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Die Residenz der französischen Könige steht für Glanz, Luxus und absolute Macht. Seit Jahrhunderten lassen sich die Menschen von Versailles faszinieren, schien das Leben hier doch frei von allen Mühen des Alltags zu sein. Doch weit gefehlt: Was sich am Hof jenseits der rauschenden Bälle abspielte und was es bedeutete, den Hofstaat mit allem Lebensnotwendigen zu versorgen, enthüllt der Versailles-Experte William Ritchey Newton.
Auch am französischen Königshof war nicht alles Gold, was glänzte: Wo mehr als 4000 Menschen auf engstem Raum zusammenlebten, ergaben sich handfeste Probleme. Die
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Produktbeschreibung
Die Residenz der französischen Könige steht für Glanz, Luxus und absolute Macht. Seit Jahrhunderten lassen sich die Menschen von Versailles faszinieren, schien das Leben hier doch frei von allen Mühen des Alltags zu sein. Doch weit gefehlt: Was sich am Hof jenseits der rauschenden Bälle abspielte und was es bedeutete, den Hofstaat mit allem Lebensnotwendigen zu versorgen, enthüllt der Versailles-Experte William Ritchey Newton.

Auch am französischen Königshof war nicht alles Gold, was glänzte: Wo mehr als 4000 Menschen auf engstem Raum zusammenlebten, ergaben sich handfeste Probleme. Die Hofdamen froren erbärmlich vor den zugigen Kaminen, saubere Wäsche war Mangelware und allzumenschliche Bedürfnisse ließen sich bei den ständig verstopften Latrinen kaum befriedigen. Heizungsqualm, unbeaufsichtigte Feuerstellen und verschmutztes Trinkwasser bedeuteten permanente Lebensgefahr, zudem musste man sich mit Läusen, Ratten und anderen Unannehmlichkeiten herumschlagen. Newton wirft einen völlig neuen Blick auf das Leben am Hof von Versailles. Dabei kommt Sensationelles, Kurioses und Unappetitliches ans Licht. Eine genau recherchierte, höchst amüsante Kulturgeschichte.
Autorenporträt
Newton, William Ritchey
William Ritchey Newton, geboren 1945 in New York, ist Historiker und Frankreichs führender Versailles-Experte. Nach der Promotion arbeitete er mehrere Jahre als Verlagslektor, bevor er sich ganz der Forschung widmete. Seine Bücher über das Schloss von Versailles wurden in Frankreich vielfach ausgezeichnet, u. a. von der Académie française.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.04.2011

Der Glanz verblasste
Einblicke in die Kulissen des Hofes von Versailles
Das Alltagsleben am Hof von Versailles zur Zeit der Herrschaft der beiden Nachfolger des Sonnenkönigs Ludwig XIV. detailliert zu ergründen, hat die Historiker lange nicht interessiert. Das jähe Ende dieses Treibens, das mit der Französischen Revolution hereinbrach, trug entschieden dazu bei, das traditionelle Bild, das den Hof von Versailles als einen goldenen Käfig beschrieb, zu konservieren. Wie jede Manege hatte auch Versailles eine doppelte Funktion. Zum einen scharten sich in ihr die Angehörigen des hohen Adels um die Person des Monarchen. Diese Nähe zur Krone bot die Gewähr dafür, Machtgelüste zu kontrollieren und durch dauernde Rangstreitigkeiten wie durch Konkurrenz um die Gunst des Herrschers zu neutralisieren. Zum anderen war dieses durch das komplizierte Uhrwerk des Hofzeremoniells ständig in Bewegung gehaltene Ballett der Höflinge und Schranzen unverzichtbar, um den Glanz der absoluten Monarchie propagandistisch wirksam zur Geltung zu bringen.
Wie gut sich diese Absicht erfüllte, den Eklat des Hofes als diplomatisch-politische Waffe zu gebrauchen, lässt sich noch heute an den Millionen Besuchern ablesen, die alljährlich nach Versailles strömen, um die prächtigen Kulissen des einstigen Hoflebens zu bestaunen. Dessen glänzende Aspekte, den die verschwenderische Gestaltung von Park und Gebäuden in überwältigender Fülle dokumentieren, sind schon oft geschildert worden. Was bislang aber fehlte, war eine detaillierte, aus den Quellen gearbeitete Darstellung der Lebensumstände all jener, die unmittelbar zum Hof gehörten und die dieses en suite gegebene Schauspiel in Gang hielten.
Diese Lücke wird nun durch die Monographie „Hinter den Fassaden von Versailles“ des amerikanischen Historikers William Ritchey Newton geschlossen. Newton ist ein vorzüglicher Kenner der reichen Memoirenliteratur wie vor allem auch der Archivbestände, die Auskunft geben über das durch viele Reibereien, Zwänge und Einschränkungen geprägte Leben bei Hofe. Nach zwei Büchern, in denen er Organisation, Finanzen und den hierarchisch aufgebauten und in stetigem Wandel befindlichen Stab der Domestiken beschrieb, schildert Newton in den sieben Kapiteln seines neuesten Buches das Alltagsleben am Hof von Versailles in seinen profansten Aspekten.
Newton ist dabei nichts Menschliches fremd. Die bisweilen katastrophalen Wohnverhältnisse, die Verköstigung der Bediensteten, die sich oft von dem ernährten, was von den Tischen der über ihnen Rangierenden abfiel, die ihrerseits sich auf das stürzten, was von der Tafel des Königs oder der höheren Würdenträger abserviert wurde, werden von ihm anhand einer Fülle von eindringlichen Zitaten und farbigen Details ebenso geschildert wie die völlig unzulänglichen sanitären Einrichtungen, die überquellenden Sickergruben, die Nachtgeschirre, die einfach in den Park oder die Höfe des Schlosses entleert wurden und deren Ausdünstungen die Luft verpesteten. Weitere Themen sind die in Versailles besonders problematische Wasserversorgung, Heizung, Beleuchtung, Reinigung und die Wäsche. Für das Privileg oder die Ehre, in einem der Nebengebäude des königlichen Palasts zu leben, so ahnt man unter der Lektüre schnell, mussten kleine wie große Hintersassen des Monarchen zahlreiche Opfer bringen. Wir erfahren von überfüllten und düsteren Wohnquartieren, die, wenn sie nicht eisig kalt, vom Rauch primitiver Öfen erfüllt waren, die von den Bewohnern installiert wurden und die eine dauernde Brandgefahr darstellten.
Von diesen und anderen Unbequemlichkeiten und Gefahren berichten zahlreiche Beschwerden, die an die Liegenschaftsverwaltung adressiert sind, die ausweislich ihres Schriftverkehrs in einem ständigen Kampf begriffen war, wenigstens die ärgsten Gefahren und Missbräuche zu vereiteln, deren ungezügelte Überhandnahme das Risiko barg, den prächtigen Anschein von Versailles nachdrücklich zu beschädigen. Je weiter jedoch das 18. Jahrhundert voranschritt, desto weniger scheint dies gelungen zu sein, wie die Schilderung des schottischen Schriftstellers Tobias Smollett zeigt, der das Schloss des Sonnenkönigs 1763 besuchte: „Versailles wirkt trotz der verschwenderischen Dekoration trist. Die Appartements sind düster, schlecht möbliert, schmutzig und eines Fürsten wenig würdig.“
Das rapide Verblassen des einstigen Glanzes, den Smollett registrierte, der bei seinem Besuch nur die königlichen Prachtgemächer, nicht aber die elenden Unterkünfte der Dienerschaft besichtigte, hatte eine Reihe von Ursachen, die von Newton verschiedentlich benannt werden. So der Umstand, dass die königliche Familie, Brüder und Schwestern des Königs mit ihrem Anhang immer zahlreicher wurde. Das hatte zur Folge, dass die Hofwürdenträger ihre bequemen und prestigeträchtigen Wohnstätten räumen und weniger glanzvolle Räumlichkeiten beziehen mussten, aus denen andere vertrieben wurden. Die Hauptleidtragenden dieses Prozesses waren die unteren und untersten Chargen des Hofdienstes, die noch enger zusammengepfercht leben mussten. Wegen des sich stetig verschärfenden Geldmangels der Krone war an die Errichtung neuer Wohngebäude aber ebenso wenig zu denken wie daran, die vorhandenen Quartiere zu renovieren.
Gleichzeitig aber wuchsen vor allem die Ansprüche der adeligen Hofleute an Komfort und Luxus, die von der Krone forderten, ihre Wohnungen mit neuen größeren Spiegeln, doppelt verglasten Fenstern und schmucken Kachelöfen oder Kaminen auszustatten. Der Umstand, dass die meisten dieser Ansinnen von der Verwaltung abschlägig beschieden wurden, trug das Seine dazu bei, in den Jahren unmittelbar vor Ausbruch der Revolution die in Versailles konzentrierte Adelselite der Krone zu entfremden. Darüber jedoch erfährt man bei Newton leider nichts, der sich lediglich darauf beschränkt, die Wünsche und Beschwerden des Hofadels mit schönen Beispielen ebenso wie die ablehnenden Antworten darauf zu illustrieren.
Ebendas jedoch mindert die Qualität des Buches entschieden, das trotz der Fülle an exemplarischen Beispielen und aufschlussreichen Zitaten nur wie eine Materialsammlung anmutet, die sich in ihrer Aufzählung wiederholt und deshalb rasch monoton wirkt. Wenn Newton seine beneidenswert genauen Kenntnisse des einschlägigen Archivmaterials dazu genutzt hätte, den von ihm ausgiebig dokumentierten verblassenden Glanz von Versailles für eine Erzählung der heraufziehenden finalen Krise des Absolutismus in Frankreich zu verwenden, wäre ihm damit ein bedeutendes historiographisches Werk gelungen. Am meisten irritiert daran jedoch, dass der Kompilator dieser Materialsammlung diese Chance, die er nicht ergriff, gar nicht als eine solche wahrgenommen zu haben scheint. JOHANNES WILLMS
WILLIAM RITCHEY NEWTON: Hinter den Fassaden von Versailles. Mätressen, Flöhe und Intrigen am Hof des Sonnenkönigs. Aus dem Französischen von Lis Künzli. Propyläen Verlag, Berlin 2010. 240 Seiten, 22,99 Euro.
„Die Appartements sind düster,
schlecht möbliert, schmutzig
und eines Fürsten wenig würdig.“
Die Wünsche des Hofadels
wurden nicht erfüllt – ein Grund
zur Entfremdung vom König
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Johannes Willms sieht mit William Newtons Studie zum Alltagsleben in Versailles zwar eine "Lücke geschlossen" und würdigt die profunden Quellenkenntnisse des Autors. Am Ende aber ist der Rezensent doch enttäuscht und sieht eine Chance vertan. Der amerikanische Historiker erzählt eindringlich von den unhaltbaren hygienischen Zuständen, den unzureichenden Wohnverhältnissen der Bediensteten und von Nöten in der Wasser- oder Heizmittelversorgung, lobt Willms. Mit einem gewissen faszinierten Schaudern liest er hier von qualmenden Kaminen, der hohen Brandgefahr, dem Wohnraummangel oder "überquellenden Sickergruben", die das Leben am Hof des Sonnenkönigs weniger glanzvoll machten als von heute aus vermutet. Dass der Autor sich aber gar nicht für die politischen Folgen dieses Niedergangs des Hoflebens am Vorabend der Französischen Revolution interessiert und seine Forschungsergebnisse als reine "Materialsammlung" präsentiert, die zudem so manche Redundanz aufweist, findet der Rezensent sehr bedauerlich und stellt in seinen Augen ein echtes Manko dar.

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