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In Berlin wird viel umgezogen. In Berlin begegnet man immer anderen Nachbarn, Menschen in einem Haus, mit denen man ein geheimes Alltagswissen teilt. Man kennt sich nicht und kennt sich doch genau - Nachbarn sind ideale Projektionsflächen für geheime Sehnsüchte und wirkliche Ängste: die alleinerziehende Mutter, ein unheimlicher Beobachter, ein Lebenskünstler, ein schwerer Alkoholiker, ein todtrauriger Professor, ein Waffenkenner.

Produktbeschreibung
In Berlin wird viel umgezogen. In Berlin begegnet man immer anderen Nachbarn, Menschen in einem Haus, mit denen man ein geheimes Alltagswissen teilt. Man kennt sich nicht und kennt sich doch genau - Nachbarn sind ideale Projektionsflächen für geheime Sehnsüchte und wirkliche Ängste: die alleinerziehende Mutter, ein unheimlicher Beobachter, ein Lebenskünstler, ein schwerer Alkoholiker, ein todtrauriger Professor, ein Waffenkenner.
Autorenporträt
Unda Hörner, die ihr Studium der Germanistik und Romanistik mit einer Promotion über Elsa Triolet abschloss, ist eine Kennerin der Avantgarde. In ihren zahlreichen Publikationen hat sie sich vor allem mit den Künstlerinnen der zwanziger und dreißiger Jahre beschäftigt. Unda Hörner lebt als freie Autorin in Berlin. 2001 erhielt sie den Bettina-vonArnim-Preis.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.01.2001

Wand an Wand mit Wunderlichen und Widerlingen
Damals in der Nische Westberlin: Unda Hörners Romanerstling „Unter Nachbarn”
Anfang der achtziger Jahre: Als Teilnehmerin eines Klassenausflugs nach Berlin beobachtet die Ich-Erzählerin einen Mann, der am Ufer eines in der Nähe des Kurfürstendamms gelegenen Sees sitzt und sich ab und zu etwas notiert. Das will auch sie tun: beobachten und (be)schreiben, am liebsten in der geteilten Stadt. Nach dem Abitur kommt sie nach Westberlin, um Literaturwissenschaften und Sprachen zu studieren und findet in einem schäbigen Haus in Neukölln eine erste Unterkunft: eine kleine Wohnung ohne Bad, aber mit Innenklo und Pumpdusche in der Küche. Doch bald erweist sich der unter ihr wohnende Mieter als Plage. Mit regelrechtem „Nachbarschaftsterror” schüchtert der verwahrloste Quartalssäufer die Ich-Erzählerin ein: „Herbert Brandt sagte flachlegen und fieses Flittchen. ” Einzige Rettung: Umzug und damit neue Nachbarn.
Unda Hörner, Herausgeberin der Suhrkamp-Taschenbücher „Im Dreieck. Liebesbeziehungen von Nietzsche bis Duras” und „Die realen Frauen der Surrealisten”, inszeniert ihren Debütroman „Unter Nachbarn” wie eine Versuchsreihe über Wohnen, Umziehen und nachbarschaftliche Verhältnisse. Sie hat dabei einen besonderen Blick für das Alltägliche wie für das Bizarre.
Wie Bodo Morshäuser und Michael Wildenhain zeigt auch Unda Hörner Westberlin im Schatten der Mauer. Die „ausgehaltene” Zwei-Millionen-Stadt mit dem kleinen Bahnhof Zoo ist Nische und „Schutzraum” für Wehrdienstflüchtlinge und allerlei Lebenskünstler, ein „geschlossenes Ganzes”, in dem „uns keiner ins Gehege” kam – Berlin „eine Rumpelkammer für Leute, für die es die Hauptsache ist, wegzukommen von dort, wo sie herkommen”.
Der Umzug über die Zwischenstation Kreuzberg ins „gepflegte” Charlottenburg führt zu Begegnungen mit eigenwilligen, scharf gezeichneten Figuren – mit dem greisen, wortgewaltigen Literaturprofessor Stepan (der an den Expressionismus- und Kafkaforscher Wilhelm Emrich erinnert), mit der geistig verwirrten Klavierlehrerin Lotte Lindner, mit Edgar, den sie beim Blumengießen in der Wohnung ihres verreisten Nachbarn kennen lernt und der ihr vorübergehend den Haushalt führt und mit dem heißblütigen Walter, der, vor der Bundeswehr nach Westberlin entkommen, Gutachten für das Jugendamt und „überladene” Prosa schreibt. In „Seemann”, der längsten und farbigsten dieser dreizehn Episoden, bemerkt die Ich-Erzählerin, wie ihr, wenn sie auf ihrem Balkon in der Morgensonne an ihren Seminar- und sonstigen Texten arbeitet, von seinem Fenster aus ein Mann zusieht – zwei Stockwerke schräg über ihr aus dem Nebenhaus. Als sich der ehemalige Discjockey mit ihr im Café an einem nahen See trifft, verliebt sie sich in ihn. Seine ernüchternde Reaktion: „Liebe? Wovon sprichst du? Ich verehre bestimmte Körperregionen. ”
Unda Hörner berührt in ihrem stilistisch unterschiedlich intensiv geschriebenen Episoden-Roman etliche Themen: Nachbarschaften, Partnersuche und Einsamkeit der Alleinlebenden, Feminismus und Heimatvertriebenen-Schicksal; das sich verändernde Berlin vor und nach der Mauer. Sie erzählt diese Themen und Motive mit emotionalem Reichtum und in wechselnder Tonlage, oft lapidar und ironisch, nicht immer ganz klischeefrei. Man darf gespannt sein, ob sie die stilistische Kraft und den Atem für Neues aufbringt.
STEPHAN REINHARDT
UNDA HÖRNER: Unter Nachbarn. Roman. Suhrkamp Verlag, Frankfurt/Main 2000. suhrkamp taschenbuch 3171; 202 Seiten, 16,90 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Alliterationen ziehen immer, sagt sich die SZ: "Wand an Wand mit Wunderlichen und Widerlingen" wird da der Erstlingsroman der Autorin angekündigt. Und Stephan Reinhardt ist schon ganz gespannt auf das, was der frischen Feder noch alles entfließen wird in Zukunft. Allein Reinhardts Freude über das Buch ist doch eher verhalten, konstatierend: Wie eine Versuchsreihe über Wohnen, Umziehen und Nachbarschaft inszeniere Unda Hörner ihren Debütroman, schreibt er, und erkennt bei ihr einen "besonderen Blick für das Alltägliche wie für das Bizarre" und eine Fähigkeit zur scharfen Kontur, was die Figuren betrifft. Von "emotionalem Reichtum" in der Gestaltung der Themen und Motive weiß der Rezensent zu berichten und von einer facettenreichen Tonlage, allerdings auch von dem einen oder anderen Klischee. Am Ende der Besprechung ist man nicht ganz sicher, ob er der Autorin das erwartete Neue auch wirklich zutraut.

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