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1981: Die 16jährige Medve verbringt den Sommer in einem halbverfallenen Art-deco-Hotel auf einer winzigen Insel vor der Südküste von Devon. Sie steckt mitten in der Pubertät und quält sich mit dem Gedanken, irgendwie unnatürlich zu sein. Und tatsächlich ist sie auch ziemlich groß für ihr Alter, könnte um einiges besser aussehen und würde sich gewiß wohler in ihrer Haut fühlen, wenn ihre Mutter, Schwester Christabel und der ältere Bruder Barge noch bei ihr wären. Die aber sind alle ausgeflogen. Und so verbringt Medve die langen Tage mit ihrem Vater, einem "Zahnstocher mit Ellenbogen", der…mehr

Produktbeschreibung
1981: Die 16jährige Medve verbringt den Sommer in einem halbverfallenen Art-deco-Hotel auf einer winzigen Insel vor der Südküste von Devon. Sie steckt mitten in der Pubertät und quält sich mit dem Gedanken, irgendwie unnatürlich zu sein. Und tatsächlich ist sie auch ziemlich groß für ihr Alter, könnte um einiges besser aussehen und würde sich gewiß wohler in ihrer Haut fühlen, wenn ihre Mutter, Schwester Christabel und der ältere Bruder Barge noch bei ihr wären. Die aber sind alle ausgeflogen. Und so verbringt Medve die langen Tage mit ihrem Vater, einem "Zahnstocher mit Ellenbogen", der 12jährigen Schwester Patch, einer dicklichen und höchst belesenen Kochkünstlerin, und dem kleinen Bruder Feely, der ein staunenswertes wie unheimliches Interesse für Naturkunde hegt.
Was tun? Der Sommer ist lang, und Medve träumt sich in Geschichten hinein, in Phantasien, in denen der Mörder und Schriftsteller Jack Henry Abbott, der Tennisstar John McEnroe, Giganten der Popmusik und sexbeladene Bilder bizarre Rollen spielen. Bis eines Tages ein rothaariger Fremder auftaucht und Medves Welt sich zu drehen beginnt.
Mit ihrem eigenwilligen Sinn für Humor ist Nicola Barker ein Roman über die erste Liebe und die Riten des Erwachsenwerdens gelungen, die Geschichte einer jugendlich-pubertären Selbsterfahrung. "Nadeln im Ohr" ist ein kapriolenreiches Buch, das, so die englische Kritik, in der Nachfolge von "Zazie in der Metro" und dem "Fänger im Roggen" gelesen werden muss. Es ist, wie die altehrwürdige Times schrieb, "frisch, originell und geschrieben in einer Sprache, die sitzt".
Rezensionen
Die 16-jährige Medve steckt mitten in der Pubertät. Sie findet sich hässlich, plump, riesig, fühlt sich vernachlässigt und flüchtet aus dem Sommer in Südengland in eine Traumwelt. Seltsame Gestalten geben hier einander noch seltsamere Stelldicheins - Medve kommt der Wirklichkeit ein bisschen abhanden. Bis eines Tages ein rothaariger Fremder auftaucht, aber ist der nicht zu toll, um wahr zu sein? Die britische Erfolgsautorin Nicola Barker hat sich einen Spaß gemacht, viel mehr nicht. Literarisches Leichtgewicht zum Wegschmökern. (Hörzu)

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.09.2002

Der Gummitausendfüßler
Schlimme Haut, schlimmer Instinkt: Nicola Barker albert strukturlos

Medve ist sechzehn Jahre alt. Mit Einssiebenundachtzig ist sie die Riesin in einer Familie voller Zwerge, kann Schuhe nur per Katalog kaufen, hat den Kopf in den Wolken und verwirrt damit die Möwen. Der Name Medve, sagt sie, sei "ungarisch für Bär". Medve hat eine Zunge, die so gespannt und verdreht ist wie ein Zelthering: Nicola Barkers Roman "Nadeln im Ohr" spielt im Sommer des Jahres 1981, Medve ist Barkers sprachgewaltige Erzählerin. Sie steckt tief in den Wahnwelten der Pubertät.

Zusammen mit ihrer Familie verbringt Medve den Sommer auf einer kleinen Insel vor der Südküste Devons. Marc Almond schraubt sich in jenen Wochen mit "Tainted Love" an die Spitze der britischen Charts, die Raumfähre Columbia umkreist lautlos die Erde. Medve träumt von John McEnroe und räsoniert über "Black Beauty"; sie gibt sich ihren Phantasien über den "widerwärtigen Yankee-Mörder" Jack Henry Abbott hin. Als ihr Blick dann zum ersten Mal auf einen geheimnisvollen Fremden mit roten Haaren fällt - "einen sehnigen Jungen, der von der südlichen Halbkugel stammte, einen Mann-Jungen, einen zu Streichen aufgelegten Bengel mit Namen La Roux (mit wirklich schlimmer Haut und sogar noch schlimmeren Instinkten)" -, beginnt Medve ihre Reise in die Herrlichkeiten einer schönen, neuen Welt.

"Nadeln im Ohr" ist der vierte Roman der 1966 in London geborenen Schriftstellerin Nicola Barker. Ihre Kurzgeschichtensammlungen "Love Your Enemies" (1993) und "Heading Inland" (1996) wurden mit angesehenen Preisen ausgezeichnet, für "Wide Open" (1999), ihren überzeugendsten Roman, erhielt sie vor zwei Jahren den hochdotierten Impac Dublin Literary Award und behauptete sich damit unter anderem gegenüber Philip Roth, Toni Morrison und Milan Kundera. "Nadeln im Ohr" aber ist Nicola Barkers bislang schwächstes Buch.

"Wide Open" sei "ein riesiger und sehr komplexer Roman", sagt Nicola Barker; für das folgende Buch habe sie sich vorgenommen, "etwas wirklich Albernes und Heiteres zu schreiben, das praktisch ganz ohne Struktur auskommt". Der Folgeroman, eben "Nadeln im Ohr", ist in nur drei Monaten entstanden. So fehlt es ihm denn auch an der ausgeklügelten Architektur, die "Weit offen" zu einem Erlebnis macht; er ist eine romantische Komödie über das verlockende Spiel zwischen Medve und La Roux, doch ohne die Tiefe, die Resonanz eines Echos, den zupackenden Sog jener sanften Verrücktheit, die Barkers Werk ansonsten auszeichnen. Nicola Barker zählt zu den originellsten und unerschrockensten Schriftstellerinnen ihrer Generation. Ihr erzählerisches Interesse gilt den bizarren Verhältnissen.

Darin freilich hält "Nadeln im Ohr" ihren anderen Büchern auf den ersten Blick stand. Denn Medve steht als Leuchtturm auf sumpfigem Boden. Ihr Vater heißt Big, ist einszweiundvierzig. Er ist Landschaftsgärtner, seine große Passion ist das Häkeln; Medves Mutter ist die Autorin des feministischen Bestsellers "Die Atomstrahlung. Ein Führer für die intellektuelle Frau". Medves Geschwister geben sich nicht weniger skurril, sind verschroben, debil und verzogen. Gelungene Charaktere eines Romans sind sie allerdings nicht, zumal Nicola Barker wenig Zeit findet für subtile Differenzierung und jene hintergründige Ernsthaftigkeit, welche die komödiantische Inszenierung braucht, will sie sich nicht als bloße Klamotte lächerlich machen. Wenn Medve in einer der Schlüsselszenen von "Nadeln im Ohr" beim Baden im Meer einen zehn Zentimeter langen Tausendfüßler aus Gummi in ihrem Körper deponiert, um La Roux zu schockieren, weiß Nicola Barker die Lacher auf ihrer Seite. Der englische Verlag dieses schlichten Romans, der es gewiß gern mit Salingers "Fänger im Roggen" aufnähme und gerade einmal "Hanni und Nanni" gewachsen ist, hat mit dem Tausendfüßler zum Spaß sogar den Buchumschlag illustriert.

THOMAS DAVID

Nicola Barker: "Nadeln im Ohr". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Brigitte Heinrich. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2002. 244 S., geb., 18,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.12.2002

Neue Körperflüssigkeiten
Schmerzhaft: „Nadeln im Ohr” von Nicola Barker
Die Pubertät ist wie jeder Gärungsprozess eine hässliche Angelegenheit. Man muss sich mit neuen Körperflüssigkeiten arrangieren, sagt Dinge und trägt Kleider, für die man sich wenige Jahre später zu Tode schämt. Aber noch anstrengender sind Bücher, die pubertärer als der unflätigste Teenager daherkommen und den momentan gut verkäuflichen Achtzigerjahre- Gedächtniskult bedienen. „Nadeln im Ohr” ist so eine Mischung aus Marc-Almond- Reminiszenzen, Fäkalsprache und dem Versuch, die story mithilfe möglichst bizarrer Familienverhältnisse und -mitglieder zu bestreiten.
Medve ist sechzehn, „gebaut wie ein Ackergaul” und Chronistin der Ereignisse, die sich im Sommer 1981 auf einer Insel vor Südengland abspielen. Ihr Vater ist ein Zwerg mit einer Schwäche für Häkelarbeiten, ihre Mutter arbeitet in Amerika an einer Analsonde, ihre ältere Schwester besticht durch künstliche „Sauerstofftank-Titten”, und auch die übrigen Geschwister sind mit vermeintlich unterhaltsamen Monstrositäten ausgestattet. Als der neunzehnjährige La Roux auftaucht, ist Medve nicht mehr zu bremsen: Die beiden beginnen einen Wettbewerb, der darin gipfelt, dass Medve einen Plastik- Tausendfüßler aus ihrer Scheide zieht, um La Roux einen Schreck einzujagen.
Im Klappentext verweist man auf die „altehrwürdige Times”, die dem Roman Frische und Originalität bescheinigt habe, und wagt einen Vergleich mit J. D. Salingers „Der Fänger im Roggen”, einer der brillantesten Teenager- Geschichten des letzten Jahrhunderts. Die 1966 geborene Autorin Nicola Barker hat mit ihrem letzten Roman vor zwei Jahren den hochdotierten IMPAC Award gewonnen. Aber es hilft nichts: „Nadeln im Ohr” spießt einen schlechten Witz auf den nächsten, um die Langeweile zu übertünchen, die sich bereits beim ersten Gefluche der Protagonistin einstellt.
JUTTA PERSON
NICOLA BARKER: Nadeln im Ohr. Roman. Aus dem Englischen von Brigitte Heinrich. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2002. 244 Seiten, 18, 90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ziemlich abwatschen lassen muss sich hier die junge britische Erfolgsautorin von Thomas David. Zwar zeige sie auch hier ihre Liebe zu bizarren Verhältnissen und skurrilen Menschen, - die riesenhafte Heldin Medve, ihr zwergenhaft kleiner Vater namens Big, die Geschwister, "verschrobenen, debil und verzogen". Aber weil die "hintergründige Ernsthaftigkeit" fehlt, die alle Komik auch braucht, gerät dies Buch in Davids Augen gefährlich nahe an den Rand zur "Klamotte". Der vierte Roman der ansonsten vom Rezensenten als eine der "originellsten und unerschrockensten Schriftstellerinnen ihrer Generation" gelobten Autorin ist seiner Meinung nach ganz einfach daneben gegangen: ihr "bislang schwächstes Buch".

© Perlentaucher Medien GmbH