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'Das neue Standardwerk zu Mao Zedong aus der Feder des renommierten Sinologen Jonathan Spence: Prägnant formuliert, leidenschaftlich argumentiert und aufschlussreich in seiner Kürze.
Er war einer der mächtigsten Herrscher, einer der härtesten und eigenwilligsten in China. Seine Rhetorik, sein unbeugsamer Wille mobilisierten Millionen. Jene, die von seiner Politik und seinen Träumen profitieren konnten, verehren ihn zum Teil noch heute, doch jene, die zu Opfern seiner Machtherrschaft wurden, verfluchen sein Andenken. Am Ende brachte ihn körperliche Schwäche zu Fall, obwohl die…mehr

Produktbeschreibung
'Das neue Standardwerk zu Mao Zedong aus der Feder des renommierten Sinologen Jonathan Spence: Prägnant formuliert, leidenschaftlich argumentiert und aufschlussreich in seiner Kürze.
Er war einer der mächtigsten Herrscher, einer der härtesten und eigenwilligsten in China. Seine Rhetorik, sein unbeugsamer Wille mobilisierten Millionen. Jene, die von seiner Politik und seinen Träumen profitieren konnten, verehren ihn zum Teil noch heute, doch jene, die zu Opfern seiner Machtherrschaft wurden, verfluchen sein Andenken. Am Ende brachte ihn körperliche Schwäche zu Fall, obwohl die Unzulänglichkeiten seiner Politik längst offenkundig waren.
Den Historiker und Sinologen Jonathan Spence verbindet eine lebenslange Passion mit dem Thema Mao Zedong. Im kritischen Blick auf seine Herrschaft gelingt es ihm, die Mechanismen hinter Maos Misswirtschaft begreifbar und seine teils exzentrischen Ideen für jeden verständlich zu machen.
Autorenporträt
Jonathan D. Spence, geboren 1936, ist Professor für Geschichte an der Yale University und gilt weltweit als einer der renommiertesten Chinaforscher. Seine Bücher zur Geschichte Chinas haben ihn auch in Deutschland bekannt gemacht.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.03.2003

Mao, behelligt von Liebesgeflüster
Jonathan Spence achtet auf die Frauen, nicht auf die Worte des Vorsitzenden / Von Mark Siemons

Bis in die späten siebziger Jahre hinein fungierte Mao Tse-tung als Orakel, das, sofern man es nur eifrig und ernsthaft genug befragt, nicht allein China enträtselt, sondern die Gesetze des Lebens und der Geschichte schlechthin. Umfangreiche Werkausgaben erschienen, von renommierten Wissenschaftlern wie Stuart R. Schram, Jerome Chen und Helmut Martin skrupulös ediert, in denen noch der beiläufigsten Wortmeldung des Vorsitzenden eine Auskunft über den Stand der Weltrevolution respektive des Neuen Menschen abgelauscht wurde.

Den Abstand dieser Art Hermeneutik zur Gegenwart ermißt man, wenn man die jetzt auf deutsch herausgekommene neue Kurzbiographie aufschlägt, einen ursprünglich bei Penguin veröffentlichten Band, wo früher auch die klassische Lebensbeschreibung von Schram erschienen war. Der amerikanische Sinologe Jonathan D. Spence, seinerseits auch ein sehr berühmter Vertreter seines Fachs, konzentriert sich vor allem auf die Frauen und die insgesamt doch sehr verwickelten Familienverhältnisse des Vorsitzenden. Wir erfahren, welch hohen Rang der fünfundzwanzig Jahre alte Mao der Liebe zuerkannte, als er neben eine pessimistisch-darwinistische Passage in Friedrich Paulsens "System der Ethik" empört notierte: "Zum Beispiel kann ich das Gefühl für diejenige, die ich liebe, nicht vergessen, also ist mein Streben darauf gerichtet, sie zu retten. Im Ernstfall würde ich sogar lieber selbst sterben, als sie sterben zu lassen."

Der Leser wird Zeuge, wie Mao diesem Schwur im Lauf seines Lebens immer untreuer wird. Seine erste Frau Yang Kaihui, die Tochter seines verehrten Lehrers, betrügt er, während sie daheim in Changsha mit drei Kindern ausharrt, in den Bergen mit der jungen Revolutionärin He Zizhen, die, wie Spence anmerkt, für ihre Schönheit ebenso gerühmt wurde wie für ihren Verstand. 1930 wird Yang Kaihui von Kuomintang-Soldaten erschossen, weil sie sich weigert, ihren Mann zu verraten. Von He Zizhen hat Mao insgesamt sechs Kinder, bis er sie 1937 nach Moskau zur Abtreibung schickt, um sich mit der Schauspielerin Jiang Qing zu verbinden. He Zizhen erleidet später einen Nervenzusammenbruch, nachdem sie eine Rede des Staatspräsidenten im Radio verfolgt hat. Zur politisch selber ambitionierten Jian Qing (berüchtigt als "Mao-Witwe") verliert sich der Kontakt im Lauf der Jahrzehnte immer mehr, bis ihr Mao, bis zuletzt ein auch vom pädagogischen Eros besessener Mann, ein Jahr vor seinem Tod schreibt: "Es wäre besser, wenn wir uns nicht mehr sehen. Jahrelang habe ich dich in vielerlei Hinsicht beraten, aber du hast dich so gut wie nie danach gerichtet." Die letzten Jahre umgab sich Mao vor allem mit Zhang Yufeng, einer seiner zahlreichen Zugbegleiterinnen, die ihm alle Dokumente vorlas und darüber entschied, wer zu ihm vorgelassen wurde.

Natürlich hütet sich Jonathan Spence, derlei näher zu kommentieren, und natürlich beschränkt sich seine Darstellung nicht auf private Anekdoten. Mit der Leichtigkeit des erfahrenen Historiographen breitet er den gewaltigen Stoff von den Anfängen der chinesischen Republik über die Entstehung der kommunistischen Bewegung, ihren Kampf mit den Japanern und der Kuomintang bis zur Ausrufung der Volksrepublik, dem desaströsen "Großen Sprung nach vorn" und der Kulturrevolution in knappen Stichen aus. Immer findet er das sprechende Detail - sei es ein Augenzeugenbericht, sei es ein Kommentar oder eine Gedichtzeile Maos selbst -, das die abstrakte Konstellation zusammenfaßt und erhellt. Aber der Ehrgeiz von Autor und Verlag geht doch eindeutig dahin, nicht eine intellektuelle oder politische, sondern eine gewissermaßen "menschliche" Biographie vorzulegen. Der Leser wird mit nicht nachlassender Akribie auch über die Schicksale und beruflichen Werdegänge der einzelnen Kinder aus den verschiedenen Ehen auf dem laufenden gehalten, und ein besonderes Gewicht liegt auf der Kindheit und Jugend des revolutionären Helden selbst. Als Gegengewicht zur hypertrophen Textexegese von einst liest sich das alles ganz frisch und unterhaltsam; die eine Begebenheit ergibt sich wie selbstverständlich aus der anderen und fügt sich zum runden Bild einer im ganzen doch reichlich fernen und grotesken Epoche.

Die Frage ist nur, was die Vertiefung in amouröse Verwicklungen, die die monströse Gestalt mit vielen weniger monströsen Gestalten gemeinsam hat, zur Erhellung ihrer historischen Wirkung beiträgt. Die Psychologie eines unzuverlässigen Ehemanns reicht kaum aus, um den fatalen Umschwüngen der maoistischen Politik auf die Spur zu kommen. Eine psychologisch wahrscheinlich ergiebigere Spur deutet Spence selber an, aber er verfolgt sie nicht.

Schon 1924, als Mao wegen eines Parteikongresses seine protestierende Frau zurückließ, beschwor er in einem Gedicht jenes romantische Bild vom einsamen Lebenswanderer, mit dem er auch noch in den Gesprächen mit dem amerikanischen Journalisten Edgar Snow gegen Ende seines Lebens kokettierte: "Ich möchte ein Vagabund sein, bindungslos / und unbehelligt von Liebesgeflüster. / Berge wollen zusammenstürzen, Wolken fliehen den Himmel entlang." Den Abgrund dieser Psychologie auszuloten, in der das maßlose Selbstbewußtsein des Machtmenschen, der anarchistische Gestus einer ungebundenen Dichterseele und das kosmisch überhöhte Kollektiv-Ich China eine fatale Verbindung eingehen, wäre aller Mühe wert gewesen. Wie vertrug sich Maos drastischer Realismus, sowohl was die sozialen Wirklichkeiten als auch, was die militärischen Grundlagen der Macht betrifft, mit einer solchen lyrischen Sublimierung? Möglicherweise ist Maos im Westen belächelte Neigung zum Gedichteschreiben ja nicht ein bloßes Ornament seiner Machtausübung, sondern deren Kern. Denn seine umwegige Art von Gewaltherrschaft, die sich von der schematischen Unterdrückung in der Sowjetunion sehr unterschied, beruhte nicht zuletzt darauf, daß er den poetischen Selbstbildern die äußere Wirklichkeit mit äußerster Brutalität unterwarf.

So gilt es gerade im Interesse einer nachideologischen, entmythisierenden Betrachtung, die maoistischen Mythen ernst zu nehmen, die nicht nur die nachträgliche Verschleierung seiner Politik, sondern ihr innerer Antrieb sind. Man ahnt, daß gerade auch eine Würdigung des "Menschen" Mao der Frage nach der "Bedeutung" nicht entkommen kann. Die unglaubliche Machtfülle, die es Mao erlaubte, kurz nacheinander völlig verschiedene, ja gegensätzliche politische Programme durchzusetzen, läßt sich denn auch in einer populären Darstellung wie dieser nicht ohne die Frage verstehen, welche besondere Funktion der Kommunismus für China und Mao hatte.

Spence dagegen, der in anderen Büchern den verschiedenen Linien der chinesischen Selbstsuche im zwanzigsten Jahrhundert durchaus nachgegangen ist, begnügt sich in diesem Band mit Fragen wie der, weshalb sich der ungebärdige junge Mann plötzlich einer rigiden Parteidisziplin unterwarf. Oder weshalb er, der in seiner Jugend so empiriegesättigte soziologische Studien über ländliche Gebiete verfertigt hatte, auf dem Höhepunkt seiner Macht überhaupt keinen Kontakt mehr zur Realität hatte. Solche Fragen könnte man indessen an jeden beliebigen kommunistischen Funktionär richten. Die lockere Mischung aus äußeren Daten und privaten Details, die Spence anbietet, entspricht nur zu sehr der etwas bequemen Neigung, die Kämpfe der gerade vergangenen Epoche für zu leicht zu nehmen oder sie in eine historische Ferne zu rücken, als handele es sich um die römische Republik.

Mao jedoch ist nicht vergangen. Seine letzten großen Maßnahmen - die Einladung an Nixon und die Rehabilitierung von Deng Xiao-ping - leiteten schon die Phase ein, in der sich China heute befindet. Seine verheerenden Gesellschaftsexperimente, die Millionen Menschen das Leben kosteten, waren die Geburtswehen einer allseits respektierten Gegenwart. Vielleicht ist Mao noch zu nah, um diese Geschichte zu schreiben.

Jonathan Spence: "Mao". Aus dem Englischen von Susanne Hornfeck. Claassen Verlag, München 2003. 255 S., geb., 12,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

"Zähneknirschend" empfiehlt Christian Semler die neue Mao-Biografie von Jonathan D. Spence. Der Autor zeichne zwar ein voreingenommenes Bild des Großen Vorsitzenden, tue dies aber in so kompakter und strukturierter Weise, dass es sogar den "exmaoistischen" Rezensenten überzeugt. Semler lobt außerdem Spences' Einbeziehung früherer Arbeiten über Mao und die überzeugende Darstellung von Maos geistigen Grundlagen und seinem politischen Werdegang. Lediglich sowjetisch-chinesische Vergleichspunkte und eine präzise Bestimmung der ideologischen Hintergründe der Kulturrevolution fehlen dem Rezensenten in der Analyse. Trotzdem sei das Buch sowohl für Laien als auch für Spezialisten eine "exzellente Einführung".

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