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Beowulfs heldenhafter Kampf gegen das Meerungeheuer, erst im 11. Jahrhundert aufgezeichnet, gehört zu den eindrucksvollsten literarischen Zeugnissen des frühen Mittelalters. J. R. R. Tolkien, Professor für Literatur und Angelsächsisch, verdankt diesem Epos, in dem zum erstenmal von Drachenkampf und ritterlicher Treue erzählt wird, viele stoffliche und sprachliche Anregungen für seine eigenen Werke. Und er hat sich wissenschaftlich damit beschäftigt: 1940 erschien eine "Beowulf"-Neuausgabe, für die er ein kritisches Vorwort schrieb. Es ist heute noch spannend zu lesen, denn es erschließt uns…mehr

Produktbeschreibung
Beowulfs heldenhafter Kampf gegen das Meerungeheuer, erst im 11. Jahrhundert aufgezeichnet, gehört zu den eindrucksvollsten literarischen Zeugnissen des frühen Mittelalters. J. R. R. Tolkien, Professor für Literatur und Angelsächsisch, verdankt diesem Epos, in dem zum erstenmal von Drachenkampf und ritterlicher Treue erzählt wird, viele stoffliche und sprachliche Anregungen für seine eigenen Werke. Und er hat sich wissenschaftlich damit beschäftigt: 1940 erschien eine "Beowulf"-Neuausgabe, für die er ein kritisches Vorwort schrieb. Es ist heute noch spannend zu lesen, denn es erschließt uns die Lebensauffassung des frühen Mittelalters. Durch die Übersetzungsschnitzer, die Tolkien korrigiert, durch die genaue Erklärung altenglischer Wörter verstehen wir nicht nur "Beowulf" genauer, wir bekommen auch einen Einblick in Tolkiens Weltentwurf, an dessen Anfang das Wort, die für Mittelerde erfundene Sprache, stand.
Autorenporträt
John R. R. Tolkien, geb. am 3. Januar 1892 in Südafrika, in England aufgewachsen, früh verwaist, hat mit seiner Romantrilogie 'Der Herr der Ringe' das Genre 'Fantasy' überhaupt erst geschaffen. Er zeigte sich schon als Kind fasziniert von alten, längst vergessenen Sprachen und Mythen. In Oxford spezialisierte sich der Stipendiat, der seit Kindertagen in seiner Freizeit zum bloßen Zeitvertreib Alphabete kreierte und neue Sprachen komponierte wie andere Menschen Musikstücke, bald aufs Altenglische und beschäftigte sich vor allem mit mittelalterlichen Dialekten der westlichen Midlands. W.A. Craigie, ein Kenner besonders der schottischen Volksüberlieferungen, führte ihn in die isländischen und finnischen Sprachen und Mythologien ein. Das Finnische wie das Walisische wurden später Grundlage für die Elfensprache im Herrn der Ringe. 1924, gerade 32 Jahre alt, wurde Tolkien als Professor für englische Sprachen nach Oxford berufen und blieb mehr als vierzig Jahre. Mit Frau und Kindern lebte er in einem schmucklosen Reihenhaus am Rande der Stadt.
Tolkien ist 1973 gestorben, sein Fantasy-Land 'Mittelerde' ist, obwohl literarisch inzwischen vielfach abgekupfert, der beliebteste literarische Abenteuerspielplatz für Kinder und Erwachsene geblieben.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.03.2001

Na, Grendel, wie schmeckt dir das?
Siegreicher Gaute: Beowulfs Kampf gegen das Monster vom See

"Hwæt! We Gardena in geardagum / deodcyninga, drym gefrunon" - so beginnt die Sage von dem gotischen Helden Beowulf, der das unterseeische Monster Grendel und seine nicht minder schaurige Mutter erlegt und sogar als hinfälliger Greis noch einen schatzhütenden Drachen, wobei er allerdings selber den Tod findet. Der "Beowulf", der wie "Hamlet", jener andere, spätere Meilenstein der englischen Literaturgeschichte, in Dänemark spielt, lebt als wenig geliebter Universitäts-Lehrstoff, aber auch in verschiedensten Übersetzungen und Nacherzählungen für Sagenbücher wenn nicht im allgemeinen Bewußtsein, so doch in den Bibliotheken fort. Wie es sich für ein Werk aus dem Frühmittelalter gehört, ist die Überlieferungsgeschichte dubios. Der Text, mit 3183 Langzeilen die längste erhaltene englische Heldensage, fußt auf historischen Ereignissen des frühen sechsten Jahrhunderts, stammt angeblich aus dem achten Jahrhundert, ist aber nur in einer einzigen Handschrift aus dem zehnten Jahrhundert erhalten. Diese datiert einer der modernen Herausgeber, Kevin Kiernan, in das elfte Jahrhundert - Futter für Heribert Illigs These vom erfundenen Mittelalter, ist man versucht zu sagen.

Der Text liegt nun bei Klett-Cotta auf deutsch in einer etwa hundert Jahre alten nacherzählenden Prosafassung vor, zusammen mit einem Essay von J. R. R. Tolkien über eine englische Prosaübersetzung von 1940, ohne weiteren Kommentar, was den Verdacht nährt, der deutsche Tolkien-Verleger wolle hier in erster Linie mit dem Namen des modernen Sagenerzählers noch ein paar Mark machen. Der Aufmacher in der Verlagsvorschau - "der erste Fantasyroman der Welt" - und die Weise, wie dort das Buch angekündigt wird, böte Anlaß für kulturpessimistische Betrachtungen.

Sieht man sich den "Beowulf" näher an, so scheint die Annahme, es handle sich hier um etwas Urtümlich-Volksmäßiges, gerade durch einen erstaunlichen Zufall und den Eifer eines traditionsbewußten Mönchs dem Vergessen entrissen, nur das Hirngespinst einer Philologie, die auf der verzweifelten Suche nach Wurzeln für eine nationale Mythologie auf etwas gestoßen ist, das wohl die mehr oder weniger planvolle Mystifikation einer viel früheren Epoche darstellt, die ihrerseits fleißig am Verfertigen ihrer eigenen Mythologie arbeitete. Ignoriert man die gelehrten Phantasien des neunzehnten Jahrhunderts, dann wirkt der "Beowulf" als das höchstverfeinerte Produkt einer manieristischen Kunstauffassung. Der Autor verzichtet souverän darauf, zu erzählen. Er malt Stimmungen, er spielt auf andere Sagenkreise an - wie den der Nibelungen -, er würzt den Text mit einer Vielzahl von Eigennamen, einer urgermanischer als der andere, er brilliert in Archaismen, unendlichen Synonym-Variationen und Neologismen (wenigstens hierfür ist Tolkiens Aufsatz hilfreich) und feiert eine vorgestellte mythisch brodelnde Vorzeit unter Vermeidung allzu konkreter sachlicher Angaben als Orgie des altnordischen Heldentums.

Daß das christliche Element so säuberlich ausgespart bleibt, verwundert, wenn man nicht annimmt, daß Ort und Zeit der Handlung historisierend in eine vorchristlich-barbarische Epoche verlegt werden. Wir werden uns den Beowulf-Dichter also eher als Ossian oder Raoul Schrott avant la lettre vorstellen dürfen, ein quietschvergnügtes hochmittelalterliches Mönchlein, das seinem König ein paar kernige Vorläufer kulinarisch aufbereitet hat und hoffentlich gut dafür honoriert wurde.

Das eingangs angespielte Original besitzt ohne Zweifel seinen - zumindest klanglichen - Charme, und so wäre es für eine heutige Edition reizvoll gewesen, zumindest einen Teil davon mit abzudrucken. Welchen Reiz die Lektüre der hier vorliegenden alt-neu-deutschen Version des einst als Till-Eulenspiegel-Nacherzähler populären Georg Paysen-Petersen bieten soll, ist mir dagegen nicht einsichtig. Seite um Seite schleppt sich das ironiefrei und monoton dahin: "Durch solche Reden verkürzten sich die Recken die weiten Wege und sprengten dann wieder die weiße Straße rüstig dahin, bis Hrothgars Hochsitz erreicht war; als im Osten das Tagesgestirn höher emporstieg, sah es vor Heorot eine große Schar stattlicher Degen versammelt, die ihres Gebieters harrte, um gemeinsam mit ihm den siegreichen Gauten zu begrüßen."

Der Stabreim ist ein der neuhochdeutschen Prosa doch eher fremdes Konzept, und die hölzern-dumpfe Tonlage verhindert zusammen mit dem wenig spannungsreichen Handlungsbogen auch jenes anspruchslose Vergnügen, das die Genrebezeichnung "Fantasy" wohl als Versprechen in sich tragen sollte.

WALTER KLIER

"Beowulf". Mit einem Essay von J. R. R. Tolkien. Aus dem Englischen übersetzt von Wolfgang Krede. Beowulf nach der Übersetzung von Georg Paysen-Petersen. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2001. 145 S., geb., 29,50 DM.

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Die Geschichte vom Beowulf, jenem gotischen Helden, der das unterseeische Monster Grendel, dessen schaurige Mutter und einen Drachen erlegt, ist die längste in der Schriftform überlieferte englische Heldensage, informiert Walter Klier. Nun kann man die Geschichte auf Deutsch lesen, in einer etwa hundert Jahre alten Prosafassung, ergänzt mit einem Essay vom "Herr der Ringe" J. R. R. Tolkien. Der Verlag kündigt denn auch werbewirksam den "Beowulf" als ersten Fantasyroman der Welt an. Diese Ansicht teilt der Rezensent mitnichten. Denn der Autor der ominösen Schrift verzichte darauf, eine Geschichte zu erzählen. Er spiele auf andere Sagen an, brilliere in Archaismen, unendlichen Synonym-Variationen und Neologismen, denkt Klier. Die alt-neu-deutsche Version gebe aber nicht einmal das wieder. In Georg Paysen-Petersens Übersetzung vermisst er eine notwendige Portion Ironie. Und dessen Stabreim-Stil treffe nicht so ganz leserfreundliche neuhochdeutsche Prosa. "Und die hölzern-dumpfe Tonlage verhindert zusammen mit dem wenig spannungsreichen Handlungsbogen auch jenes anspruchslose Vergnügen, das die Genrebezeichnung ´Fantasy´ wohl als Versprechen in sich haben sollte", resümiert der Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH