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Frühjahr 1946: Bulgarien ist Volksrepublik geworden. Wer mit den Deutschen paktiert und sich nicht rechtzeitig vor dem Einmarsch der Russen in Sicherheit gebracht hat, wird gefoltert. Agitatoren ziehen über die Dörfer und verteilen Broschüren über das neue Leben. Einer davon ist Krum Marijkin. Schwer zu sagen, was zäher ist: seine Muskeln oder sein Wille, die Menschen zum wahren Glauben, dem an den Sozialismus, zu bekehren. Auch sein Cousin, der ehemalige Untergrundkämpfer Weltschev, bekommt eine Karrierechance - doch er ist letztlich nicht skrupellos genug, um sie zu nützen. Im zweiten Band…mehr

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Produktbeschreibung
Frühjahr 1946: Bulgarien ist Volksrepublik geworden. Wer mit den Deutschen paktiert und sich nicht rechtzeitig vor dem Einmarsch der Russen in Sicherheit gebracht hat, wird gefoltert. Agitatoren ziehen über die Dörfer und verteilen Broschüren über das neue Leben. Einer davon ist Krum Marijkin. Schwer zu sagen, was zäher ist: seine Muskeln oder sein Wille, die Menschen zum wahren Glauben, dem an den Sozialismus, zu bekehren. Auch sein Cousin, der ehemalige Untergrundkämpfer Weltschev, bekommt eine Karrierechance - doch er ist letztlich nicht skrupellos genug, um sie zu nützen. Im zweiten Band seiner großen Trilogie erzählt Zarev, Schriftsteller aus Bulgarien, von einem System, in dem die Ideologie alles beherrscht, und von der Unmöglichkeit, damit in Würde zu leben.
Autorenporträt
Vladimir Zarev, geboren 1947 in Sofia, Autor von insgesamt fünfzehn Romanen, Erzählbänden und Sachbüchern. Auf Deutsch erschien 2007 der Roman Verfall und 2009 bei Deuticke als erster Teil der "Weltschev"-Trilogie der Roman Familienbrand.

Thomas Frahm, geboren 1961 in Duisburg, Autor von Lyrik, Kurzprosa und Bulgarien-Essays, lebt seit 2000 als Übersetzer in Sofia.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.05.2012

Mehr Sozialismus wagen!
Vladimir Zarev setzt seine Bulgarien-Trilogie fort

Wie einst Balzac verfolgt der bulgarische Romancier Vladimir Zarev den Anspruch, eine Epoche in ihrer Totalität darzustellen, benutzt bei der Darstellung unterschiedlichster Milieus das Handwerkszeug des Realismus und beschäftigt sich intensiv mit den Wirkungen des Geldes. Natürlich sind die Vorzeichen, unter denen das geschieht, ganz andere als beim großen Porträtisten der postnapoleonischen Gesellschaft - die meisten Romane des 1947 geborenen Zarev sind im Sozialismus entstanden. Doch statt Einheitsgrau findet man in ihnen Vitalität, Farbe und Spannung. So auch in "Feuerköpfe", dem zweiten Teil einer großen bulgarischen Trilogie des zwanzigsten Jahrhunderts.

Den Kern des voluminösen Epos bildet die Familie Weltschev, deren Schicksal in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts das Buch "Familienbrand" (2009) schilderte. Auch im zweiten Band dieses Entwicklungsromans, der in Bulgarien 1983 erschienen ist, prallen Ideologie und Religion, Opportunismus und individuelle Wahrheitssuche, Fleischeslust und Gewinnstreben aufeinander. "Feuerköpfe" führt die Genealogie von 1946 bis ins Jahr 1976 fort. Bulgarien befindet sich im Übergang zum Sozialismus. Mancher Faschist ist flugs zum Kommunisten geworden. Ein Riss durch die Gesellschaft zeichnet sich ab, der auch die Weltschevs trifft: Die Wohlhabenden verlieren ihre Privilegien, während die Jüngeren einen Platz in der neuen Gesellschaft suchen.

Der Porzellanfabrikant Ilija Weltschev wird enteignet, verliert sein Vermögen bei der Währungsreform und zieht sich, da er nicht "angestellter" Direktor der Fabrik sein will, ins Privatleben zurück - wo der frühere leidenschaftliche Unternehmer zuletzt anfängt, mit Bauklötzchen zu spielen. Der Journalist Assen Weltschev hingegen bekommt dank seiner Verdienste als Widerstandskämpfer die Gelegenheit zur Karriere an der Universität. Im Gegensatz zu seinem opportunistischen Vetter Alexander, den er ebenfalls am Lehrstuhl unterbringt, gewinnt Assen mit der Zeit an Unabhängigkeit und schreibt ein Buch zum Thema "Macht". Bei der Selbstentfaltung hilft ihm das Gespräch mit dem mitunter theologisch argumentierenden und ideologisch nicht im neuen System verankerten Professor Jowtschev.

Ein weiteres, allerdings illegitimes Mitglied der Familie Weltschev ist der Agitator Krum Marijkin. Zarev hat den jungen Mann mit den blauen Augen und der ansehnlichen Statur als Bilderbuch-Sozialisten, wenn nicht als Karikatur eines solchen, gezeichnet. Der stramme Sozialist unterstreicht seine meist unwillkommenen Wohltaten stets mit den Worten "Warum wollen diese Menschen nicht glücklich sein?". Als Krum eine Gruppe von Großbauern in einem Wirtshaus einsperrt, um die Zwangskollektivierung durchzusetzen, wird er schwer verletzt - nimmt es als unbeirrbarer Sozialist jedoch sportlich. Als grundanständiger Mensch heiratet er die unansehnliche Tochter eines Proletariers, der wegen des Mordes an einem betrügerischen Fabrikdirektor inhaftiert wird - damit sie versorgt ist. Mit blindem Eifer stürzt er sich unter dem Motto "Weniger Malaria, mehr Sozialismus" in Vorhaben wie die Trockenlegung des Wassergrabens um Widin. Mit dem Ergebnis, dass anschließend noch mehr Mücken durch die Provinzstadt surren. Am Schluss ist der ehemalige Agitator nur noch Chef einer Wäscherei.

Neben dem Schicksal weiterer großer und kleiner Weltschevs kommen in diesem lebensprallen Roman Mord und Totschlag, Betrug und Schuldgefühle, krumme Immobilien-Geschäfte und böse Pleiten sowie haufenweise Seitensprünge vor. Zur Sinnlichkeit der Darstellung trägt die abwechslungsreiche und stilsichere Übersetzung von Thomas Frahm bei. Da hängt eine Kugellampe "schwer wie eine volle Blase" an der Decke, in einer überlaufenden Dachrinne "tanzt das Wasser, als würfe andauernd jemand kleine Münzen hinein", und ein blasser Bewerber sieht aus "wie ein schlecht entwickeltes Negativ". Die oft burleske Darstellung, die Vielfalt der zu Wort kommenden Standpunkte und die differenzierte Psychologie machen auch diesen Zarev-Roman trotz des unvermeidlichen Geschichtsoptimismus zur anregenden und historisch aufschlussreichen Lektüre.

JUDITH LEISTER

Vladimir Zarev: "Feuerköpfe". Roman.

Aus dem Bulgarischen von Thomas Frahm. Deuticke Verlag, Wien 2011. 701 S., geb., 25,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Den Geschichtsoptimismus des Autors kann Rezensentin Judith Leister gut wegstecken. Dafür hat Vladimir Zarev mit diesem Roman einfach ein zu lebenspralles Familienepos vorgelegt. Leister hält Zalev seiner lebendigen Milieudarstellung wegen für eine Art sozialistischen Balzac, farbig, vital, spannend wie dieser. Der nun laut Leister in stilsicherer Übersetzung vorliegende zweite Teil der Trilogie um die Familie Weltschev im Bulgarien zwischen 1946 und 1976 schildert die Erlebnisse der Familie im Übergang zum Sozialismus. Bei Zalev geht das nicht ohne Mord und Totschlag, Betrug und haufenweise Seitensprünge ab, Leister gefällts. Ebenso die phasenweise burleske Überzeichnung der Bilderbuch-Sozialisten, die Vielfalt der Perspektiven, die differenzierte Psychologie und eine überaus sinnliche Darstellung. Sozialismus kann so bunt sein!

© Perlentaucher Medien GmbH
"Ein von Thomas Frahm brillant übersetzter Wälzer, der zur literarischen Spurensuche im Sozialismus einlädt. Das Buch nennt sich Roman, aber es ist eine lehrreiche, spannende und raffiniert komponierte Erzählung nach der Wirklichkeit." Christine Hamel, BR Diwan, 20.08.2011

"Diese große Geschichte wird mit erzählerischem Schwung, mit Ironie und mit überbordendem poetischem Furor erzählt. (...) Ein Panorama von Zeitgeschichte entfaltet sich vor unseren Augen, grellfarbig und zugleich feinnervig erzählt - und, was Literatur zuvorderst sein muss, wenn sie funktionieren soll: wahrhaftig." Walter Klier, Wiener Zeitung, 19.11.2011

"Genial trockener Humor." Matthias Koeffler, BuchMarkt, 01.12.2011

"Zarev verbindet das öffentliche und das private Geschehen zwischen 1946 und 1976 ohne Mühe miteinander. Seine Lust an grotesken und burlesken Szenen, von Thomas Frahm mit erheblichem Sprachwitz ins Deutsche transportiert, treibt den Roman voran." Jörg Plath, Deutschlandradio, 29.12.2011

"Der bulgarische Balzac. Vladimir Zarev erzählt mit grossem Pinsel und in leuchtenden Farben vom Alltag im Sozialismus." Martin Ebel, Tages-Anzeiger, 06.01.2012

"Die oft burleske Darstellung, die Vielfalt der zu Wort kommenden Standpunkte und die differenzierte Psychologie machen auch diesen Zarev-Roman trotz des unvermeidlichen Geschichtsoptimismus zur anregenden und historisch aufschlussreichen Lektüre." Judith Leister, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30.05.2012…mehr