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Am 6. Mai 2008 macht sich Peter Handke auf den Weg nach Velika Hoca, eine serbische Enklave im südlichen Kosovo. »Es drängte mich, den und jenen einzelnen im serbischen Kosovo ausführlich, sozusagen systematisch, in der Rolle eines Reporters oder meinetwegen Journalisten, zu befragen und die Antworten dementsprechend mitzuschreiben.«
Dort angekommen, erweist sich das klassische Frage-Antwort-Muster als ungeeignet: Nur im freien Reden erzählen sie ihre Erfahrungen, geben eigene Urteile preis und berichten von ihrem Leben, an diesem Ort und außerhalb. Und so verzichtet Peter Handke auf das
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Produktbeschreibung
Am 6. Mai 2008 macht sich Peter Handke auf den Weg nach Velika Hoca, eine serbische Enklave im südlichen Kosovo. »Es drängte mich, den und jenen einzelnen im serbischen Kosovo ausführlich, sozusagen systematisch, in der Rolle eines Reporters oder meinetwegen Journalisten, zu befragen und die Antworten dementsprechend mitzuschreiben.«

Dort angekommen, erweist sich das klassische Frage-Antwort-Muster als ungeeignet: Nur im freien Reden erzählen sie ihre Erfahrungen, geben eigene Urteile preis und berichten von ihrem Leben, an diesem Ort und außerhalb. Und so verzichtet Peter Handke auf das Mitschreiben, besucht die Menschen zu Hause oder im Kneipen-Container »Rambouillet«.

Nach der Rückkehr verfaßt Peter Handke eine Nachschrift seines einwöchigen Aufenthalts in der Enklave. Zum ersten Mal liegt damit ein journalistisch-literarisches Porträt der Menschen und der Lebensbedingungen in einer serbischen Enklave im unabhängigen Kosovo vor, ein eindringliches, lebhaftes, zwischen Resignation und Hoffnung sich aufspannendes Panorama von Velika Hoca. Und wie es um die Kuckucke dort und in ganz Mitteleuropa bestellt ist - auch das erklärt diese Nachschrift.
Autorenporträt
Peter Handke wird am 6. Dezember 1942 in Griffen (Kärnten) geboren. Die Familie mütterlicherseits gehört zur slowenischen Minderheit in Österreich; der Vater, ein Deutscher, war in Folge des Zweiten Weltkriegs nach Kärnten gekommen. Zwischen 1954 und 1959 besucht Handke das Gymnasium in Tanzenberg (Kärnten) und das dazugehörige Internat. Nach dem Abitur im Jahr 1961 studiert er in Graz Jura. Im März 1966, Peter Handke hat sein Studium vor der letzten und abschließenden Prüfung abgebrochen, erscheint sein erster Roman Die Hornissen. Im selben Jahr 1966 erfolgt die Inszenierung seines inzwischen legendären Theaterstücks Publikumsbeschimpfung in Frankfurt am Main in der Regie von Claus Peymann.

Seitdem hat er mehr als dreißig Erzählungen und Prosawerke verfasst, erinnert sei an: Die Angst des Tormanns beim Elfmeter (1970), Wunschloses Unglück (1972), Der kurze Brief zum langen Abschied (1972), Die linkshändige Frau (1976), Das Gewicht der Welt (1977), Langsame Heimkehr (1979), Die Lehre der Sainte-Victoire (1980), Der Chinese des Schmerzes (1983), Die Wiederholung (1986), Versuch über die Müdigkeit (1989), Versuch über die Jukebox (1990), Versuch über den geglückten Tag (1991), Mein Jahr in der Niemandsbucht (1994), Der Bildverlust (2002), Die Morawische Nacht (2008), Der Große Fall (2011), Versuch über den Stillen Ort (2012), Versuch über den Pilznarren (2013).

Auf die Publikumsbeschimpfung 1966 folgt 1968, ebenfalls in Frankfurt am Main uraufgeführt, Kaspar. Von hier spannt sich der Bogen weiter über Der Ritt über den Bodensee 1971), Die Unvernünftigen sterben aus (1974), Über die Dörfer (1981), Das Spiel vom Fragen oder Die Reise zum sonoren Land (1990), Die Stunde da wir nichts voneinander wußten (1992), über den Untertagblues (2004) und Bis daß der Tag euch scheidet (2009) über das dramatische Epos Immer noch Sturm (2011) bis zum Sommerdialog Die schönen Tage von Aranjuez (2012) zu Die Unschuldigen, ich und die Unbekannte am Rand der Landstraße (2016).

Darüber hinaus hat Peter Handke viele Prosawerke und Stücke von Schriftsteller-Kollegen ins Deutsche übertragen: Aus dem Griechischen Stücke von Aischylos, Sophokles und Euripides, aus dem Französischen Emmanuel Bove (unter anderem Meine Freunde), René Char und Francis Ponge, aus dem Amerikanischen Walker Percy.

Sein Werk wurde mit zahlreichen internationalen Preisen ausgezeichnet. Die Formenvielfalt, die Themenwechsel, die Verwendung unterschiedlichster Gattungen (auch als Lyriker, Essayist, Drehbuchautor und Regisseur ist Peter Handke aufgetreten) erklärte er selbst 2007 mit den Worten: »Ein Künstler ist nur dann ein exemplarischer Mensch, wenn man an seinen Werken erkennen kann, wie das Leben verläuft. Er muß durch drei, vier, zeitweise qualvolle Verwandlungen gehen.«

2019 wurde Peter Handke mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.03.2009

Die Kino-Klappsitze im Container „Rambouillet”
Nachösterlicher Besuch in der serbischen Enklave im Kosovo: Peter Handkes Reisebericht „Die Kuckucke von Velika Hoca. Eine Nachschrift”
Die Erzählerfiguren in den Büchern des Schriftstellers Peter Handke sprechen von den Journalisten, denen sie begegnen, mit tiefem Misstrauen. Die Zeitungssprache ist für sie unlesbar. Wenn einer der Erzähler von einem Buch sagt, er habe es aus der Hand legen müssen, weil es ihm nicht gelungen sei, die Sätze auf sich einwirken zu lassen, dann fügt er hinzu, er habe einzelne Wörter übersprungen, „als wüßte er sie schon im voraus, wie bei einer Zeitung, und das konnte man nicht lesen nennen”. Die Zeitungen, so der Kern dieses Misstrauens, sind keine „Newspapers”; ihrer Sprache ist, obwohl sie von den Neuigkeiten leben, das Neue verschlossen.
In seinem gerade erschienenen Buch „Die Kuckucke von Velika Hoca” berichtet Peter Handke, er habe die darin erinnerte Reise in die serbische Enklave des Kosovo im Mai 2008 mit dem Vorsatz angetreten, eine Reportage zu schreiben: „Das Vorhaben, anders als all die Male zuvor, bestand bei diesem Besuch freilich nicht nur aus dem bloßen Dabeisein, Mitfeiern, Anschauen und Zuhören. Es drängte mich, den und jenen einzelnen im serbischen Kosovo ausführlich, sozusagen systematisch, in der Rolle des Reporters oder meinetwegen Journalisten, zu befragen, und die Antworten dementsprechend mitzuschreiben”.
Peter Handke ist am 6. Mai, gut eine Woche nach dem orthodoxen Osterfest nach Velika Hoca aufgebrochen. Am 17. Februar 2008 war die einseitige Loslösung der unabhängigen Republik Kosovo von Serbien erfolgt. Er ist von Belgrad über Mitrovica nach Velika Hoca gefahren, wo der örtliche Pope ihn mit einer Reihe von Gesprächspartnern erwartete. Aber dann hat Handke das Misstrauen gegen die Reportage gegen sich selbst gekehrt, Notizblock und Stift immer öfter beiseite gelegt, schließlich das systematische Befragen ganz aufgegeben.
So ist er zu den Kuckucken gekommen, die dem Buch den Titel geben. Ihre Rufe sind der Mailuft nah, und sie verwandeln den Reporter in einen Erzähler. Der kommt zwar immer wieder auf die Gewaltexzesse zu sprechen, die im März 2004 von der albanischen Mehrheit im Kosovo gegen die Serben und andere Minderheiten verübt wurden, liest akribisch die neuen Landkarten des Kosovo, aus denen die Kirchen und Klöster der Serben getilgt sind, und steht hier wie stets in seinen Reisebüchern aus dem Balkan an und auf der Seite der Serben.
Aber mit der Selbstverabschiedung des ungeschickten Journalisten tritt auch jener Peter Handke in den Hintergrund, der in Blöcke diktiert oder vor Mikrophonen verlautbart, welchem serbischen Politiker er als Wahlberechtigter seine Stimme geben würde. Stattdessen wandert Handke durch eine Landschaft, die immer noch Nachkriegslandschaft ist, besucht auch den albanischen Teil von Mitrovica, macht sich von Velika Hoca in das verfeindete albanische Nachbardorf auf.
Dabei versucht er, beides in ein Bild zu bringen: die zum Teil nur noch in Restbeständen vorfindlichen serbisch-orthodoxen Kirchen im Umland und die Dächer der Moscheen, das Glockengeläut und die Muezzinrufe, das respondierende Gebell der Hunde hier wie dort, und nicht zuletzt: das Niemandsland zwischen den Dörfern. In den Augen einer alten albanischen Dörflerin entdeckt er stumme Panik, im serbischen Dorf wird ihm die Geschichte vom Wahnsinn des Popen während des Kosovo-Krieges 1999 erzählt.
Manche der KFOR-Soldaten, die zum Schutz der in Velika Hoca verbliebenen Serben dort stationiert sind, verhalten sich wie Gäste. Und in den Gesprächen mit den Enklave-Bewohnern erweist sich, dass es ein Gegenüber der standardisierten Zeitungs-Sprache gibt: standardisierte, auf das Interview-Format zielende Antworten der Zeitzeugen.
Die „Nachschrift”, gut fünf Monate nach der Reise aus der Erinnerung verfasst, setzt sich an die Stelle der Reportage. Die Menschen, die Tiere und die Landschaft rücken darin zusammen. Ihr Prinzip, das Interesse am Bedeutungslosen, ist mit dem Zitat von Hölderlins „Mnemosyne” gesetzt: „Ein Zeichen sind wir, deutungslos”. Die Nachschrift endet in einem sarkastisch nach dem Schauplatz der Kosovo-Verhandlungen „Rambouillet” benannten Container, der mit den Klappsitzen eines verlassenen Kinos ausgestattet ist: leere Stühle, offene Zukunft. LOTHAR MÜLLER
PETER HANDKE: Die Kuckucke von Velika Hoca. Eine Nachschrift. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2009. 99 Seiten, 15,80 Euro.
Peter Handke in Velika Hoca Foto: STR New / Reuters
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.03.2009

Sein jugoslawischer Traum

Vor zehn Jahren begann mit Nato-Luftangriffen auf Serbien der Kosovo-Krieg. Für Peter Handke ist die serbische Enklave Velika Hoca das Symbol eines vom Westen verübten Unrechts. Abermals will er den Verlierern der Geschichte poetische Gerechtigkeit widerfahren lassen.

Im Mai 2008 war Peter Handke wieder unterwegs in seinem "großen, widerständischen Jugoslawien". Anders als in den Berichten aus Slowenien und Serbien wollte er bei seinem Besuch der serbischen Enklave Velika Hoca im südlichen Kosovo trotz der gewohnten Begleitung durch den treuen Freund Zlatko nicht wieder teilnehmender Beobachter sein. Das Vorhaben bestand "nicht nur aus dem bloßen Dabeisein, Mitfeiern, Anschauen und Zuhören. Es drängte mich, den und jenen Einzelnen im serbischen Kosovo ausführlich, sozusagen systematisch, in der Rolle eines Reporters oder meinetwegen Journalisten zu befragen und die Antworten entsprechend mitzuschreiben".

Das hätte eine beinahe schon frivole Mimikry ans Feindlichste der Welt, die verhassten Medien, ergeben können. Aber der Berichterstatter gibt die Absicht vor Ort gleich wieder auf. In der freien Rede geben die Bewohner ihre Erfahrungen ungefragt und lebendiger preis. Als er später doch einmal unwillkürlich ein linkisches Interview führt, kommt er auf die Volksweisheit zurück, dass die Dummheit der Antwort nur die der Frage spiegelt. In der Niederschrift wollte er in Abgrenzung zum aktualitätsversessenen Journalismus vermeiden, "dass allein schon die Syntax eine Meinung oder ein Vorurteil, weder ein negatives noch auch ein positives, verriete".

Auch das kann nur frommer Wunsch gewesen sein. Handke steht nach wie vor auf der Seite der Serben und meint, damit die Sache Jugoslawiens zu vertreten. Das hat er sich auch von der heftigen Kritik slowenischer, selbst serbischer Intellektueller nicht ausreden lassen. Im Vergleich zur "Winterlichen Reise" durch Serbien und dem "Sommerlichen Nachtrag" (1996) formuliert Handke gleichwohl nun wesentlich vorsichtiger. Dabei nimmt er stilistische Verkrampfungen in Kauf. Die Beschreibungen des Sichtbaren, die er so unvergleichlich beherrscht, sind passagenweise quälerisch durchsetzt mit Fragen, Parenthesen und defensiven Einschränkungen eines "angeblichen" Geschehens. Immer wieder aber brechen nur mühsam gezügelte Ressentiments gegen die westliche Politik, die bombardierenden Nato-Truppen, besonders gegen die holländischen "Besatzer", und die voreingenommene Berichterstattung der westlichen Medien durch.

Seine Vorstellung von Jugoslawien als Raum einer ganz anderen Geschichte, entzogen dem entwirklichenden Einfluss westlicher Funktionalisierung, hat Handke selbst schon in seine Traumländereien verschoben. Dennoch spürt er auch im Kosovo unverdrossen dem "anderen Zeitsinn" und dem geschichtsfreien Raum der Erfahrung nach. "Auch die rings auf den Hügeln weiß in Weiß blühenden Akazien, die (wenigen) Weizenfelder und die (seit dem Krieg) weniger werdenden Weingärten standen für jene anders herrschende Zeitenfolge, die statt aus dem vorigen ,Und dann - und dann', aus einem ,Jetzt - und jetzt - und jetzt' bestand, wobei das nach der üblichen Zeitrechnung spätere Jetzt das frühere sein konnte und umgekehrt: das Vordringliche und den Grundton Angebende blieben indes die Kuckucksrufe."

Entsprechend will Handke Recht und Anspruch der Serben im Kosovo nicht aus historischen Ereignissen, wie dem allfälligen Verweis auf die Schlacht auf dem Amselfeld 1389, ableiten, sondern aus jener anderen Zeitrechnung. "Dieses Recht brauchte keine Legende und schon gar keinen Mythos. Das Recht auf das Land kam aus dem Jetzt und dem Hier. Und dieses Land mussten die Leute von Velika Hoca nun, mir nichts, dir nichts, als verloren ansehen?" Die Antwort gibt der Berichterstatter nicht selbst, jedenfalls nicht ausdrücklich, er delegiert sie an einen anonymen jungen Freiwilligen aus Mitteleuropa: "Ein großes Unrecht ist geschehen."

Schwer vorstellbar, dass der Dichter nicht bedacht hat, dass der Kuckuck in der europäischen Volksüberlieferung als Gestalt des Teufels gilt, der bekanntlich in Zusammenarbeit mit der wissbegierigen Vernunft für den Verlust des Paradieses und damit den Ursprung der Geschichte sorgte. Jedenfalls nimmt Handke in Velika Hoca noch immer bukolische Idylle wahr, die freilich von den zerstörerischen wie den bitter ironischen Spuren des Geschichtlichen längst gezeichnet ist. Der Schnaps ist naturrein, der Wein gut, die Kresse am Bach zeugt von sauberem Wasser, aber wo die Bomben einschlugen, weiß noch jeder. Und mitten im Dorf steht als Allegorie der Geschichte ein fensterloser Container namens "Rambouillet", "benannt nach dem Ort, wo im Februar 1999 die sogenannten Friedensgespräche von ,Restjugoslawien' stattfanden".

Die Widersprüche bilden sich im Raum, zugleich in der Erscheinung der Personen ab. "Je näher der Dorfmitte dann aber, desto auffälliger die Rückverwandlung des freien, selbstbewussten und spielfreudigen Weinberginhabers in einen Geduckten, einen Mittel- und Zukunftlosen." Auch in die Sprache der Lebens- und Nahwelt hat sich der Krieg eingesenkt. Aus dem albanischen Nachbardorf ist ein "ehemaliges Nachbardorf" geworden, es gibt nun in der Umgebung Land, auf das man keinen Fuß mehr setzt. Derart erblickt der Berichterstatter allenthalben die Zeichen des Verlorenhabens, des Verlassenseins und der Trennungen.

Hoffnung aber schöpft der Dichter in der "Nachschrift zur Nachschrift" aus der Bedeutung des Deutungslosen, "es wirkt nach - nachhaltiger Teil des Bleibenden und Überdauernden". Wie ein reinweißes Ferkel, einem Albaner am Markttag abgekauft, erst schrie wie am Spieß, als es in den Garten hinter der Kirche geschleppt wurde. "Und wie es dann still geworden ist, nachdem es sich seinen Platz geschafft hatte, eine Kuhle im dichten Gras." So zurückgenommen träumt der dichterische Wanderer und Seher noch immer vom geschichtsenthoben versöhnten Seelenland Jugoslawien. Das ist zweifellos illusionär und sollte doch nicht pragmatisch abgetan werden. In der Weigerung, schnell historisch gewordene Grenzziehungen als Schicksal zu akzeptieren, während sie doch aus zumindest teilweise fatal irrtümlichem Kalkül geschehen sind, stehen Handkes jugoslawische Topographien gegen ein Unrecht am Einzelnen, das nicht politisch verrechnet werden kann.

FRIEDMAR APEL

Peter Handke: "Die Kuckucke von Velika Hoca". Eine Nachschrift. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2009. 100 S., br., 15,80 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Lothar Müller scheint ganz froh, wenn Peter Handke in seinem neuen Buch über eine Reise in die serbische Enklave des Kosovo im Mai 2008 die eigentlich zum Vorsatz genommene Rolle des Reporters zugunsten derjenigen des Erzählers aufgibt. Der Wechsel vom systematischen Befragen zu den das Erzählen wie auch das Erwandern einer (Nachkriegs-)Landschaft bedeutender Kuckucke nimmt dem Rezensenten die Sorge, Handke könnte sich wiederum zu politischen Äußerungen hinreißen lassen. Am Ende stößt Müller allerdings doch noch auf die gefürchtete Reportage-Form. In Handkes Gesprächen mit den Bewohnern von Velika Hoca geben diese "standardisierte, auf das Interview-Format zielende Antworten".

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