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Lautstark gepriesen und verteufelt als konservativ, progressiv, katholisch und marxistisch - bis heute wird Graham Greenes Leben von Verdächtigungen umrankt. Am 2. Oktober 2004 wäre er 100 Jahre alt geworden. "Eine Art Leben", 1971 zum ersten Mal erschienen, erzählt von Greenes Jahren als junger Mann und von seinem "Kampf gegen die Langeweile", der ihn zum britischen Geheimdienst brachte und in dessen Auftrag er zum Beobachter internationaler Krisenherde wurde. Das Buch ist eine Entdeckungsreise nach "Greeneland". Bizarr und faszinierend zugleich.

Produktbeschreibung
Lautstark gepriesen und verteufelt als konservativ, progressiv, katholisch und marxistisch - bis heute wird Graham Greenes Leben von Verdächtigungen umrankt. Am 2. Oktober 2004 wäre er 100 Jahre alt geworden. "Eine Art Leben", 1971 zum ersten Mal erschienen, erzählt von Greenes Jahren als junger Mann und von seinem "Kampf gegen die Langeweile", der ihn zum britischen Geheimdienst brachte und in dessen Auftrag er zum Beobachter internationaler Krisenherde wurde.
Das Buch ist eine Entdeckungsreise nach "Greeneland". Bizarr und faszinierend zugleich.
Autorenporträt
Graham Greene, 1904 in Berkhamsted / England geboren, 1991 in Vevey / Schweiz gestorben. Sein Werk umfasst alle Gattungen der Literatur, viele seiner Romane wurden mit großem Erfolg verfilmt. Bei Zsolnay sind zuletzt Der stille Amerikaner und Eine Art Leben in neuer Übersetzung erschienen. Eine Neuübersetzung von Der dritte Mann wurde 2016 publiziert.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.10.2004

Russisches Roulette auf der Couch
Geburtstagsgaben: Neues über und von Graham Greene

Der Shakespeare-Biograph Stephen Greenblatt sieht in den Werken verstorbener Autoren einen geisterhaften Ort, an dem die Stimmen der Toten immer wieder aufs neue erklingen. Die Beschäftigung mit Literatur liege demnach dem Wunsch zugrunde, mit den Toten zu sprechen. Das würde für die Aufgabe eines Biographen bedeuten, im literarischen Labyrinth eines Autors den Faden der Ariadne aufzuspüren und die Vielfalt der Stimmen in einen kohärenten Zusammenhang zu bringen. Tatsächlich sind Biographien großer Autoren ein schwieriges Vorstoßen in ein nicht selten vermintes Gelände. Schwierig deshalb, weil gerade bei Schriftstellern stets deren Werke im Vordergrund stehen und Biographen oftmals den riskanten Versuch unternehmen, Leben und Werk in einen unzulässigen Zusammenhang zu bringen.

Anläßlich seines hundertsten Geburtstags erscheint nun eine neue Biographie über den englischen Schriftsteller Graham Greene. Schon der erste Blick auf den recht schmalen Band von Ulrich Greiwe weckt Zweifel angesichts einer angemessenen Darstellung von Greenes Lebensgeschichte. Als Autor zahlreicher Erfolgsromane, der zugleich Geheimagent für den britischen Spionagedienst und reisefreudiger Lebemann war, bietet Greenes Leben zweifellos Stoff für ein halbes Dutzend Bände. Der Texaner Norman Sherry wird im Oktober den letzten Teil seiner dreibändigen offiziellen Greene-Biographie veröffentlichen, in der die Facetten von Greenes Persönlichkeit auf detailreiche Weise zum Ausdruck gelangen. Nun bedeutet Masse bekanntlich nicht automatisch Qualität - besonders bei Biographien ist immer auch das angezielte Publikum entscheidend. So stellt die Greene-Biographie von Sherry für Literaturwissenschaftler eindeutig die bessere Adresse dar.

Greiwes Biographie hingegen wird der Person und ihrem umfangreichen Werk nur selten gerecht. Er schreibt über Greene "nach dem Inspektor-Columbo-Prinzip" und meint damit die eher ungewöhnliche Abfolge der erzählten Lebensdaten. Greiwe beginnt mit der zweiten Lebenshälfte des Engländers, bevor er Kindheit und Lehrjahre des Schriftstellers porträtiert. Die Idee, eine Biographie im induktionistischen Kriminalstil zu erzählen, ist nicht ohne Originalität, handelt es sich doch bei der Arbeit des Biographen um eine Art Spurensicherung ganz im Sinne Carlo Ginzburgs. Greiwe zeigt sich in der Einleitung fest überzeugt, daß Greene selbst diese Art des Lebensberichts "sicher gefallen hätte".

Den Leser hingegen vermag das Resultat weniger zu überzeugen. Die Gründe sind die bereits genannten Fallgruben der Gattung selbst. Ferner stiftet die unangemessene Kürze der Biographie mehr Verwirrung als erhellende Informationen. Zu viele Figuren, Namen, Ereignisse und Verstrickungen werden auf zu wenigen Seiten so knapp dargestellt, daß man häufiger als gewöhnlich den Faden verliert. Des weiteren gerät die Darstellung wiederholt zur unreflektierten Lobhudelei. Es ist keineswegs verwerflich, daß der Autor einer Schriftstellerbiographie die Werke "seines" Autors schätzt, aber Greiwe erklärt jeden neuen Roman des Engländers zu seinem nächsten unübertroffenen Meisterwerk. Zu oft ist die Rede von "handwerklicher Meisterschaft", "makellosem Erzählwerk" und ähnlichen laudatorischen Allgemeinplätzen. Zur guten biographischen Arbeit gehören auch kritische Distanz sowie der Mut zur künstlerischen Differenzierung, die man jedoch bei Greiwe vergeblich sucht.

Greene selbst hat sich am Anfang seiner Autobiographie "Eine Art Leben", die fast zeitgleich mit Greiwes Greene-Biographie in einer deutschen Neuübersetzung erscheint, der poetologischen Eigenheiten beider Gattungen angenommen. "Eine Autobiographie", so vermerkt Greene, "ist nur ,eine Art Leben' - vielleicht mit weniger Irrtümern als eine Biographie, dafür aber zwangsläufig begrenzter: Sie endet früher und beginnt später." In beiden Fällen, soviel wird deutlich, handelt es sich um nichts als eigenmächtige Interpretationen individual-historischer Fakten. Bei Autobiographien ist man sich als Leser dieser Problematik bewußt, während die Lebensberichte von Biographen nicht selten für bare Münze genommen werden.

"Eine Art Leben", 1971 zuerst erschienen, stellt den ersten Teil von Greenes Memoiren dar. Sie schildern Kindheit und Anfänge von Greenes künstlerischem Werdegang. Es mag sein, daß sich Greenes schriftstellerisches Können in vielen seiner fiktionalen Werke von einer deutlich fesselnderen Seite zeigt, allerdings bieten die Memoiren einen unverzichtbaren Einblick in das Leben eines rastlosen Autors, dessen Werke als Fluchtversuche aus dem bürgerlichen ennui seines sozialen Umfelds zu lesen sind. Fast schon im Stil einer Emma Bovary, deren Ekel angesichts der ländlichen Einöde sie zunächst in die Arme der Literatur und schließlich in den Selbstmord treibt, lesen sich Greenes Erinnerungen an seine Jugend im ländlichen Berkhamsted. Immer wieder fasziniert den jungen, von Langeweile getriebenen Greene die Idee seines eigenen Todes: Er spielt russisches Roulette, inszeniert halbherzige Selbstmordversuche und landet im zarten Alter von sechzehn auf der Couch eines Psychoanalytikers. Im nachhinein diagnostiziert Greene sich selbst als manisch-depressiv, ohne daß die Psychoanalyse etwas daran zu ändern vermocht hätte.

Greenes Lebensbericht eignet sich hervorragend als Basislektüre für sein Hauptwerk. Das ständige Getriebensein, der "lebenslange Kampf gegen die Langeweile", die Dominanz von Traum und Spiel - all jene Ingredienzien, die Greenes Leben und Werk so nachhaltig beeinflussen sollten - werden in "Eine Art Leben" auf bedrückende Weise vorgezeichnet und machen diese Autobiographie zur nachhallenden Stimme eines Toten, der immer wieder durch das Leben überwältigt wurde.

GREGOR SCHUHEN

Ulrich Greiwe: "Graham Greene und der Reichtum des Lebens". Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2004. 202 S., br., 15,- [Euro].

Graham Greene: "Eine Art Leben". Aus dem Englischen übersetzt von Dieter Hildebrandt. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2004. 224 S., geb., 19,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Dem Zsolnay Verlag und Übersetzer Dieter Hildebrand ist es zu verdanken, dass den deutschen Versionen einiger Werke Graham Greenes nun die "plattfüßige Umständlichkeit" fehlt, die frühere Übertragungen oftmals aufwiesen, freut sich Rezensent Carlos Widmann. So geschehen auch im Fall der Autobiografie Greenes, die der Verlag anlässlich des 100. Geburtstags zum zweiten Mal herausgibt. Das Selbstporträt Greenes ist streckenweise allerdings "mit Vorsicht zu genießen", warnt der Rezensent. Er attestiert dem Schriftsteller die Tendenz, aus "faszinierenden Gedankenspielen" höchst reale Begebenheiten gemacht zu haben. So zweifelt der Kritiker beispielsweise Greenes Behauptung an, er habe als 19-Jähriger beim russischen Roulett sechs Mal abgedrückt - "arg viele" Beinahesuizide für einen Mann, der "nichts dem Zufall überließ". Abgesehen von der Schilderung der Kindheit oder literarischen Vorbildern ist auf Greenes Zeugnis wenig Verlass, woran auch die "elegant übertragene" Fassung Dieter Hildebrand nichts ändert, meint Widmann, der dennoch viel Spaß bei der Lektüre gehabt zu haben scheint.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Dieses Buch ist ein einziges Lesevergnügen." Marko Martin, Die Welt, 02.10.2004

"Greenes Lebensbericht eignet sich hervorragend als Basislektüre für sein Hauptwerk und bietet einen unverzichtbaren Einblick in das Leben eines rastlosen Autors." Gregor Schuhen, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.10.2005