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Ein englischer Student begibt sich wenige Monate vor dem Sturz des Diktators Ceausescu ins kommunistische Rumänien, um an der Universität in Bukarest eine Stelle anzutreten, für die er sich nie beworben hat. Sein Mentor Leo O'Heix, ein zynischer Dandy, Philologe und König des Schwarzmarktes, führt ihn durch das Labyrinth einer absurden, doppelbödigen Stadt, in der jeder jeden bespitzelt und wo die einen hungern, während die anderen einem perversen Luxus frönen. Patrick McGuinness erzählt in seinem abgründigen, fesselnden Roman, der Finalist beim Booker-Preis 2011 war, vom ungeheuerlichen Leben der Menschen in den letzten Tagen einer Diktatur.…mehr

Produktbeschreibung
Ein englischer Student begibt sich wenige Monate vor dem Sturz des Diktators Ceausescu ins kommunistische Rumänien, um an der Universität in Bukarest eine Stelle anzutreten, für die er sich nie beworben hat. Sein Mentor Leo O'Heix, ein zynischer Dandy, Philologe und König des Schwarzmarktes, führt ihn durch das Labyrinth einer absurden, doppelbödigen Stadt, in der jeder jeden bespitzelt und wo die einen hungern, während die anderen einem perversen Luxus frönen. Patrick McGuinness erzählt in seinem abgründigen, fesselnden Roman, der Finalist beim Booker-Preis 2011 war, vom ungeheuerlichen Leben der Menschen in den letzten Tagen einer Diktatur.
Autorenporträt
McGuinness, Patrick
Patrick McGuinness, 1968 in Tunesien geboren, wuchs unter anderem im Iran, in Venezuela, Frankreich und Belgien auf. Er ist Professor für Französisch und Komparatistik in Oxford, Journalist und Autor mehrerer preisgekrönter Lyrikbände. Die Abschaffung des Zufalls, Finalist des Booker Preises 2011, ist sein erster Roman.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

In der "Abschaffung des Zufalls" spielt Autor Patrick McGuinness dezent mit literarischen Vampirmotiven, wenn er als Protagonisten einen jungen Akademiker im Jahr 1989 nach Rumänien schickt, weiß Jörg Plath. Der Erzähler habe eine Stelle an der Bukarester Universität erhalten, und wird, kaum in Rumänien und an der Universität angekommen, von einem Anglistenkollegen mit der düsteren, surrealen Stadt vertraut gemacht. Der "Seelenführer" stelle sich als umtriebiger Schwarzhändler heraus, der die Minister des Landes mit diversen Gütern versorge. Dissidenten, Stalinisten, Ceausescu-Minister, liberale Kommunisten und sogar die beiden Engländer, niemand sei wirklich, was er zu sein vorgebe, beschreibt Plath gut gelaunr den Plot, hätte sich aber vom Übersetzer Henning Ahrens etwas mehr Sorgfalt und vom Autor McGuinness etwas mehr historische Genauigkeit gewünscht: Milchglasfenster sind nicht von einer Seite durchsichtig (Ahrens), und Honecker sei nicht am 9. November zurückgetreten (McGuinness).

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.11.2012

Im Keller des geschlossenen Museums wird Kunst verkauft

Mit Witz und Ironie erzählt der Brite Patrick McGuinness in seinem Roman "Die Abschaffung des Zufalls" von einem Glückssucher in Ceausescus Rumänien.

Im ganzen Ostblock war kein Land so angsterfüllt und ausgezehrt wie Rumänien, und die Verachtung der Mächtigen für ihr Volk war beispiellos. Beides erreichte seinen absurden und grausamen Höhepunkt im Bukarest des Jahres 1989, kurz vor Ceausescus Sturz. Patrick McGuinness hätte keinen spannungsreicheren Schauplatz für seinen Roman finden können. Er heißt auf Deutsch "Die Abschaffung des Zufalls", im englischen Original "The Last Hundred Days", und erzählt von der apokalyptischen Rumänien-Reise eines gebildeten Engländers, die in bester britischer Manier zwischen lustvollem Abenteuer und Schauerromantik changiert. Wobei sich die äußerst anschauliche Beschreibung der rumänischen Politiker samt ihrer kriminellen Tricks beklemmend aktuell liest.

"Du bist nur ein Zuschauer! Du lässt dich treiben. Du machst alles mit", wirft die schöne, westlich-elegante Celia, Tochter eines Ministers, dem Erzähler vor, der sich hoffnungslos in sie verliebt hat. "Armutstourist im Sabbatjahr" nennt sie ihn höhnisch, und das trifft ihn besonders. Dabei hatte sich der junge Anglist auf die Stelle an der Bukarester Universität gar nicht beworben, aber genau das, erklärt sein Mentor, Professor Leo O'Heix, prädestiniert ihn dafür. Dieses kleine Rätsel ist das Schlüsselloch, durch das der Erzähler einen ersten Blick auf jene Parallelwelt erhascht, die sich dann später, beim Erkunden der von Abrissbirnen und gigantischen Baggern beherrschten Stadt, vor seinen Füßen öffnen wird. Den ganzen Roman hindurch balanciert er, unter Aufsicht des quirligen Professors, auf der Grenze zwischen Ober- und Unterwelt: naiv, neugierig, manchmal auch tollkühn - sucht er doch in Bukarest nichts weniger als Freiheit, Intensität und wahre Empfindungen.

Auch in den Romanen rumänischer Autoren finden sich Phantasien über eine Parallelwelt jenseits des alltäglichen Elends: Sei es eine magisch-spekulative wie bei Mircea Cartarescu oder eine trotzig auf der Menschenwürde beharrende wie bei Daniel Banulescu. Bei ihm retten die Außenseiter der Gesellschaft, Zigeuner und Schwarzhändler, durch ihr Ethos den entscheidenden Rest jenes humanen Lebens, das die Diktatur so gnadenlos zu ersticken versucht. Auch Leo, die schillerndste Figur des Romans, ist Schwarzhändler und ein genialer Trickster, der durch alle Netzwerke schwirrt: Er macht Geschäfte mit Ministern, Securitate-Offizieren und Chefkellnern, ist befreundet mit Diplomaten und Dissidenten, mit Fluchthelfern, Rockmusikern und humanitären Netzwerkern.

Er schleppt den Erzähler mit zu seinen legendären und gespenstischen Verkaufspartys im Keller des Naturkundemuseums, wo er Antiquitäten aus Abrisshäusern an die Parteibonzen verkauft, deren Ämter den Abriss organisiert haben, und er führt den Erzähler durch das nächtliche Bukarest, eine labyrinthische Stadt voller versteckter, ober- und unterirdischer Plätze, auf denen getanzt und geliebt wird. Ungläubig staunend wandert er durch diese - großartig geschilderte - Traumwelt, in der die käuflichen Mädchen, die, mit dem Rücken an Häuserwände gelehnt, auf dem Boden sitzen, wirken "wie Marionetten, die man am Rand eines Puppentheaters deponiert hatte".

Leo, der die Dinge entweder übertreibt oder herunterspielt, zuerst seine eigenen Interessen im Blick hat und sich doch in Notsituationen leidenschaftlich für seine Freunde einsetzt, steuert das Tempo des Romans und verkörpert dessen erzählerisches Prinzip. Leichthändig und überzeugend schildert der 1968 geborene Patrick McGuinness, der in Oxford Professor für Komparatistik ist und mehrere Gedichtbände veröffentlicht hat, in seinem ersten Roman einen Unterdrückungsapparat, der jeden Zufall ausschalten will.

Es entsteht ein groteskes Vexierspiel: Nichts ist so, wie es scheint, alle Personen erweisen sich als ihr Gegenteil, und sogar der Hund des Staatschefs hat einen Doppelgänger mit eigener Wagenkolonne. Gleichzeitig ist Leo, der Professor, ein akribischer Chronist, der mit alten Stadtplänen unterwegs ist, um die Zerstörung historischer Kirchen, Klöster und Villen zu dokumentieren. Doch immer wieder findet er sich an geisterhaften Kreuzungen wieder, an denen Raum und Zeit durchlässig werden und sich die Vergangenheit wie ein Bergwerk öffnet.

Auch als Hommage an eine elegante und originelle Stadt, von deren Schönheit nur noch Bruchstücke übrig sind, lässt sich dieser Abenteuerroman lesen, der leider von Henning Ahrens flüchtig übersetzt wurde. So hausen die Menschen in "Wohnblöcken" statt in Wohnblocks und trinken Johnny Walker "epischen Ausmaßes". Ärgerlich auch, dass die meisten rumänischen Namen falsch geschrieben sind - das legendäre Luxusrestaurant, in dem die beiden Engländer Stammgäste sind, heißt natürlich Capsa und nicht Capsia, das ebenso berühmte Hotel Athénée Palace und nicht Athénée-Palast (mitunter noch mit dem Atheneum, der Philharmonie gleichgesetzt). Auch falsche historische Daten finden sich, und manche Dialoge, etwa über die Freiheit, wirken fahrig und in sich unlogisch.

Amüsant und stimmig ist hingegen die Geschichte von Trofim erzählt (der ein reales Vorbild hat), dem alten Stalinisten und in Ungnade gefallenen Parteikader, dessen geheimer Sekretär der Erzähler wird, um ihm bei der Abfassung seiner zweiten, unzensierten Memoiren zu helfen. Beide Fassungen werden am gleichen Tag präsentiert, die eine in Bukarest, die andere in Paris. Unter den Augen von Ionesco, Cioran und Eliade wird ein absurdes Theaterstück aufgeführt: In Paris stellt man das Buch eines abwesenden Autors vor, in Bukarest präsentiert der anwesende Autor ein Buch, das er nicht geschrieben hat.

Der namenlose Erzähler, der durch diese rätselhafte Welt stolpert, erlebt im gewaltbereiten, kurz vor der Explosion stehenden Bukarest die lächerliche Seite der Macht: ihren Dilettantismus, ihre dumme Arroganz und vor allem die Farce ihrer Gigantomanie. Die riesigen Prachtboulevards sind gesäumt von hohlen Fassaden, und auf halbfertigen Treppen, für deren Marmor sogar die Friedhöfe geplündert wurden, tummeln sich Heere von Ratten. Das sind eindringliche Bilder, nur bleibt der Erzähler, der in Bukarest seinem früheren Leben entfliehen wollte, genau wie Leo eine unbestimmte Figur ohne erkennbaren Kern. Zwar lässt er sich auf alle Abenteuer ein, wird bespitzelt, verprügelt, von seinem Chef korrumpiert und von seinen Freunden als Fluchthelfer eingespannt. Doch wie sein Seelenfreund, der Wanderer zwischen den Welten, wirkt er vor allem verliebt in den Nervenkitzel.

NICOLE HENNEBERG.

Patrick McGuinness: "Die Abschaffung des Zufalls". Roman.

Aus dem Englischen von Henning Ahrens. Zsolnay Verlag, Wien 2012. 445 S., geb., 21,90 [Euro].

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"Ein temporeicher, oft spannender, witziger und immer wieder überraschender Roman." Jörg Plath, Deutschlandradio, 24.08.12

"Der Sturz des Diktators als Schelmenroman - man lasse sich diesen Kitzel nicht entgehen." Andreas Breitenstein, Neue Zürcher Zeitung, 25.08.12

"Sprachlich elegant, voll trockenen Humors und messerscharf beobachtet. Patrick McGuinness gelingt eine erschreckende Bestandsaufnahme alltäglicher Paranoia, die nicht nur unter Ceausescu, sondern in allen Diktaturen herrscht." Sibylle Peine, dpa, 17.9.12

"Leichthändig und überzeugend schildet McGuinness in seinem ersten Roman einen Unterdrückungsapparat, der jeden Zufall ausschließen will". Nicole Henneberg, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.11.12