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Der Band versammelt erstmals in deutscher Sprache vorliegende Aufsätze zum Pragmatismus und radikalen Empirismus, die James als originellen, aber auch systematischen Denker präsentieren. Ein Nachwort des Herausgebers führt in beide Positionen ein, berücksichtigt aber auch die Bedeutung der James'schen Psychologie für die Entwicklung seiner Philosophie.

Produktbeschreibung
Der Band versammelt erstmals in deutscher Sprache vorliegende Aufsätze zum Pragmatismus und radikalen Empirismus, die James als originellen, aber auch systematischen Denker präsentieren. Ein Nachwort des Herausgebers führt in beide Positionen ein, berücksichtigt aber auch die Bedeutung der James'schen Psychologie für die Entwicklung seiner Philosophie.
Autorenporträt
William James (1842-1910) lehrte von 1876 bis 1907 an der Universität Harvard Psychologie und Philosophie. Zusammen mit Charles Sanders Peirce gehört er zu den Vätern des philosophischen Pragmatismus, daneben wirkte er bahnbrechend in der modernen empirischen Psychologie.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.12.2006

In der Wildnis der Wahrheit
Der erste Akt des freien Willens: Zwei neue Bücher informieren über die metaphysischen Grundlagen des Pragmatismus
Auch Naturwissenschaftler, die an streng geltende Gesetzmäßigkeiten glauben, können ihr Damaskus erleben. So jedenfalls erging es dem 28-jährigen amerikanischen Chemiker, Physiologen und Mediziner William James, als er am 29. April 1870 einen Essay des französischen Philosophen Charles Renouvier über „psychologie rationélle” gelesen hatte. Gegen den herrschenden Determinismus seiner Zeit notierte sich James über diesen besonderen Tag: „Gestern war eine Krise in meinem Leben. Jetzt will ich annehmen, dass Renouviers Definition des freien Willens keine Illusion ist. Mein erster Akt des freien Willens ist es, an den freien Willen zu glauben.” Er fühlte sich gerettet und befreit.
An dieser Überzeugungsdifferenz zwischen Determinismus und Freiheit hat William James seine Philosophie orientiert. Er hat sie zu einem Pragmatismus entfaltet, der durch eine scheinbar einfache Maxime charakterisiert ist. Ähnlich wie der etwas ältere Logiker, Mathematiker und Physiker Charles Sanders Peirce und der jüngere Pädagoge und Sozialreformer John Dewey hat William James dafür plädiert, dass jede mögliche Wahrheit einen lebenspraktischen Effekt haben solle, gleichgültig, ob es sich dabei um geistige Aktivitäten, logische Operationen, politische Entscheidungen, erzieherische Maßnahmen oder religiöse Glaubensformen handle.
James selbst war über den Begriff „Pragmatismus” nicht recht glücklich. Der Ruf nach handlungsrelevanten Überzeugungsdifferenzen förderte das Missverständnis, als gäbe es in dieser Philosophie nur praktische Nützlichkeitserwägungen. Metaphysische Konzepte oder Einsichten schienen keine Rolle mehr zu spielen angesichts des Imperativs, dass alles sich praktisch bezahlt machen oder nützlich sein sollte. So wurde Pragmatismus gern mit Utilitarismus verwechselt. Zwei neue Bücher zum Pragmatismus haben nun zur Renaissance dieser geistes- und kulturgeschichtlichen Bewegung beigetragen, die zwischen 1870 und 1910, dem Erweckungs- und dem Todesjahr von William James, ihre klassische Blütezeit hatte.
Nützlich und wahr
Gegen den Relevanzverlust der Philosophie wird für einen „pragmatischen Perspektivenwechsel” plädiert, der Erkenntnisse oder Wahrheiten jedoch nicht darauf reduziert, „dass sie sich bezahlt machen”. Nützlichkeit sei kein Wahrheitskriterium. Sie komme in pragmatischer Sicht vielmehr hinzu, um den vielen möglichen Wahrheiten einen handlungsrelevanten Wert zuschreiben zu können.
Michael Hampe hat sich in seinen zehn Untersuchungen zu „Erkenntnis und Praxis” auch auf die „befreienden Erfahrungen” konzentriert, die James dazu brachten, sich selbst als eine Person mit freiem Willen zu betrachten. Der Glaube an die eigene Freiheit, der ihn am 29. April 1870 wie eine religiöse Erweckung ergriff, führte zu einer Wandlung seiner Selbstwahrnehmung, die zugleich eine ontologische Entscheidung bedeutete: In unseren Erfahrungen dessen, was es gibt, spielen subjektive Singularität, qualitative Intensität, gesteigerte Konkretheit und freier Wille eine wesentliche Rolle.
Damit hat Hampe, der das erhellende Kapitel über „Religion bei William James” zusammen mit Felicitas Krämer schrieb, deutlich gemacht, dass der klassische Pragmatismus auch in seiner lebenspraktischen Relevanz nur zu verstehen sei, wenn man seine „metaphysische” Dimension nicht ausblende. Vor allem Hampes Studien zur menschlichen Autonomie und zur Prozessphilosophie bei Peirce, zur Erfahrungsintensivierung bei Dewey und zum kritischen, ganzheitlich gerichteten „Organizismus” bei Alfred North Whitehead demonstrieren eindrucksvoll, dass es nicht nur eine „Metaphysik des klassischen Pragmatismus” gibt, sondern dass in diesem Denken auch für eine Gegenwartsphilosophie ein Potential liegt, das es „am Leben zu erhalten” gelte.
Wie eine flankierende Maßnahme für dieses engagierte Plädoyer lassen sich die Aufsätze von William James lesen, die Claus Langbehn übersetzt und herausgegeben hat. Sie stammen aus den letzten Lebensjahren des Psychologen und Philosophen, der 1890 mit seinen „Principles of Psychology” zwar eine empirisch-wissenschaftliche Psychologie begründet, dabei aber seine philosophischen Interessen nicht verleugnet hatte.
Vor allem seine Aufsätze zum „Radikalen Empirismus” aus den Jahren 1904/05 verdeutlichen sein Drängen zu einer „reinen Erfahrung”, die aus unmittelbar erlebten Erfahrungselementen bestehen soll. Sie liegt gleichsam vor der Trennung in subjektive, mentale Erlebnisse und objektive, physische Dingwelt. James konzipierte sie als das stets augenblickliche Feld des Gegenwärtigen, „ein einfaches Das (that)”, das sich erst in der nachträglichen und distanzierten Reflexion in Subjektivität und Objektivität scheidet. Nur mit dieser Metaphysik der reinen Erfahrung glaubte er auch der großen Falle ausweichen zu können, in die man stürze, sobald man erkennendes Subjekt und erkennbares Objekt dualistisch zu trennen versuche.
Die strenge Unterscheidung zwischen subjektiven Erlebnissen und objektiver Realität hat James auch durch seinen „Pragmatismus” zu überwinden versucht. In vier Aufsätzen aus den Jahren 1904 bis 1909 hat er seinen Radikalen Empirismus pragmatistisch ergänzt, um damit den Verdacht zu zerstreuen, seine „reine Erfahrung” sei beliebig, relativistisch oder chaotisch. Deshalb wandte er sich dem Wahrheitsbegriff zu. Aber er sah in der Wahrheit nichts Abstraktes, Künstliches oder Systematisches.
Ich glaube an die Freiheit
William James, der an die Freiheit glaubte, suchte seine pragmatistische Lebensform und Denkweise in einer „großen befreiten und ungehinderten Wahrheitswildnis, so wie wir sie bilden wollen”. Wer James in diese Wildnis folgen will, ohne die Orientierung zu verlieren, sollte beide Bücher lesen, die den eigentlichen Impuls des amerikanischen Pragmatismus deutlich machen. Sie führen dem Leser nicht zuletzt den dramatischen Freiheitsimpuls des klassischen Pragmatismus vor Augen, von dem in seinem Ursprungsland gegenwärtig nur wenig zu sehen ist. MANFRED GEIER
MICHAEL HAMPE: Erkenntnis und Praxis. Zur Philosophie des Pragmatismus. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2006. 338 Seiten, 13 Euro.
WILLIAM JAMES: Pragmatismus und radikaler Empirismus. Herausgegeben, übersetzt und mit einem Nachwort von Claus Langbehn. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2006. 201 Seiten, 10 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Erhellend findet Manfred Geier diesen Band mit Aufsätzen von William James (1870-1910), die Claus Langbehn übersetzt und herausgegeben hat. Die Aufsätze machen für ihn den "eigentlichen Impuls" des amerikanischen Pragmatismus deutlich, dessen Plädoyer für eine lebenspraktische Relevanz der Philosophie seiner Meinung nach nicht mit den Nützlichkeitserwägungen des Utilitarismus in einen Topf geworfen werden darf. Die vorliegenden Aufsätzen befassen sich nach Ansicht Geiers unter anderem mit einer Metaphysik der reinen Erfahrung, mit der James die Schwierigkeiten einer dualistischen Trennung von erkennendem Subjekt und erkennbarem Objekt zu vermeiden suchte. Daneben findet er auch eine Reihe von Aufsätzen aus den Jahren 1904 bis 1909, die eine pragmatistische Ergänzung des radikalen Empirismus darstellen und verdeutlichen sollen, dass die "reine Erfahrung" keineswegs beliebig, relativistisch oder chaotisch ist. Schließlich führen die Aufsätze für Geier den "dramatischen Freiheitsimpuls des klassischen Pragmatismus" vor Augen, "von dem in seinem Ursprungsland gegenwärtig nur wenig zu sehen ist".

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