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The outstanding trilogy by the Polish historian Jacob L. Talmon (1916-1980) who taught many years until his death the history of »totalitarian democracy« at the Hebrew University in Jerusalem, became the most influential interpretation of the history of ideas. His findings were groundbreaking for the reconstruction of intellectual history in totalitarian ideology in the 20th century. In the first two volumes Talmon concentrates on the genealogy of the left wing totalitarism whereas the third discusses the right and left wing totalitarism. Only the first two volumes were published in German and…mehr

Produktbeschreibung
The outstanding trilogy by the Polish historian Jacob L. Talmon (1916-1980) who taught many years until his death the history of »totalitarian democracy« at the Hebrew University in Jerusalem, became the most influential interpretation of the history of ideas. His findings were groundbreaking for the reconstruction of intellectual history in totalitarian ideology in the 20th century. In the first two volumes Talmon concentrates on the genealogy of the left wing totalitarism whereas the third discusses the right and left wing totalitarism. Only the first two volumes were published in German and have long been out of print. They are now newly published replenished by an academic approach. The third volume, published in English shortly after Talmons death in 1980, has been translated into German for the first time.
Autorenporträt
Prof. Dr. Uwe Backes ist Stellvertretender Direktor des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung und lehrt an der TU Dresden an der TU Dresden.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.08.2013

Der Gegner ist immer das Reich des Bösen
Er kannte die totalitäre Gefahr der Demokratie: Zur Wiederentdeckung des Historikers Jacob L. Talmon

In den Jahren 1937/38 schreibt ein einundzwanzigjähriger Geschichtsstudent an der Hebrew-University in Jerusalem eine Seminararbeit über die Französische Revolution und den Terror der Jakobinerdiktatur, während Moskau in großem Stil Schauprozesse gegen Dissidenten anstrengt. Es ist der aus Polen stammende Jacob Leib Flajszer, später Talmon, der mit dieser Seminararbeit sein Lebensthema finden wird: die Geschichte der totalitären Demokratie.

Ein bewegtes und besonders durch den Zweiten Weltkrieg geprägtes Leben führt den jungen Historiker 1940 mit einem Stipendium an die Sorbonne in Paris und - auf der Flucht vor den einrückenden Deutschen - nach London. An der London School of Economics and Political Science, die aufgrund der Luftangriffe ins Peterhouse-College nach Cambridge umziehen musste, verfasst Flajszer/Talmon 1943 seine Dissertation über "The Doctrine of Poverty" ("Die Armutslehre"). Diese leider bisher unveröffentlicht gebliebene Arbeit untersucht die Dynamik christlicher Armutsbewegungen im Hochmittelalter und stellt den mentalitätsgeschichtlichen und methodischen Grundstock für die drei Bände der Geschichte der totalitären Demokratie dar.

Der erste Band, "Die Ursprünge der totalitären Demokratie", ist in London 1952 bei Secker & Warburg erschienen. Wenige Jahre später folgte die Studie über den "Politischen Messianismus". Die beiden ersten Bände der Trilogie, die 1980 kurz vor dem frühen Tod des herzkranken Talmon mit dem Band über den "Mythos der Nation und die Vision der Revolution" einen späten Abschluss fand, wurden rasch ins Deutsche übersetzt, da Talmon in dieser Zeit für Furore in der historischen Zunft sorgte. Sie sind heute längst vergriffen. Der dritte Band war bisher nicht ins Deutsche übersetzt worden.

Diesem Desiderat hat nun Uwe Backes, stellvertretender Direktor des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung in Dresden, zusammen mit einem Team aus Übersetzern und Historikern Abhilfe geschaffen. In einer sorgfältigen Edition liegen die ersten beiden Bände wieder, der dritte erstmals auf Deutsch vor. Gerade am dritten Band hat Talmon, der 1949 kurz nach der Gründung des Staates Israel an die Jerusalemer Universität als Professor für "Modern History" zurückgekehrt war, besonders hart über fast zwei Jahrzehnte gearbeitet. In dieser Zeit unternahm Talmon zahlreiche Forschungsreisen, die ihn 1972/73 auch zu Karl Dietrich Bracher an die Universität Bonn führten.

Talmons Anliegen ist es, die historischen Linien im Stile einer philosophischen Geschichtsschreibung zu ziehen, um die Grundlagen der "totalitären Demokratie" freizulegen. Dieser eigentlich in sich widersprüchliche Demokratie-Begriff zeigt die historische Sprengkraft, die seiner Entwicklung seit dem achtzehnten Jahrhundert innewohnt. Sie ließ neben der liberalen Entwicklungslinie, die ein politisches System nach der, so Talmon, "Trial and error"-Methode hervorgebracht hat, auch eine totalitäre Linie erstarken. Auf grausame Weise hat sie sich in den großen Totalitarismen, Kommunismus, Faschismus und Nationalsozialismus, entladen. Die totalitäre Demokratie gründet ihre Lehre "auf der Annahme einer alleinigen und ausschließlichen Wahrheit in der Politik", so Talmon ganz zu Anfang seiner Trilogie.

Diese totalitäre Seite der Demokratie untersucht Talmon in besonderer Weise: Für sie ist schon früh ein politischer Messianismus prägend, der von seinen Gefolgsleuten unbedingte Nachfolge erfordert. "Dieses Buch ist keine Ideengeschichte. Es hat ein Ideenklima, eine Geisteshaltung, man kann sagen, einen Glauben zum Gegenstand", charakterisiert Talmon zu Beginn des zweiten Bandes die Stoßrichtung seiner Forschung. Auch ohne die Utopie und den "Mythos der Nation" kommt die totalitäre Demokratie nicht aus. Im abschließenden Band schreibt Talmon: "Der nationale Mythos der unterdrückten Nationen entwickelte sich zu einer Mischung aus Nostalgie nach vergangenem Ruhm und der Vision einer nicht minder glorreichen Restauration, der eine spirituelle Wiedergeburt und eine gerechte soziale Ordnung Dauer verliehen."

Sowohl die Aufklärung in ihren frühen Ausprägungen als auch der Idealismus in seinen verschiedenen Ansätzen bei Fichte und Hegel sind nach Talmon prägend für die Entwicklung der Demokratie in ihren beiden Entwicklungsströmen, also auch für die totalitäre. Hier ist es vor allem das Vergeistigen von Politik und Nation, das katalytisch für die totalitären Entwicklungen war. Jacob L. Talmon steht mit diesem Ansatz zwischen Hannah Arendts Forschungen zum Totalitarismus, der ihr zufolge von Terror und Ideologie gespeist wird, und Eric Voegelin, der im innerweltlichen Abschluss irdischer Reiche den Weg zu den "politischen Religionen" geebnet sieht.

Uwe Backes gibt in seiner Einleitung einen guten Überblick über die in Deutschland bisher weitgehend unbekannte Vita Talmons, über dessen wenig erforschtes Werk und über die Wirkung seiner philosophisch reflektierten historischen Forschungen. In den frühen Jahren des Ost-West-Konflikts hat Talmon, ähnlich wie später Abbott Gleason oder Michael Burleigh, den Glutkern des Kalten Krieges - in Ausweitung des "Mythos der Nation" - in der unbedingten Überzeugung der absoluten Richtigkeit der Position des eigenen Blocks gesehen. Egal, welcher Ausrichtung der gegnerische Block auch sein mag: Er ist das "Reich des Bösen".

Talmons "Geschichte der totalitären Demokratie" ist von großem Wert für die aktuelle Totalitarismusforschung, da sie mit dem Konzept des "politischen Messianismus" auch religiöse Deutungsmuster in der Forschung berücksichtigt. Sie bietet damit eine neue Interpretation der Gefolgschaft totalitärer Regime und der fast gläubigen Anhängerschaft an sie. Diesen Ansatz verfolgt auch Hans Maier in seinen Forschungen zu den "politischen Religionen". Umso dankenswerter ist es, dass mit der Neuausgabe von Uwe Backes das Hauptwerk eines philosophisch denkenden Historikers wieder zugänglich gemacht wird - eines Typs Historiker, wie ihn die Geschichtsforschung gerade in Bezug auf die Analyse moderner Totalitarismen heute weitgehend vermisst.

HANS OTTO SEITSCHEK

Jacob L. Talmon: "Die Geschichte der totalitären Demokratie".

3 Bde., Hrsg. von Uwe Backes. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 2013. 1746 S., geb., 175,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Großen Dank möchte Hans Otto Seitschek dem Herausgeber Uwe Backes sagen, der mit den drei Bänden von Jacob L. Talmon laut Seitschek das Hauptwerk eines philosophisch arbeitenden Historikers und damit eines seltenen Typs innerhalb der Geschichtsforschung wieder zugänglich macht. Für den Rezensenten heißt das konkret: Dem Leser ist es möglich, die Widersprüchlichkeit des Begriffs "totalitäre Demokratie" zu erfahren deren Grundlagen zu erkennen und ferner mit dem hier aufgegriffenen Konzept des "politischen Messianismus" religiöse Deutungsmuster in die Totalitarismusforschung aufgenommen zu finden. Biografische Details zu Talmon nebst einer Vorstellung von dessen weiterem Wirken runden die gelungene Ausgabe laut Seitschek ab.

© Perlentaucher Medien GmbH