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Klangmagier und Pultdespot - dieses Buch besichtigt den Mythos Karajan neu!
"Denken Sie an meine Worte: Dieser Mann wird dem Musikleben im nächsten Vierteljahrhundert seinen Stempel aufdrücken." Der große Victor de Sabata sagte das 1939 über einen jungen Kollegen, der sich gerade anschickte, bekannt zu werden: Herbert von Karajan. Und falsch daran war einzig das Wort vom Vierteljahrhundert. Es war das nächste halbe Jahrhundert, das Karajans Stempel tragen sollte. Karajan war kein geborener Menschenführer.Dennoch gelang es ihm, zur bestimmenden Figur der internationalen Musikpolitik zu…mehr

Produktbeschreibung
Klangmagier und Pultdespot - dieses Buch besichtigt den Mythos Karajan neu!
"Denken Sie an meine Worte: Dieser Mann wird dem Musikleben im nächsten Vierteljahrhundert seinen Stempel aufdrücken." Der große Victor de Sabata sagte das 1939 über einen jungen Kollegen, der sich gerade anschickte, bekannt zu werden: Herbert von Karajan. Und falsch daran war einzig das Wort vom Vierteljahrhundert. Es war das nächste halbe Jahrhundert, das Karajans Stempel tragen sollte. Karajan war kein geborener Menschenführer.Dennoch gelang es ihm, zur bestimmenden Figur der internationalen Musikpolitik zu werden, durch seine Ästhetik wie den Zugriff auf die neuen Medien Langspielplatte, CD und Video, von denen er nie wieder gesehene Stückzahlen verkaufte. Früh hat man hinter dem Phänomen Karajan das Bedürfnis der Deutschen nach künstlerischer Illumination ihrer neuen Leistungsfähigkeit gesehen. Doch es war wohl mehr. Seine Aufnahmen verraten, wie tief er, der vielen so bourgeois erschien, Vertreter einer nicht nur technischen Moderne war.
Autorenporträt
Peter Uehling wurde 1970 in Berlin geboren und studierte Musikwissenschaft und Kirchenmusik. Er arbeitet als Musikkritiker der "Berliner Zeitung" und als Kirchenmusiker.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.10.2006

Der Partiturenpirat
Peter Uehling nimmt Herbert von Karajan als Künstler ernst / Von Julia Spinola

Über Herbert von Karajan ist schon alles gesagt worden? Über das aufregende Leben des Stardirigenten vielleicht schon. Nicht aber über den Künstler Karajan, über den Notenleser und Notenschlüsseldeuter.

Das Erscheinen einer neuen Karajan-Biographie läßt erstaunen. Vor vier Jahren ist Richard Osbornes monumentale Lebensdarstellung in deutscher Übersetzung herausgekommen. Auf über tausend Seiten wurde die Vita des Dirigierstars aus historisch sachkundiger Perspektive mit all ihren glamourösen, faszinierenden, unsympathischen und abstoßenden Details aufgerollt. Was wird ein nicht einmal halb so dickes Buch dem jetzt hinzufügen? Peter Uehling, 1970 geborener Kirchenmusiker und Musikkritiker der "Berliner Zeitung", verfolgt einen anderen Ansatz. Ihn interessiert die künstlerische Entwicklung Karajans; der Lebensweg ist nur der Rahmen. Kundig und mit psychologischem Gespür beschreibt auch Uehling die wichtigsten Lebensstationen Karajans bis zum Zerwürfnis mit den Berliner Philharmonikern. Karajans Verwicklungen in den Kulturbetrieb der Nationalsozialisten werden mit detektivischem Gespür rekonstruiert. Uehlings versucht, den Anspruch einer Musikerbiographie strengen Sinnes einzulösen. Die Darstellung versenkt sich bis in Details der interpretierten Partituren, um von hier aus die Physiognomie des Künstlers zu entfalten. Bisweilen, etwa in der plastischen Besprechung der Londoner Aufnahme des "Don Juan" von Richard Strauss, ergänzen sich sachkundige Würdigung und Kritik zu einem differenzierten Gesamtbild.

Das Unternehmen leidet an einer konzeptuellen Unschärfe: Es ist eine Sache, einen künstlerischen Werdegang zu beschreiben, und ein anderes, seine allgemeine ästhetische Bedeutung darzustellen. Ersteres gelingt Uehling anschaulich. Der letztgenannte Anspruch wird von ihm zwar miterhoben, doch nicht eingelöst. Dies läßt sich schon daran ablesen, daß Karajan als exemplarische Künstlerfigur des zwanzigsten Jahrhunderts, von wenigen Ausnahmen abgesehen, fast nur im Kontext seiner unmittelbaren Vorbilder diskutiert wird: im Vergleich zu Toscanini, dessen Position Uehling ohne große Argumentationsumschweife als starrsinnig und "grotesk" meint abkanzeln zu können, und zu Furtwängler, den er einem wenig durchgegorenen Bild "der Tradition" zuschlägt, von dem sich Karajan abgesetzt habe. Kein René Leibowitz, kein Hermann Scherchen, kein Otto Klemperer, kein Fritz Busch, keine Jewgenij Mrawinskij, kein Erich Kleiber wenn es um Beethoven-Interpretationen geht. Uehling würdigt völlig zerdehnte Aufnahmen langsamer Beethovensätze, als habe es die von Rudolf Kolisch begründete Diskussion um "Tempo und Charakter in Beethovens Musik" nie gegeben. Auch an den heutigen Standards des Dirigierens wird Karajan nicht gemessen, nur Boulez und Harnoncourt werden herangezogen.

Harnoncourt wird bemüht, um eine ästhetische Polarisierung aufzustellen, die sich schnell als pseudoexemplarisch erweist. Standardisierung versus Revolution lautet die Formel, die angeblich eine Hauptachse in der Interpretationsgeschichte des zwanzigsten Jahrhunderts markiere. Doch Gegenpole zu Karajan gibt es viele. Daher kratzt man mit der Opposition zu Harnoncourt nur an der Oberfläche.

Der Vergleich mit Boulez' Interpretation der "Orchestervariationen" op. 31 von Arnold Schönberg mit dem BBC Symphony Orchestra wird herangezogen, um zu zeigen, daß Karajan auch ein Strukturdenker sein konnte, sogar der größere als Boulez. Die Argumentationsstrategie ist hier wacklig, basiert sie doch auf einer Dementierung des eigenen Vergleichsmaßstabs. Uehling sagt: Karajan konnte Boulez auf diesem Felde überflügeln, weil - hier ist Uehling allerdings zuzustimmen - Boulez gar nicht der scharfe Analytiker ist, für den er gehalten wird. So sympathisch es ist, daß gegen die üblichen Klischees Karajans Einspielungen von Werken der Wiener Schule ins Feld geführt werden, relativiert sich der angepeilte Sensationseffekt sofort, wenn man den Vergleichsradius nicht auf Boulez beschränkt, sondern etwa die Einspielung mit Gielen hinzunimmt. Diese ist sicher nicht weniger genau als die von Karajan, aber gestisch wesentlich prägnanter und schlüssiger.

Uehling möchte Karajan als Protagonisten einer neuen Ästhetik sehen. Gerade der als Klangfetischist verschrieene "Dirigent des Wirtschaftswunders", wie Adorno ihn nannte, habe eine Affinität zu modernen Kunstrichtungen bewiesen: zum Serialismus aufgrund einer von ihm betriebenen "Autonomisierung von Klang und Rhythmus" sowie, in seinen Bruckner-Interpretationen, zur abstrakten Malerei. Uehling möchte zeigen, daß die vielgescholtene Glätte von Karajans Interpretationsstil einer Idee geschuldet ist, die "etwas anderes, Neues, entstehen läßt". Worin die Qualität dieses anderen liegt, wird nicht klar. Karajans Interpretieren, schreibt Uehling, wolle das Detail verschwinden lassen, zugunsten eines reibungslosen musikalischen Flusses. Die Größe dieses ästhetischen Ansatzes bestünde darin, "das individuelle Werk zu Musik schlechthin zu transzendieren - zu einer energetischen Erscheinung des Geistes, in der Ausdruck und Struktur zu Qualitäten zweiter Ordnung verblassen". Worin das Geistige von Musik bestehen könnte, wenn man Ausdruck und Struktur über Bord geworfen hat, bleibt offen.

Doch ist es gerade der vom Gehalt der Werke abgelöste "technische Zugriff", der Uehling fasziniert: "Er ergibt sich nicht aus einer wie auch immer gearteten Deutung des konkreten Werks, sondern aus einer musikalischen Grundhaltung, die in der Geschichte der musikalischen Interpretation etwas Neues bedeutet." Wie Karajan außerhalb der Aufnahmestudios einen technokratischen Perfektionismus pflegen konnte, zeigt die Schilderung von Bühnenproben für die Salzburger Osterfestspiele, bei denen der Orchesterpart nicht aus dem Graben tönte, sondern aus dem Lautsprecher. Vorab produzierte Aufnahmen verschafften Karajan die Möglichkeit, "auf das Orchester und auf Korrepetitoren zu verzichten, und auch die Sänger schonten sich und sangen auf den Proben gewissermaßen im Playback".

Uehling hat keinen rechten Begriff von der je konkreten Ausdrucksgestalt musikalischer Werke. So verwechselt er in seiner Würdigung Karajans als eines "Meisters der Form", der das musikalische Geschehen "in langen Bögen binden" könne, einen bloßen Klangstrom mit jener gestalthaft logischen Formentwicklung, auf die es ankäme. In seinen Werkbetrachtungen muß sich Uehling daher mit der Beschreibung stilistischer oder spieltechnischer Oberflächen begnügen. Genau das macht seine Affinität zur Politur-Ästhetik der späten Karajan-Aufnahmen aus. Welchen Sinn eine bestimmte Interpretationsnuance innerhalb des Werkganzen haben könnte, bleibt ein blinder Fleck. Daher rührt auch, daß bis zum Schluß nicht klar wird, nach welchem Kriterium Karajans Interpretationen mal gelobt, mal angefochten werden: Auf der Beschreibungsebene ist beides nicht auseinanderzuhalten.

Sogar die Beschreibungen sind nicht präzise. Nimmt man die Partitur zu Hilfe, was wegen des Fehlens von Notenbeispielen unumgänglich ist, staunt man. Am ersten Aufzug der "Walküre" soll Karajans "Kunst des Phrasenbaus" sowie des "Zusammenzwingens musikalischer Zusammenhänge" beleuchtet werden. Zur Diskussion steht die Passage, in der Sieglinde Siegmund den Trank reicht, genauer: die Klarinettenstelle nach Siegmunds Worten "Schmecktest Du ihn mir zu?". Uehling kritisiert die Aufnahme Soltis, die einem Klischee der Formlosigkeit von Wagners Musik Vorschub leiste, indem sie den Motiven "zuviel Raum" lasse. Dadurch, daß Solti die Klarinettenstelle deutlich langsamer als das Vorherige nähme, entstünde mit dem anschließenden Einsatz der Cellokantilene der Eindruck eines "anderen Formteils". Tatsächlich zieht Karajan die gesamte Passage in einem einheitlichen Tempo durch und ebnet so den dialogischen Charakter der Stelle - Sieglinde trinkt "mit" der Klarinette, reicht den Becher weiter, Siegmund trinkt zur Cellophrase - erbarmungslos ein. Was Uehling verschweigt, ist, daß laut Vortragsanweisung die Klarinettenpassage "sehr langsam" zu nehmen ist, genau wie Solti es tut.

An anderer Stelle bezeichnet Uehling den Kontrast zwischen dem "Legato der ersten beiden Takte" und "dem Staccato der folgenden beiden Takte" als einen "roten Faden" im Kopfsatz der achten Beethoven-Symphonie. Doch das Thema ist durch den Wechsel von Staccato und Legato charakterisiert, es gibt hier weder zwei Legato- noch zwei Staccato-Takte. Auch das "straffe Tempo", daß Uehling im Kopfsatz der späten "Eroica"-Einspielung von Karajan zu entdecken meint, verdankt sich offenbar einem Irrtum. Karajan verzichtet auf die Wiederholung der Exposition. Rechnet man die Dauer dieses Formteils hinzu, dann bestätigt sich sofort der spontane Höreindruck, Karajans Tempo sei ein eher gemäßigtes.

Uehlings Ansatz ist unbedingt lohnend. Leider hat er ihn selber nicht eingelöst.

Peter Uehling: "Karajan". Eine Biographie. Reinbek bei Hamburg, 2006. 413 S., Abb., geb., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.08.2006

Der Dirigent des Wirtschaftswunders
Keine Biografie, aber ein fesselnder, präziser Kommentar: Peter Uehlings „Karajan”
Es ist nicht der erste Fall, in dem der Anspruch einer Biografie erhoben, aber nicht eingelöst wird. Es entsteht auch hier der Verdacht, dass nicht der Autor, sondern der Verlag für die angeblich verkaufsfördernde Bezeichnung verantwortlich ist. Die Begründung, die die Einleitung liefert, wirkt bemüht, um nicht zu sagen gequält: „Die Behauptung, eine Biographie zu sein, löst das Buch ein, indem es die künstlerische Entwicklung Karajans beschreibt. Das Leben des Menschen Karajan ist in diesem Rahmen nur insofern interessant, als es diese künstlerische Entwicklung erklären hilft.”
Schön und gut, aber das ist nicht das, was man gemeinhin unter einer Biografie versteht; dann wäre ein anderer Untertitel ehrlicher gewesen, denn was soll eine neue Biografie des Star-Dirigenten, nach Roger Vaughans scharfsichtigem Porträt der achtziger Jahre, noch zu Lebzeiten Karajans, und vor allem nach Richard Osbornes überdetailliertem und alle, auch die nicht gehegten Wünsche nach Karajan-Informationen endgültig befriedigendem Buch von 1998?
Uehling hat keine neue Quelle aufgetan, kein Dokument anders gelesen als es bisher geschehen ist, wenn man einmal absieht von seinen für einen scharfen physiognomischen Blick zeugenden Bemerkungen über das Frisur-Styling des Dirigenten. Von solchen Exkursen hätte man sich mehr gewünscht. Der Blick des Buches auf Karajans Verhalten im Dritten Reich und vor allem seine Verwirrspiele und Vertuschungen danach entspricht dem Stand der Erkenntnisse, ist aber in der Verknappung etwas holzschnitthaft und fällt dadurch hinter Osbornes Präzision zurück. Dem Menschen Karajan am nächsten kommt vielleicht sogar ein schmaleres Buch: Wolfgang Stresemanns, des Intendanten der Berliner Philharmoniker, Erinnerungen an Karajan, „Ein seltsamer Mann . . .”.
Mit all dem kann sich Uehlings Versuch nicht messen. Sein Wert liegt auf ganz anderem Feld: Er bietet einen ebenso klugen wie fesselnden Kommentar zur Signatur des Interpreten Karajan.
Hier kommt die Kompetenz des nicht nur Musikschriftstellers, sondern auch Musikers Uehling fruchtbar zum Vorschein. In peniblen Vergleichen mit Aufnahmen seiner Konkurrenten Furtwängler, Toscanini, Knappertsbusch und Solti schälen sich Karajans Eigenheiten nach und nach klar heraus. Vor allem wird deutlich, und davon kann sich jeder überzeugen, der die Aufnahmen des jungen Dirigenten neben die des reifen hält, dass Karajans Interpretationen einem erstaunlichen Wandel unterlagen, einem weit deutlicheren, als er etwa bei Furtwängler zu beobachten ist, dessen musikalische Fundamente von Anfang an unerschütterbar erscheinen.
Immer Avantgarde
Karajan erweist sich als flexibler, auch beeinflussbarer, anpassungsfähiger, chamäläonhafter Orchesterleiter, wie immer man diese Feststellung bewerten will. Und so kommt es, was Uehling überzeugend vermitteln kann, dass ausgerechnet Herbert von Karajan, der „Dirigent des Wirtschaftswunders”, der stromlinienförmige Klangmagier, in seiner Spätphase zu Ergebnissen kommt, die viele ihm nicht zugetraut hätten, etwa in seiner Wiedergabe der Bergschen Orchesterstücke und vor allem der Schönbergschen Orchestervariationen, die sogar Adorno zähneknirschend (und sich nicht überwindend, den Namen zu nennen) anerkennen musste, oder in seiner späten Aufnahme von Bruckners 8. Symphonie, die keineswegs mehr jene „vollkommene sinnliche Fassade bei innerer Leere” hatte, die der gleiche Adorno bei einer Wiener Aufführung der späten fünfziger Jahre bemerkt hatte. Ob Karajans späte Mahler-Aufnahmen den Rang haben, den Uehling ihnen zuspricht, darüber kann man anderer Meinung sein. Ein Fragezeichen zu setzen ist auch bei seiner Einschätzung, dass Karajan immer Rhythmus und Klang in den Mittelpunkt gestellt habe, während dem Melos geringere Bedeutung zugemessen worden sei - dagegen spricht das Gelingen der Strauss- und Puccini-Aufführungen. Der oft kolportierte Scherz, Karajan sei ein erstklassiger Dirigent für zweitklassige Musik gewesen, versagt auf jeden Fall gegenüber seinen Verdi- und Wagner-Aufführungen. Karajans „Otello”- und „Ring des Nibelungen”-Aufführungen haben sich bis heute behauptet.
Etwas zu wenig Beachtung schenkt das Buch der Überlegung, warum Karajans Ruhm von der Furie des Verschwindens so angenagt worden ist. Er, der bei allen technischen Neuerungen sofort in der Avantgarde mitritt, dessen Hinterlassenschaft auf LP, CD und in den Kilometern von Film, einschließlich der unglücklichen Play-back-Opernfilme, so üppig ist, wie bei keinem anderen Dirigenten des 20. Jahrhunderts, hat sich nicht so verewigen können, wie er das mit allen Mitteln geradezu fanatisch anstrebte. Dass bei seinem Tod in seinem Salzburger Haus nicht die Familie anwesend war, sondern der japanische und der amerikanische Chef von Sony, ist von einer gewissen Symbolik.
Während aber der Ruhm Furtwänglers, der Aufnahmestudios hasste, und von dem es nur wenige Filmmeter gibt, aber glücklicherweise zahlreiche Mitschnitte voller technischer Mängel, gerade bei einer jungen Generation von Musikenthusiasten ständig im Steigen begriffen ist, verblasst der auf dem jeweiligen avanciertesten Stand der Technik konservierte Karajans zusehends. Dass dem ein gewisses Maß an Ungerechtigkeit innewohnt, macht Uehlings überlegte, präzise und überzeugend formulierte Darstellung sinnfällig - eine Bereicherung der Literatur über große Dirigenten.
JENS MALTE FISCHER
PETER UEHLING: Karajan. Eine Biographie. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2006. 414 Seiten, 24,90 Euro.
Herbert von Karajan 1958 in Salzburg, bei den Proben des „Fidelio”
Foto: Siess
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Zwar kann Peter Uehlings Biografie von Herbert von Karajan früheren Lebensbeschreibungen nicht das Wasser reichen und verdient die Genrebezeichnung nach Jens Malte Fischers Urteil nicht einmal, und trotzdem zeigt er sich von dieser Darstellung sehr angetan. Zu Leben und Werk fördert dieses Buch nichts Neues zu Tage, manches, wie die Rolle Karajans im Nationalsozialismus, kommt nach Ansicht des Rezensenten sogar zu kurz. Dann aber würdigt er das Buch als klugen und kompetenten Kommentar zum künstlerischen Werdegang des Dirigenten und preist die detaillierten Vergleiche von Interpretationen Karajans mit Werken anderer Dirigenten. Nicht alle Wertungen des Autors teilt Fischer, doch insgesamt ist er von dieser kenntnisreichen und dabei ansprechend präsentierten Darstellung begeistert und erteilt ihr trotz der Fülle an Karajan-Literatur eine Daseinsberechtigung.

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