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"Ich wünsche mir Licht, ich wünsche mir Leichtigkeit, und manchmal gelingt sie mir", sagt der berühmte Regisseur Luc Bondy, dem es wie wenigen anderen gegeben ist, die Luft zwischen den Zeilen zum Vibrieren zu bringen - sei es im Theater, im Film und immer häufiger in der Literatur. Wir hören einen Dichter, der in jedem Zimmer ein anderes Gedicht entdeckt, auf den einsamen Mann im Jardin du Luxembourg blickt und immer wieder an das Alter denken muss, "das an meinen Knochen nagt". Nach seinem Roman "Am Fenster" und dem Erzählband "Meine Dibbuks" gilt es nun, den Lyriker Bondy zu entdecken.…mehr

Produktbeschreibung
"Ich wünsche mir Licht, ich wünsche mir Leichtigkeit, und manchmal gelingt sie mir", sagt der berühmte Regisseur Luc Bondy, dem es wie wenigen anderen gegeben ist, die Luft zwischen den Zeilen zum Vibrieren zu bringen - sei es im Theater, im Film und immer häufiger in der Literatur. Wir hören einen Dichter, der in jedem Zimmer ein anderes Gedicht entdeckt, auf den einsamen Mann im Jardin du Luxembourg blickt und immer wieder an das Alter denken muss, "das an meinen Knochen nagt". Nach seinem Roman "Am Fenster" und dem Erzählband "Meine Dibbuks" gilt es nun, den Lyriker Bondy zu entdecken. Seine Gedichte gewinnen ihre Kraft aus der Liebe und dem nie versiegenden Begehren.
Autorenporträt
Luc Bondy (1948-2015) wurde in Zürich geboren und wuchs in Südfrankreich auf. Ausbildung in Paris an der Schauspielschule von Jacques Lecoq. Er galt als einer der führenden Bühnenregisseure der Welt und arbeitete an allen großen Häusern. Von 2002 bis 2013 Intendant der Wiener Festwochen. Zuletzt leitete er das Odéon-Theater in Paris.Filme: Die Ortliebschen Frauen (1980), Das weite Land (1987). Bücher: Das Fest des Augenblicks (1997), Wo war ich. Einbildungen (1998), 2005 bei Zsolnay Meine Dibbuks, 2009 Am Fenster und 2012 Toronto (Gedichte).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.11.2012

Purzelbäume und Edelsterne
Luc Bondy verzaubert uns in "Toronto" mit Gedichten

Mit zwei schmalen, konzentrierten Prosabüchern hat der Regisseur Luc Bondy viele anspruchsvolle Leser fasziniert. In "Meine Dibbuks", autobiographischen Prosaminiaturen, verwandelt er aus der deutschen Vergangenheit herrührende Obsessionen in "verbesserte Träume". In dem Kurzroman "Am Fenster" betreibt der ehemalige Regieassistent Donatey in nervösen Erinnerungsschüben die Archäologie seiner von den Nazis verfolgten Familie. Nun überrascht Bondy mit einem neuen Genre, mit Lyrik. Er ergreift das Medium mit schöner Ungeniertheit. Es ist nicht seine Sache, mit den Gedichten des Bandes "Toronto" im Mainstream einer selbstreferentiellen Lyrik zu schwimmen. Seine Phantasie geht aufs Ganze, indem sie die Hürden von Versmaß und Reim ignoriert und den Leser im Parlando seiner lyrischen Evokationen und Anekdoten unterhält.

Dazu benötigt Bondy keine extravaganten Motive. Er hält sich ans bewährte Thema von Liebesglück und Liebesleid. Ihm gewinnt er groteske und illusionslose Varianten ab. So die Geschichte vom dürren Mädchen Evelyn Klaus, das sich aus dem Fenster des Wiener Hotels Imperial stürzt. Oder, weniger pointiert, die Romanze von den Liebenden, die drei Jahre in einem Wohnwagen leben, bis der Überdruss sie überfällt und sie sich trennen. Bondy ist ein Liebhaber von Plots, die Pointen haben. Am besten aber ist er dort, wo er die Pointe ausspart. Besonders schön in dem Gedicht von der Frau, die einen "Verlierer" liebt. Da lautet der Schluss: "Es regnet, es schneit. / Die Sonne scheint!" Mit solch schlichten Wendungen kommt in manche Verse ein Märchenton, der die Banalität des Alltags verzaubert.

An Weihnachten lieber im Bett bleiben - wer hätte sich das nicht schon einmal gewünscht? Bondy malt uns aus, wie das misslingen muss. Doch das deprimiert nicht. Im Gegenteil: Wir nehmen auch seine negativen Befunde ermuntert zur Kenntnis. Wir lesen auch ein Gedicht zu Ende, dessen Titel verrät, was zu erwarten ist: "Mein Morgen ist ein missratener Purzelbaum." Und wir nehmen ihm die Zeile ab, die das Misslingen zum poetologischen Imperativ macht: "Jeden Tag dichte das Gedicht vom missratenen Tag."

Zum Glück hält sich der Dichter nicht an seine Devise. Erstens dichtet Luc Bondy wohl kaum jeden Tag, er begnügt sich mit knappen sechzig Seiten. Zweitens ist er durchaus zu Emphase und Enthusiasmus fähig. So in "Deine schöne Tochter", dem bezauberndsten Stück des Bands. Bondy gibt galant den Troubadour, wenn er anhebt: "Deine schöne Tochter, wie schön / deine schöne Tochter ist! / Ihr Haar: dunkel glänzend, eine Nacht voller Edelsterne." Davon möchte man mehr lesen. Wer freilich bei den "Edelsternen" Edelsteine gelesen hat, liegt falsch, doch er hat ein Wortspiel erwischt, das den Zauberer Bondy in Aktion zeigt.

HARALD HARTUNG

Luc Bondy: "Toronto".

Gedichte.

Paul Zsolnay Verlag, Wien 2012. 60 S., geb., 14,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

So kann man es natürlich auch sagen. Durch die Blume quasi spricht Harald Hartung über den ersten Lyrikband des Regisseurs Luc Bondy. Was Bondy an dichterischer Kompetenz vermissen lässt, nennt er eine schöne Ungeniertheit, die die "Hürden" von Versmaß und Reim links liegen lässt, ausgefuchste Motive übrigens auch. Stattdessen treffe Bondy bisweilen einen "Märchenton, der die Banalität des Alltags verzaubert", stellt der Rezensent entzückt fest, beispielsweise mit dem Gedichttitel "Mein Morgen ist ein missratener Purzelbaum". Zudem, und nun klingt Hartung ganz fanfarisch: das Thema Liebe im lyrischen Parlando, anekdotisch frei und vor Schlichtheiten nicht Halt machend. Dass der Autor dem uralten Topos noch nahezu unerhört Groteskes und Illusionsloses abgewinnt, wie der Rezensent bewundernd feststellt, versteht sich eigentlich von selbst.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.12.2012

KURZKRITIK
Troglodytennester
Genauer Blick für kleine Szenen:
Gedichte von Luc Bondy
In Luc Bondys Gedichten stehen die Dinge manchmal auf dem Kopf. Wenn hier jemand frühmorgens in seinem Zimmer einen Fussel schluckt, fängt er nicht etwa an zu husten, sondern macht eine eigentümliche Erfahrung: „Es waren Glücksfäden, / sie verstrickten sich in meiner Kehle, / hingen da wie Troglodytennester.“ Die Lust an der Verwandlung zeigt sich immer wieder in diesen Versen. Wie es sich für einen guten Regisseur gehört, hat Luc Bondy einen aufmerksamen Blick für kleine Szenen und die Verwicklungen zwischen Figuren. Bisweilen erzählt er ganze Geschichten, von einer Liebe, die im Wald vermodert, oder von einem verlassenen Mann, der seine einstige Frau bis in ein kanadisches Städtchen verfolgt: „Auf dem Zeltplatz dieser Stadt / lebt ihr Verfolger, munter und arm, / er packt, er schüttelt den Nacken des Familientiers, / das ihn ab und zu besuchen kommt.“ So nüchtern und zugleich intensiv können Luc Bondys Gedichte sein. „Deine Frau ist keine poetische Gestalt“, schreibt er einmal. Schade nur, dass er sich an diese Regel nicht immer hält. Einige Verse bemühen sich zu sehr um vermeintlich „poetische“ Bilder oder gefallen sich in bloßen Selbstbespiegelungen eines Ichs. Statt „Troglodytennestern“ gibt es dort nur Formulierungen wie „schwere Nacht“ und „falsche Erwartungen“ zu entdecken. Alles bleibt, wie es ist. Oder in Luc Bondys Worten: „Es regnet, es schneit. / Die Sonne scheint.“ Am Ende findet er wieder jene genauen Bilder, mit denen das Buch anfängt, das „Gesicht eines Kindes mit Bürstenschnitt“ etwa oder „etwas Nebensächliches wie eine hinkende Taube, / die ich an mir vorbeitrippeln ließ“.
NICO BLEUTGE
Luc Bondy: Toronto. Gedichte. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2012. 61 Seiten, 14,90 Euro.
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