene Stoff am Ende des Jahrtausends von der Wirklichkeit eingeholt wurde: Erst erschossen im März 1998 in Jonesboro, Arkansas, zwei elf- und 13-jährige Teenager vier Mädchen und eine Lehrerin, dann folgte im April 1999 das Blutbad von Littleton, Colorado, bei dem zwei 17- und 18-jährige Schüler zuerst zwölf Schüler und einen Lehrer erschossen und sich anschließend selbst töteten. Als am 1. November 1999 ein Sechzehnjähriger in Bad Reichenhall auf die Nachbarn feuerte, hatte auch Deutschland ein Problem mit jugendlichen Amokläufern. „Diese Täter sind wie aus meinem Buch entsprungen”, sagt Höpfner. Er könne und wolle für diese Taten allerdings keine allgemein gültige Erklärung formulieren. Für ihn ist Gewalt beängstigend, aber vor allem ein gesellschaftliches Problem: „Wirklich schrecklich ist nicht die Gewalt, sondern die Passivität gegenüber der Gewalt.”
„Pumpgun” reflektiere, sagt der Autor, „die Melancholie und eine gefährliche Unrast, die mich in einer langen, aber vergangenen Phase meines Lebens durch Tage und Nächte trieb. Und es ist eine Aussage über die Macht der Bilderwelten, die unseren Alltag beherrschen.” Es handelt von Menschen, die in einer eigenen Scheinwelt leben, die ihnen jedoch keinen Halt mehr bietet. Als Beispiel nennt er auch die drei Jungen, die vor zwei Jahren bei Darmstadt gedankenlos Steine von einer Autobahnbrücke warfen und dabei zwei Leben zerstörten: „Ihre Tat muss ihnen wie ein Videospiel vorgekommen sein.” Die virtuelle Welt in den Monitoren und Bildschirmen habe die traditionelle Wahrnehmung der Realität verdrängt.
Höpfner schrieb sein Buch in der Ich-Perspektive seines Protagonisten Alex, dessen Welt seit seinem achten Lebensjahr aus einem „rechteckigen Rahmen” besteht. Der junge Mann kehrt nach vier Jahren in seine Heimatstadt zurück, in der sein Mitschüler, der Ballervideospiel-König Ox, einst im Drogenrausch acht Schüler mit einer gestohlenen Remington-Schrotflinte ermordete. Sein Mittäter, der kleinkriminelle Pauly, wurde jedoch nie ermittelt. Und so startet Alex, der dem Killer damals die Pumpgun entriss und als Held gefeiert wurde, unter zunehmendem Realitätsverlust einen blutigen Rachefeldzug. Eigentlich zu konstruiert für einen Schocker, sollte man denken. Eigentlich – wenn die Geschichte nicht doch so nah an der Wirklichkeit wäre.
LARS LANGENAU
„Gewalt alleine ist kein Thema”: Autor Marc Höpfner.
Foto:
UNI
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.04.2001

Ein Held unserer Freizeit
Am Anfang war die Action: Marc Höpfner erzählt in seinem Roman "Pumpgun" mit aller Gewalt · Von Richard Kämmerlings

Am 20. April 1999 erschießen zwei siebzehn und achtzehn Jahre alte Jungen auf dem Schulhof der Columbine High School in Littleton, Colorado, zwölf Schüler und einen Lehrer und verletzen zwanzig weitere zum Teil lebensgefährlich. Schon im Jahr zuvor waren bei ähnlichen Vorfällen mehrere Schüler von Klassenkameraden erschossen worden. Der spektakulärste Fall ereignet sich am 24. März 1998 in Jonesboro, Arkansas, wo zwei Jugendliche, elf und dreizehn Jahre alt, nach einem von ihnen ausgelösten Feueralarm vier Mädchen und eine Lehrerin töten. In Deutschland geschieht Vergleichbares in Bad Reichenhall, als am Allerheiligentag 1999 ein Sechzehnjähriger mit einem großkalibrigen Gewehr aus dem Waffenschrank seines Vaters auf seine Nachbarn feuert.

Man muß sich diese Fakten noch einmal ins Gedächtnis rufen, wenn ein solches Geschehen zum Stoff eines Romans wird. Zu leicht wäre sonst der Vorwurf des Effekthascherischen und fehlender Wahrscheinlichkeit bei der Hand. Denn was wäre hier unglaublicher als die Realität? Was diese Massaker so unwirklich erscheinen läßt, was sie in die Fehlfarben der Fiktion taucht, ist gerade die Vertrautheit ihrer Bilder: Was aus Videospielen und Vorabendserien bekannt ist, läßt sich nicht einfach so in der Wirklichkeit verorten. Die Taten folgen selber medialen Mustern, die jugendlichen Killer setzen in ihren Schulalltag um, was ihre Freizeit ohnehin schon ausfüllt: Am Anfang war die Action.

Wenn Alex in Marc Höpfners Debütroman "ich" sagt, verwendet er damit nur eine Art Sammelbezeichnung für ein ganzes Bündel von Haupt- und Titelrollen, die auf seiner inneren Leinwand täglich zu sehen sind. Seit seinem achten Lebensjahr hat "die Welt einen rechteckigen Rahmen". Die Suche nach "schönen Bildern", nach der Veredelung des ereignislosen Alltags zur strahlenden Filmkulisse bestimmt fortan sein Leben. Respekt bei seinen Freunden verschafft sich Alex konsequenterweise vor allem durch seine Virtuosität am Joystick und am Spielautomaten.

Nur einer ist noch besser: Sein Schulkamerad Alfred Oxenberger, genannt "Ox", ist der ungekrönte König der Ballerspiele, dem kein Highscore standhält. Ox ist ein baumlanger Kerl, der aber als verschrobener Außenseiter gilt und nur in der Welt der "Unbesiegbarkeitsphasen" und "Bonusleben" mit ihren künstlichen Hindernissen von niemandem aufzuhalten ist. "In einem richtigen Krieg wär er unschlagbar", sagt sein Freund Pauly, ein Kleinkrimineller, der mit Drogen dealt und so gern ein großer Pate wäre. Bei einer Kursfahrt in einen verschlafenen Wintersportort in den Schweizer Alpen deutet sich erstmals an, daß Ox, bis aufs Blut gereizt und umnebelt von den richtigen Substanzen, dazu übergehen könnte, auch in diesem unscharfen Bildschirmfenster namens Wirklichkeit bis zur "Game over"-Meldung am Drücker zu bleiben. Am ersten Schultag nach den großen Ferien schließlich nehmen Ox und Pauly gemeinsam vom alten Flakturm der Schule aus ihre Mitschüler aufs Korn. Acht davon werden nicht überleben.

Als Alex zu Beginn des Romans in seine Heimatstadt zurückkehrt, liegen diese Ereignisse vier Jahre zurück, und doch hat der grausame Film für ihn noch keinen Abspann gezeigt. Gefangen wie ein realer Charakter in einem fiktionalen Universum, das jenseits des Bildausschnitts keine Welt mehr kennt, kommt Alex von den Bildern der Toten nicht los. "Die Geschichte ist vier Jahre alt. Alles ist vier Jahre alt. Nichts ist vorbei." Auf dem Weg vom Flughafen zur Stadt wird sein Taxi in eine Massenkarambolage verwickelt, eine weitere Begegnung mit dem Tod, die "wie im Film abläuft". Doch Alex ist nicht mehr nur in seiner Phantasie ein Held; sein todesmutiges Eingreifen beendete damals das Blutbad und brachte ihn auf die Titelseiten der Zeitungen. Jetzt kehrt er zurück, weil er weiß, daß die Geschichte noch einen zweiten Teil verdient hat, ein Sequel, das den Titel "Racheengel" tragen könnte. Denn Alex ist überzeugt, daß damals mit Ox dem Falschen die Hauptschuld in die Schuhe geschoben wurde, während Pauly als die eigentliche treibende Kraft mit Entziehungskur und psychiatrischer Behandlung viel zu glimpflich davonkam. Ox hatte sich gegen seine Verurteilung kaum gewehrt und sich dann im Gefängnis selbst gerichtet.

Die Gewalttat bleibt allerdings auch in Alex' Version rätselhaft. Die Waffe, eine mörderische "Pumpgun", ist in doppeltem Sinne das Hauptmotiv des Buches. Sie stammte damals ursprünglich von Alex, der sie in jugendlichem Übermut dem psychisch gestörten Hausmeister der Schule gestohlen hatte. Wie die Waffe von Hand zu Hand geht, so zeugt sich der Kreislauf des Bösen immer weiter fort, ohne daß ein Anfang oder ein Ende abzusehen wären. Höpfner stellt implizit die Frage, wie sich von solch sinnloser Gewalt erzählen läßt, die sich nicht nahtlos in eine Geschichte einfügt, es sei denn, an die dafür vorgehaltene Planstelle. Dafür haben das Krimigenre und seine zahlreichen filmischen Ableger den Showdown erfunden, das Duell, das dramaturgisch alle Gegensätze auflöst. Hier wird der Finger am Abzug zum Medium der Entscheidungsfindung: er oder ich, gut oder böse, Tragödie oder Komödie. Alex kehrt zurück, um in seinem Rachefeldzug gegen Pauly der Gewalt einen sinnvollen Platz anzuweisen: "Plötzlich weiß ich, was ich will: Ich will, daß es so bleibt. Ich will, daß es knallt. Bang Bang."

Doch fügt dies die Schüsse nur in ein narratives Muster, nicht in eine moralische Ordnung. Ox las während des Schulausflugs Lermontows Roman "Ein Held unserer Zeit" und erkannte im Schicksal des moralisch indifferenten Offiziers Petschorin, der bei einem farcehaften Duell einen ungefährlichen Nebenbuhler tötet, ein Todesurteil über die aus den Fugen geratene Wirklichkeit: "Es ist Schwachsinn, niemand gewinnt." Ebenso wie Petschorin in den Augen seiner Zeitgenossen den Status eines Romanhelden erlangt, stilisieren sich die Widersacher nach filmischen Vorbildern. Von Pauly, der zur Gelatinefrisur eine Sonnenbrille trägt, heißt es, er sei "ein großer Stilist und garantiert durch die harte Schule des Mafiafilms gegangen". Alex wiederum wählt das Modell des Gerechtigkeitsfanatikers, wie er mit Robert de Niro bei Scorsese ins Bildgedächtnis eingegangen ist. Kein Zufall, daß Alex gerne Taxi fährt. Eine wilde, tödlich endende Autofahrt, die Alex mit seiner Jugendliebe Do unternimmt, folgt den Reifenspuren von "Bonnie and Clyde". Doch wenn Höpfner populäre Mythen zum Gerüst der Erzählung macht, hebt er den Ernst des Geschehens nicht wie viele seiner Kollegen in metafiktionalen Vexierspielen auf. Das erinnert an Romane Stewart O'Nans wie "Engel im Schnee" oder "Speed Queen", mit denen "Pumpgun" den Verzicht auf definitive Antworten teilt.

Zweifellos hat dieses Debüt auch Schwächen. So verschwinden wichtige Figuren des ersten Teils aus dem Blickfeld, wie Max, mit dem Alex zusammen die Waffe entdeckt. Auch wenn Halbwüchsigen das Leben wie ein Film vorkommt, in dem man sich mit Gewalt eine Hauptrolle verschaffen kann, irritiert es, wenn sie sich in filmreifen Wechselreden unterhalten. Wie seine großspurigen Helden versucht Höpfner mit Lautstärke und Kraftausdrücken Eindruck zu schinden; die "Pumpgun" ist auch Inbegriff eines Erzählens mit Knalleffekt, das um der Wirkung willen eine große Streuung in Kauf nimmt. Dennoch darf man dem Roman nicht vorwerfen, daß er sich der Macht der Muster auch auf formaler Ebene annähert, da er sich ihr nicht wehrlos ausliefert. Es gibt Vorbilder, die verlangen eben mehr Tribut, als man zu Beginn zollen wollte: Auch Alex versucht seiner Rolle zu entkommen, doch noch seine Flucht mit Do folgt einem bekannten Drehbuch. Höpfner weiß, daß sich auf dem Highway der Genrekonventionen strafbar macht, wer das Tempo drosselt.

Marc Höpfner: "Pumpgun". Roman. Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2001. 245 S., geb., 38,- DM.

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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Susanne Balthasar lässt diesem erschreckenden Roman ein großes Lob zukommen. Ohne sich in psychologisch Fragwürdiges zu versteigen, erzähle Mark Höpfner die Geschichte von Jugendlichen, die nicht mehr zwischen Wirklichkeit und Fernsehwelt unterscheiden können. Der Roman, der Elemente von "Krimi, Liebesgeschichte, Generationenportrait, Gesellschafts-kritik, Psycho-Prosa" in sich vereine, sei "unaufgeregt und präzise" geschrieben. Er biete kaum Antwort auf die realistische Problematik, doch da dies in der Wirklichkeit ebenso wenig geschehe, seien die Analysen Höpfners um so treffender.

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