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Zu Chopins 200. Geburtstag
Frédéric Chopin ist nicht nur der berühmteste Komponist und Pianist der Romantik, er gilt auch als Inbegriff des romantischen Künstlers. In seiner exzellent geschriebenen Biografie macht Adam Zamoyski den Leser mit dem Menschen Chopin und seinem Leben bekannt: das kurze, von Krankheit geprägte Dasein, seine Kindheit, in der er in den polnischen Adelssalons auftrat, seine schillernde Karriere als Klaviervirtuose, -lehrer und innovativer Komponist in Paris, seine fast 10-jährige Liebesbeziehung zu der exaltierten Schriftstellerin George Sand. Dabei gelingt es dem…mehr

Produktbeschreibung
Zu Chopins 200. Geburtstag

Frédéric Chopin ist nicht nur der berühmteste Komponist und Pianist der Romantik, er gilt auch als Inbegriff des romantischen Künstlers. In seiner exzellent geschriebenen Biografie macht Adam Zamoyski den Leser mit dem Menschen Chopin und seinem Leben bekannt: das kurze, von Krankheit geprägte Dasein, seine Kindheit, in der er in den polnischen Adelssalons auftrat, seine schillernde Karriere als Klaviervirtuose, -lehrer und innovativer Komponist in Paris, seine fast 10-jährige Liebesbeziehung zu der exaltierten Schriftstellerin George Sand. Dabei gelingt es dem Autor meisterhaft, die charakterliche Entwicklung Chopins nachzuzeichnen und ein farbiges Gesellschaftsbild des frühen 19. Jahrhunderts zu entwerfen. Und schließlich entkräftet Zamoyski auf verblüffende Weise den Mythos vom romantischsten aller Künstler.

Eine brillant geschriebene Biografie des berühmtesten Klaviervirtuosen und Komponisten der Romantik.
Autorenporträt
Adam Zamoyski entstammt einem alten polnischen Adelsgeschlecht, das mit der Familie Chopins bekannt war. Geboren 1949 in New York, wuchs Zamoyski in England auf. Der Historiker lebt in London und Polen. Er schrieb zahlreiche Sachbücher zu historischen Themen und Biografien über polnische Persönlichkeiten.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.12.2010

Der einsame Mann am Klavier

Ein Pole in Frankreich und ein revolutionärer Musiker dazu: Adam Zamoyski erzählt auf recht lakonische Weise die Lebensgeschichte Frédéric Chopins.

Die Feststellung, Chopin sei nicht nur der berühmteste Musiker der Romantik, sondern gar der Inbegriff des romantischen Künstlers schlechthin, ist nicht neu. Wenn man sie aber in der Ankündigung einer Biographie wiederfindet, die anlässlich des 200. Geburtstags des polnischen Musikgenies erscheint, ist man besonders neugierig, inwieweit es dem Autor gelungen ist, sie zu belegen. Vor allem, wenn es sich dabei weder um einen Musikwissenschaftler noch um einen Kunsthistoriker handelt: Der Londoner Publizist Adam Zamoyski ist nämlich in erster Linie Historiker und schreibt, obwohl in New York geboren und in England aufgewachsen, vorzugsweise über die polnische Geschichte.

Chopin scheint seit Jahren eine enorme Faszination auf ihn auszuüben. Schon 1979 publizierte er seine erste Biographie über den Klaviervirtuosen, und er griff dafür auf unzählige Quellen zurück, um ihn möglichst nuanciert zu porträtieren. "Meine Arbeitsweise", erzählt er uns an einem Abend in Warschau, "war mit der eines Archäologen vergleichbar. Um an den wahren Chopin heranzukommen, wollte ich alles finden, was authentisch war, was wirklich aus jener Epoche stammte und nicht erst später hinzugefügt worden war."

Von Zamoyskis archäologischen Anstrengungen profitiert auch seine neueste Biographie, die eine erweiterte Fassung der alten ist. Was man freilich auch diesmal nicht erwarten soll, ist eine raffinierte Darstellung von Chopins musikalischen Leistungen. Zamoyski ist kein Musikfachmann, und er will auch nicht als solcher gelten. So geht er auch in den einschlägigen Passagen kaum über ein knappes Referieren der Fakten hinaus: dass Chopin 1821 angefangen habe, im style brillant zu schreiben, der seiner "wachsenden Faszination für die technischen Möglichkeiten des Klaviers entgegenkam". Oder dass "die neue italienische Musik", etwa die von "Spontini und Rossini, die zu jener Zeit in Warschau sehr beliebt waren", ihn stark beeinflusst habe.

Doch dieser Hang zur Lakonie gilt auch für weite Teile der Biographie insgesamt und am stärksten erstaunlicherweise für den ersten, polnischen Part. Man kann zwar an Zamoyskis Darstellung erkennen, dass die Warschauer Zeit für Chopin in jeder Hinsicht eine gute Schule war, dass sie sein ästhetisches Empfinden, seinen literarischen Geschmack und sein politisches Denken prägte. Doch kaum eine Behauptung wird begründet, kaum eine Episode ausführlicher beschrieben.

Für Zamoyski hat dies auch seinen guten Grund: "Es ist immer langweilig, über die Kindheit einer Person zu schreiben. Interessant wird man erst als reifer Mensch, und Chopin erreichte die Reife ohnehin erst sehr spät. George Sand würde sagen, er habe es nie getan." Und dafür, dass bei ihm auch der historische Hintergrund in sehr knapper Form dargestellt ist, hat Zamoyski ebenfalls eine Begründung: Er sei davon ausgegangen, dass jemand, der über Chopin lesen wolle, nicht unbedingt alle historischen Einzelheiten wissen müsse, zumal die Situation im damaligen Europa sehr kompliziert gewesen sei: "Alles, was in Warschau geschah, hing sehr stark damit zusammen, was gerade in Paris oder Moskau passierte." Das generelle Problem bestehe darin, dass die einzelnen Perioden in Chopins Leben sehr unterschiedlich dokumentiert seien. So hätte er zwar mehr über seine Jugend schreiben können, weil es gerade aus dieser Zeit faszinierende Briefe von ihm gebe, aber dann kämen "dünnere" Kapitel, und so wäre sein Buch sehr unausgewogen geworden. Deshalb habe er auf manches verzichtet.

Trotzdem fällt auf, dass Zamoyskis Erzählweise um einiges flüssiger und spannender wird, sobald Chopin seine Heimat verlässt, und dass sie besonders reich im französischen Teil der Biographie ausfällt. Es scheint den Autor zu inspirieren, dass sein Protagonist endlich "seine Kindlichkeit verliert" und trotz seiner Weltabgewandtheit, seiner Schüchternheit und zerbrechlichen Konstitution zum Mittelpunkt des Pariser Kulturlebens wird. Chopins berühmte Freunde, Delacroix, Balzac, Heine und allen voran natürlich George Sand, tragen zu dieser Stilbelebung bei, wenn auch erneut mit Einschränkungen. "Das Paris der dreißiger Jahre des 19. Jahrhunderts", so Zamoyski, "war ein Ort, an dem viel Neues entstand. Es wäre faszinierend zu wissen, was Chopin zu all dem meinte." Aber auch dazu gebe es zu wenige Quellen.

Zamoyskis Zurückhaltung hat aber auch ihre Vorteile: Chopins Leben und Werk eignen sich bestens für Verklärung und Mythenbildung, und man staunt immer wieder, mit welcher Leichtigkeit er es schafft, einige dieser Mythen zu entkräften. Chopin sei halb Pole, halb Franzose gewesen? Zamoyskis Antwort: "Es kostete ihn Mühe, längere Zeit Französisch zu sprechen, und eine entspannte Plauderei kam für ihn nur in seiner Muttersprache in Frage." Chopin sei ein politischer Emigrant gewesen, der unter der Trennung von seiner Heimat gelitten habe? Zamoyski: "Chopin war durch seine eigene, freie Entscheidung von Heimat und Familie getrennt, und er hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit auch dann den größten Teil seines Lebens in Paris verbracht, wenn es nie zu einem Aufstand in Polen gekommen wäre."

In Wirklichkeit sei Chopin nur an einem interessiert gewesen: an der Musik, nach deren Logik er sein Leben lang gesucht habe. Sie sei für ihn "wie ein Puzzle" gewesen, "mit dem er sich obsessiv beschäftigte", wie "ein ideales, in sich geschlossenes System von Klängen, mit dem er sich ununterbrochen auseinandersetzen musste". Daher seine ständige Rückkehr ans Klavier, daher seine Weigerung, Opern oder Sinfonien zu komponieren. "Das Paradoxe ist nur", beendet Zamoyski seinen Gedankengang, "dass er durch seine Radikalität unter den damaligen Künstlern am revolutionärsten war und dass wir in ihm heute die Quintessenz der Romantik sehen - deren Regeln er in Wirklichkeit ablehnte." Das habe er auch mit dem englischen Untertitel seiner Biographie, "Prince of the Romantics", ausdrücken wollen: Chopin sei einzigartig, aber auch sehr einsam gewesen.

MARTA KIJOWSKA

Adam Zamoyski: "Chopin". Der Poet am Piano.

A. d. Engl. v. Nathalie Lemmens. Edition Elke Heidenreich bei C. Bertelsmann, München 2010. 398 S., geb., 22,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Erzählerische Raffinesse darf man laut Marta Kijowska von Adam Zamoyskis Chopin-Biografie nicht erwarten, dafür pflegt der in Amerika geborene Autor, den die Rezensentin in Warschau getroffen hat, eine ausgesprochene Nüchternheit bei der Darstellung der Fakten. Bereits 1979 habe Zamoyski eine Lebensbeschreibung Chopins vorgelegt, das neue Buch ist eine erweiterte Fassung, erklärt die Rezensentin. Der Historiker hält sich kaum mit musikwissenschaftlichen oder kunsthistorischen Einordnungen auf und widmet auch der Kindheit Chopins nicht übermäßig viel Raum, weil sein Interesse, wie er betont, beim reifen Künstler Chopin liege. Auch der historische Kontext wird kaum beachtet, und so gewinnt die Biografie vor allem in der Darstellung von Chopins Leben in Paris inmitten seiner illustren Freunde an Kontur, stellt Kijowska fest. Beeindruckt zeigt sie sich von Zamoyskis leichter Hand beim Entschleiern so manches Chopin-Mythos, aber insgesamt gewinnt man den Eindruck, dass sie sich ein bisschen mehr Emphase bei der Schilderung dieses musikalischen Genies erhofft hätte.

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