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"Das Goldene Zeitalter" des spanischen Weltreichs wird von zwei markanten historischen Zäsuren bestimmt, den Jahren 1492 und 1648. Kolumbus entdeckt Amerika, die Mauren werden von der Iberischen Halbinsel vertrieben, die einzigartige kulturelle Toleranz zwischen Islam, Juden- und Christentum bricht ab. Am Rande des neuzeitlichen Europa führt Philipp II. (1527-1598) Spanien in über vierzig Jahren seiner Regierung zur beherrschenden Weltmacht. Resolut bestimmt fortan das spanische Weltreich die Geschicke Europas im 16. und 17. Jahrhundert. Es konkurriert mit Portugal, England und Frankreich um…mehr

Produktbeschreibung
"Das Goldene Zeitalter" des spanischen Weltreichs wird von zwei markanten historischen Zäsuren bestimmt, den Jahren 1492 und 1648. Kolumbus entdeckt Amerika, die Mauren werden von der Iberischen Halbinsel vertrieben, die einzigartige kulturelle Toleranz zwischen Islam, Juden- und Christentum bricht ab.
Am Rande des neuzeitlichen Europa führt Philipp II. (1527-1598) Spanien in über vierzig Jahren seiner Regierung zur beherrschenden Weltmacht. Resolut bestimmt fortan das spanische Weltreich die Geschicke Europas im 16. und 17. Jahrhundert. Es konkurriert mit Portugal, England und Frankreich um die Vorherrschaft in der damaligen Welt, erlebt einen unvergleichlichen wirtschaftlichen Aufschwung durch den immensen Reichtum aus den lateinamerikanischen Kolonien und stößt in der Architektur und Malerei, in Schauspiel, Lyrik und Roman zu neuen Dimensionen menschlichen Selbstverständnisses vor.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.06.2000

Die Gier nach Gold macht die Spanier schwach
An den jähen Witterungsumschwung, der ihre klassische Zeit beendete, erinnern sie sich weniger gern

Das "Siglo de Oro", das "Goldene Zeitalter", ist von jeher einer der zentralen Sehnsuchtsräume des spanischen Volkes. Jene glanzvolle künstlerische Schaffensperiode setzte mit literarischen Genies wie Cervantes, Lope de Vega und Quevedo und Malern vom Rang eines Velázquez, El Greco und Zurbarán die Welt in Erstaunen. Stets bot der Rekurs auf diese glorreiche Phase Halt in Zeiten verletzten nationalen Selbstbewusstseins. Die Riesen der Künste dienten als Leuchttürme bei geistigen Neuorientierungen, die Nationalheiligen spendeten immer wieder Balsam für die oftmals empfindliche iberische Seele. Auch die Bilderstürmer unter den Intellektuellen des zeitgenössischen Spanien ziehen ihren Hut vor der Kühnheit und ansteckenden Kraft gerade der Literatur dieser Zeit.

Natürlich ist das "Goldene Zeitalter" auch ein politischer Epochenbegriff. Er beschreibt die eineinhalb Jahrhunderte zwischen der Thronbesteigung Karls V. 1516 und dem Pyrenäenfrieden 1659. Durch einen glücklichen Erbfall, geschickte Heiratspolitik, energische Arrondierung und den Reichtum der Kolonien errichtete Spanien nicht nur die kontinentale Hegemonie, sondern unterhielt auch jenes veritable Weltreich, "in dem die Sonne nicht unterging", bis es schließlich vom "Großen Zeitalter" der Franzosen verdunkelt wurde.

Das spanisch-französische Autorengespann Bartolomé Bennassar und Bernard Vincent hat sich die fast herkulische Aufgabe vorgenommen, beide bislang gewöhnlich getrennt betrachteten Reiche, Kunst und Politik, in einem Gesamtpanorama zu vereinen. Auf dem vergleichsweise engen Raum von rund 250 Seiten, die dazu noch überreich mit hervorragend reproduziertem Bildmaterial gespickt sind, gelingt es den Verfassern, die Grundlinien dieser Epoche hervortreten zu lassen. Ersichtlich für Laien verfasst, bewegt sich das Buch auf der Höhe der Forschung, vermittelt seine Informationen in einem verständlichen, essayistischen Stil und bietet darüber hinaus eine anspruchsvolle Auswahlbibliografie.

Man gewinnt einen mehr als hinreichenden Eindruck von der Schwindel erregenden Komplexität dieses Weltreiches in seiner transkontinentalen Erstreckung, in dem Innenpolitik Geopolitik bedeutete, von seinen permanent flackernden Krisenherden und der Notwendigkeit eines starken Königs als integrierender Symbolfigur. Man lernt die alles durchdringende Bedeutung der spanischen Religiosität im Zeichen der Gegenreformation mit ihren zum Teil grotesken Auswüchsen kennen und gewinnt Klarheit über die grenzüberschreitende Wirkkraft einer Kultur von Schmelztiegelcharakter und konfessioneller Militanz.

Vorbildlich ist die Verknüpfung der tragenden Strukturen mit anschaulichen Detailschilderungen, die eindrucksvolle atmosphärische Einblicke erschließen. Beispielsweise in die äußerst vitale, diversifizierte Festkultur jener Zeit, deren Stierkampfbegeisterung derartig hysterische Auswüchse annahm, dass Papst Pius V. sich veranlasst sah, den Besuch des Spektakels zur Todsünde zu erklären. Ein düsteres Bild dagegen wird von den Schicksalen der Königinnen und Prinzessinen gezeichnet, in ihren zumeist tristen Opferrollen im Getriebe von Heiratspolitik und dynastischer Reproduktion. Kulturgeschichtlich aufschlussreich sind ebenso die Passagen zur Rolle der spanischen Nationalsprache, des Kastilischen als Begleiterin und Vehikel der Macht.

Bei aller Anerkennung für das großartige Epochentableau hätte man sich freilich eine etwas beherztere und prononciertere Berücksichtigung der großen Ambivalenz jener Zeit gewünscht. Bei allem Glanz war das "Goldene Zeitalter" letztlich eben auch eine Periode geistiger Dürre und Intoleranz. Als es anhub, war die einzigartige mittelalterliche Gesellschaft Spaniens mit ihrer fruchtbaren Koexistenz aus Moslems, Juden und Christen längst zerschlagen, die Judenvetreibung von 1492 hatte einen desaströsen intellektuellen Aderlass bedeutet, der die Verbreitung des Humanismus ausbremste und der Welt des Geistes und der Wissenschaften die Masten kappte. Die große Maurenvertreibung von 1609 bildete lediglich das traurige Schlusskapitel dieser folgenschweren ethnisch-religiösen Nivellierung.

DANIEL MÜLLER HOFSTEDE.

Bartolomé Bennassar, Bernard Vincent: "Spanien". 16. und 17. Jahrhundert. Das Goldene Zeitalter. Aus dem Französischen von Renate Warttmann. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 1999. 288 S., zahlr. farb. Abb., geb., 78,- DM.

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Thomas Sträter begrüßt ausdrücklich, dass jetzt, ergänzend zu den vielen Biographien Karl V., zeitgleich auf französisch, deutsch und spanisch eine allgemeine Kulturgeschichte Spaniens unter den Habsburgern im 16. und 17. Jahrhundert erschienen ist. Die Autoren Bartolomé Bennassar und Bernard Vincent, beide "ausgewiesene" Historiker, haben das Buch übersichtlich in acht Kapitel unterteilt, die jeweils für sich gelesen werden können, lobt Sträter. Nur ein besseres Lektorat hätte der vorzüglich illustrierte und "anschaulich geschriebene" Band verdient: Es gebe einige unschöne Formulierungen, Wiederholungen und Rechtschreibfehler. Geradezu unverzeihlich findet Sträter die trockene Titelwahl und bemängelt außerdem die zu kurz geratene Darstellung der spanischen Literatur des "Goldenen Zeitalters" Spaniens. Ansonsten sei dies ein lesenswerter, prächtig ausgestatteter Band, der viele Illustrationen, Photographien historischer Bauten und zeitgenössische Gemälde berühmter wie auch unbekannter Künstler enthalte.

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