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Obwohl er auch 15 Jahre nach dem Mauerfall immer noch einer der größten Sympathieträger seines Landes ist, ist bis auf seine Zeit an der Spitze der Sowjetunion wenig über Michail Gorbatschow bekannt. Dabei zählt er zu den bedeutendsten Persönlichkeiten der jüngeren Geschichte, bis heute setzt er sich weltweit für Frieden, Umweltschutz und Gerechtigkeit ein. Klaus-Rüdiger Mai erzählt hier die Lebensgeschichte des Politikers und zeigt, wie dessen Reformen und politische Visionen Russland und seine Entwicklung bis heute geprägt haben.

Produktbeschreibung
Obwohl er auch 15 Jahre nach dem Mauerfall immer noch einer der größten Sympathieträger seines Landes ist, ist bis auf seine Zeit an der Spitze der Sowjetunion wenig über Michail Gorbatschow bekannt. Dabei zählt er zu den bedeutendsten Persönlichkeiten der jüngeren Geschichte, bis heute setzt er sich weltweit für Frieden, Umweltschutz und Gerechtigkeit ein. Klaus-Rüdiger Mai erzählt hier die Lebensgeschichte des Politikers und zeigt, wie dessen Reformen und politische Visionen Russland und seine Entwicklung bis heute geprägt haben.
Autorenporträt
Dr. Klaus-Rüdiger Mai studierte Germanistik, Geschichte und Philosophie in Halle-Wittenberg und arbeitete als Regisseur und Autor für das Theater. Anschließend wurde er Rundfunkautor und ist seit nunmehr zehn Jahren als Drehbuchautor, Dramaturg und Produzent für Fernsehproduktionen verantwortlich. Klaus-Rüdiger Mai spricht Russisch und hat persönlich Zeitzeugen in Russland interviewt.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Angetan zeigt sich Rezensent Werner Adam von dieser Biografie Michail Gorbatschows, die der Historiker und Regisseur Klaus-Rüdiger Mai vorgelegt hat. Auch wenn Adam darin "kaum neue Erkenntnisse" findet, kann er das Werk sehr empfehlen, erinnere es doch an manche Geschehnisse, "die schon fast wieder in Vergessenheit geraten sind, obwohl sie eher noch an Relevanz gewonnen haben". Adam lobt den "angenehm flüssigen Stil" des Autors und bescheinigt ihm zudem, den Werdegang der Gorbatschows, von einigen gefühligen Ausrutschern abgesehen, "ebenso sachlich wie kenntnisreich" zu beschreiben.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.02.2006

Der Weltbeweger
Michail Gorbatschows Leben in angenehm flüssigem Stil erzählt

Damals war er der Benjamin des Politbüros. Damals, das war vor 21 Jahren, als die "Greisenherrschaft" im Kreml zu Ende ging und ein überaus tatendurstig wirkender Mittfünfziger das Ruder übernahm. Michail Sergejewitsch Gorbatschow sorgte für eine Aufbruchstimmung sondergleichen, predigte Perestrojka, ließ Glasnost zu, hielt die Sowjetbürger zur Modernisierung des erstarrten politischen und wirtschaftlichen Systems an. Nach und nach aber scheute er vor dem eigenen Reformeifer zurück, weil der von ihm geweckte Befreiungsdrang den Zusammenhalt des Vielvölkerstaats ernsthaft zu gefährden begann. In dem Bemühen, ihn zu sichern und dabei die Uhr gleichsam zurückzudrehen, erreichten kommunistische Putschisten schließlich das genaue Gegenteil: Nicht einmal sieben Jahre nach Gorbatschows Machtantritt war es um das östliche Imperium geschehen. Und was für viele ein Segen war, stellt sich nicht wenigen immer noch als Tragödie dar.

Diese Zwiespältigkeit hat sich seither in den meisten der kaum noch zu zählenden Bücher über jenen Mann niedergeschlagen, der inzwischen auf fast genau 75 Lebensjahre voller eigener Irrungen und Wirrungen zurückblickt und dem unterstellt werden darf, daß er selbst noch nicht alle Antworten auf die Fragen nach dem Nutz und Frommen einer Politik gefunden hat, deren Auswirkungen im wahrsten Sinne des Wortes alle Welt zu spüren bekam.

Um so erstaunlicher ist es, mit welcher Selbstgewißheit sich der Autor dieses Buchs in das Denken und Fühlen Gorbatschows zu versetzen vermag. So erfahren wir von dem Historiker und Regisseur Klaus-Rüdiger Mai unter Hinweis auf den deutsch-sowjetischen Kriegsbeginn am 22. Juni 1941, als Gorbatschow gerade einmal zehn Jahre alt war: "Wie der kleine Michail in der südrussischen Steppe glaubte der große Stalin im Kreml in den ersten Kriegstagen, daß die Rote Armee den Gegner sofort schlagen würde." Der Knirps bäuerlicher Herkunft verfügte eben über eine "Vielzahl von Talenten". Und wenn es darunter eine wirklich echte Berufung gab, dann die, "Politiker zu werden, auch wenn er zu diesem Zeitpunkt das eher fühlte als wußte". Bis in den "innersten Bezirk" seines Herzens freilich drang allein seine spätere Frau und Ratgeberin Raissa ein, der Gorbatschow zum ersten Mal als angehender Jurist an der Moskauer Lomonossow-Universität begegnete. Als er am letzten Tag des Jahres 1953 - Stalin war neun Monate zuvor endlich zur Hölle gefahren - in die leuchtenden Augen Raissas sah und beide das neue Jahr begrüßten, da "spürten sie plötzlich, daß sie gemeinsam die Welt aus den Angeln heben könnten".

Weltbewegendes sollte das Paar gut 30 Jahre später in der Tat bewirken. Auf dem Weg dorthin entläßt der Autor den Michail und die Raissa zur Erleichterung des Lesers dann Schritt um Schritt aus seiner eigenen, manchmal allzusehr an den Theatermann gemahnenden Gefühlswelt und beschreibt den weiteren Werdegang der Gorbatschows ebenso sachlich wie kenntnisreich. Daß der wider Willen letzte Präsident der Sowjetunion die Macht im Kreml am 11. März 1985 (und nicht am 11. Januar) übernahm und das Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking 1989 (und nicht 1988) geschah, sei nur am Rande erwähnt. Alles in allem ist diese Biographie, auch wenn sie dem Leser kaum neue Erkenntnisse beschert, schon deswegen zu empfehlen, weil Mai in angenehm flüssigem Stil so manche Geschehnisse in Erinnerung ruft, die schon fast wieder in Vergessenheit geraten sind, obwohl sie eher noch an Relevanz gewonnen haben.

Ob das, was unter Gorbatschow an Rechtsstaat im Entstehen begriffen war, von Putin bereits "komplett demontiert" worden ist, bleibt zwar abzuwarten, hat aber fast schon zu vieles für sich. Der Autor läßt in seiner Beurteilung dieser Entwicklung allerdings die teils den damaligen Umständen zuzuschreibenden Unzulänglichkeiten Gorbatschows keineswegs außer acht. Er stieß mit seinen Reformvorstellungen nun einmal immer wieder an die eigenen, aus der "Apparatschikschule" herrührenden Grenzen. Und Jurij Andropow, sein politischer Mentor, hatte bei aller Einsicht in die Notwendigkeit einer gewissen Flexibilisierung des kommunistischen Systems zuvor höchst unrühmliche Rollen bei der Niederschlagung des Aufstands in Ungarn 1956, bei der Invasion in die damalige Tschechoslowakei 1968, bei der Dissidentenverfolgung im eigenen Land und beim Einfall der Sowjetunion 1979 in Afghanistan gespielt. Das alles läßt Mai ebensowenig unerwähnt wie Gorbatschows Neigung zu stundenlangen Monologen und sein "Faible" für die Sicherheitsorgane, deren damaliger Chef Wladimir Krjutschkow im August 1991 schließlich den Putsch gegen ihn anführen sollte.

Daran, daß dieser Umsturzversuch für Gorbatschow das politische Aus und für die Sowjetunion das Ende schlechthin bedeuten sollte, war vor allem Boris Jelzin alles andere als unbeteiligt. Letzterer - auch darin ist dem Autor zuzustimmen - war auf Druck des Apparats nicht zuletzt deswegen als Moskauer Stadtparteichef von Gorbatschow in die politische Verbannung geschickt worden, weil er stärker als letzterer auf durchgreifende Reformen pochte. Dagegen gab sich Gorbatschow bis zuletzt der Illusion hin, die Partei, der er schließlich vieles zu verdanken hatte, werde den "wahren Sozialismus" verwirklichen, wenn sie sich wieder auf Lenin besinne.

Trotz solcher Fehleinschätzungen lag Gorbatschow insofern nicht falsch, als er die Gesellschaft vorsichtig und mit Geduld zu reformieren suchte. Jelzin war zwar viel forscher und nicht der Meinung, daß mit der Kommunistischen Partei noch Staat zu machen sei, aber er litt unter Sprunghaftigkeit, Trunksucht und Depressionen und zeigte sich nicht in der Lage, der durch wirtschaftlichen Raubbau entstandenen Oligarchenherrschaft wirksam Einhalt zu gebieten. Daß Jelzin am Ende sichtlich erschöpft die Macht an den bis dahin wenig bekannten ehemaligen KGB-Agenten Wladimir Putin abtrat, trug dem Kernland des untergegangenen Imperiums zwar ein gewisses Maß an äußerer Stabilität, aber eben auch den Rückfall in sowjetische Gepflogenheiten ein. Jelzin, so hört man, mache aus seiner Enttäuschung darüber kein Hehl. Gorbatschow hingegen, obwohl international weiterhin auf Engagement bedacht, hält sich in dieser Frage auffällig zurück.

WERNER ADAM

Klaus-Rüdiger Mai: Michail Gorbatschow. Sein Leben und seine Bedeutung für Rußlands Zukunft. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2005. 396 S., 24,90 [Euro].

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