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Die Seeschlacht von Tsushima brachte die Entscheidung im Russisch-Japanischen Krieg von 1904/05. Sie hatte einen prägenden Einfluss auf die Geschichte des 20. Jahrhunderts. Dieses Buch schildert nicht nur die Hintergründe und den Verlauf der Schlacht, sondern auch, wie die Ereignisse in Ostasien die Weltgeschichte mitbestimmten.

Produktbeschreibung
Die Seeschlacht von Tsushima brachte die Entscheidung im Russisch-Japanischen Krieg von 1904/05. Sie hatte einen prägenden Einfluss auf die Geschichte des 20. Jahrhunderts. Dieses Buch schildert nicht nur die Hintergründe und den Verlauf der Schlacht, sondern auch, wie die Ereignisse in Ostasien die Weltgeschichte mitbestimmten.
Autorenporträt
Frank Jacob lehrt und forscht in New York.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.01.2018

Trafalgar 1905
In der Schlacht von Tsushima hatte die europäische Großmacht Russland keine Chance gegen das dynamische Japan
Gettysburg, das sagt vielen noch etwas: Amerikanischer Bürgerkrieg, Entscheidungsschlacht 1863, der Süden unterlag, der Norden siegte, in vielen Hollywoodfilmen ist die Schlacht präsent. Bei Gallipoli wird es schon schwieriger: Erster Weltkrieg, Niederlage der Entente-Mächte gegen das Osmanische Reich im Kampf um die Dardanellen 1915/16, spielt heute im kollektiven Gedächtnis Europas kaum eine Rolle. Bagdad 1915/17 ist ein Fall für Spezialisten: der Erste Weltkrieg im Irak, langwierige und ausgedehnte Gefechte zwischen Briten und Osmanen in der Region um Bagdad, Basra und Mossul, eine beinahe unbekannte Geschichte. Kursk 1943 war zwar die größte Schlacht des Zweiten Weltkriegs, in der etwa drei Millionen Soldaten kämpften mit mehr als 10 000 Panzern und Selbstfahrlafetten sowie 8000 Flugzeugen, steht aber in der Erinnerung deutlich im Schatten von Stalingrad oder D-Day. Und schließlich Tsushima? Wer in Europa weiß heute, dass es sich dabei um eine japanische Insel in der Koreastraße handelt – und dass nach ihr eine Seeschlacht im Jahr 1905 benannt ist, die den Verlauf des 20. Jahrhunderts verändert hat?
Mit einer neuen Publikationsreihe macht sich der Verlag Ferdinand Schöningh daran, Schlachten zu Lande, zu Wasser und in der Luft zu thematisieren, die in Europa, insbesondere in Deutschland weitgehend in Vergessenheit geraten sind, obwohl sie nicht nur ihre jeweilige Zeit prägten, sondern auch Folgen bis in die Gegenwart hinein hatten. Dabei geht es in „Schlachten – Stationen der Weltgeschichte“ nicht allein um die militärischen und technischen Aspekte der kriegerischen Auseinandersetzungen und ihre politischen Voraussetzungen in Antike, Mittelalter, Früher Neuzeit und Neuester Zeit. Vor allem stehen die Besonderheiten der Kriegführung mit Blick auf die jeweiligen gesellschaftlichen Verhältnisse im Vordergrund. So entstehen eindrückliche Bilder von den Formen der Konflikte und ihren sozialen und kulturellen Rahmenbedingungen. Und so mancher Mythos in der Erinnerungskultur wird dabei entlarvt.
Den Anfang der Reihe markiert nicht zuletzt Frank Jacob mit seiner Studie über die Seeschlacht von Tsushima. Sie brachte die Entscheidung im Russisch-Japanischen Krieg von 1904/05 und hatte entscheidenden Einfluss nicht nur auf die weitere Geschichte Asiens, sondern auch auf die Weltgeschichte insgesamt: Mit dem Sieg, den der japanische Admiral Togo Heihachiro in der Koreastraße über das russische Geschwader unter Admiral Roschestwenskij errang, nahm Japans Aufstieg zur Großmacht im Pazifikraum seinen Anfang. Hingegen geriet das bereits im Niedergang befindliche Zarenreich in eine Kette von Unruhen und Revolutionen, die es nicht überleben sollte. Mit großem Erstaunen nahmen damals die Weltöffentlichkeit und die Militärs wahr, dass die modern ausgerüsteten, gut ausgebildeten und effizient geführten Streitkräfte Japans in der Lage waren, der europäischen Großmacht Russland eine Niederlage beizubringen. Die Erfahrungen und Lehren dieser Schlacht fanden entsprechend ihren Niederschlag im Ersten Weltkrieg, in der Russischen Revolution und später auch im japanischen Angriff auf die amerikanische Pazifikflotte in Pearl Harbor 1941.
Jacob schildert die Vorgeschichte und den Ablauf der Seeschlacht von Tsushima, ihre Folgen und Auswirkungen überaus anschaulich und pointiert. Der Professor für World and Global History an der City University of New York macht das Ausmaß der russischen Niederlage deutlich – eine der schwersten Demütigungen in der langen und ereignisreichen Geschichte des Zarenreiches. Während die russische Flotte sämtliche Schlachtschiffe, die meisten ihrer Kreuzer und Zerstörer verlor und 5000 Gefallene zu beklagen hatte, standen die Japaner mit verhältnismäßig leichten Verlusten – drei Torpedoboote und 177 Tote – als überraschend klare Sieger da.
Hieraus erklärt sich auch der treffende Untertitel von Jacobs Werk – „Ostasiens Trafalgar“: Aufgrund des unerwarteten Erfolgs der japanischen Marine gegen eine aus europäischer Sicht als überlegener Gegner deklarierte Großmacht wurde die Seeschlacht von Tsushima sehr rasch mit dem Sieg der britischen Flotte über Franzosen und Spanier bei Trafalgar 1805 im Krieg gegen Napoleon verglichen und der kommandierende Admiral Japans zum Horatio Nelson von Ostasien erklärt.
Die Bedeutung der Zäsur von Tsushima geht nach Jacobs Analyse jedoch weit über das Maß des Vergleichs mit vergangenen maritimen Erfolgen berühmter Vorgänger hinaus. Um die globale Wirkmächtigkeit des Konflikts zu unterstreichen, hat Jacobs amerikanischer Kollege John W. Steinberg bereits die Bezeichnung „Nullter Weltkrieg“ vorgeschlagen. Denn besonders mit Blick auf die globalen Vernetzungen, die sich in ökonomischer Hinsicht im Zuge des Krieges bildeten, die industrialisierte Form der Kriegführung, die Opferzahlen und materiellen Verluste sowie die politischen Implikationen, die durch den Konflikt in Gang gesetzt wurden, ähnelt der Russisch-Japanische Krieg eher dem nachfolgenden „Großen Krieg“ als einem der erst wenige Jahre zuvor geführten Kolonialkriege, wie dem Spanisch-Amerikanischen Krieg 1898 oder dem Burenkrieg 1899-1902.
Zugleich erkennt Jacob im Russisch-Japanischen Krieg den seit langer Zeit absehbaren Kulminationspunkt der kolonialen Ambitionen der russischen und japanischen Kaiserreiche, die danach strebten, den eigenen Einfluss in Ostasien zu festigen und zur Basis ihrer kolonialen Expansionsträume auf dem asiatischen Kontinent zu machen.
Durch den Sieg Japans wurde der Krieg schließlich nicht nur zum Startpunkt, sondern nach Jacobs Urteil sogar zu einer Art Determinante des aggressiven politischen Kurses der japanischen Politik in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Bei Jacob wird so auch die Seeschlacht von Tsushima zu einem Sinnbild dieses Kurses: der erste große maritime Erfolg Japans, der seine Marine veranlasste, in der Zukunft ähnliche Konflikte gegen eine überlegene Großmacht in Betracht zu ziehen – im Fall der Vereinigten Staaten von Amerika allerdings mit verheerenden Folgen für Japan selbst.
THOMAS SPECKMANN
Die Lehren von Tsushima fanden
Niederschlag im Ersten Weltkrieg,
in der Russischen Revolution …
… und später auch im japanischen
Angriff auf die amerikanische
Pazifikflotte in Pearl Harbor 1941
Frank Jacob: Tsushima 1905. Ostasiens Trafalgar. Ferdinand Schöningh
Verlag, Paderborn 2017.
217 Seiten, 29,90 Euro. E-Book 23,99 Euro.
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