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Der letzte Band zum Thema "Deutschland" ist noch in guter Erinnerung - deshalb auch diesmal engagierte Beiträge und ein paar kritische Blicke zur kulinarischen Entwicklung in unserem Land. Natürlich ist die Szene in Berlin wichtig: Wir schauen dort in Imbißlokale und Lounges, steuern aber ebenso einige feine Rezepte aus der Hochküche der Hauptstadt bei.
Hannelore Schlaffer fragt, ob die Unterscheidung zwischen Alltag und Fest heute nicht eingeebnet ist. Katja Mutschelknaus begreift den Kaffeeklatsch in München, Aachen und Dresden als Fest. Michael Frank entdeckt in Wien die Festkultur und
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Produktbeschreibung
Der letzte Band zum Thema "Deutschland" ist noch in guter Erinnerung - deshalb auch diesmal engagierte Beiträge und ein paar kritische Blicke zur kulinarischen Entwicklung in unserem Land. Natürlich ist die Szene in Berlin wichtig: Wir schauen dort in Imbißlokale und Lounges, steuern aber ebenso einige feine Rezepte aus der Hochküche der Hauptstadt bei.

Hannelore Schlaffer fragt, ob die Unterscheidung zwischen Alltag und Fest heute nicht eingeebnet ist. Katja Mutschelknaus begreift den Kaffeeklatsch in München, Aachen und Dresden als Fest. Michael Frank entdeckt in Wien die Festkultur und ein altes Sonntagsessen: die Rindssuppe.

Und wir reisen um die Welt: Alexander Smoltzcyk berichtet über die alltägliche Küche der Kardinäle in Rom, Sven Berggötz über den Business-Lunch in New York, Antje S. Bonhage erzählt farbig vom Geschäftsessen im boomenden Peking. Ein Weinseminar wird getestet, verführerisch über den Rauch einer guten Zigarre nachgedacht. Und Denis Scheck reist mit spitzer Feder an einen Ort, der virtuell ist und zugleich unser aller Kindheitsparadies: "Speis und Trank in Entenhausen" ist sein großes Thema.
Autorenporträt
Erwin Seitz, geboren 1958 in Wolframs-Eschenbach als Sohn einer Gastwirts- und Metzgermeisterfamilie, Besuch einer Klosterschule, Lehre als Metzger und Ausbildung zum Koch im Kempinski, Berlin. Studium der Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte an der FU Berlin und am St. John´s College in Oxford. Dissertation über Goethes Autobiographie.

Seitz lebt als freier Journalist in Berlin und schreibt über Feinschmeckerei. Regelmäßige gastrosophische Beiträge in der F. A. Z.

Seitz ist seit 2002 Herausgeber von "Cotta´s kulinarischem Almanach".

Bei Klett-Cotta ist von ihm außerdem erschienen: "Butter, Huhn und Petersilie - Anregungen für eine bessere Küche".
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.10.2006

Die Köche des Vatikan kommen zu kurz
Nach der Zigarre wünscht man sich mehr Glanz als Hochglanz: Cotta's Kulinarischer Almanach / Von Jürgen Dollase

Hinter der Form eines Almanachs kann sich natürlich alles mögliche verbergen. Nimmt man die Texte ernst, könnte der Einwand lauten, man müsse es nicht so ernst nehmen und vielmehr der Leichtigkeit eines bunten Straußes an Gedanken nachspüren. Hält man sie dagegen für banal oder überflüssig, könnte es gut sein, daß sozusagen eine seriöse Form der Unschwere reklamiert wird.

Im Falle des Schreibens über Kulinarisches ist die Lage besonders diffus, weil die in diesem Fach am Denken, Berichten und Reflektieren Interessierten meist keinen eindeutigen intellektuellen Platz gefunden haben und nicht selten irgendwo im Niemandsland zwischen Bauch und Kopf herumstöbern. Mitreden: ja, Arbeit an der überfälligen Begründung eines eigenen Faches: nein - so ließe sich das Dilemma charakterisieren.

"Cotta's Kulinarischer Almanach" könnte da eine positive Rolle spielen. Nutzt man also die Chance? Das Thema der vierzehnten, seit dem Jahr 2002 von Erwin Seitz herausgegebenen Ausgabe lautet "Alltag und Feste". Zunächst fällt auf, daß hier kein Alltag im Sinne eines Berichtes über die letzten zehn Minuten eines Schweines gemeint ist. Es geht um "Lunch in New York" oder "Lust auf Apéro in Zürich", wie überhaupt über der Textauswahl ein kleiner Hauch von verändertem Zielgruppendenken zu liegen scheint, den man ansonsten eher in den kommenden und gehenden Lifestyle-Magazinen antrifft - Whisky und Zigarren eingeschlossen. In dieser Welt darf es nicht zu realistisch sein, nicht zu nah und schon gar nicht anstrengend. "Wenn von Gang zu Gang jede Speise einen Schwall von Differenzen bietet, hell-dunkel, kalt-warm, weich-knusprig, mild-scharf, französisch-mediterran, mediterran-asiatisch, fühle ich mich regelrecht ermüdet", stöhnt der Herausgeber schon in seinem "Hors d'OEuvre". Droht hier vielleicht eine der leider immer wieder vorkommenden Phasen intellektueller Ermattung, und das, bevor es noch richtig losgegangen ist? Die Texte im einzelnen sind sehr unterschiedlich.

Einen überfälligen Beitrag liefert Niklas Maak mit einer Sicht auf die in der Tat oft extrem sinnlose bis antikulinarische Innenarchitektur von Restaurants ("Der Bauch der Architekten"). "Wie beim Essen selbst, kann man auch einen Raum zerkochen, er kann zu hart oder zu weich, geschmacklos oder versalzen sein", heißt es da, und dabei hat der Autor noch eher zeitgenössische Restaurants in Berlin im Visier und nicht etwa süddeutsche Orgien in Holz und Nippes. Anke Schipp setzt sich mit dem Servicepersonal in Restaurants auseinander und perpetuiert damit - ohne dies zu thematisieren - ein eigentlich typisch deutsches Problem, das in anderen Ländern in diesem Ausmaß kaum bekannt ist ("Der Geist des Hauses"). Da darf etwa einerseits der Auftritt von Kellnern "nie den des Gastes überbieten" (was in vielen Fällen kaum möglich sein dürfte), andererseits empfindet sie "nacktes Grauen", wenn man in der Systemgastronomie mit "Hallo, mein Name ist Stefan. Was kann ich für Sie tun?" begrüßt wird. Hannelore Schlaffer beklagt die mangelnde Trennung zwischen Alltag und Fest ("Das alltägliche Fest") und kommt zu dem Schluß, daß "der Reiz der heutigen Festgenüsse gerade in ihrer Verfügbarkeit zu jeder Zeit und an jedem Ort" liegt. Einen solchen Ansatz würde man sich in einer etwas breiteren Form wünschen, um zum Beispiel die subjektiven Aspekte des Festlichen noch weiter auszuführen.

Nach diesen Texten wendet sich der Almanach "klassischen" Inhalten nach Art eines Reiseteils zu. Rosa Kremel beschreibt "Das Hammelfest in Marrakesch", Antje Susann Bonhage das "Essen in Peking", Peter Eickhoff einen Streifzug durch Wiener Restaurants ("Des Kaisers neue Küche"). Ein auffälliges Thema sind "Die Köche des Vatikan", weil Alexander Smoltczyk in seinem leider viel zu knappen Text hier näher an die - erwartungsgemäß moderat ausgeprägten - Eßgewohnheiten der Kirchenfürsten herankommt. Wäre dies keine Gelegenheit für einige Stimmen zum Essen von dieser Seite aus gewesen?

Trotz der schönen Farbflecken schleicht sich vor allem beim Lesen der "Reiseberichte" manchmal das Gefühl ein, in einem Reader's-Digest-Heft der fünfziger Jahre gelandet zu sein, in dem risikolose Themen gefällig einherplätschern, in dem man einen Hauch von Pennälerdenken zu verspüren meint, also jener leichten Distanz, die nicht durch allzu tiefes Denken behindert wird und immer ein paar Dinge zuviel als Kuriosität betrachtet.

Wenn andererseits Denis Scheck über "Speis und Trank in Entenhausen" schreibt, wird sofort deutlich, was der Unterschied zwischen einer Art direkten Schreibweise und den durch zuviel Gestaltungswillen vernebelten Ergüssen ist. Ausgerechnet die Comic-Realität wird mit viel sauberer Recherche verarbeitet. Ärgerlich dagegen ein "Soßenlexikon" von David Wagner, das vor allem von gängigen Klischees ("Wer setzt denn wirklich kaltes Wasser mit Knochen an und kocht diese mindestens drei Stunden aus?") und mangelndem Sachwissen geprägt ist ("Sojasauce. Sushimaggi", als ob es keine hervorragenden Sojasaucen gäbe) und ganz auf der Pennälerlinie liegt.

Zu den starken Momenten gehört der Rezeptteil. Zuerst kocht der Berliner Spitzenkoch Bobby Bräuer sieben Gänge mit Innereien vom Kalb und leistet auf diese Weise einen Beitrag zur weiteren Emanzipation aller Teile eines Tieres, das in der Spitzenküche leider allzusehr auf sein angeblich bestes Bestandteil (das Filet) reduziert wird. Danach nimmt Herausgeber Seitz die alte Tradition des Kalenders in einem Almanach auf und präsentiert den "Deutschen Küchenkalender 2007" mit Rezepten von Christian Mittermeier und Jürgen Koch. Diese Auswahl, unter anderem mit Hopfensprossen, gefülltem Gänsehals und "Spießchen von der Albschneck", läßt Programm erkennen. Die Whisky- und Zigarrenabteilung ist mit Michael Allmaier ("Ein paar Bemerkungen zum Whisky") und Verlags-Chef Michael Klett ("Schwebeträume. Gedanken beim Schmauchen feiner Zigarren") zwar gut besetzt, belastet aber das mögliche Konzept.

Natürlich kann man die Kritik an zu wenig Risiko und Meinung, an energischeren Bemühungen um die Verbesserung der kulinarischen Kultur nicht an einzelnen Büchern festmachen und schon gar nicht an einem Almanach, der sich jederzeit auf seine traditionelle Extraterritorialität zurückziehen kann. Aber man kann über den Geist verstimmt sein, der immer wieder das eine zuläßt und das andere nicht von sich gibt. Die Seite der distanzierteren Elegien hat also wieder ein Buch mehr. Für die Zukunft wünscht man sich mehr Glanz und weniger Hochglanz.

Erwin Seitz (Hrsg.): "Cotta's Kulinarischer Almanach. Nr. 14". Alltag und Feste. Mit Illustrationen von Isabel Klett. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2006. 247 S., geb., 21,50 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Durchwachsen scheint Rezensent Jürgen Dollase "Cotta's Kulinarischer Almanach Nr. 14", der sich diesmal dem Thema "Alltag und Feste" widmet. Neben Beiträgen, denen er sein Lob nicht versagen will, stehen solche, die ihm sichtlich missfallen. Niklas Maaks Aufsatz über die Innenarchitektur von Restaurants etwa fällt in die erste Kategorie, ebenso Hannelore Schlaffers Klage über die gegenwärtige Nivellierung zwischen Alltag und Fest. Besonders gefallen haben ihn Denis Schecks Reportage über "Speis und Trank in Entenhausen" und Alexander Smoltzcyks Bericht über die alltägliche Küche im Vatikan. Die meisten anderen Beiträge aus dem Reiseteil findet er dagegen ärgerlich und klischeehaft. Auch am Soßenlexikon von David Wagner lässt er kein gutes Haar. Dem persönlichen Anliegen Dollases, der Verbesserung der kulinarischen Kultur, wird der Band seines Erachtens insgesamt nicht immer gerecht.

© Perlentaucher Medien GmbH