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"Mit der Genauigkeit des Journalisten hat Sousa Tavares diese historische Kulisse rekonstruiert, legt aber zugleich als debütierender Schriftsteller eine ungebrochene Erzählfreude an den Tag, die in der europäischen Literatur selten geworden ist." Frankfurter Allgemeine Zeitung
"Den rundum gelungensten 'echten' historischen Roman dieses Jahres hat Miguel Sousa Tavares geschrieben. Die erotisch knisternde Abenteuergeschichte auf den kleinen Äquatorinseln Sao Tomé und Principe hat höchsten Unterhaltungswert, reflektiert den jüngsten Forschungsstand zur Kolongialgeschichte Portugals und…mehr

Produktbeschreibung
"Mit der Genauigkeit des Journalisten hat Sousa Tavares diese historische Kulisse rekonstruiert, legt aber zugleich als debütierender Schriftsteller eine ungebrochene Erzählfreude an den Tag, die in der europäischen Literatur selten geworden ist." Frankfurter Allgemeine Zeitung

"Den rundum gelungensten 'echten' historischen Roman dieses Jahres hat Miguel Sousa Tavares geschrieben. Die erotisch knisternde Abenteuergeschichte auf den kleinen Äquatorinseln Sao Tomé und Principe hat höchsten Unterhaltungswert, reflektiert den jüngsten Forschungsstand zur Kolongialgeschichte Portugals und Europas Anfang des 20. Jahrhunderts, hat die Vielschichtigkeit hoher Literatur, ist originell und aktuell." Passauer Neue Presse

"Eines der Bücher in diesem Jahr, die mich am meisten fasziniert haben." ZDF Morgenmagazin
Sinnlichkeit, Magie und Melancholie.

Als der Lissaboner Müßiggänger Luis Bernardo Tavares im Dezember 1905 von seinem König ein ungewöhnliches Angebot erhält, gibt eine Liebesaffäre den Ausschlag für die Entscheidung: Luis geht als Gouverneur in die am Äquator gelegenen portugiesischen Kolonien Sao Tome und Príncipe. Dort soll er den Vorwurf der Engländer entkräften, Portugal dulde auf den Kakaoplantagen Sklavenarbeit. Auf den Inseln empfangen Luis die feuchte Hitze der Tropen, eine faszinierend fremde Wildnis und die Feindschaft der Plantagenbesitzer. Mit allen Sinnen erkundet er die neue Welt. Er ersehnt bald die tägliche Stunde des Regens und spürt die unendliche Trauer der schwarzen Plantagenarbeiter. Entschlossen, ihre Lage zu bessern, riskiert Luis den Krieg mit fast allen Weißen. Sie klammern sich an ihre überkommenen Privilegien und begreifen nicht, welche Gefahr am Horizont heraufzieht. Auch die Ankunft des englischen Konsuls David Jameson ändert daran nichts. Luis gewinnt David, auch er ein in die Tropen Verbannter, schnell zum Freund - bis eine gefährliche Leidenschaft für dessen Frau Ann Luis' Mission und seine Existenz erschüttert. Miguel Sousa Tavares erzählt in seinem opulenten Roman von einer obsessiven Liebe ohne Zukunft in einer Gesellschaft, deren Zeit abgelaufen ist. Dieser grandiose Abgesang auf eine versunkene Epoche erinnert an die »Hundert Jahre Einsamkeit« von Gabriel Garcia Marquez.

Miguel Sousa Tavares erzählt voller Hingabe eine ungewöhnliche Liebesgeschichte vor dem historischen Panorama der Kolonialinsel Sao Tome. Standesbewusstes Ehrgefühl vermischt sich mit der Melancholie der tropischen Abgeschiedenheit - und eine Leidenschaft erblüht, die ihre Kraft nur aus dem erahnten Ende einer großen Epoche ziehen kann.
Autorenporträt
Miguel Sousa Tavares, geboren 1952 in Porto, Sohn der bekannten Lyrikerin Sophia de Mello Breyner Andersen, gehört zu den wichtigsten politischen Kommentatoren Portugals.

Marianne Gareis, geboren 1957 in Illertissen, lebt als Übersetzerin, u. a. von José Saramago, in Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.11.2005

Alle Mann machen in Kakao
Trauliche Tropen: Miguel Sousa Tavares gibt Portugal seine Kolonien noch einmal zurück

Kaum eine europäische Nation besitzt eine Kolonialgeschichte, deren Kontinuität sich mit jener der portugiesischen vergleichen ließe. Sechs Jahrhunderte umspannt sie. Mehr als andere Nationalliteraturen war daher die portugiesische auch geprägt vom kolonialen Selbstbewußtsein eines "Landes der Seefahrer und Dichter" - von den Apotheosen der portugiesischen Entdecker in Camoens Luisiaden im sechzehnten Jahrhundert bis zur melancholischen Beschwörung eines "portugiesischen Meeres" in Pessoas einzigem zu Lebzeiten veröffentlichten Gedichtband "Mensagem". Während im Nachbarland Spanien sich längst der Verlust der letzten Kolonien in der spirituellen Krise der "Generación del 98" niedergeschlagen hatte, sucht man im Portugal des vorigen Jahrhunderts nach einer "postkolonialen" Literatur mit deutlich größerer Mühe. Die Kolonialdoktrin blieb Credo des salazaristischen "Neuen Staats" bis zu den kläglichen letzten Kolonialkriegen der siebziger Jahre.

Aus einem völlig unerwarteten Umfeld ist nun in Portugal ein großes Epos vom Niedergang des Kolonialreichs in Afrika entstanden. Das portugiesische Publikum kennt Miguel Sousa Tavares eher als Journalisten und als Moderator der Fernsehnachrichten. Dennoch (oder deswegen) erreichte sein literarischer Erstling im eigenen Land den größten Verkaufserfolg der letzten Jahre.

Im Zentrum des Romans steht ein Lissabonner Junggeselle in den Enddreißigern, Luis Bernardo Valença. Eigentlich hätte er keinen Grund, seine bisherige Existenz gegen eine andere zu tauschen. In der Hauptstadt eines politisch und gesellschaftlich bröckelnden Weltreichs ist Luis Bernardo, mehr oder weniger solider Unternehmer, dezent ennuyierter Verführer und schreibender Dilettant, völlig in seinem Element. Plötzlich aber setzt eine eher als elegante Provokation gemeinte publizistische Eskapade ihn durch ihren unerwarteten Erfolg unter Zugzwang. Niemand anderes als der König Dom Carlos ist davon überzeugt, in Luis Bernardos Aufruf zu einem "modernen, wirtschaftlich denkenden Kolonialismus" das richtige Rezept zur Sanierung der kleinsten Kolonie des Reiches gefunden zu haben: São Tomé und Príncipe, eine Inselgruppe kaum größer als das Stadtgebiet Berlins. In einer Mischung aus Fluchtbedürfnis vor einer lästig werdenden Liebesaffäre und einem Rest patriotischen Verantwortungsgefühls fügt sich der übertölpelte Lebemann in eine ungeahnte Rolle: "Am Äquator" als Gouverneur der kritischen Weltöffentlichkeit zu beweisen, daß die Sklaverei in den portugiesischen Kolonien längst der Vergangenheit angehört. Im drückend tropischen Klima vor der Küste Afrikas sieht er sich plötzlich mit den Realitäten hinter seinen intellektuell-essayistischen Lösungsvisionen konfrontiert: einer erzreaktionären Gesellschaft von Kakaoplantagenbesitzern auf der einen Seite und Elend, Menschenhandel und Versklavung übelster Prägung andererseits.

Seine modernen Ideen machen Luis Bernardo im Handumdrehen zum Haßobjekt der lokalen Kolonialgesellschaft. Zuflucht findet der Gouverneur bei der denkbar unpassendsten Figur: dem britischen Konsul David Jameson. Dessen Aufgabe ist es nämlich, die Menschenunwürdigkeit des portugiesischen Kolonialismus zu beweisen, um die britische Vorherrschaft in Afrika zu legitimieren. Da der Frauenheld aus Lissabon aber die Feinfühligkeit besitzt, sich ausgerechnet in die Ehefrau dieses einzigen persönlichen Freundes und schärfsten politischen Gegners zu verlieben, kommt es zu seinem katastrophalen Scheitern, das der Roman Schritt für Schritt vorführt.

Mit der Genauigkeit des Journalisten hat Sousa Tavares diese historische Kulisse rekonstruiert, legt aber zugleich als debütierender Schriftsteller eine ungebrochene Erzählfreude an den Tag, die in der europäischen Literatur selten geworden ist. Die Kritik scheute sich daher nicht, den Autor, auch vor dem Hintergrund seiner exuberanten tropischen Landschaften, mit lateinamerikanischen Autoren wie García Márquez zu vergleichen. Doch nichts ist unpassender. Von der subtilen Kunst, die tradierten Erzählmodelle durch die Unterwanderung der europäischen Zeit- und Realitätsvorstellungen umzustülpen, findet sich bei Sousa Tavares wenig. Vielmehr erinnert die Kombination aus spätem Debüt, sechsstelligen Verkaufsziffern und der Thematik des Zusammenbruchs einer alten Feudalgesellschaft an Tomasi di Lampedusas "Leopard", gerade auch hinsichtlich eines Elements, das beide Bücher für das Publikum gut verdaubar macht: die Leidenschaft für die Erzählformen des neunzehnten Jahrhunderts.

Paten für die narrative Technik von "Am Äquator" finden sich beim historischen Roman à la Alexandre Dumas. Sousa Tavares versetzt das vertraute Porträt des gesellschaftlichen Niedergangs in die fremde Üppigkeit des Tropenurwalds. Durch den konsequenten Rückgriff auf Erzählmodelle vergangener Epochen gelingt dem Autor ein Kunststück, das man ebenso als verschroben, als Ergebnis kühler kommerzieller Kalkulation der, treu dem Beispiel seines Protagonisten, als ennuyierte Provokation betrachten kann: mit hundert Jahren Verspätung das Genre eines afrikanischen Décadence-Romans zu erfinden, den es nie gegeben hat, und dabei noch so zu tun, als habe die Literaturgeschichte des vergangenen Jahrhunderts nie stattgefunden.

Dennoch kann der Autor sich nicht ganz aus seiner modernen Haut flüchten. Zuweilen wirkt der Roman sprachlich dadurch anachronistisch und mißglückt. Am sichtbarsten wird das in den amourösen Szenen. Wo finden wir heute noch eine literarische Frauenzunge, "die gierig in seinen Mund eintauchte"? Jenseits solcher Klischeekanonaden besitzt Sousa Tavares' unzeitgemäße Charade jedoch einen großen erzählerischen Charme, der sich nicht allein durch die gekonnte Dramaturgie des Buches erklärt. Vielmehr gelingt es dem Autor, ein noch immer nicht hinreichend aufgearbeitetes Kapitel der Geschichte Portugals in gänzlich untypischer Weise zu durchleuchten. "Am Äquator" unterläuft den kolonialen Traum der Vergangenheit in seiner eigenen zeitgenössischen Logik und macht gerade auf diesem Weg dessen humanitäres wie wirtschaftliches Scheitern, dessen Sinn- und Hoffnungslosigkeit offensichtlich. Dieses Ziel in der Metropole einer ehemaligen Kolonialmacht mit einem Rekordbestseller zu erreichen ist nicht nur literarisch betrachtet eine erstaunliche Leistung.

Miguel Sousa Tavares: "Am Äquator". Roman. Aus dem Portugiesischen übersetzt von Marianne Gareis. C. Bertelsmann Verlag, München 2005. 476 S., geb., 21,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Die Rezensentin Kersten Knipp zeigt sich schwer beeindruckt von Miguel Sousa Tavares? Roman über den Kakaohandel und die Sklavenwirtschaft im 19. Jahrhundert, der die "portugiesische Kolonialliteratur" auf gekonnte Weise zu einer zeitgemäßen Kunstform macht. Seiner Meinung nach ist der Roman hochkomplex und trotzdem verständlich und gut lesbar, und der diffizile Bereich der Slavenwirtschaft werde deutlich und klar dargestellt. Auch das Thema des "moralischen Konsums" werde hier bearbeitet, denn die Briten setzten Portugal seinerzeit wegen ihrer Produktionsmethoden unter Druck - natürlich aus auch eigenem wirtschaftlichen Interesse. Auf literarische hohem Niveau wird das koloniale Ausgreifen Portugals in allen Grautönen und Ambivalenzen gezeigt, resümiert ein hochzufriedener Rezensent.

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