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Ruth mag Wörter, vor allem Homophone, so wie "Ruth" und "ruht". Ihr alleinerziehender Vater kann damit nichts anfangen. Warum kann Ruth sich nicht benehmen wie andere Kinder? Die beste Idee, die er je hatte, ist, Ruth einen Hund mitzubringen. Sie nennt ihn Regen, denn er wurde im Regen gefunden - und das Wort ist ein Homophon.
Als ein Hurrikan die kleine Stadt heimsucht, geht Regen im Unwetter verloren. Ihr Vater hätte den Hund nie rauslassen dürfen. Bei Sturm! Ohne Halsband! Verzweifelt macht sich Ruth auf die Suche. Ein Glück, dass sie noch Onkel Weldon hat, der sie so viel besser versteht.
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Produktbeschreibung
Ruth mag Wörter, vor allem Homophone, so wie "Ruth" und "ruht". Ihr alleinerziehender Vater kann damit nichts anfangen. Warum kann Ruth sich nicht benehmen wie andere Kinder? Die beste Idee, die er je hatte, ist, Ruth einen Hund mitzubringen. Sie nennt ihn Regen, denn er wurde im Regen gefunden - und das Wort ist ein Homophon.

Als ein Hurrikan die kleine Stadt heimsucht, geht Regen im Unwetter verloren. Ihr Vater hätte den Hund nie rauslassen dürfen. Bei Sturm! Ohne Halsband! Verzweifelt macht sich Ruth auf die Suche. Ein Glück, dass sie noch Onkel Weldon hat, der sie so viel besser versteht.
Autorenporträt
Martin, Ann M.
Ann M. Martin wurde in Princeton, New Jersey (USA), geboren. Sie war Lehrerin und arbeitete als Lektorin in einem New Yorker Kinderbuchverlag. Mittlerweile lebt sie vom Schreiben und hat bereits viele Romane veröffentlicht, die vielfach ausgezeichnet wurden, unter anderem mit der renommierten Newbery Medal.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.05.2015

Primzahlen und Regeln
Ann M. Martin schickt eine Autistin in die Welt

Es ist eigentlich ganz einfach. In einer Regennacht bringt Ruths Vater einen Hund mit nach Hause, der in einer Sturmnacht spurlos verschwindet. Ruth, die dem Tier den Namen "Regen" gegeben hat, telefoniert tagelang mit allen Tierheimen in der Umgebung und findet ihre Hundefreundin wieder. Nur haben die Leute im Tierheim inzwischen einen Mikrochip unter dem Fell gefunden und wissen, was Ruth nicht wissen konnte: dass Regen eigentlich Olivia heißt und den Hendersons in Gloverstown gehört. Die allerdings mussten ihr Haus nach dem Hurrikan verlassen, und in Gloverstown weiß niemand, wo sie jetzt leben.

In ihrem Kinderbuch "Die wahre Geschichte von Regen und Sturm" braucht Ann M. Martin wenige Striche, um ein moralisches Dilemma zu skizzieren, das jedem zwölf Jahre alten Kind den Schlaf rauben würde. Es wäre naheliegend, an dieser Stelle mit den Schultern zu zucken und den Hund nach der rührenden Wiedersehensszene im Tierheim einfach bei Ruth zu lassen. Und so wird es fürs Erste auch gemacht. Aber für das Mädchen ist es eben nicht so einfach. Nichts ist einfach für sie. "Du kannst sie streicheln. Das machen normale Menschen mit Hunden", sagt ihr Vater, als er die Hündin mitgebracht und abgetrocknet hat. Also streichelt Ruth sie. Man muss ihr das sagen, aber man müsste ihr das nicht auf diese Weise sagen, nicht mit dieser unter müder Beiläufigkeit verdeckten Abfälligkeit, die bei dem alleinerziehenden Aushilfsmechaniker immer wieder durchklingt.

Ruth ist ein besonderes Kind: Sie sammelt Homophone, zufällig gleichklingende Wörter, und liebt Primzahlen, sie protestiert aufgebracht, wenn sie mitbekommt, dass eine Regel verletzt wird, und wurde deswegen schon aus dem Schulbus geworfen. Sie muss lernen, wie man mit anderen kommuniziert, und ihre Kontaktversuche haben etwas verzweifelt Bemühtes. Wenn sie überfordert ist, wird sie laut, wenn es ganz schlimm wird, schlägt sie sich gegen den Kopf. Ihre Diagnose lautet funktionaler Autismus.

Einen Plan für die Suche nach der verschwundenen Hündin zu machen ist das eine. Unnachgiebig die Tierheime in den verschiedenen Entfernungen abzutelefonieren, wieder und wieder, unabhängig davon, wie freundlich oder abweisend die Leute am anderen Ende der Leitung sind, ein Zweites. Dann aber die Entscheidung zu treffen, Regen müsse zu den Hendersons zurückkehren, so sei die Regel, und sich auszudenken, wie eine Familie von ihrem Hund erfahren könnte, die gerade ihr Zuhause verloren hat, das ist etwas ganz anderes: Jedes Kind käme dabei an die eigenen Grenzen - mit dieser Entscheidung wider die eigenen Interessen und mit dem Vorhaben an sich.

Ann M. Martin lässt Ruth ihre Geschichte selbst erzählen. Und die Autorin findet einen Tonfall für das Mädchen, der zu ihrem Befremden der Welt gegenüber bestens passt. Was vielen anderen seltsam erscheinen mag, ihre Begeisterung für Muster, ihre Abhängigkeit von Regeln, beschreibt Ruth mit großer Selbstverständlichkeit. Und ebenso, wie ein paar ihrer Mitschüler sie demütigen, dass ihr Vater oft zum Trinken ins Lokal am Ende der Straße geht, dass er sich nur mühsam beherrschen kann, wenn sie Halt in ihren Eigenheiten sucht. Oder wenn sein Bruder, der Ruth seit der Sache mit dem Schulbus jeden Morgen abholt und überhaupt eine ebenso aufmerksame wie entspannte Art des Umgangs mit ihr hat, alles mal wieder besser weiß.

In den Augen ihres Vaters ist Ruth einfach undankbar, wenn sie nach den richtigen Besitzern des Hundes sucht. Als er merkt, mit welchen Methoden sie es macht, eskaliert die Situation.

Wie schwierig es für ein Kind ist, sich mit einem Vater zu arrangieren, der womöglich zu viel trinkt oder sich nur schwer unter Kontrolle hat, wie komplex der Abgleich zwischen eigenen Bedürfnissen und Überzeugungen, aber auch den Möglichkeiten und Grenzen ihrer Familie ist, kann Ann M. Martin mit dem Blick und der Stimme ihrer eigenwilligen Erzählerin zeigen, ohne die Situationen selbst zu überzeichnen.

Selbst der enervierende Spleen mit den Homophonen bringt ihren Lesern Ruths besondere Lage näher: Das Mädchen unterbricht seine Erzählung bei jedem Wort, zu dem ihm ein gleich klingendes einfällt, und notiert dieses in Klammern. Für Ruth ist es ein Fund, den sie ihren Lesern begeistert zeigt. Etwas Besonderes, das einen Namen hat, erkannt, gesammelt werden und dem Mädchen auf diese Weise Orientierung geben kann. Für ihre Leser ist es raffinierterweise das Gegenteil: ein Fremdkörper in der Erzählung, der nirgendwohin zu führen scheint, der stört. Eine lästige Irritation, die sich durch das ganze Buch zieht. Und eine leise Ahnung davon, wie es sein muss, fortwährend mit Störwahrnehmungen leben zu müssen. Wie Ruth.

FRIDTJOF KÜCHEMANN

Ann M. Martin: "Die wahre Geschichte von Regen und Sturm".

Aus dem Englischen von Gabriele Haefs. Königskinder Verlag, Hamburg 2015. 240 S., geb., 14,99 [Euro]. Ab 12 J.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Ruths spezieller Tonfall, diese nüchterne und sachliche Sprache, [...] lassen den Leser [...] ihrer Fremdheit nachspüren.", Augsburger Allgemeine, 10.02.2016