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Ist es möglich, einen Berg zu denken, zu dem das Tal fehlt? Wenn man sich Gott und die Welt vorstellen kann, kann man sich z. B. nicht Gott ohne die Welt vorstellen: Was einem vorschwebt, von A bis Z, erscheint oft realer als das, was vor Augen bloß irritiert.
Einmal waren Berge Berge, die Täler waren Täler. Nachdem es mehr Dinge zwischen Grund und Grat gibt, als wir träumen können, sind Berge weder Berge noch Abgründe Abgründe: Was einem blüht, mag zugleich auch blühendes Tal sein. In aller Stille rufen Laute einander auf und zu, kaum wahrnehmbar noch, tief von innen und unten. Nachtwach,…mehr

Produktbeschreibung
Ist es möglich, einen Berg zu denken, zu dem das Tal fehlt? Wenn man sich Gott und die Welt vorstellen kann, kann man sich z. B. nicht Gott ohne die Welt vorstellen: Was einem vorschwebt, von A bis Z, erscheint oft realer als das, was vor Augen bloß irritiert.

Einmal waren Berge Berge, die Täler waren Täler. Nachdem es mehr Dinge zwischen Grund und Grat gibt, als wir träumen können, sind Berge weder Berge noch Abgründe Abgründe: Was einem blüht, mag zugleich auch blühendes Tal sein. In aller Stille rufen Laute einander auf und zu, kaum wahrnehmbar noch, tief von innen und unten. Nachtwach, in Sprache, schwellen die Intervalle an, stets fügt sich eine zweite Stimme zur ersten, dann noch eine, und dann noch und noch: wie ein Echo das Offene durch Wiederholung der Beschränkung auskostet, aber auf immer weniger Wirklichkeit trifft.

In Oswald Eggers Val di Non wird man fabelhaft wandern oder einfach nur spazieren gehen. Ein Buch, reich bebildert und illustriert mit zig Einstiegen und auch Verstiegenheiten, mit stillen Verstolperungen hinein in eine unfassbare Fundlandschaft aus Wunderbarem: Wie das wohl sein wird - gelebt zu haben, ohne gewesen zu sein.
Autorenporträt
Egger, OswaldOswald Egger wurde 1963 in Lana/Südtirol geboren. Seine Prosa und Gedichte sind in mehrere Sprachen übersetzt und wurden vielfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem Ernst-Jandl-Preis für Lyrik 2019. Seit 2011 ist er Professor für Sprache und Gestalt an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel. 2014 erhielt er das Villa-Massimo- Stipendium, 2020 das Robert-Musil-Stipendium. Oswald Egger lebt und arbeitet auf der Raketenstation Hombroich.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.02.2018

Ich mosaiziere
innenhin
Seltsame Späße: Zwei bilderreiche
Prosabände von Oswald Egger
Oswald Egger ist ein Grenzgänger zwischen Literatur und Wissenschaft, zwischen bildender Kunst und Klangkunst. Bereits zweimal mit dem Karl-Sczuka-Preis für Radiokunst ausgezeichnet, kennt man Egger freilich vor allem als Dichter. Sein neuestes Werk „Val di Non“ allerdings umfasst knapp zweihundert Prosastücke und könnte genauso gut auch als Bildband betrachtet werden, denn die oberen zwei Drittel jeder Seite werden von Zeichnungen ausgefüllt – Zeichnungen, die an Zellstrukturen erinnern, an Wurzelgeflechte, Samenkapseln, Organe, Quallen oder schlicht an verschrumpelte Paprika.
Eggers Faszination für geometrische Formen findet ihren Ausdruck auch in den Texten, die das untere Drittel der großformatigen Seite füllen: „Öffne ich nun die Augen, so schwärmen glandernde Abblätterungen überfließender Formen vorüber, die innenhin zerfließen, um in neue Formen einzuflamm’ben. Ich mosaiziere, einen Fußboden zu haben, zu hebeln, einen heizenden Huffuß, der nur bis in die Pelzmitte des Stiefels reicht, oder imstande wirkt, dann den Fuß selbst bis ins Netzzentrum der Sohle zu borken.“ So wie die Zeichnungen sich trotz aller Rätselhaftigkeit doch immer auf vertraute Gegenstände, auf Pflanzen oder Innereien beziehen lassen, so haben auch die Texte von Oswald Egger einen eindeutigen Bezugspunkt: die Materialität der Sprache, oder weniger technisch ausgedrückt die Freude an der Vielfalt und am Klangreichtum des Wortschatzes, des vorgefundenen wie des selbstgeschöpften.
Viele Wörter in „Val di Non“ werden die meistern Leser nicht kennen, sie stammen aus verschiedenen Alpendialekten und alpinen Spezialsprachen, wie viele Wörter hingegen aus dem vorgefundenen Sprachmaterial unter Eggers Feder organisch weitergewachsen sind und sich verwandelt haben, lässt sich nicht immer sagen. Auf jeden Fall steht diese Prosa, so artifiziell sie wirkt, nicht in einem leeren, beziehungslosen Raum. Auch das titelgebende „Val di Non“, das „Nonstal“ nördlich von Trient gibt es tatsächlich, der Südtiroler Oswald Egger wird es aus eigener Anschauung gut kennen.
Anschaulichkeit ist allerdings der Knackpunkt dieser Prosa. So sehr Egger aus dem Vollen schöpft, so überfrachtet wirkt das Ganze zuweilen. Angesichts der Wortkaskaden, des sprachmächtigen Erfindungsreichtums, der sich Seite um Seite über den Leser ergießt, hat man irgendwann den Eindruck, dass diese Prosa sich selbst wegspült. Ihren Bildern und Klängen wird kein Raum zur Entfaltung gewährt, dem Gedächtnis wird keine Chance gelassen in diesem tosenden Malstrom einen Anker zu werfen.
Eggers paradoxe und etwas zweifelhafte Kunst, aus sehr konkretem Material etwas gänzlich Abstraktes und Ungreifbares zu schaffen, zeigt sich auch in einer zweiten Neuerscheinung, „Harlekinsmäntel und andere Bewandtnisse“. Hier widmet sich Egger dem Werk des Philosophen Gottfried Wilhelm Leibniz. Auch in diesem Band finden sich geometrische Zeichnungen, diesmal aber mit stärker illustrierender Absicht. Egger, der seiner Leidenschaft für Mathematik schon in dem Band „Diskrete Stetigkeit“ (2008) Ausdruck verschafft hat, setzt sich in „Harlekinsmäntel und andere Bewandtnisse“ mit Problemen der Geometrie auseinander, zum Beispiel mit der Frage, wie aus bestimmten Formen mittels Auffaltung oder Umstülpung andere Formen entstehen können.
Das hört sich dann etwa so an: „Die inchoative, völlige Bezugsannahme, die um das Differential, das Inkrement der Anverwandlung wisse, bleibt in unentwegter Wiederholung an Ort und Stelle sowohl wechselgelenkig verjocht als auch vielhenkelig ausgedehnt verstrebend.“ Erschienen ist der Band in der Reihe „Fröhliche Wissenschaft“, und man kommt nicht umhin festzustellen, dass Mathematiker, Leibnizianer und Eggeristen offenbar über einen sehr speziellen, nicht jedermann zugänglichen Humor verfügen.
TOBIAS LEHMKUHL
Oswald Egger: Val di Non. Suhrkamp-Verlag, Berlin 2017. 208 Seiten, 28 Euro.
Oswald Egger: Harlekinsmäntel und andere Bewandtnisse. Verlag Matthes und Seitz, Berlin 2017. 184 Seiten, 16 Euro.
Gern beschäftigt sich Egger mit
der Frage, wie eine geometrische
Form verändert werden kann
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Oswald Eggers neuer Prosaband "Val di non" könnte auch als Bildband durchgehen, informiert Rezensent Tobias Lehmuhl: Finden sich doch auf den oberen zwei Dritteln jeder Seite der hier versammelten knapp zweihundert Prosastücke geometrische Zeichnungen, die Wurzelgeflechten, Quallen oder Zellstrukturen ähneln, fährt der Kritiker fort. Mit Eggers Sprachspielereien hat Lehmkuhl ebenfalls seine Freude, auch verdankt er diesem Band neue Wörter aus Alpendialekten oder alpinen Spezialsprachen. Zugleich muss der Rezensent allerdings gestehen, dass bei all dem Bild-, Klang- und Erfindungsreichtum von Eggers Sprache "Anschaulichkeit" und Botschaft auf der Strecke bleiben.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Oswald Egger ist ein Grenzgänger zwischen Literatur und Wissenschaft, zwischen bildender Kunst und Klangkunst.« Tobias Lehmkuhl Süddeutsche Zeitung 20180227