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Eine kleine Sensation ist zu vermelden: Zeitgleich mit der französischen Ausgabe erscheinen zwei von Michel Foucaults Vorlesungen am College de France, die am Anfang eines der wirkmächtigsten Konzepte der modernen Sozialwissenschaften und der politischen Philosophie standen - der "Gouvernementalität". Michel Foucaults zweibändige Geschichte der Gouvernementalität entwickelt diesen Begriff und seine theoretischen Implikationen anhand einer materialreichen Analyse der Genese des modernen Liberalismus und seines Schattens: der Biomacht. Während der erste Band den Akzent auf die Beziehungen…mehr

Produktbeschreibung
Eine kleine Sensation ist zu vermelden: Zeitgleich mit der französischen Ausgabe erscheinen zwei von Michel Foucaults Vorlesungen am College de France, die am Anfang eines der wirkmächtigsten Konzepte der modernen Sozialwissenschaften und der politischen Philosophie standen - der "Gouvernementalität". Michel Foucaults zweibändige Geschichte der Gouvernementalität entwickelt diesen Begriff und seine theoretischen Implikationen anhand einer materialreichen Analyse der Genese des modernen Liberalismus und seines Schattens: der Biomacht. Während der erste Band den Akzent auf die Beziehungen zwischen der Regierungskunst, der Normalisierung und der Subjektivierung legt und dabei den Bogen vom Mittelalter bis zur Gegenwart spannt, konzentriert sich Die Geburt der Biopolitik auf den Neoliberalismus und die komplexen Relationen, die er mit dem Staat unterhält. Durchweg geht es dabei um die Frage, wie ein neues Modell der Macht gefunden werden kann, das zugleich einen neuen Blick auf die Geschichte eröffnet; einen Blick, der die Interferenz von Regierung, Macht und Subjektivität zu fassen imstande ist und dabei die Tugenden einer komplexen Theorie einerseits und einer materialgesättigten Analyse andererseits verbindet. Hinter allen historischen, soziologischen, politischen und ökonomischen Untersuchungen steht aber das, was für Foucault das eigentliche Interesse des Philosophen ausmacht: die "Politik der Wahrheit".
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.11.2004

Der Kniff, Deutschland das Reich vergessen zu lassen
Michel Foucault kannte alle Tricks aus der guten alten Zeit: In seinen Vorlesungen führte er sie vor / Von Andreas Platthaus

Ich selbst habe nichts." So beschloß Michel Foucault seine Vorlesung des Studienjahres 1978/79 am Collège de France. Auf den Tonbändern, die jedes seiner Worte aufzeichneten, ist nach Ende des gewohnt konzentrierten Vortrags Stimmengewirr zu hören, über das sich manchmal Foucaults Stimme erhebt, um einzelne Fragen zu beantworten. Und dann fragt er selbst, zum ersten- und zum letztenmal: "Haben Sie eine Maschinenabschrift der Vorlesungen, die ich letztes Jahr und die Jahre davor gehalten habe?" Denn er selbst habe eben nichts.

Da sind wir besser dran. Seit einigen Jahren veröffentlicht der Suhrkamp Verlag in dichtem Abstand zur Publikation der französischen Ausgaben bei Seuil die transkribierten Mitschriften von Foucaults Vorlesungen. Nun sind gleich zwei Bände zusammen erschienen, die die Inhalte der Veranstaltungen der Jahre 1978 und 1979 wiedergeben, und mehr und mehr erweist sich, daß hier, im noch unfixierten Denken des Vortrags, der wahre Foucault zu finden ist. Ein Philosoph, der seinen Zuhörern gleich in der ersten Sitzung erklärt: "Was ich mache, das ist, alles in allem, weder Geschichte noch Soziologie, noch Ökonomie. Aber es ist wohl etwas, das auf die eine oder andere Weise - und einfach aus faktischen Gründen - mit der Philosophie zu tun hat, das heißt mit der Politik der Wahrheit, denn ich sehe kaum eine andere Definition des Wortes ,Philosophie' als diese."

Einem denkbar versierten Kenner der alten Sprachen wie Foucault darf man diese Beteuerung nicht abnehmen. Man spürt doch seine "Liebe zum Wissen", die diesen Philosophen eben in all den Disziplinen wildern läßt, deren Kenntnis er gerade bestritten hat. Aber der Gebrauch des Begriffes "Politik der Wahrheit" hat hier dennoch eine Bedeutung, die gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Denn worum sich Foucault in jenen zwei Jahren bemüht, das war eine Theorie der Praxis des Regierens, und dafür prägte er das Kunstwort "Gouvernementalität". Sie hat immer einen Zug ins Autoritäre, der dem Begriff des Politischen schon etymologisch fehlt. Deshalb ist die Wendung von einer "Politik der Wahrheit" begrifflich bei Foucault gleich doppelt positiv besetzt. Eine größere Liebeserklärung zum eigenen Fach ist schwer denkbar. Aber der arme Mann hatte ja auch sonst nichts.

Diese Behauptung am Ende des Ganzen war natürlich reine Koketterie. Foucault hatte, wie der Nachlaß beweist, jeweils minutiöse Notizen zu seinen von Januar bis Anfang April wöchentlich am Mittwoch abgehaltenen Vorlesungen. Teilweise stimmen sie bis in die konkreten Formulierungen mit den vorgetragenen Ausführungen überein. Dabei schrieb Foucault das Manuskript für die nächste Vorlesung immer erst nach der zuvor gehaltenen, was die zahlreichen, meist nicht eingelösten Ankündigungen erklärt, auf bestimmte Themen später noch einmal zurückkommen zu wollen. Die Textexegese der Vorlesungen besteht deshalb vor allem darin, all die Seitenwege zu kartieren, die Foucault nicht eingeschlagen hat. Dann entstünde, um im Bild zu bleiben, ein Straßenplan, wie ihn ein Diogenes von Sinope hätte aufzeichnen können, wenn er mit der Laterne einmal des Nachts unterwegs gewesen wäre: In seiner Wahrnehmung wäre ein Lageplan entstanden, der zahllose Abzweigungen geboten hätte, die vom beschrittenen Weg abgehen. Keine indes wäre tiefer ausgeleuchtet worden. Und ob der schließlich beschrittene Weg der direkte gewesen ist, das kann nachher niemand sagen, denn er führte zu keiner anderen endgültigen Erkenntnis als der, die Diogenes immer verwehrt geblieben ist: Wir sehen einen guten Mann. Einen sehr guten sogar. Eben Foucault.

Selbstverständlich nicht im Sinne der Bonhomie. Gemütlich war bei Foucaults Vorlesungen gar nichts: nicht das Sitzen in den völlig überfüllten beiden Hörsälen und nicht die Themen, die er hier ausbreitete. Es ging permanent ums Ganze, Foucault war auf dem Weg zum bislang letzten systematischen Versuch der Philosophiegeschichte. Sein Tod 1984 hat diese Absicht scheitern lassen, doch es ist verblüffend, wie sich aus den neu edierten Texten der Vorlesungen Motive neu herausschälen, die im zuvor publizierten Werk noch wie zufällige Beigaben gewirkt haben. Was in den neuen Bänden vorgeführt wird, ist "ein Denken, das sich selbst voraus ist" - so hat Foucault selbst Machiavelli charakterisiert. Nehmen wir nur die Ausführungen zur Historie aus der Vorlesung des Jahres 1978 (wobei ein Merkmal dieser Veranstaltungen war, daß nahezu alle Beispiele aus der Phase von Früher Neuzeit bis zum Absolutismus stammten, mit der interessanten Ausnahme der Bundesrepublik unter sozialliberaler Regierung). Damals entwickelte Foucault die These, daß "Europa als juristisch-politische Entität, Europa als System der diplomatischen und politischen Sicherheit das Joch ist, das die mächtigsten Länder dieses Europas Deutschland jedesmal auferlegt haben, wenn sie versuchten, es den Traum vom schläfrigen Kaiser vergessen zu lassen". Der Schutzmechanismus einer europäischen Einbindung eines neuerstarkten Deutschlands gegen ebendiesen Staat - so hat Helmut Kohl elf Jahre später die Einheit erkauft, und man könnte meinen, François Mitterrand habe 1978 noch im Collège de France gesessen.

Genau wie auch die ostdeutschen Revolutionäre von 1989 bei Foucault in die Schule gegangen sein könnten, als sie sich zur Losung "Wir sind das Volk!" entschlossen. Die Absage, die darin an den Staat liegt, ist auch eine institutionentheoretische im Sinne Foucaults, der zur Unterscheidung von "Bevölkerung" und "Volk" folgendes in seiner Vorlesung ausgeführt hat: "Das Volk (erscheint) auf allgemeine Art als dasjenige . . ., das der Steuerung der Bevölkerung widersteht, das versucht, sich diesem Dispositiv zu entziehen, durch das die Bevölkerung existiert." Erst im Entstehen der Gouvernementalität im siebzehnten Jahrhundert sieht Foucault auch das Konzept der nur statistisch gemessenen Bevölkerung im Entstehen: als dasjenige, was regiert wird, während ein Volk als übergeordnete historische Größe niemals auf eine Form des Politischen festgelegt werden kann.

Zum zwanzigsten Todestag Foucaults sind in diesem Jahr zahllose Artikel geschrieben, zahlreiche Symposien abgehalten und auch einige überflüssige Bücher herausgegeben worden. Dazu zählt der Vorlesungsdoppelband zur Gouvernementalität gewiß nicht. Er läßt vielmehr die Vergeblichkeit spüren, sich über Foucault schon verständigen zu wollen, ohne sein Hauptwerk - und als das muß man die Gesamtheit der dreizehn Vorlesungen am Collège de France betrachten - überhaupt zu kennen. Bislang war etwa aus den insgesamt fünfundzwanzig Sitzungen der Jahre 1978/79 nur die Mitschrift einer einzigen veröffentlicht worden; jene vom 1. Februar 1978, in der Foucault seinen Begriff der Gouvernementalität entwickelt. Darauf bezogen sich alle Interpretationsversuche, nicht zuletzt die des vor vier Jahren bei Suhrkamp erschienenen Sammelbandes "Gouvernementalität der Gegenwart". Doch Foucault entwickelte seine Konzeption noch über weitere zwanzig Sitzungen fort, und pikanterweise findet sich in der schon im Herbst 1978 publizierten Mitschrift der Einzelveranstaltung eine Passage, die nach den für die neue Ausgabe ausgewerteten Bändern von Foucault gar nicht vorgetragen worden ist. Dafür fehlen wiederum andere Abschnitte der Vorlesung. Die Textgrundlage war also verderbt, vom Kontext innerhalb des Vorlesungszyklus ganz zu schweigen. Und noch stehen acht weitere Zyklen zur Publikation an.

Man kann nur danken für die Vielzahl an Tonbandgeräten, die Foucault zwar bisweilen das Ausbreiten seiner Manuskripte auf dem Pult erschwert haben mag (und ihn einmal sogar zu dem Scherz verführte, er habe wohl eine leichte Allergie gegen solche Geräte), die aber bewahrt hat, was der mutigste französische Denker des zwanzigsten Jahrhunderts vorgetragen hat, ohne dabei die systematische Schere des Perfektionisten im Kopf zu haben, die seinen zu Lebzeiten publizierten Texten oft anzumerken ist. Schon die "Dits & Écrits", die hoffentlich bald vollständig auf deutsch vorliegen werden, haben zahlreiche Ausflüge ins wilde Denken enthalten, die fast alle der Sektion "Dits" zu danken waren. Was Foucault betrieben hat, war eine Vorfertigung seiner Gedanken beim Reden. Und diese Rohfassungen zählen zum Brillantesten, was wir - ja, wenigstens wir - haben.

Michel Foucault: "Geschichte der Gouvernementalität". I: Sicherheit, Territorium, Bevölkerung. Aus dem Französischen von Claudia Brede-Konersmann und Jürgen Schröder. II: Die Geburt der Biopolitik. Aus dem Französischen von Jürgen Schröder. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2004. 600 und 517 S., geb., zus. im Schuber 69,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.11.2004

Lob des Ludwig Erhard
Michel Foucaults Vorlesungen über Staat und Macht
Muss ein Philosoph auch ein homo politicus sein? In gewissem Sinne schon, würde Michel Foucault sagen, doch unter Beachtung des einzigen kategorischen Imperativs, den er gelten lässt: „Niemals Politik machen”. Foucault - lange Zeit von großer Bedeutung für die französische Linke - formulierte diesen bemerkenswerten Satz in der Einleitung zu seiner Vorlesungsreihe am Collège de France im Jahre 1978.
Im Dezember 1977 und im März 1978 reiste Foucault nach Berlin, wo er mit den Aktivisten der deutschen Linken über den Terrorismus diskutierte. Vorausgegangen war sein öffentlicher Protest gegen die Ausweisung von Klaus Croissant, dem Anwalt der Baader-Meinhof-Gruppe, aus Frankreich. Fast zur selben Zeit rechtfertigte Foucault den Sturz des Schahs im Iran im Namen einer „anti-strategischen Moral”, was ihm damals Kritik aus dem rechten wie dem linken Lager einbrachte. Doch bald scheint er von diesem konkreten Anschauungsunterricht der Macht genug gehabt zu haben. Das Katheder erwies sich als der sicherere Ort für den „Moderator der Macht”, als der er sich in jenen politisch ereignisreichen Jahren zunehmend verstand. Davon zeugen die Mitschriften der beiden Vorlesungszyklen, die Foucault 1978 und 1979 am Collège de France hielt und die jetzt auch auf deutsch vorliegen.
Technologien der Sicherheit
Es geht um die Analyse von Machtmechanismen. Mit diesem Thema hatte er sich schon längere Zeit befasst, vor allem in seinem berühmten Werk „Überwachen und Strafen”, das die Entstehung der Disziplinargesellschaft zum Thema hat und von der Mikrophysik der Macht handelt. Nun ging es um eine neue Spielart der Macht, für die Foucault den Begriff „Biomacht” prägte. Dieser heute so oft gebrauchte Terminus taucht erstmals in der ersten Vorlesung vom 11. Januar 1978 auf. Was wollte Foucault darunter verstanden wissen? „Das Ensemble von Mechanismen, durch die das, was in der menschlichen Art seine grundlegenden biologischen Züge ausbildet, in das Innere einer Politik, einer politischen Strategie, einer allgemeinen Machtstrategie eintreten kann; anders gesagt, wie die Gesellschaft, die modernen abendländischen Gesellschaften seit dem 18. Jahrhundert, der grundlegenden biologischen Tatsache Rechnung getragen haben, dass das menschliche Wesen eine menschliche Art bildete.”
War es bis dahin eher die Disziplin der Körper, die Foucault aus unterschiedlichen Blickwinkeln zum Gegenstand einer Machtanalyse machte, so rückte nun die Bevölkerungspolitik des spätabsolutistischen Staates in den Brennpunkt seines Interesses. Er wollte herausfinden, warum von einem bestimmten Zeitpunkt der europäischen Geschichte an die „Bevölkerung der höchste Zweck der Regierung” wurde und welche Techniken dabei zum Einsatz kamen.
Wer jedoch durch die Bemerkungen in der ersten Vorlesung die Erwartung hegt, von Foucault eine detaillierte Beschreibung dieser Biomacht und ihrer Praktiken zu bekommen, wird enttäuscht. Foucault, dem es um die großen Linien geht, begnügt sich mit allgemeinen Hinweisen, auf die sich im 18. Jahrhundert entwickelnde Bevölkerungsstatistik oder auf Maßnahmen zur Hebung der Geburtenrate.
Dass Foucaults konkrete Ausführungen zur Biomacht so knapp ausfallen, hängt mit der Erkenntnis zusammen, die er erst an späterer Stelle vorträgt: dass es eine Analyse der Biopolitik nur dann geben könne, wenn man zuvor die Funktionsweise der „gouvernementalen Vernunft” verstanden habe. Und damit ist der Begriff genannt, der eigentlich im Zentrum der beiden Vorlesungszyklen steht und die inhaltliche Klammer bildet: Gouvernementalität. Darunter versteht Foucault „die aus Institutionen, den Vorgängen, Analysen, Reflexionen, den Berechnungen und den Taktiken gebildete Gesamtheit, welche es erlauben, diese recht spezifische, wenn auch sehr komplexe Form der Macht auszuüben, die als Hauptzielscheibe die Bevölkerung, als wichtigste Wissensform die politische Ökonomie und als wesentliches technisches Instrument die Sicherheitsdispositive hat.” Nachdem Foucault die Herausbildung von Sicherheitstechnologien zum Erhalt einer Bevölkerung im frühmodernen Staat aufgezeigt hat, geht er alsbald über zu anderen, eher generellen Aspekten staatlichen Handelns, nämlich der Frage nach der Herausbildung des Verwaltungsstaates seit dem Mittelalter, der sich angeblich „nach und nach gouvernementalisiert hat”, sowie insbesondere nach der Entstehung der Staatsräson im 16. Jahrhundert.
Damit betritt Foucault ein für ihn neues Forschungsfeld. Sein historischer Überblick über die „Kunst des Regierens” unterscheidet sich auf den ersten Blick kaum von der traditionellen Ideengeschichte - wenn da nicht das Foucault-spezifische Vokabular wäre. Er beginnt mit den christlichen Anfängen der Gouvernementalität in Spätantike und Mittelalter in Form des „Pastorats”, in dem die Macht auf der „Seelenführung” liegt. Dann richtet sich sein Augenmerk auf den sich in der frühen Neuzeit ausbildenden „Policeystaat”, der vom Rechtsstaat des 19. Jahrhunderts abgehoben wird. Zeitlicher Endpunkt ist das deutsche (!) Modell eines demokratischen Staates, der auf den Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft beruht.
Wer diese seitenlangen Elogen auf Ludwig Erhard liest, der wird sich vielleicht verwundert die Augen reiben und meinen, einen neuen Foucault zu erkennen. Aber Foucault bleibt der eingangs genannten Rolle des philosophischen Moderators treu. Denn indem er die Grundzüge der politischen Ökonomie des Neoliberalismus veranschaulicht, vergewissert er sich gleichzeitig, ob es auch eine dem Sozialismus, dem er anfänglich nahe stand oder für den er doch gewisse Sympathien hegte, angemessene Gouvernementalität gibt - eine Frage, die er schließlich verneinen zu müssen glaubt.
ROBERT JÜTTE
MICHEL FOUCAULT: Geschichte der Gouvernementalität I: Sicherheit, Territorium, Bevölkerung. Vorlesungen am Collège de France 1977-1978. II: Die Geburt der Biopolitik. Vorlesungen am Collège de France 1978-1979. Hrsg. von Michel Sennelart. Aus dem Französischen von Claudia Brede-Konersmann und Jürgen Schröder. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2004. Zwei Bände, 600 u. 517 S., zus. 72 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Andreas Platthaus hat den "wahren Foucault" entdeckt, lange nach dem Tod des Denkers, und zwar in den nun postum nach transkribierten Tonbandaufnahmen herausgegebenen Vorlesungen. "Wahr" heißt hier: Denken in Bewegung, vor der schriftlichen Fixierung. Foucault schrieb seine Vorlesungen von Woche zu Woche, deshalb sind sie keineswegs aus einem Guss. Es gibt Verweise, denen nie nachgegangen wird, Ankündigungen, auf die nichts folgt. Gerade deshalb aber: "ein Denken, das sich selbst voraus ist". Im Zentrum der beiden Bände steht, der Titel sagt es schon, die Entwicklung des Konzepts der "Gouvernementalität", einer "Theorie der Praxis des Regierens". Dabei geht es um Biopolitik und ein Konzept der statistisch messbaren Bevölkerung, das erst im 17. Jahrhundert entsteht. Platthaus betont es am Ende noch einmal: Die dreizehn Vorlesungen, die nun als Transkripte erscheinen, sind als das eigentliche "Hauptwerk" des Philosophen zu betrachten.

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