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Wer hätte das für möglich gehalten? Fast 75 Jahre nach der ersten Veröffentlichung von Keuner-Texten (1930), für die Brecht zwischen 1929 und 1956 immer wieder neue Themen fand, und auch zehn Jahre nach den intensiven Recherchen für die große Brecht-Ausgabe kommen jetzt Keuner-Texte zum Vorschein, die noch niemand zuvor hat lesen können. In der Schweiz sind u.a. insgesamt fünfzehn unbekannte Keuner-Geschichten aufgetaucht. Sie fanden sich in einer Mappe mit der Aufschrift »geschichten vom h k«, aus der Brecht 1948 in Zürich eine Auswahl für die Kalendergeschichten getroffen hat. Die Mappe…mehr

Produktbeschreibung
Wer hätte das für möglich gehalten? Fast 75 Jahre nach der ersten Veröffentlichung von Keuner-Texten (1930), für die Brecht zwischen 1929 und 1956 immer wieder neue Themen fand, und auch zehn Jahre nach den intensiven Recherchen für die große Brecht-Ausgabe kommen jetzt Keuner-Texte zum Vorschein, die noch niemand zuvor hat lesen können.
In der Schweiz sind u.a. insgesamt fünfzehn unbekannte Keuner-Geschichten aufgetaucht. Sie fanden sich in einer Mappe mit der Aufschrift »geschichten vom h k«, aus der Brecht 1948 in Zürich eine Auswahl für die Kalendergeschichten getroffen hat. Die Mappe bildet die Grundlage für den hier vorgelegten Band der Geschichten vom Herrn Keuner als »Zürcher Fassung«. Faksimiles der neuen Dokumente erlauben einen Einblick in die Werkstatt des Verfassers.
Die Ausgabe erscheint zur Ausstellung »Neues vom Herrn Keuner«, in der die Stiftung Archiv der Akademie der Künste zum ersten Mal die Keuner-Mappe und andere Dokumente aus dem Zürcher Konvolut im Original präsentiert.
Autorenporträt
Bertolt Brecht wurde am 10. Februar 1898 in Augsburg geboren und starb am 14. August 1956 in Berlin. Von 1917 bis 1918 studierte er an der Ludwig-Maximilians-Universität München Naturwissenschaften, Medizin und Literatur. Sein Studium musste er allerdings bereits im Jahr 1918 unterbrechen, da er in einem Augsburger Lazarett als Sanitätssoldat eingesetzt wurde. Bereits während seines Studiums begann Brecht Theaterstücke zu schreiben. Ab 1922 arbeitete er als Dramaturg an den Münchener Kammerspielen. Von 1924 bis 1926 war er Regisseur an Max Reinhardts Deutschem Theater in Berlin. 1933 verließ Brecht mit seiner Familie und Freunden Berlin und flüchtete über Prag, Wien und Zürich nach Dänemark, später nach Schweden, Finnland und in die USA. Neben Dramen schrieb Brecht auch Beiträge für mehrere Emigrantenzeitschriften in Prag, Paris und Amsterdam. 1948 kehrte er aus dem Exil nach Berlin zurück, wo er bis zu seinem Tod als Autor und Regisseur tätig war. Erdmut Wizisla, 1958 geboren, ist Leiter des Bertolt-Brecht-Archivs und Leiter des Walter Benjamin Archivs an der Akademie der Künste Berlin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.05.2005

Der Leutevertreter
Aus Zürcher Funden nachgereicht: Neues von Herrn Keuner
Im Deutsch-Unterricht malte der Lehrer eine große Parabelkurve an die Tafel und teilte sie durch einen senkrechten Strich in der Mitte. In die linke Hälfte trug er ein, was Herr Keuner sagte und tat, wie er etwa einem „hilflosen Knaben” den letzten Groschen aus der Hand nahm oder beim Wiedersehen mit einem Bekannten unerwartet erbleichte. Das buchstäbliche Erbleichen Keuners und seine Mitleidlosigkeit verwandelten sich jenseits der Linie, die die Parabel teilte, in lehrbuchartige Sätze von allgemeiner Gültigkeit. Diese rechte Hälfte der Parabel barg den gleichnishaften Sinn der kurzen Episode. In der Schule waren Brechts „Geschichten vom Herrn Keuner” klassische Auslegeware. Nie durften sie sich selbst genügen, sondern verlangten unnachgiebig nach dem Mehrwert der Interpretation. Die symmetrische Figur an der Tafel war das getreue Abbild dieses Umklappens von Erzählung in didaktischen Sinn.
Durch einen Nachlass-Fund im Dezember 2000 wird jetzt eine Wiederbegegnung mit diesem alten Bekannten, dem Weltweisen und Alltagsphilosophen Keuner möglich. Eine Mappe mit „geschichten vom h k” war Teil der Brecht-Sammlung von Renata Mertens-Bertozzi, in deren Haus in Feldmeilen am Zürichsee Brecht während des Schweizer Exils mit seiner Familie wohnte. Die Dokumentarfilmerin hat Manuskripte und Briefe Brechts in Pappkartons, die ursprünglich zum Versand von Kaffee dienten, aufbewahrt. Im vergangenen Jahr hat die Berliner Stiftung Archiv der Akademie der Künste dieses literarische Frachtgut erworben und der Keuner-Mappe bereits eine kleine Ausstellung gewidmet. Insgesamt enthält das Konvolut 58 verschiedene Keuner-Episoden, von denen 15 bislang unpubliziert und daher unbekannt waren. Die Typoskripte der Mappe entstammen, so vermutet der Herausgeber Erdmut Wizisla im Nachwort, einem Zeitraum, der vom Ende der zwanziger Jahre bis in das Jahr 1948 dauert. Einige Blätter dienten wohl als Vorlagen für die Erstveröffentlichung von Keuner-Geschichten im Heft I der „Versuche” von 1930 sowie für die 1948 getroffene Auswahl für die „Kalendergeschichten”, die im Jahr darauf in Berlin erschienen.
Herr Keuner taucht bereits 1929 im Brecht‘schen Werk auf, anfangs zählte er noch zum dramatischen Figurenpersonal des Fragments über den „Untergang des Egoisten Johann Fatzer” - dass einer der Agenten des Schweizer Staatsschutzes, die Brecht im Exil als angeblichen „kommunistischen Spion” observierten, den Namen Fatzer trug, vermerkt das kluge Nachwort der Edition als sonderbare Ironie der Geschichte. Brecht hat seine Figur dann aus dem Zusammenhang des Fatzer-Stückes herausgelöst, die Keuner-Geschichten aber stets in größeren Kontexten und nie selbstständig veröffentlicht und gelegentlich den Namen seines Philosophen sogar als Pseudonym verwendet. Lion Feuchtwanger führte den Namen Keuner auf die griechische Wurzel koinos, das Allgemeine, zurück, und Walter Benjamin, der sich auf Gespräche mit Brecht stützen konnte, vermutete in ihm eine Art Jedermann des Denkens. Das biografische Modell war wohl ein Augsburger Lehrer Bertolt Brechts.
Die Blätter der jetzt publizierten Mappe, von denen einige in farbigen Faksimiles wiedergeben sind, enthalten aufschlussreiche Varianten und Korrekturen zu bereits gedruckten Keuner-Geschichten. Ihr Herzstück sind aber die bisher unbekannten Texte. Warum hat Brecht gerade diese Texte nicht zur Veröffentlichung vorgesehen? Darüber kann es nur Vermutungen geben. Gleich das erste Stück „Musik von der Stange” erschließt sich in seiner sperrigen Logik nicht leicht, auch „Herr Keuner und der Ausdruck” ist etwas verdreht. Anderen Texten fehlt noch die typische Überschrift, oder sie brechen als Fragment ab. In „Herrn Keuner läuft ein Schüler weg” tritt uns der bekannte nietzscheanische Lehrmeister entgegen, „Herr Keuner und der Tod” ist mehr Sentenz als Gleichnis, denn die Geschichte besteht aus einem einzigen Satz: „Herr Keuner mied Beerdigungen”. Sehr keunerhaft dagegen liest sich „Herr Keuner vertritt die Leute”, und geradezu einem Lebensratgeber entstammen könnte das Stück „Lehren”: „Der nicht versteht muß erst das Gefühl haben, daß er verstanden wird. Der hören soll, muß erst das Gefühl haben, daß er gehört wird.”
Die Zürcher Mappe zeigt, wie es im Nachwort schön heißt, das Material der Keuner-Geschichten, ihre Textgestalt und Anordnung „in Bewegung”. Ihr Titelheld, so stellt der Leser bei diesem unverhofften Wiedersehen leicht erbleichend fest, hat sich indessen kaum verändert.
RALF BERHORST
BERTOLT BRECHT: Geschichten vom Herrn Keuner. Zürcher Fassung. Hrsg. v. Erdmut Wizisla. Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag 2004. 128 Seite, 14,80 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Die berühmten Keuner-Geschichten sind nie en bloc und selbständig publiziert worden, hat Martin Krumbholz nachgelesen, sondern eingebaut in die "Kalendergeschichten" oder andere übergeordnete Zusammenhänge. Ihre Entstehungszeit erstreckt sich wohl auch über fast drei Jahrzehnte, mutmaßt der Rezensent, wobei die meisten im dänischen Exil (1933 - 39) entstanden sein sollen. Nach seiner Rückkehr aus dem amerikanischen Exil sammelte Brecht sie in der so genannten "Zürcher Mappe", die er mit vielen anderen Pappschachteln bei seiner Gastfamilie stehen ließ, berichtet Krumbholz weiter. Die Original-Mappe, erst im Jahr 2000 wieder aufgetaucht und nun erstmals publiziert, enthält 15 Texte, die Brecht selbst nie zur Veröffentlichung vorgesehen hat. Mehr oder weniger teilt der Rezensent die Einschätzung des Meisters, der seine weniger meisterhaften Keuner-Geschichten der Öffentlichkeit vorenthalten wollte. Bis auf eine Ausnahme - die Episode "Ruhm", in der Krumbholz die typische Keunersche Selbstironie aufblitzen sieht - fehlten hier "die Eleganz und der dialektische Schliff", schreibt der Kritiker, welche den Ruhm der Keuner-Geschichten begründet hätten. Im übrigen wären auch die neuen Herausgeber der Brechtschen Anordnung getreu gefolgt und hätten die unveröffentlichten als gesonderten Block gekennzeichnet.

© Perlentaucher Medien GmbH…mehr

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.10.2014

ULF K., Comiczeichner aus Düsseldorf, hat vor einem Jahr in dieser Zeitung seine Serie "Geschichten vom Herrn Keuner" publiziert. Über vier Monate hinweg adaptierte er die gleichnamigen, über mehr als drei Jahrzehnte hinweg entstandenen Prosaminiaturen von Bertolt Brecht: mit einer Titelfigur, die nach Brechts eigenem Aussehen gestaltet worden, aber dennoch im unnachahmlichen Stil des 1969 geborenen und bereits seit zwanzig Jahren erfolgreichen Zeichners gehalten war. Wie die Keuner-Geschichten selbst waren auch Ulf K.s Comics dazu von unterschiedlicher Länge: von einer einzelnen Folge bis zu Episoden, die sich über eine ganze Woche hinzogen - 34 Erzählungen kamen so insgesamt zusammen. Alle sind jetzt bei Brechts Hausverlag Suhrkamp in einem Band gesammelt, um eine Zusatzfarbe bereichert und von Ulf K. in abwechslungsreicher Seitendramaturgie neu montiert worden. ("Geschichten vom Herrn Keuner". Von Bertolt Brecht und Ulf K. Suhrkamp Verlag, Berlin 2014. 134 S., br., 18,99 [Euro].)

F.A.Z.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
»Ulf K. ist der Poet der deutschen Comicszene.« SPIEGEL ONLINE