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Der Psychoanalytiker Tilmann Moser stellt in seinen "Erinnerungen" seine persönlichen Erfahrungen als langjähriger Psychotherapiepatient in den Vordergrund. Sein Lebensweg ist - ausgehend von der Psychoanalyse - geprägt von der Auseinandersetzung mit verschiedenen Therapieformen wie Körperpsychotherapie, Traumatherapie, Atemgruppe, Fokaltherapie oder Gestalttherapie. Moser stellt die verschiedenen Ansätze vor und beschreibt deren Wirkungsweise anhand seiner eigenen Krankheitsgeschichte und seines Heilungsprozesses, der jedoch wiederholt zu scheitern schien. Sein autobiographischer Versuch,…mehr

Produktbeschreibung
Der Psychoanalytiker Tilmann Moser stellt in seinen "Erinnerungen" seine persönlichen Erfahrungen als langjähriger Psychotherapiepatient in den Vordergrund. Sein Lebensweg ist - ausgehend von der Psychoanalyse - geprägt von der Auseinandersetzung mit verschiedenen Therapieformen wie Körperpsychotherapie, Traumatherapie, Atemgruppe, Fokaltherapie oder Gestalttherapie. Moser stellt die verschiedenen Ansätze vor und beschreibt deren Wirkungsweise anhand seiner eigenen Krankheitsgeschichte und seines Heilungsprozesses, der jedoch wiederholt zu scheitern schien. Sein autobiographischer Versuch, innere und äußere Vorgänge zu erhellen, sich selbst und anderen Rechenschaft abzulegen über seine seelische Erkrankung und deren Hintergründe und Geschichte sowie den Prozeß des wiederholten Mißlingens oder der allmählichen Heilung, ist das zentrale Anliegen Tilmann Mosers.
Seine Bekenntnisse berichten in aller Offenheit, anknüpfend an seine erfolgreichen Bücher Lehrjahre auf der Couch und Gottesvergiftung, über den langen und steinigen - und doch immer wieder lohnenswerten - Weg durch verschiedene Psychotherapien. Tilmann Moser beschreibt seine Psychoanalyse und seine weitergehenden Psychotherapien als einen Prozeß zwischen Hoffnung und Niederlage, Verzweiflung und Aufbegehren.

Autorenporträt
Tilmann Moser, Dr. phil., geboren 1938, ist als Psychoanalytiker und Körperpsychotherapeut in freier Praxis in Freiburg tätig. Besondere Tätigkeitsfelder: seelische Nachwirkungen von NS-Zeit und Krieg; die Verbindung von Psychoanalyse und Körpertherapie; Nachwirkungen von repressiven Gottesbildern.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.10.2004

In Gesellschaft meines Körpers
Tilmann Moser erzählt nochmal seine Lehr- und Wanderjahre
Das Buch ist ein Remake, eine zweite Version jener Erfahrungen und Erlebnisse, die Tilmann Moser 1974 in „Lehrjahre auf der Couch” beschrieb, es nimmt die schöne Doppelspirale wieder auf - von einem, der seine verkorkste Kindheit in diversen Therapien abarbeiten will und dabei selbst zum Therapeuten sich heranbildet.
Es geht um mise en scène in diesem Buch, die Inszenierung der Lehr-Analyse, was mit dem Stühlerücken im Behandlungszimmer beginnt und bei jener Kollegenbedenklichkeit endet, die der Körpertherapie und ihrem Verfechter Moser entgegengebracht wird - knallharte Vorwürfe sind das, in diesen Zeiten, da das Phantom des sexuellen Missbrauchs an allen Ecken und Enden die zivilisierte Welt aufschreckt. Von diesen Schatten erlöst der Autor sich durchs Spiel im Spiel der Analyse, durch die Momente der Lust an der Inszenierung: Wie die Anreise erfolgt - Fahrten nach Stuttgart und Frankfurt, grenzüberschreitende Exkurse in die Schweiz, in die Obhut des legendären Grafen Dürckheim. Wie das Setting sich gestaltet, der Set, wie Analysand und Analytiker sich im Behandlungsraum placieren, wo die Couch steht und wie viel Unsichtbarkeit der Patient aushält. Welche Distanz gewahrt wird und wie viel Annäherung erlaubt ist, welcher Kontakt, mit Blicken oder körperlich, in diesem langwierigen Hinundher, zwischen „Hingabe, Sich-führen-Lassen, Anlehnung und Identifikation” auf der einen, einem Drang zu Autonomie und Selbermachen auf der anderen Seite. Mit grausamer Regelmäßigkeit kommt alle paar Monate die Enttäuschung, der Abbruch, der Aufschlag auf dem Boden, dem harten Betonboden.
Die Diagnose, heute, ist kühl: „Borderliner mit frühem Trauma, führte zum Selbstrettungsversuch in ekklesiogene Neurose und Selbstheilungsversuch durch Kreativität.” Der kleine Tilmann ist ein Außenseiter, Protestantenkind in einem katholischen Dorf, sozial deklassiert, einsam, reduzierter Kontakt zum Vater, dessen SA-Vergangenheit bedrückt. Das Selbst ist verloren, wie soll man es wiederfinden, aber vor allem - was ist dieses Selbst. Eine Geistesverwandte findet sich im Fräulein von Klettenberg, in den Bekenntnissen einer schönen Seele im „Wilhelm Meister”: „In den vielen schlaflosen Nächten habe ich besonders etwas empfunden, das ich eben nicht deutlich beschreiben kann. Es war, als wenn meine Seele ohne Gesellschaft des Körpers dachte; sie sah den Körper selbst als ein ihr fremdes Wesen an, wie man etwa ein Kleid ansieht.”
Das ist das Trauma aller Traumata, ein Intellekt ohne Körperbezug, analytisches Denken, das im Abstrakten bleibt. Gegen diese Schrecken der Introspektion vertraut Tilmann Moser sich einem andern Bundesgenossen an, dem einsam träumenden Spaziergänger Magritte.
Tilmann Moser
Bekenntnisse einer halb geheilten Seele
Psychotherapeutische Erinnerungen. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M. 2004. 357 Seiten, 24,80 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Ein "Remake", eine "zweite Version" jener Erfahrungen und Erlebnisse, die Tilman Moser in seinem Buch "Lehrjahre auf der Couch" 1974 beschrieben hatte, sieht Fritz Göttler in diesen "Psychotherapeutischen Erinnerungen". Moser gehe es um die "Inszenierung der Lehr-Analyse", vom Stühlerücken im Behandlungszimmer bis zu den Vorwürfen von Kollegen, die ihm als Verfechter der Körpertherapie in Zeiten des allgegenwärtigen Phantoms des sexuellen Missbrauchs entgegenbracht würden. "Von diesen Schatten", befindet Göttler, "erlöst sich der Autor durchs Spiel im Spiel der Analyse, durch die Momente der Lust an der Inszenierung". Mosers heutige Eigendiagnose erscheint Göttler "kühl". Eine Geistesverwandte entdecke der Psychiater Moser in dem Fräulein von Klettenberg aus Goethes "Wilhelm Meister". Deren Trauma nennt Göttler "das Trauma aller Traumata": "ein Intellekt ohne Körperbezug, analytisches Denken, das im Abstrakten bleibt".

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