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"Wir müssen Afghanistan verlassen", erklärt der alte Rassem seinen Enkeln Dunja und Bashir. Traurig nehmen die beiden Geschwister Abschied von ihrem Haus, den Tieren, dem alten Maulbeerbaum und ihrem Tal in den Hindukusch-Bergen. Dem Plan des Großvaters nach soll es mit einem Schiff nach Australien gehen. Noch ahnen sie nicht, dass mit dieser Flucht eine abenteuerliche Irrfahrt um den halben Erdball beginnt ... Was sich wie ein spannender Abenteuerroman liest, ist erschütternde Wirklichkeit.

Produktbeschreibung
"Wir müssen Afghanistan verlassen", erklärt der alte Rassem seinen Enkeln Dunja und Bashir. Traurig nehmen die beiden Geschwister Abschied von ihrem Haus, den Tieren, dem alten Maulbeerbaum und ihrem Tal in den Hindukusch-Bergen. Dem Plan des Großvaters nach soll es mit einem Schiff nach Australien gehen. Noch ahnen sie nicht, dass mit dieser Flucht eine abenteuerliche Irrfahrt um den halben Erdball beginnt ...
Was sich wie ein spannender Abenteuerroman liest, ist erschütternde Wirklichkeit.
Autorenporträt
Sigrid Heuck, geboren in Köln, lebte seit 1949 im bayerischen Voralpenland. Nach dem Studium der Mode-Grafik besuchte sie die Akademie der bildenden Künste in München und machte sich anschließend als freiberuflich arbeitende Grafikerin selbstständig. Sigrid Heuck kam über die Illustration zum Schreiben, weil es ihr Spaß machte, eigene Texte auszustatten. Sie schrieb und illustrierte nicht nur Bilderbücher, sondern verfasste auch Kinder- und Jugendbücher. Viele ihrer Bücher wurden in fremde Sprachen übersetzt und ausgezeichnet. Sigrid Heuck verstarb im Oktober 2014.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.12.2004

Sein Haus, meine Arbeit, dein Brot
Durch die Hinterhöfe des menschlichen Elends: die Geschichte afghanischer Flüchtlingskinder
Was bedeutet es, illegal zu sein? Hamid, der Junge aus Afghanistan, erklärt seinen Freunden Dunja und Bashir, die mit ihm auf der Flucht nach England sind, „dass ein Mensch ohne Pass nirgendwo geduldet wurde, dass man Angst davor hatte, man müsste sein Haus, seine Arbeit und sein Brot mit ihm teilen und ihm etwas von seinem Reichtum abtreten.” Die drei afghanischen Kinder sind die Hauptfiguren in Sigrid Heucks Kinderbuch Irgendwo Nirgendwo, der Geschichte einer Flucht quer über den Erdball, durch die Slums, Flüchtlingslager, Polizeistationen und Hinterhöfe des menschlichen Elends. Als Vorbilder für ihre Geschichte dienten der Autorin die Schicksale afghanischer Flüchtlinge. (Nach den Angaben des Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen halten sich in Westeuropa 100 000 Kinder ohne Begleitung auf).
„Wir können hier nicht mehr bleiben. Die Gerüchte, dass ein Krieg bevorsteht, nehmen zu. Die Männer müssen zum Militär, und die Dörfer werden zerstört. Wir müssen in ein Land auswandern, in dem es keinen Krieg gibt und wir uns mit unserer Hände Arbeit selbst ernähren können”, sagt der Großvater der elfjährigen Dunja und des 13-jährigen Bashir. Die Familie, zu der noch die Mutter und eine zweijährige Schwester gehören, beschließt, vor dem drohenden Krieg aus Afghanistan zu fliehen. Über die Berge des Hindukusch wollen sie, um über Pakistan Indien und dann Australien zu erreichen: Das Ziel ist England, wo sie bei einem Onkel bleiben wollen. Da sie keine Pässe oder Einreisepapiere besitzen, sind sie auf dubiose Fluchthelfer angewiesen, die sie zur Fahrt nach Australien auf ein altes Frachtschiff verladen.
„Der Eigner hatte entdeckt, dass der Transport von Menschen, die in ein anderes Land reisen wollten, aber keine Pässe besaßen, viel lohnender war als derjenige von Kohle, Salz oder Dünger. Und Ansprüche stellten diese Menschen auch nicht. Hauptsache war, sie kamen in ein Land, in dem es bessere Lebensbedingungen für sie gab und wo sie nicht mehr verfolgt würden.” Als das marode Schiff im Sturm untergeht und Großvater und Mutter ertrinken, (die kleine Schwester war schon vorher gestorben), beginnt für die Kinder eine unglaubliche Odyssee.
Ständig laufen sie Gefahr, an Hunger oder Krankheit zu sterben oder aber in die Hände von brutalen Menschen zu geraten, zu denen auch Polizisten und Mitarbeiter von Einwanderungsbehörden zählen. Zunächst fliehen die Buben aus dem Arbeitslager der kleinen Südseeinsel Nauru, auf die sie die australische Regierung geschafft hat, die keine Flüchtlinge aufnehmen will. Dann gelangen sie auf abenteuerliche Weise mit Hilfe eines Reeders nach Südamerika, schlagen sich hier als illegale Farmarbeiter mit Gelegenheitsjobs oder Diebstahl durch.
Viele Zufälle, mitleidige, hilfsbereite Menschen und auch der Glaube an die Kraft des Amuletts, das der Großvater ihnen schenkte, bringen ihre Flucht zu einem guten Ende. Die Odyssee nach „Irgendwo Nirgendwo” endet da, wo Kinder sein sollten - bei Erwachsenen, die für sie sorgen, sie beschützen und ihre Sprache und Kultur verstehen.
Sigrid Heuck schreibt in einer klaren gut verständlichen Sprache, vermeidet Schuldzuweisungen oder sentimentale Szenen, klagt nicht an, sondern klärt auf. Sie will ihre Leser sensibilisieren, die sich durch die täglichen Fernsehnachrichten an das Elend in der Welt gewöhnt haben. Bürgerkriegsszenen und Bilder von Flüchtlingen werden zu medialen Ereignissen, so real wie Tabaluga Tivi. Mehr als ein diffuses Gefühl des Mitleids und der Ohnmacht rufen sie in der Regel nicht mehr hervor. Die Not des Einzelnen wird unbedeutend im globalen Elend. Dabei weckt nur ein individuelles Schicksal Verständnis; das Buch gibt europäischen Kindern daher die Chance zu begreifen, dass sie und das Flüchtlingskind in ihrer Schulklasse in einer Welt zusammenleben und eine gemeinsame Zukunft haben. (Ab 12 Jahre)
ROSWITHA BUDEUS-BUDDE
SIGRID HEUCK: Irgendwo Nirgendwo. Die Geschichte einer Flucht. Thienemann Verlag 2004. 400 S., 16,90 Euro.
Flüchtlinge in Afghanistan: Die zehnjährige Ramzea und ihre kleine Schwester Massouda wohnen schon lange in einem Zeltlager in Kabul.
Foto: Getty Images
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rundum gelungen findet Rezensentin Roswitha Budeus-Budde dieses Kinderbuch Sigrid Heucks über die Odyssee von drei afghanischen Flüchtlingskindern quer über den Erdball, durch Slums, Flüchtlingslager, Polizeistationen und Hinterhöfe des menschlichen Elends. Die Autorin wolle ihre Leser sensibilisieren, die sich durch die täglichen Fernsehnachrichten an das Elend gewöhnt hätten. Dazu erzähle sie die Geschichte Hamids, Dunjas und Bashirs Flucht aus Afghanistan, Vorbilder bildeten reale Schicksale afghanischer Flüchtlinge. Budeus-Budde lobt die "klare gut verständliche Sprache" des Buches. Sie lobt weiter, dass Heuck Schuldzuweisungen oder sentimentale Szenen vermeide, und aufkläre, statt anzuklagen. Das Buch gebe europäischen Kindern die Chance zu begreifen, "dass sie und das Flüchtlingskind in ihrer Schulklasse in einer Welt zusammenleben und eine gemeinsame Zukunft haben".

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