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Herr Swart, der neue Philosophielehrer, ist etwas speziell. Angefangen bei seinem merkwürdigen braunen Anzug bis hin zu seinen unkonventionellen Methoden. Er klettert mit den Schülern in den Keller, um das Höhlengleichnis von Platon mal so richtig am eigenen Leib zu erfahren, und lässt auch sonst nichts aus, damit aus ihnen echte Philosophen werden, die sich die Köpfe heiß reden, immer tiefer nachdenken und wieder diskutieren. Ausgang ungewiss, auch für Herrn Swart.Ein Roman, der Philosophen anhand von griffigen Gegensätzen vorstellt und zeigt, dass diese Gedanken jede Menge mit uns zu tun…mehr

Produktbeschreibung
Herr Swart, der neue Philosophielehrer, ist etwas speziell. Angefangen bei seinem merkwürdigen braunen Anzug bis hin zu seinen unkonventionellen Methoden. Er klettert mit den Schülern in den Keller, um das Höhlengleichnis von Platon mal so richtig am eigenen Leib zu erfahren, und lässt auch sonst nichts aus, damit aus ihnen echte Philosophen werden, die sich die Köpfe heiß reden, immer tiefer nachdenken und wieder diskutieren. Ausgang ungewiss, auch für Herrn Swart.Ein Roman, der Philosophen anhand von griffigen Gegensätzen vorstellt und zeigt, dass diese Gedanken jede Menge mit uns zu tun haben: Aristoteles, Kant, Aquin, Augustinus, Mill, Kristeva, Locke, Arendt, Descartes, Spinoza, Socrates, Platon, Marx und Nietzsche
Autorenporträt
van der Molen, Janny§Janny van der Molen, geboren 1968, ist Journalistin, Theologin und Mutter einer Tochter und eines Sohnes. Sie hat lange im Bereich Kommunikation und Journalismus gearbeitet. Jetzt widmet sie ihre Zeit und Energie vor allem Kinderbüchern. Sie hofft, dass ihre Bücher Kinder dazu ermutigen, sich gesellschaftlich zu beteiligen und sie anregen das Beste aus sich und anderen herauszuholen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.07.2015

Was hätte Mill zu unserer Work-Life-Balance gesagt?
Von Kant, Kristeva und dem wahren Leben: Janny van der Molens anschauliche Schule des Denkens

Was ein doofer Lehrer ist, wissen alle. Und genauso: Gute Lehrer sind entscheidend für die Lust der Schüler, Unterricht als Angebot zur Abenteuerreise anzunehmen. Oder ihn lieber auf einer Pobacke abzusitzen. Oder zu hassen. Das Gute an wirklich guten Lehrern: Am Ende weiß man zwar, dass man ihnen eine Menge verdankt. Aber bei dem, was man da erlebt hat, ging es nie um sie. Es ging um einen selbst. Wer je das Glück hatte, so einen Lehrer zu erleben, der weiß, was gemeint ist. Für einen guten Pädagogen muss umgekehrt ein großes Glück bedeuten, jemanden dabei zu begleiten, denken zu lernen.

Die Schüler Sven und Loubna, Wouter, Tijmen und Sanne haben ein Heidenglück: Sie haben Herrn Swart. Und er hat sie. Er ist ein Geburtshelfer, im sokratischen Sinn. Das mit dem Glück kriegen die Schüler allerdings erst so langsam mit, im neuen Schuljahr. Wer kann sich schon auf Anhieb für einen Lehrer begeistern, der einen ekligen Anzug trägt, sich Philosoph nennt und unerschütterlich gleichmütig ist?

Die schlechte Nachricht: Herr Swart ist eine Erfindung. Die gute: Janny van der Molen, die Autorin von "Herrn Swart brummt der Schädel oder Wie das Denken im Kopf die Richtung wechseln kann", versichert uns zu Beginn glaubhaft, dass sie so einen Herrn Swart als Lehrer hatte. Außerdem hat sie ein Buch geschrieben, das mit seinen Lesern ungefähr das macht, was Swart mit seinen Schülern tut.

In sechs Kapiteln begegnen die Jugendlichen vierzehn Philosophen und noch einigen mehr. Nicht, indem sie dicke Bücher lesen. Herr Swart kaut ihnen auch nicht einfach vor, was Sokrates gedacht und Kant oder Nietzsche geschrieben haben. Er will, dass die Schüler selber denken und Philosophie, die Liebe zur Weisheit, lernen. Um zu zeigen, was das mit unserem Leben zu tun hat, bedient sich Janny van der Molen eines Kniffs, den viele der Philosophiebücher für junge Leser nutzen, die in den vergangenen Jahren auf den Markt kamen: Sie verknüpft das Alltagserleben der Figuren mit den Kernsätzen der Philosophen, die sie vorstellt, und mit deren Biographie. Ein bisschen so, wie in Wilhelm Weischedels "Philosophischer Hintertreppe", aber viel lässiger. Außerdem sind nicht nur Platon, Kant und Thomas von Aquin mit von der Partie, sondern auch Hannah Arendt, Julia Kristeva und Karl Marx, dazu einige Nebenfiguren, die uns auch die reiche Tradition der Niederlande als Asyl verfolgter Denker nahebringen.

Swart surft mit den Schülern von der Antike bis zur Gegenwart kreuz und quer durch die Philosophiegeschichte. Es geht um Idee und Materie, Freiheit und Demokratie, Körper und Seele, Mann und Frau, Gut und Böse und, ja auch darum, Leben und Tod. Herr Swart steigt mit seiner Klasse in den Schulkeller hinab, wirft mit einer Taschenlampe Schatten an die Wände und lässt sie so selbst Platons Höhlengleichnis nacherleben. Er geht mit ihnen in den Park, ruminieren, wie man das zu Kants Zeiten genannt hätte, und bringt sie dazu, über den kategorischen Imperativ nachzudenken. Das ist nur das eine.

Das Denken kriegt gewissermaßen Füße, es wandert in das Leben von sechs der Klassenkameraden ganz besonders hinein. Sie müssen sich selbst einen Reim auf das machen, was ihnen widerfährt. Da ist Ilse, die erleben muss, wie ihr alter, gebrechlicher Nachbar von einem jugendlichen Einbrecher so geschlagen wird, dass er nach ein paar Tagen im Koma stirbt. Was ist dann mit Kant? Wo bleibt das Gute im Menschen? Da ist Tijmen, dessen Mutter wieder zu arbeiten anfängt und dessen Vater das nicht mittragen will. Im Unterricht stellt Swart gerade John Stuart Mill und Julia Kristeva vor und lässt die Schüler raten, welche ihrer Mütter wohl genau die Work-Life-Balance hat, die sie sich selbst ausgesucht hätte. Da ist Wouter, der als Kleinkind seinen Vater verlor und dessen Mutter jetzt, mit 45, einen neuen Mann hat. Und ein Kind bekommt. Er hat Angst vor dem neuen Leben - und davor, dass sie bei der Geburt sterben könnte.

Wouters und Ilses Geschichten gehören zu den rührendsten, die Janny van der Molen erfunden hat. Am Anfang des Buches scheinen diese Verbindungen zwischen Philosophie und Leben noch sehr konstruiert, wie Fallbeispiele. Doch während es immer interessanter wird, die Klasse und Herrn Swart durch die Philosophiegeschichte zu begleiten und zu sehen, wie die Jugendlichen ihr Denken emanzipieren, werden auch die Erlebnisse der Jugendlichen jenseits des Unterrichts komplexer, verweben sich ihre Geschichten. Das ist konsequent, schließlich wird auch im wirklichen Leben das Denken immer komplexer, je mehr man schon gedacht hat.

Ob es aber ein "Roman" ist, wie auf dem deutschen Titel steht? Für einen Episodenroman fehlt es dann doch an Spannung und weiten Bögen. Van der Molen, Jahrgang 1968, die zu den vielen niederländischen Kinder- und Jugendbuchautoren zählt, die in ihrer Heimat eine stattliche Publikationsliste haben, aber in Deutschland kaum vertreten sind, nennt ihr Buch selbst nicht so. Als Spezialistin für "erzählende Nicht-Fiktion" heißt es im Original "Grote Gedachten. Verhalen over Filosofie". Das ist es auch: Ein Erzählen über Philosophie. Und darüber, dass Denken bisweilen weh tut. Aber tatsächlich hilft.

EVA-MARIA MAGEL

Janny van der Molen, "Herrn Swart brummt der Schädel oder Wie das Denken im Kopf die Richtung wechseln kann".

Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf. Gabriel Verlag, Stuttgart 2015, 232 S., geb., 16,99 [Euro]. Ab 13 J.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Was hätte Mill zu unserer Work-Life-Balance gesagt?
Von Kant, Kristeva und dem wahren Leben: Janny van der Molens anschauliche Schule des Denkens

Was ein doofer Lehrer ist, wissen alle. Und genauso: Gute Lehrer sind entscheidend für die Lust der Schüler, Unterricht als Angebot zur Abenteuerreise anzunehmen. Oder ihn lieber auf einer Pobacke abzusitzen. Oder zu hassen. Das Gute an wirklich guten Lehrern: Am Ende weiß man zwar, dass man ihnen eine Menge verdankt. Aber bei dem, was man da erlebt hat, ging es nie um sie. Es ging um einen selbst. Wer je das Glück hatte, so einen Lehrer zu erleben, der weiß, was gemeint ist. Für einen guten Pädagogen muss umgekehrt ein großes Glück bedeuten, jemanden dabei zu begleiten, denken zu lernen.

Die Schüler Sven und Loubna, Wouter, Tijmen und Sanne haben ein Heidenglück: Sie haben Herrn Swart. Und er hat sie. Er ist ein Geburtshelfer, im sokratischen Sinn. Das mit dem Glück kriegen die Schüler allerdings erst so langsam mit, im neuen Schuljahr. Wer kann sich schon auf Anhieb für einen Lehrer begeistern, der einen ekligen Anzug trägt, sich Philosoph nennt und unerschütterlich gleichmütig ist?

Die schlechte Nachricht: Herr Swart ist eine Erfindung. Die gute: Janny van der Molen, die Autorin von "Herrn Swart brummt der Schädel oder Wie das Denken im Kopf die Richtung wechseln kann", versichert uns zu Beginn glaubhaft, dass sie so einen Herrn Swart als Lehrer hatte. Außerdem hat sie ein Buch geschrieben, das mit seinen Lesern ungefähr das macht, was Swart mit seinen Schülern tut.

In sechs Kapiteln begegnen die Jugendlichen vierzehn Philosophen und noch einigen mehr. Nicht, indem sie dicke Bücher lesen. Herr Swart kaut ihnen auch nicht einfach vor, was Sokrates gedacht und Kant oder Nietzsche geschrieben haben. Er will, dass die Schüler selber denken und Philosophie, die Liebe zur Weisheit, lernen. Um zu zeigen, was das mit unserem Leben zu tun hat, bedient sich Janny van der Molen eines Kniffs, den viele der Philosophiebücher für junge Leser nutzen, die in den vergangenen Jahren auf den Markt kamen: Sie verknüpft das Alltagserleben der Figuren mit den Kernsätzen der Philosophen, die sie vorstellt, und mit deren Biographie. Ein bisschen so, wie in Wilhelm Weischedels "Philosophischer Hintertreppe", aber viel lässiger. Außerdem sind nicht nur Platon, Kant und Thomas von Aquin mit von der Partie, sondern auch Hannah Arendt, Julia Kristeva und Karl Marx, dazu einige Nebenfiguren, die uns auch die reiche Tradition der Niederlande als Asyl verfolgter Denker nahebringen.

Swart surft mit den Schülern von der Antike bis zur Gegenwart kreuz und quer durch die Philosophiegeschichte. Es geht um Idee und Materie, Freiheit und Demokratie, Körper und Seele, Mann und Frau, Gut und Böse und, ja auch darum, Leben und Tod. Herr Swart steigt mit seiner Klasse in den Schulkeller hinab, wirft mit einer Taschenlampe Schatten an die Wände und lässt sie so selbst Platons Höhlengleichnis nacherleben. Er geht mit ihnen in den Park, ruminieren, wie man das zu Kants Zeiten genannt hätte, und bringt sie dazu, über den kategorischen Imperativ nachzudenken. Das ist nur das eine.

Das Denken kriegt gewissermaßen Füße, es wandert in das Leben von sechs der Klassenkameraden ganz besonders hinein. Sie müssen sich selbst einen Reim auf das machen, was ihnen widerfährt. Da ist Ilse, die erleben muss, wie ihr alter, gebrechlicher Nachbar von einem jugendlichen Einbrecher so geschlagen wird, dass er nach ein paar Tagen im Koma stirbt. Was ist dann mit Kant? Wo bleibt das Gute im Menschen? Da ist Tijmen, dessen Mutter wieder zu arbeiten anfängt und dessen Vater das nicht mittragen will. Im Unterricht stellt Swart gerade John Stuart Mill und Julia Kristeva vor und lässt die Schüler raten, welche ihrer Mütter wohl genau die Work-Life-Balance hat, die sie sich selbst ausgesucht hätte. Da ist Wouter, der als Kleinkind seinen Vater verlor und dessen Mutter jetzt, mit 45, einen neuen Mann hat. Und ein Kind bekommt. Er hat Angst vor dem neuen Leben - und davor, dass sie bei der Geburt sterben könnte.

Wouters und Ilses Geschichten gehören zu den rührendsten, die Janny van der Molen erfunden hat. Am Anfang des Buches scheinen diese Verbindungen zwischen Philosophie und Leben noch sehr konstruiert, wie Fallbeispiele. Doch während es immer interessanter wird, die Klasse und Herrn Swart durch die Philosophiegeschichte zu begleiten und zu sehen, wie die Jugendlichen ihr Denken emanzipieren, werden auch die Erlebnisse der Jugendlichen jenseits des Unterrichts komplexer, verweben sich ihre Geschichten. Das ist konsequent, schließlich wird auch im wirklichen Leben das Denken immer komplexer, je mehr man schon gedacht hat.

Ob es aber ein "Roman" ist, wie auf dem deutschen Titel steht? Für einen Episodenroman fehlt es dann doch an Spannung und weiten Bögen. Van der Molen, Jahrgang 1968, die zu den vielen niederländischen Kinder- und Jugendbuchautoren zählt, die in ihrer Heimat eine stattliche Publikationsliste haben, aber in Deutschland kaum vertreten sind, nennt ihr Buch selbst nicht so. Als Spezialistin für "erzählende Nicht-Fiktion" heißt es im Original "Grote Gedachten. Verhalen over Filosofie". Das ist es auch: Ein Erzählen über Philosophie. Und darüber, dass Denken bisweilen weh tut. Aber tatsächlich hilft.

EVA-MARIA MAGEL

Janny van der Molen, "Herrn Swart brummt der Schädel oder Wie das Denken im Kopf die Richtung wechseln kann".

Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf. Gabriel Verlag, Stuttgart 2015, 232 S., geb., 16,99 [Euro]. Ab 13 J.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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