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"Ich gebe kein Bild ab. Sinnlos, mich auf einen Nenner bringen zu wollen." So hat Günter Grass, der in diesem Jahr 75 Jahre alt wird, einst über sich geschrieben. Und in der Tat sind Werk und Leben des Sprachbildhauers Grass provozierend vielfältig und facettenreich. Er kann schreiben - Romane, Novellen, Gedichte, Theaterstücke, Reden -, er kann zeichnen, malen, formen. Seine Werke, vom legendären Erstling "Die Blechtrommel" über "Katz und Maus" und dem "Butt" bis zur "Rättin" und dem "Weiten Feld" sind weltweit bekannt, millionenfach verkauft. 90 Prozent aller Deutschen kennen den Namen…mehr

Produktbeschreibung
"Ich gebe kein Bild ab. Sinnlos, mich auf einen Nenner bringen zu wollen." So hat Günter Grass, der in diesem Jahr 75 Jahre alt wird, einst über sich geschrieben. Und in der Tat sind Werk und Leben des Sprachbildhauers Grass provozierend vielfältig und facettenreich. Er kann schreiben - Romane, Novellen, Gedichte, Theaterstücke, Reden -, er kann zeichnen, malen, formen. Seine Werke, vom legendären Erstling "Die Blechtrommel" über "Katz und Maus" und dem "Butt" bis zur "Rättin" und dem "Weiten Feld" sind weltweit bekannt, millionenfach verkauft. 90 Prozent aller Deutschen kennen den Namen Günter Grass. Die einen schelten ihn den Oberlehrer, die anderen halten ihn für das Gewissen der Nation. Denn Grass hat immer wieder den Elfenbeinturm verlassen und sich eingemischt: getrommelt für Brandt, geredet gegen das Vergessen, besungen die Demokratie. Seine Feinde sind genauso hochkarätig wie seine Freunde. Und alles ist über ihn schon geschrieben worden - nur keine wirkliche Biografie. Die legt nun der renommierte Journalist und erfolgreiche Biograf Michael Jürgs vor. Basierend auf vielen intensiven Gesprächen mit Grass, auf genauer Spurensuche und auf mehr als 50 Interviews mit Menschen, die in seinem Leben eine Rolle spielten, ihn auf seinem Weg begleiteten. Entstanden ist keine akademische Interpretation des Grass´schen Werkes; Jürgs verbindet viele Geschichten zur Geschichte des wortmächtigen Dichters, des sechsfachen Vaters und fünfzehnfachen Großvaters, des sinnenfrohen Mannes, der viele Frauen liebte, des bekennenden Kleinbürgers, des Patriarchen aus Kaschubien.
Autorenporträt
Michael Jürgs ist Journalist, war Chefredakteur des Stern und von Tempo. Er schreibt regelmäßig u.a. für die Süddeutsche Zeitung, den Tagesspiegel, das Handelsblatt. Er hat viele Sachbücher geschrieben, zum Beispiel über die Treuhand oder unter dem Titel "Sklavenmarkt Europa" über den internationalen Menschenhandel, und zahlreiche Biografien verfasst - so über Romy Schneider, über Axel Springer, über Eva Hesse.

Die hier vorliegende Biografie von Günter Grass hat er für diese Neuausgabe grundlegend überarbeitet und aktualisiert.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Hier treffen die richtigen aufeinander, findet Rezensent Wolfgang Schneider: Ein Günter Grass, der sich nicht besonders für sein eigenes Leben interessiere, und ein Michael Jürgs, zu dessen großen Stärken gehöre, dennoch in der Privatsphäre zu recherchieren. Mit Details jeder Art gelinge es Jürgs, "einer öffentlichen Figur, die man gut, vielleicht zu gut zu kennen glaubt, die Starre auszutreiben". So erfahre man, dass Grass noch immer einen russischen Granatsplitter in der Schulter trägt, sein Sohn einen CDU-Aufkleber an seinem Fahrrad hatte oder der Vater immer eine Lobeshymne auf die "Blechtrommel" bei sich trug. Mehr als durch jede aufwendige Textanalyse gewinne der Leser so das Interesse an Grass' Büchern zurück, glaubt Schneider, der es deshalb auch ganz verzeihlich findet, dass Jürgs nicht Neues zum Werk zu sagen hat. So bemängelt der Rezensent allein, dass Jürgs seine Ausführungen durch "verunglückte Poetisierungen und ambitioniert verstolperten Satzbau" ein wenig beschädige.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.10.2002

Überall Heimat begraben
Der ihn kundig machte: Michael Jürgs schreibt emphatisch über den „Bürger Grass”
Wir sind ungeduldig und produzieren neue Ungeduld. Deshalb werden Biographien zu Lebzeiten verfasst, Christa Wolf, Siegfried Unseld, Günter Grass. Die neuen Denkmalbauer machen sich unter den selbstverliebten Augen ihres Gegenübers, der Angst vor Einspruch ans Werk. Vorsichtige, anhimmelnde oder falsche Bücher sind das Resultat. Kurz vor dem 16. Oktober, dem fünfundsiebzigsten Geburtstag des Literaturnobelpreisträgers Günter Grass, präsentiert Michael Jürgs sein dickes Buch über den „Bürger Grass”. Jürgs hat zwischen März und Dezember 2001 „intensive Gespräche” mit Grass in dessen Behlendorfer Atelier geführt. „Grass”, schreibt Jürgs auf der ersten Seite, „machte mich kundig”. Eine autorisierte Heiligsprechung ist zu befürchten.
In Riechweite der Ostsee
Michael Jürgs, in seinem früheren Leben „Stern”- und „Tempo”- Chefredakteur, ist das Trüffelschwein unter den Biographieschreibern. Diese Leidenschaft hetzt ihn seit zehn Jahren durch fremde Leben. Auf Romy Schneider folgte Axel Springer, auf den Tenor Richard Tauber das erdnahe Gesamtkunstwerk „Bürger Grass”. Die Mischung passt gut zu einem bewegten fünfundfünfzigjährigen Mann, der, das ist schon im ersten Kapitel zu erkennen, kein Schöngeist ist. Jürgs interessiert nicht die literarische Genesis, ihn fasziniert die Grass’sche Authentizität, dessen Eigenwilligkeit und die Dynamik des unerbittlichen politischen Agitators. Jürgs ist kein Philologe, sondern ein Journalist mit Temperament und draufgängerischer Neugier. Damit ihm sein Herz übergeht, ist seine Nase immer nah dran. Schließlich wurde Grass am 16. Oktober 1927 in „Riechweite der Ostsee” geboren. Und so rauscht Jürgs mit einer passagenweise stark grassgefärbten Sprache von Geburt bis zum Erscheinen des „Krebsgangs” durch die Stationen. Abstand, die notorische Forderung an den Biographen, interessiert ihn nicht. Auch die Warnung des erfolgreichsten Schriftstellers deutscher Nachkriegsgeschichte, um Himmels willen nicht alles autobiographisch zu interpretieren, nimmt Jürgs zur Kenntnis, aber, so ist das, er kann nicht anders.
Denn wehe, wenn der Biograph frei schwingend seine Phantasie walten und das Grass’sche Getier, Katz und Maus, Ratten, Schnecken, Fische, Krebse, Falter und Schmetterlinge, als Metaphern durch das politische, halbprivate und literarische Leben des „Bürgers Grass” springen, schleichen, schwimmen und krabbeln lässt. Wenn Jürgs, der Schriftsteller, tätig wird, wuchert die Sprache, dann liegt „überall Heimat begraben”, und „im Labsweg wuchern Vorgärten.” Zwar gibt es neben all den Glorientönen ein paar Versuche, mit Grass kritisch umzugehen. So verhehlt er nicht dessen Humorlosigkeit. Grass, schreibt Jürgs, neigt nicht dazu, „Scherze für witzig zu halten, in denen er verarscht wird”. Aber kräftige Kritik übt er nur aus voller Deckung: „Andere halten ihn für unerträglich”. Die Grass’sche Grundhaltung sei eben „Skepsis”, und deshalb ist Grass auch kein typischer Deutscher, und schon gar kein typischer Oberlehrer. Basta. Mein Gott, er bewundert ihn sehr, den geborenen Kämpfer, den einzigen Poeten, der wusste, „wie man Reden schreiben musste und worauf es ankam, damit sie ankamen”. Und der Schriftsteller?
Zuerst spricht in diesem chronologisch verfassten, aber immer wieder weit vorgreifendem Buch der Psychologe Jürgs. Und dann wird alles ganz einfach. Dann erscheint immer wieder das Bild des „bekennenden Kleinbürgers aus Langfuhr”, die Zweizimmerwohnung über dem Kolonialwarenladen der Eltern, die Mutter Helene katholisch, der Vater Wilhelm evangelisch. Bestimmend ist die starke Mutter, mit Wurzeln in der katholischen Enklave der Kaschuben im Danziger Hinterland und einer Vorliebe für Richard Taubers Stimme. Die Mutter, schreibt Jürgs, sei der „wichtigste Mensch in Günters Leben” gewesen und bleibt es auch nach ihrem Tod 1954.
Die Mutter, die ihren Erstgeborenen „Peer Gynt” nennt und ihm beide Talente, das des Schriftstellers und das des bildenden Künstlers, vererbte, war so klug, die Lügen des Sohnes als Spiel zu begreifen. Der Vater war, um keine Kunden zu verlieren, bereits 1936 in die NSDAP eingetreten, er ist eine Randfigur. Aber etwas hat der Sohn doch vom Vater: die eminente Geschäftstüchtigkeit. Jürgs zeigt bewundernd den Unternehmer Grass, der sich durchsetzt, den kein Verleger reinlegt, der seinen Nachruhm organisiert, Archive, auch im Internet abrufbar, anlegt, und Stiftungen gründet.
Der Autor der „Blechtrommel” war Flakhelfer, wurde verwundet, schmiss die Schule, arbeitet nach dem Krieg in einem Kalibergwerk, machte in Düsseldorf eine Steinmetzlehre und heiratete 1954 die Schweizerin Anna Margaretha Schwarz. Die Eltern Schwarz, schreibt Jürgs voll Andacht, wohlhabende Besitzer einer Eisenwarenhandlung, haben ihn „seine kleinbürgerliche Herkunft” nie spüren lassen. Die Wende im Leben des mittellosen Künstlers kommt 1955, als Grass für das Gedicht „Lilien aus Schlaf” den dritten Preis im Lyrikwettbewerb des Süddeutschen Rundfunks erhält und zur Tagung der Gruppe 47 nach Berlin eingeladen wird. Nach der Lesung wurde er umringt, er dachte, das goldene Zeitalter bricht an. Aber das ließ noch ein bisschen auf sich warten. Den Preis der Gruppe 47 erhielt Grass 1958 nach einer Lesung aus der „Blechtrommel”. Jürgs berichtet sehr genau über das System Gruppe 47, über den Gruppenvater Hans Werner Richter, der Ersatzvater Grass’. Michael Jürgs spürt überall Ersatzelternteile auf: Maria Sommer vom Gustav Kiepenheuer Theaterverlag, und Helen Wolff, Frau des Verlegers Kurt Wolff, die Grass mit überwältigendem Erfolg in Amerika herausbrachte.
Das komplizierte Verhältnis von Günter Grass zu seinen Kritikern, die Jürgs vollmundig „Jäger der verlorenen Adjektive” nennt, überhaupt das komplizierte Verhältnis des heimatlosen Muttersohnes zum Literaturbetrieb behandelt Jürgs lustvoll und ausführlich. In den besten Momenten des Buches wird hinter der Schnauzbartkulisse ein Mann erkenntlich, schwierig, sehr verletzlich, unerträglich und geradezu neurotisch tätig: kein Grübler, eher ein Vulkan.
Fremde Düfte
Michael Jürgs „Bürger Grass” ist dann gut, wenn es ein politisches Lesebuch ist, ein Stück bundesrepublikanische Geschichte, eine Ergänzung zu Peter Merseburgers „Willy Brandt”. Jürgs beschäftigt sich ausgiebig mit Brandts komplizierter Persönlichkeit und mit seiner Wirkung auf Grass, der in Brandt die Vaterfigur suchte, was Brandt verweigerte. Jürgs interessieren die Kränkungen, die Brandt und somit die Politik dem Dichter zufügten. Ihn interessiert, weshalb der erfolgreiche Wahlkämpfer Grass nie den Dank, den er für seinen Einsatz erwartete, bekam. Als Grass von der Wahlkampagne als Sieger heimkehrt, mit einem öffentlichen Gesicht und, wie Jürgs phantasiert, „umgeben von fremden Düften”, setzt er sich hin und zeichnet einen Dichter, der aussieht wie der Dichter Grass mit einem Schneckenhaus auf dem Auge. Das freut Jürgs. Schöner ist nur noch Grass am Kochtopf, gespickte Hammelkeule, der Hausvater am Kopf des Tischs. Einmal schreibt er sogar: „der Pate bat zu Tisch”. Jürgs findet das alles nicht gründerzeitlich, sondern herrlich, bleibt ganz ernst und verrenkt sich ziemlich, als vom Bruch in der Ehe zu berichten ist, weil da ein Mann aufgetaucht ist, „dem Anna anhing”. Jürgs, der so gerne fabuliert, bleibt im Privatesten keusch: „Der Hintergrund”, schreibt er, „blieb verschwommen”.
Günter Grass, das zeigt das Buch, ist der letzte der Nachkriegsgeneration, einer, der sich von der Moderne nicht stören lässt, aber andere mit seiner Meinung stört. Ein fontanesker Patriarch, so sitzt er im Kreis seiner Großfamilie bei der Nobelpreisverleihung im Dezember 1999 in Stockholm unter all den vielen Kindern und Kindeskindern von all den Frauen. Aber das ist nicht genug. Jürgs begibt sich auf die Suche nach einem Mythos und findet Sisyphos. „Der gibt nicht auf. Der hat sich nicht geändert. Nie wird er sich ändern. Bis er mal ins Grab tanzt”, dichtet der verliebte Biograph.
VERENA AUFFERMANN
MICHAEL JÜRGS: „Bürger Grass”. Biographie eines deutschen Dichters. Verlag C. Bertelsmann, München. 2002. 447 Seiten, 24,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Der Nobelpreisträger
Er ist derzeit wohl der wichtigste deutsche Schriftsteller. Seit der Verleihung des Nobelpreises 1999 ist er ganz sicher aber der im Ausland bekannteste zeitgenössische Schriftsteller Deutschlands. Wie wenig man über den auch politisch sehr aktiven Schriftsteller weiß, wird sehr schnell klar, wenn man die vorliegende Biografie liest.
Der Künstler
Günter Grass wurde 1927 in Danzig geboren. Sein Einsatz als Flakhelfer und Soldat im letzten Kriegsjahr endete nach Verletzung und Kriegsgefangenschaft im Jahr 1946. Ein Jahr später begann er eine Steinmetzlehre und verdiente das nötige Geld durch Arbeit auf dem Bau. Sein Ziel war es, bildender Künstler zu werden. Er wurde 1948 in die Düsseldorfer Kunstakademie aufgenommen und blieb bis 1952 Schüler bei Sepp Mages und Otto Pankok. Anschließend wechselte er an die Berliner Hochschule für Bildende Künste, wo er bis 1956 blieb. 1954 heiratete er seine erste Frau Anna und trat ein Jahr später zum ersten Mal als Dichter an die Öffentlichkeit.
Es folgten Reisen ins Ausland und 1956 der Umzug nach Paris, wo er bis 1959 blieb. In diesem Jahr gelang ihm schließlich der Durchbruch als Schriftsteller mit dem Roman Die Blechtrommel.
Es folgten viele erfolgreiche Bücher, die ihm zahlreiche Preise und schließlich den Nobelpreis eintrugen. Aber auch seine Tätigkeit als bildender Künstler hat er nie aufgegeben. Man kennt seine Zeichnungen, Grafiken und Plastiken.
Soziales und politisches Engagement
Ähnlich wie Heinrich Böll half er auf großzügigste Weise osteuropäischen Dissidenten bei Geldproblemen, Wohnungs- und Verlagssuche. Sein soziales Engagement wird auch deutliche, wenn man die vier Stiftungen betrachtet, die er ins Leben gerufen hat. 1978 beispielsweise die Alfred-Döblin-Stiftung. Den Schriftsteller, nach dem er den von ihm gestifteten Literaturpreise benannt hat, bezeichnet er als maßgebliches literarisches Vorbild. Bemerkenswert ist auch die Stiftung zur Förderung der Kultur der Sinti und Roma, die er 1997 gründete.
Seit Jahrzehnten unterstützt Günter Grass darüber hinaus mit großem persönlichen Einsatz die Wahlkämpfe der SPD. Besonders seine Wahlkampfreise im Jahr 1965, dem Jahr, in dem er den Georg-Büchner-Preis gewann, erregte Aufsehen. Auch in den folgenden Jahren, in denen der intellektuelle Wind scharf links pfiff, verließ Grass trotz Anfeindungen vieler Intellektueller seine sozialdemokratische Haltung nicht.
Unterhaltsames Standardwerk
Michael Jürgs hat eine sehr gut recherchierte, unterhaltsame Biografie Günter Grass´ geschrieben. In vielen Gesprächen mit dem Dichter und mit Hilfe von Aussagen von Verlegern, Freunden und Wegbegleitern aller Art hat er auch bisher Unbekanntes zusammengetragen. Es gelingt Jürgs, dem engagierten Künstler Günter Grass gerecht zu werden, ohne der Person einen Heiligenschein zu verpassen. Diese Biografie wird für die nächsten Jahre maßgebend sein. (Andreas Rötzer)
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"Was für ein riskanter Versuch, einen der bedeutendsten Erzähler der Gegenwartsliteratur zu porträtieren. Michael Jürgs ist das bravourös geglückt." Fritz J. Raddatz, Die Welt