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Mogadischu in den 80er Jahren: Sandstürme fegen über die Stadt, es herrschen Chaos, Dürre und Lebensmittelknappheit, ein nicht enden wollender Bürgerkrieg. Plünderer hasten über die Straßen, Frauen plaudern in der Hitze vor ihren Häusern mit den Nachbarn. Hier lebt Duniya mit ihren Kindern. Sie arbeitet als Hebamme im Krankenhaus. Für Duniya ist die "Liebe wie ein Palast", in den sie bis jetzt noch keinen Fuß hat setzen können: zwei unglückliche Ehen liegen hinter ihr. Doch dann taucht Bosaaso auf, zunächst als Schmetterling in ihren Träumen, dann als Gesicht im Rückspiegel ihres Taxis - und…mehr

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Produktbeschreibung
Mogadischu in den 80er Jahren: Sandstürme fegen über die Stadt, es herrschen Chaos, Dürre und Lebensmittelknappheit, ein nicht enden wollender Bürgerkrieg. Plünderer hasten über die Straßen, Frauen plaudern in der Hitze vor ihren Häusern mit den Nachbarn. Hier lebt Duniya mit ihren Kindern. Sie arbeitet als Hebamme im Krankenhaus. Für Duniya ist die "Liebe wie ein Palast", in den sie bis jetzt noch keinen Fuß hat setzen können: zwei unglückliche Ehen liegen hinter ihr. Doch dann taucht Bosaaso auf, zunächst als Schmetterling in ihren Träumen, dann als Gesicht im Rückspiegel ihres Taxis - und ein gemeinsames Schicksal nimmt seinen Lauf. Mit Bosaaso lernt sie die kleinen Schönheiten des Lebens kennen: Auto zu fahren, zu schwimmen, ihre Kopfbedeckung abzulegen.
Eines Tages bringt Duniyas Tochter Nasiiba etwas mit nach Hause: ein mysteriöses Findelkind. Das Neugeborene verändert auf einen Schlag das Zusammenleben der Familie, ist, auf dem Hintergrund der somalischen Katastrophe, einePrüf ung für Duniya und die Ihren.
Nuruddin Farah durchleuchtet, wie globale, familiäre und persönliche Geschichten sich aus jenen Erzählungen fügen, die von Tag zu Tag und von Mensch zu Mensch weitergegeben werden. Und er zeichnet das Bild seines Landes, das erfüllt ist von Gerüchen und Düften, eigenwilligen Melodien und bunten Mythen, besonderen Menschen, schmerzlichen und wundersamen Erlebnissen.
Autorenporträt
Nuruddin Farah, 1945 in Somalia geboren, hat sich immer wieder gegen politische Repression gewandt. In seinem Heimatland fand er deshalb wenig Achtung. Das Barre-Regime verhängte über ihn das Todesurteil, zwang ihn zu Flucht und Exil. Farah lebt seitdem vorwiegend in afrikanischen Ländern, war Hochschullehrer in Nigeria, Gambia, Sudan und Uganda. Er hat Kurzgeschichten, Drehbücher und sechs Romane geschrieben, die in 17 verschiedene Sprachen übersetzt worden sind.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.12.2001

Tauschen und täuschen
Feministisch korrekt: Nuruddin Farahs Roman "Duniyas Gaben"

Freigebig dürfen Götter sein, nicht Menschen, läßt Shakespeare Timon von Athen, seinen letzten tragischen Helden, sagen. Die Dialektik von Geschenk und Tausch zieht sich wie ein roter Faden durch die Geistesgeschichte, und spätestens seit Marcel Mauss' Studie "Sur le don" ist bekannt, daß sich jede Gesellschaft über ihre Rituale des Gebens und Nehmens analysieren läßt.

Marcel Mauss regte auch den aus Somalia stammenden Nuruddin Farah zu einem Roman über das Schenken an. "Gifts" bildet den mittleren Teil der Trilogie "Blut in der Sonne". Der erste Band, "Maps", widmet sich den tiefgreifenden Folgen der kolonialen Aufteilung in Afrika am Beispiel des Grenzkrieges zwischen Somalia und Äthiopien. "Secrets" (deutsch "Geheimnisse"), der vielfach ausgezeichnete dritte Band, entmystifiziert Blutsbande und Clanstrukturen in der afrikanischen Familie. Auch nachdem die Lynchjustiz des somalischen Tyrannen Siyad Barre den kritischen Autor 1976 in Abwesenheit zum Tode und damit auch zu einem jahrelangen Exil verurteilt hatte, blieb Somalia Farah stets literarische Heimat, schreibend wollte er sein Land "am Leben erhalten". Inzwischen gehört der englischsprachige Schriftsteller zu den international renommierten Autoren seines Kontinents. Die bisher erschienenen acht Romane liegen in siebzehn Sprachen vor.

Im Mittelpunkt des Romans "Duniyas Gaben" - so der etwas schwerfällige deutsche Titel des Originals "Gifts" aus dem Jahr 1993 - steht die in Mogadischu lebende Hebamme und alleinstehende Mutter Duniya. Mit Mitte Dreißig liegen zwei Ehen hinter ihr. Eine erzwungene mit einem Freund des Vaters, einem Blinden, der ihr Großvater hätte sein können. Nach dessen Tod verläßt sie den Clan und bringt sich und ihre Kinder, ein Zwillingspaar, allein in der Hauptstadt durch. Dort heiratet sie einen Journalisten, der ihren Kindern zwar ein väterlicher Freund, ihr jedoch kein Partner ist. Sie löst die Ehe mit dem alkoholkranken, depressiven Mann und gibt die gemeinsame Tochter in die Pflegschaft des Schwagers und seiner unfruchtbaren Frau. Im Tausch darf sie mietfrei in der kleinen Wohnung bleiben, die dem betuchten Ehepaar gehört. Ihr Leben nimmt eine Wendung, als sie Bosaaso, einem in den Vereinigten Staaten zu Wohlstand gelangten Ökonomen, begegnet. Er war nach Mogadischu zurückgekehrt und bot der krisengeschüttelten Heimat unentgeltliche Dienste an, wie sein Freund Dr. Mire, der mit Duniya im Krankenhaus arbeitet. Bosaaso umwirbt die stolze, selbständige Frau, und nach einigen retardierenden Begebenheiten kommt es zum voraussehbaren Happy-End, das so fröhlich ist, als wäre es einer TV-Familienserie aus den sechziger Jahren entnommen. Als Zugabe zum Glück bietet der aus Italien angereiste Bruder Duniya an, für Unterhalt und Ausbildung ihrer Kinder aufzukommen. Daß sie aus Berechnung heiratet, läßt sich nun nicht mehr behaupten. Ein Familienideal mit Banden, die nur aus Liebe bestehen.

Farah, dessen Plots ansonsten reich an Verschwörungen mit geheimnisvoll-mythischen Charakteren sind, erzählt hier eine einfache Geschichte, in der die Realität eines von Hunger, Diktatur und aufkommendem Bürgerkrieg gezeichneten Landes fast schmerzlich am Rande bleibt. Selbst der Findling, ein männlicher Säugling, den Duniyas ältere Tochter in einem Abfalleimer gefunden haben will, stellt sich nicht als Opfer der Armut, sondern als Produkt einer Affäre ihres Schwagers mit einer Schulfreundin der Tochter heraus.

Während der Roman "Geheimnisse" tief in die Stammes- und Familienstruktur der afrikanischen Gesellschaft eindringt und ihren dramatischen Wandel eindrucksvoll nachvollziehbar macht, haben wir es hier mit einem moralischen Lehrstück über Geben und Nehmen zu tun - zwischen Mann und Frau, Individuum und Familie, Erster und Dritter Welt. Die Gabe als erzwungener Tausch, Wohnung gegen Kind; die Gabe als Restitution, als Ausdruck des schlechten Gewissens gegenüber der Schwester, die dem Mann in der Familienhierarchie untergeordnet war, die gegen ihren Willen heiratete und trotz hoher Begabung kein Studium im Ausland bekam. Was der heimgekehrte Spezialist Bosaaso seinem Land - oder dem Regime - schenkt, bleibt im dunkeln. Die Entwicklungshilfe westlicher Regierungen zählt vor allem zu den Gaben, die Abhängigkeiten und Hierarchien zementieren, die die Empfänger erniedrigen und dem Geber ein gutes Gefühl verschaffen. Zeitungsberichte, die an die episodischen Kapitel anmontiert sind, werden zu Anklageschriften: Die "Mission der Barmherzigkeit" der Unicef-Botschafterin Liv Ullmann gleicht einem blasierten westlichen Medienereignis. Und wenn wir lesen, wie die ehemalige Kolonialmacht Italien die einzige Universität außerhalb Italiens, an der ausschließlich auf italienisch unterrichtet wird, mit italienischen Lehrkräften bestückt, soll der Leser einen Einblick in subtile Formen der Interessenwahrung und des Kulturkolonialismus bekommen, die darüber hinaus - ob eigennützig oder gut gemeint - auch noch menschenverachtende Regime stützen.

Das alles ist wahr, es ist richtig, zuweilen liest es sich aber ermüdend und plakativ. Am Ende der Geschichte kann sich Duniya von allen zweifelhaften Tauschobligationen befreien, opfert sich nicht und mißbraucht nicht die moralische Verpflichtung anderer zum Geben, eine Frau, die islamische Tradition und Moderne, Familienbindung und Emanzipation, Süd und Nord, reich und arm, sanft und stark verbindet, die gibt und nimmt, wie es ihr gefällt, aus Liebe.

Nuruddin Farah ist bekennender Feminist, immer wieder hat er betont, daß er - neben dem Kolonialismus und der Weltwirtschaftspolitik des Westens - im ungleichen Geschlechterverhältnis eine Ursache für die Probleme Afrikas sieht. Seine Hoffnungen ruhen auf den Frauen, weil sie als in der Clanhierarchie unten Stehende einem anderen, einem demokratischeren Moralkodex folgen können als Männer und weil sie seit Generationen das ökonomische Rückgrat der schwarzafrikanischen Nationen bilden. Die vielen starken weiblichen Charaktere in Farahs Romanen stützen diese These nachhaltig. Duniya hingegen bleibt seltsam statisch, ein idealistischer Charakter in einem modernen Märchen von Gut und Böse. Zu schön, um wahr zu sein. Der Autor weiß scheinbar um die Crux von Utopien in der Literatur und macht am Schluß aus Utopie und Ideologie schnell noch Ironie. Wie viele Märchen fängt nämlich auch dieses am Ende wieder von vorne an: "Die Welt war ein Publikum, das bereit war, Duniyas Geschichte von Anfang an zu hören." Eine andere Geschichte über eine andere Duniya, darf man vermuten.

SABINE BERKING

Nuruddin Farah: "Duniyas Gaben". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Klaus Pemsel. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2001. 358 S., geb., 44,- DM.

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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

"Duniyas Gaben", 1993 im Original erschienen, ein Roman über eine alleinerziehende Mutter Mitte 30, die trotz aller widrigen Lebensumstände in Somalia ihr Leben meistert, ist ein Stück "umgekehrter Entwicklungshilfe", meint Stefan Weidner. Nuruddin Farah schreibe über eine Seite des leidgeprüften Landes, die keine noch so gut recherchierte Reportage schildern könnte. Hier komme das Private zur Sprache, die Perspektive der Frauen, die weit weniger pessimistisch sei als allgemein berichtet. Farahs Frauen sind emanzipierter als alle Klischees vermitteln, sie finden ihr Glück im Unglück und trotz der Fiktion stehen die Realität und die symbolische Ebene in einem kunstvollen Gleichgewicht, denkt der Rezensent.

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