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Eine Frau aus bescheidenen Verhältnissen kann schließlich ein Restaurant in Bordeaux eröffnen und wird mit einem Stern ausgezeichnet. Welche Künste hat sie in der Küche gelernt und neu interpretiert? Wie ist sie also zur berühmten Chefköchin geworden? Im neuen Roman von Marie NDiaye, der überragenden Stilistin, werden solche Fragen gestellt, beantwortet - und damit zurückgewiesen. NDiaye nimmt den Leser mit auf eine biographische Erkundungsreise, die sich - aufgrund der Sprache, der rhythmischen Satzgebilde, dem Ausgreifen in alle Bedeutungsnuancen, der Verzögerung im Erzählablauf und durch…mehr

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Produktbeschreibung
Eine Frau aus bescheidenen Verhältnissen kann schließlich ein Restaurant in Bordeaux eröffnen und wird mit einem Stern ausgezeichnet. Welche Künste hat sie in der Küche gelernt und neu interpretiert? Wie ist sie also zur berühmten Chefköchin geworden? Im neuen Roman von Marie NDiaye, der überragenden Stilistin, werden solche Fragen gestellt, beantwortet - und damit zurückgewiesen. NDiaye nimmt den Leser mit auf eine biographische Erkundungsreise, die sich - aufgrund der Sprache, der rhythmischen Satzgebilde, dem Ausgreifen in alle Bedeutungsnuancen, der Verzögerung im Erzählablauf und durch die alles umfassende Bewegung der Sprache - in ein Erlebnis verwandelt.

Der Erzähler, langjähriger Mitarbeiter der Chefin und ihr in (vergeblicher) Liebe verbunden, berichtet von ihrem Leben - ihrem Charakter, ihren Lieben, ihrer Ausbildung, der Kunst der Kochkomposition, dem privaten wie öffentlichen Umgang -, indem er potentielle Fragen und Erwartungen der Leser aufgreift, sie beantwortet und zugleich ins Leere laufen lässt: Sie verlangen danach, unbeantwortet zu bleiben.

Der Kunst der Marie NDiaye verdankt sich eine neuartige Form der Antibiographie, einer Biographie, die demonstriert, dass nur dann Wahrheit erreicht wird, wenn die Geheimnisse nicht ausgeplaudert, sondern Satz für Satz, Abschnitt für Abschnitt verheimlicht werden. Eine Biographie als Geheimnis hinter der Biographie - das macht die überragende Leistung des neuen Romans von Marie NDiaye aus.
Autorenporträt
NDiaye, MarieMarie NDiaye, 1967 in Pithiviers bei Orléans geboren, veröffentlichte mit 17 Jahren ihren ersten Roman; weitere Romane und Theaterstücke folgten. Für ihre Bücher erhielt sie zahlreiche Preise, u. a. den Prix Goncourt für Drei starke Frauen. NDiaye lebt in Paris.

Kalscheuer, ClaudiaClaudia Kalscheuer, geboren 1964 in Berlin, studierte Romanistik, Linguistik und Philosophie in Berlin und Toulouse. Seit 1994 ist sie als Übersetzerin aus dem Französischen tätig.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.08.2017

Was sie auch sei, kochen kann sie
Da kommt man auf den Geschmack: Marie NDiaye schreibt mit "Die Chefin" den Roman einer französischen Küchenkünstlerin

Auch Literaturkritiker sind Menschen, und es gibt Versuchungen, denen sie kaum widerstehen. Dazu gehören Vorlagen wie "Die Chefin - Roman einer Köchin" von Marie NDiaye: Es überrascht nicht, dass die gastronomisch anfällige französische Presse in ihren Besprechungen ein - fast durchweg positives - Panorama an kulinarischen Ausdrücken, Bildern, Bewertungen aufgefahren hat.

Eine solche Anbiederung soll dem Leser dieser Zeilen erspart werden, und zwar deshalb, weil sie NDiayes Roman verfehlt. Dessen Hauptfigur zeichnet sich dadurch aus, dass sie Gerichte zubereitet, die nicht schmeicheln, sondern fordern: "ihre Küche konnte auf den ersten Blick hart und wenig ansprechend wirken, und doch, wenn man gelernt hatte, sie zu lieben, empfand man nur noch Widerwillen gegenüber jeder einschmeichelnden und manierierten, sämigen, weichen Gastronomie, man fühlte sich von dieser nicht respektiert, als würde sie von einem nicht genug erwarten, nicht verlangen, dass man das Beste von sich zeigte, seinen Mut, seine Neugier, was weiß ich". Dass NDiaye, die für "Drei starke Frauen" 2009 den Prix Goncourt erhalten hat, mit ihren Ausführungen zur Kochkunst immer auch die Literatur meint - die Titelfigur ist "eine Künstlerin, die ihr Können unter anderen Umständen in der Malerei oder in der Literatur oder sonst irgendwie bewiesen hätte" -, spornt zu doppelter Umsicht an.

"Die Chefin" wählt ein leichtgängiges Thema: Kochen ist in Mode, und die Karriere der Chefin nach Bordeaux zu verlegen, erinnert zum einen an die Anfänge von Alain Ducasse und evoziert zum Anderen die geschmackvolle Regionalküche des französischen Südwestens - selbst wenn der gewählte Zeitraum die Askese der Nouvelle Cuisine nahelegt. Die 1967 in Pithiviers (bei Orléans) geborene NDiaye ist der Gegend biographisch verbunden, und in Werken wie "Mein Herz in der Enge" (2007) oder "Autoporträt in Grün" (2005) haben Bordeaux und Umgebung bereits eine wichtige Rolle gespielt. Ihr neuer Roman jedenfalls meidet wie gewohnt jede Form literarischer Folklore.

Erzählt wird die Geschichte einer Frau aus einfachsten Verhältnissen, der es gelingt, zur "einzigen mit einem Stern ausgezeichneten Frau ihrer Generation" zu werden. Bevor ihr Restaurant "La Bonne Heure" kanonisiert wird, durchläuft die zukünftige Chefin drei Stationen: Nach einer glücklichen Kindheit in Sainte-Bazeille, wo ihre Eltern eine bitterarme, aber integre Existenz führen, verlässt die vierzehnjährige Gabrielle die Schule, um im Städtchen Marmande als Dienstmädchen zu arbeiten. Ihre Herrschaft, das wohlhabende Ehepaar Clapeau, ist dem Essen mit Leib und Seele ergeben. Als die Köchin verreist, betrauen sie Gabrielle mit deren Aufgabe: Sie hat ihre Berufung gefunden und füllt sie sofort mit Leidenschaft aus. Diesen Beruf gibt sie auf, als sie eine Tochter zur Welt bringt. Es folgt eine depressive Phase, bis sie das Kind zu den Großeltern gibt und in einem Restaurant in Bordeaux als Küchengehilfin anheuert. Nach achtzehn Monaten bei Millard - "ein hervorragender Fachmann und abscheulicher Mensch" - öffnet sie 1973 mit nur zwanzig Jahren ihr eigenes Restaurant, das einen blitzartigen Aufstieg hinlegt. Als sie Jahrzehnte später ihrer vulgären Tochter, mittlerweile mit Mühe und Not zur Kommunikationsexpertin ausgebildet, das Management überlässt, geht das Restaurant ebenso rasch zugrunde.

Die Handlung ist leicht resümiert, da minimalistisch - das zweite Drittel zieht sich etwas hin. Dass NDiaye dennoch einen faszinierenden Roman geschrieben hat, liegt an zwei Qualitäten. Erstens gelingt es ihr, den Geist einer ebenso puristischen wie sinnlichen Kochkunst zu beschwören. Die Chefin strebt "nach einer immer einfacheren Küche", "weil sie der Qualität jeder Zutat eine immer größere, am Ende fast exklusive Bedeutung beimaß, vom teuersten Stück Fleisch bis zum kleinsten Petersilienzweig, vom feinsten Fisch bis zum winzigsten Salzkorn". Dabei entstehen verführerische Gerichte wie die Lammkeule im grünen Mantel, mit Andouillette gefüllte Kohlblätter oder Entenpastete mit korsischen Klementinen, die NDiaye evoziert, ohne sich in technische Details zu verlieren. Grandioser Höhepunkt der kulinarischen Schilderungen ist das erste Mahl, das die Chefin den Clapeaus in den Landes kocht: Die Beschreibung der Zubereitung und der ängstlichen Erwartung der beiden Feinschmecker führt Spannungsaufbau und Sinnesfreude auf eine Weise zusammen, die man sich auch in späteren Passagen wünschte.

Durchweg dicht hingegen ist die Darstellung der Köchin. Die kompakte, strenge Gestalt strahlt Harmonie aus und ist doch agil. Sie wirkt enthoben, aber präsent, stellt mit "ihrer gemessenen, klaren und leisen Stimme" Fragen "wobei sie sich regelmäßig mechanisch, langsam, ruhig mit der Hand über die glänzende Oberfläche ihrer Haare fuhr, die derart geglättet und zu dem kleinen Knoten nach hinten gezogen waren, dass ich den Eindruck hatte, sie streichle ihren nackten, glänzenden Schädel". Die Worte des namenlosen Erzählers lassen es ahnen: Wer in der Chefin "das Urbild aller menschlichen Gesichter" sieht, "ohne Unterschied von Geschlecht, Alter oder Schönheit", ist ihr schon verfallen. Tatsächlich verliebt sich der Neunzehnjährige, der in der Blütezeit zu "La Bonne Heure" stößt, in die doppelt so alte Frau. Er wird ihr Vertrauter, der eigene Ambitionen ganz der Verehrten unterordnet.

Diese Erzählperspektive stellt die zweite Qualität des Romans dar. Die Geschichte der Chefin lebt im Rückblick des Anonymus auf, der als Frührentner im spanischen Ferienort Lloret de Mar residiert, eine Gegenwart, über die kursiv gesetzte Passagen berichten. Offenbar schildert er in einer Art Interview die Geschichte der Chefin und nimmt sie gegen ihre Tochter in Schutz, die das Andenken der Mutter in den Schmutz zieht. Die Stellungnahmen des Erzählers sind klar parteiisch, allerdings hat er glaubwürdige Aussagen Dritter auf seiner Seite. Spannend wird seine Position am Ende, als er Besuch von seiner eigenen Tochter Cora bekommt, die sowohl mit der Chefin als auch mit deren Tochter eng verbunden ist - der Blick auf das Geschehen wird nochmals neu akzentuiert.

Neben diesen besonderen spielt NDiaye in "Die Chefin" gewohnte Stärken aus. Da wäre ihr nüchterner und doch obsessiv kreisender Stil, der sich in eine anfangs vage Gedankenmasse hineinzubohren scheint, um sie nach und nach zu einer unglaublich exakten literarischen Wirklichkeit zu formen. Vor allem beweist sie abermals ihre Fähigkeit, bestimmte Emotionen zu schildern, die bereits große Vorgänger wie Dostojewskij und Kafka umgetrieben haben: Gemeint ist das Koordinatenfeld, das sich zwischen den Polen Scham, Schuld und schlechtes Gewissen auf der einen und Unschuld, heitere Ruhe und gelassene Enthebung auf der anderen Seite aufspannt. Die Chefin durchläuft beide Extreme, bis sie in einer wunderbaren Gartenszene entrückt wird. "Die Küche war etwas Heiliges": Heutzutage ist das Essen die wahre Religion, könnte man sagen, und Marie NDiaye porträtiert mit Großmut und Witz eine ihrer Priesterinnen.

NIKLAS BENDER

Marie NDiaye: "Die Chefin - Roman einer Köchin".

Aus dem Französischen von Claudia Kalscheuer. Suhrkamp, Berlin 2017. 334 S., geb., 22,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.10.2017

Die Kehrseite des Lächelns und Leidens
Eine neue starke Frau der französischen Erzählerin Marie NDiaye: „Die Chefin“ in ihrem neuen Roman ist eine Starköchin. Also eine Künstlerin
Der Roman der starken Frau ist ein neues Genre der Gegenwartsliteratur. Elena Ferrantes „Neapolitanische Sage“ mit der „genialen Freundin“ im Mittelpunkt wurde zum Bestseller, Marie NDiaye hat für ihr Buch „Drei starke Frauen“ den Prix Goncourt erhalten und begeistert nun mit einer weiteren starken Frau, der Hauptfigur in „Die Chefin. Roman einer Köchin“, die französischen Leser und nach der Übersetzung nun auch die deutschen.
In allen Fällen handeln die Erzählungen von unfreundlichen Frauen, von eigensinnigen Figuren, die ihren Weg gehen, ohne sich um das Urteil der Welt zu kümmern – so, als seien sie alle Töchter von Pippi Langstrumpf. Doch ziehen diese Hauptfiguren nicht, wie etwa die ,starken Männer‘ aus der Romanliteratur der Vergangenheit, in den Wilden Westen, sie erobern auch nicht, wie in der Fantasy-Literatur, das Weltall und sind keine findigen Detektive, die Verbrecher aufspüren. Nicht Tapferkeit zeichnet diese starken Frauen aus, sondern Indolenz.
Diese Eigenschaft ist das negative Pendant zum Werbeverhalten, das man bislang von Frauen erwartete, von Freundlichkeit, Demut, Bescheidenheit; Indolenz ist die Kehrseite des Lächelns und Leidens, jener selbstverschuldeten Minderwertigkeit, derer es bedarf, damit sich der Mann, im Leben wie im Roman, als starker Mann fühlen kann. Insofern sind diese Romane, ob sie nun so charmant erzählt sind wie jene von Elena Ferrante oder so intellektuell schwierig gedacht wie die von Marie NDiaye, Protestgesänge der Weiblichkeit.
Die neue starke Frau im Roman also ist keine Heldin, sie ist eine Heilige. Das aber ergibt erhebliche erzählerische Schwierigkeiten. Der Heiligen entspricht als literarische Gattung die Legende, und die ist kurz, der Roman hingegen ist lang. Die Legende berichtet von wenigen spektakulären Ereignissen, der Roman entfaltet einen Charakter. Dieser wäre bei einer Heiligen nicht sonderlich interessant, und so werden vor allem in NDiayes „Chefin“ die Schwierigkeiten virulent, die die Vorbildlichkeit einer Heiligen dem Romanautor schafft. Da Elena Ferrante, anders als NDiaye, ihre Figur auch mit negativen Eigenschaften ausstattet, bleibt ihr Raum genug, die Welt auszubreiten, die die „Widerspenstige“ erlebt. Ferrante entwirft ein Genregemälde der neapolitanischen Unterschicht, deren Fremdheit dem bürgerlichen Leser reizvoll erscheint. Ihre Beschreibungen erinnern an Szenen aus den Filmen Fellinis, an ein Volk, das wüst ist und charmant zugleich, sodass es einleuchtet, wenn aus diesem Milieu solch ein Trotzkopf wie die „geniale Freundin“ hervorgeht. Mit ihren anschaulichen, humoristischen Schilderungen macht Ferrante es dem Leser (oder besser der Leserin, denn ungern lesen Männer, was als Frauenliteratur verdächtigt werden könnte) fast zu leicht.
NDiaye hingegen schaut stieren Blickes auf eine Heilige, die keine Welt kennt und anerkennt als ihre Küche. Die Autorin verkrampft sich, um die Figur, der sie einen plumpen und allzu praktischen Körper andichtet, in den Himmel der Sterneköche zu stemmen. NDiaye erfindet zu diesem Zweck einen männlichen Erzähler, der bei der Chefin diente und sie liebte und der nun versucht, deren angeblich undurchschaubares Wesen zu durchschauen. Was Wunder, dass diese Gewissenserforschung im Auftrag eines anderen dem Leser wenig Anschauliches zu bieten hat und kaum etwas, was seine Vorstellungskraft beschäftigen könnte. Vielmehr ergeht sich hier ein Apostel in verzückter Verehrung: „Sie war die Idee eines Gesichts“, schwärmt er, „das Emblem eines Gesichts, das im unparteiischen, gerechten Morgenlicht verkündete: Da meine Küche nun einmal durch menschliche Züge repräsentiert werden muss, sind dies diejenigen, die deren äußere Einfachheit, ja Kargheit am besten zum Ausdruck bringen.“ Dem Leser wird mit Reflexionen dieser Art schon auf den ersten Seiten klargemacht, welch geistige Anstrengung es kosten wird, einer Figur gerecht zu werden, die „etwas Spirituelles“ wollte: „sie wollte, dass der Essende in einem Zustand heiterer, bescheidener Kontemplation eintrat.“
Die Erforschung der Seele dieser begnadeten Köchin veranlasst den Erzähler zu den immer gleichen Fragen, die sich bei einer Heiligen oder einem Genie ohnehin erübrigen, danach nämlich, wie es denn eigentlich zu solcher Begabung komme. Viel zu oft muss er sich selbst ermuntern: „Ich schreite recht und schlecht voran, ich habe keinerlei Gewissheiten, ich will, dass die Chefin als bewundernswerte Frau bekannt wird.“ Schließlich entlarvt sich das Buch als Beichte, die die Köchin, die wenig Sünden und nur geniale Taten zu gestehen hat, irgendwann vor dem Erzähler ablegte.
Der Roman der starken Frau ist immer auch ein Künstlerroman, zumindest ist die starke Frau, wenn nicht, wie hier, Kochkünstlerin, so doch Lebenskünstlerin. Alle Klischees, die die Philosophie zur Definition des Genialen erfunden hat, wendet auch NDiaye an: Originalität, Inspiriertheit, einen unbewusst gelenkten Schaffensdrang, Zurückgezogenheit und die Verbindung von Unverständnis, das die Welt diesem Wunder entgegenbringt, mit gleichzeitiger Verehrung. Diese Köchin könnte ebenso gut Malerin, Bildhauerin, Schriftstellerin sein. NDiaye ist eine kluge Autorin, die weiß, dass sie nach den recht monotonen Hymnen über die Genialität der Köchin, die sie zu den in ihren Romanen üblichen langen Satzkonstruktionen verführt, den Leser mit einigen Überraschungen entlassen muss. So entpuppt sich der Erzähler als Schwiegersohn der Köchin (die von diesem Status aber nichts weiß), er hat eine Tochter, die deren Enkelin ist (was sie ebenfalls nicht weiß), und so ergeben sich einige Knoten in der Beziehung aller Personen, über die der Leser grübeln kann, um rückblickend dies Köchinnenleben neu einzuschätzen.
Die am Ende enthüllten Ereignisse im Hintergrund der Erzählung kündigen sich im Buch früh schon als kursiv gedruckter Text an, der den Leser zunächst verwirrt, weil er den Zusammenhang nicht erkennt. So hat er neben der schwierigen Satzfügung, der monotonen Befragung und Anbetung der Küchenheiligen auch noch mit der Entschlüsselung einer Nebenhandlung allerlei zu tun. NDiaye hat für ihr vorausgegangenes Buch „Drei starke Frauen“ den Prix Goncourt erhalten. Gäbe es einen Prix Goncourt für Leser, so müssten ihn all jene bekommen, die die Strapazen der Beschäftigung mit einer solch mystischen Personenbeschreibung durchstehen.
HANNELORE SCHLAFFER
Marie NDiaye: Die Chefin. Roman einer Köchin. Aus dem Französischen von Claudia Kalscheuer. Suhrkamp Verlag, Berlin 2017. 333 Seiten, 22 Euro. E-Book 18,99 Euro.
NDiaye schaut stieren Blickes auf
eine Heilige, die keine Welt kennt
und anerkennt als ihre Küche
Am Ende hat der Leser auch
mit der Entschlüsselung einer
Nebenhandlung allerlei zu tun
Wie konnte es zu dieser Begabung kommen, fragt die Autorin Marie NDiaye bei der Erforschung ihrer neuen Heldin, der Küchen-„Chefin“.
Foto: AFP/Mychele Daniau
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Großmut und Witz attestiert Niklas Bender Marie N'Diaye, wenn die Autorin die Karriere einer französischen Sterneköchin aus der Rückschau schildert. Statt literarischer Folklore bietet ihm die Autorin eine weitgehend minimalistische Handlung, die von allzu technischen Details freie Beschwörung puristischer wie sinnlicher Kochkunst (Lammkeule im grünen Mantel), Sinnenfreude und Spannung und eine interessante Erzählperspektive (der einstige Assistent und Geliebte berichtet). N'Diayes kreisender, exakter Stil und ihre Fähigkeit Emotionen zu schildern findet Bender gleichfalls bemerkenswert.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Dieser virtuose Roman - im Stil der großen Klassiker der französischen Literatur - erzählt vom Leben einer Küchenchefin, und das auf eine überwältigende Weise.«
Les Inrockuptibles
»... ein raffiniert komponierter Roman, der weit mehr ist als bloß der Roman einer Köchin.« Helmut Böttiger DIE ZEIT 20171012