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Stewart O'Nans Buch hat ein reales Ereignis zum Thema: den größten Zirkusbrand der amerikanischen Geschichte, geschehen 1944 in Hartfort, Connecticut, O'Nans Heimatstadt. O'Nan verfolgt die Schicksale jener Menschen, die an einem scheinbar harmlosen Sommertag losgehen, um sich unterhalten zu lassen, und mit Tod und Schrecken konfrontiert werden, da Feuer ausbricht. Er schildert die Katastrophe und ihre tragischen Folgen aus allen nur möglichen Blickwinkeln. Der Reiz und der Schauder der Lektüre liegen im sprechenden, bisweilen grotesken Detail. Seine Reportage macht das Unbeschreibliche…mehr

Produktbeschreibung
Stewart O'Nans Buch hat ein reales Ereignis zum Thema: den größten Zirkusbrand der amerikanischen Geschichte, geschehen 1944 in Hartfort, Connecticut, O'Nans Heimatstadt.
O'Nan verfolgt die Schicksale jener Menschen, die an einem scheinbar harmlosen Sommertag losgehen, um sich unterhalten zu lassen, und mit Tod und Schrecken konfrontiert werden, da Feuer ausbricht.
Er schildert die Katastrophe und ihre tragischen Folgen aus allen nur möglichen Blickwinkeln. Der Reiz und der Schauder der Lektüre liegen im sprechenden, bisweilen grotesken Detail. Seine Reportage macht das Unbeschreibliche erfahrbar und verwandelt sich so in ein Dokument der Zerbrechlichkeit des menschlichen Lebens.
Stewart O´Nan ist ein Meister des subtilen Horrors. Sein neues Buch hat ein reales Ereignis zum Thema: den größten Zirkusbrand in der amerikanischen Geschichte, geschehen 1944 in Hartfort, Connecticut, O´Nans Heimatstadt. O´Nan verfolgt die Schicksale jener Menschen, die an einem scheinbar harmlosen Sommertag losgehen, um sich unterhalten zu lassen, und mit Tod und Schrecken konfrontiert werden.
Er schildert die Katastrophe aus allen nur möglichen Blickwinkeln. Der Reiz und der Schauder der Lektüre liegen im sprechenden, bisweilen grotesken Detail.
Autorenporträt
Stewart O'Nan wurde 1961 in Pittsburgh/Pennsylvania geboren und wuchs in Boston auf. Bevor er Schriftsteller wurde, arbeitete er als Flugzeugingenieur und studierte an der Cornell University Literaturwissenschaft. Für seinen Erstlingsroman «Engel im Schnee» erhielt er 1993 den William-Faulkner-Preis. Er veröffentlichte zahlreiche von der Kritik gefeierte Romane, darunter «Emily, allein» und «Die Chance», und eroberte sich eine große Leserschaft. Stewart O'Nan lebt in Pittsburgh.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Ziemlich enttäuschend findet Gerrit Bartels Stewart O'Nans Aufarbeitung eines Zirkusbrandes, der sich vor fast sechzig Jahren in seiner Heimatstadt Hartford ereignet hat - und das, obwohl er frühere Romane des Autor durchaus zu schätzen weiß. Zwar hat O'Nan keine Mühen gescheut, das historische Material so authentisch und realistisch wie möglich aufzubereiten - "er ist in die Rolle eines hart recherchierenden Journalisten geschlüpft, hat Archive eingesehen, Interview geführt" und dabei manch widersprüchliche Wahrheit entdeckt, stellt Bartels nach seiner Lektüre des dicken Wälzers fest. Trotzdem hat der Rezensent nicht das Gefühl, irgendetwas Interessantes erfahren zu haben: "leider ist diese seltsame und lückenreiche Wahrheit alles andere als aufregend und schon gar nicht so schön zu lesen wie eine 'echter' durchkomponierter O'Nan-Roman". Das liegt nach Bartels Meinung vor allem daran, dass sich durch diese Buch nichts als die reine Faktenlage vermittelt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.03.2003

Hartford, 6. Juli 1944
Im Feuerschein: Stewart O’Nans Buch „Der Zirkusbrand”
Über dem Zeltdach lag ein Hitzeflimmern, das aussah wie zarter Dunst. Im Inneren überprüfte der Akrobat Karl Wallenda mit seinem Fuß gerade ein letztes Mal die Spannung des Drahtseils, auf dem er sein Fahrrad justiert hatte. Einige der Zeugen, die sich später meldeten, wollen in diesem Augenblick etwas Seltsames beobachtet haben. Ein Mann, der in einer der oberen Reihen saß, bemerkte über sich auf dem Zeltdach eine Handvoll dunkler Glasscherben, eine Frau wiederum sah zwei Vögel über den Stoff laufen. Doch die Flamme loderte an einer Wand hinter der südwestlichen Seitentribüne auf, etwa zwei Meter über dem Boden. Die wenigen, die das Feuer in diesen Sekunden registrierten, gingen davon aus, dass man es ohnehin gleich löschen werde. Als endlich drei Platzanweiser herbeieilten und sich die großen Wassereimer griffen, hatten die Flammen bereits das Dach erreicht.
Der Zirkusbrand in der Stadt Hartford vom 6. Juli 1944 sollte später als „die größte Katastrophe des Staates Connecticut” in die Annalen eingehen. Rund 9000 Besucher hatten sich trotz brütender Hitze zur Nachmittagsvorstellung im Hauptzelt der Ringling Brothers and Barnum & Bailey eingefunden. In dem gewaltigen Feuer – so die blanken Zahlen – starben 167 Menschen, darunter 67 Kinder, 487 weitere Personen wurden verletzt. Doch obgleich die Ereignisse dieses Tages im Gedächtnis der Überlebenden immer noch gegenwärtig sind, wird in der Öffentlichkeit kaum mehr über den Brand berichtet.
Nahaufnahmen aus der Ferne
Der amerikanische Schriftsteller Stewart O’Nan hat aus den zahllosen Einzelgeschichten über das Feuer eine 500 Seiten starke Textur geformt, die ihre Kraft aus dem Anspruch des Dokumentarischen gewinnt. Doch dieses Buch ist weit mehr als nur jene Vergegenwärtigung einer „längst vergangenen Zeit” und eines „längst verschwundenen Ortes”, die O’Nan in seinem Vorwort erwähnt. Es ist ein Buch über die Erinnerungsreste in den Köpfen des Einzelnen und ihre Verbindung zu einem kollektiven Gedächtnis, ein Buch über das Erzählen von Erinnerung und über die Fixierung der Wahrnehmung auf unscheinbare sinnliche Realien.
Wenn es so etwas wie Konstanten gibt in den Büchern Stewart O’Nans, dann gehört zu ihnen nicht nur die Tendenz zum Katastrophischen, sondern gewiss auch der große Traum des Erzählens, den Stimmen im Raum der Erinnerung Unsterblichkeit zu verleihen. In seinem zuletzt erschienenen Roman „Das Glück der anderen” (2001), der kurz nach dem amerikanischen Bürgerkrieg spielt, waren es die Toten einer Epidemie, welchen der Autor auf dem Gedächtnisfeld der Literatur die letzte Ehre erwies. Thronend auf einem Berg von Dokumenten und Fotografien, den er in langwieriger Recherche angehäuft hatte, entschied sich O‘Nan damals für die Möglichkeiten der Fiktion.
Auch für „Der Zirkusbrand” hat er aufwändige Nachforschungen betrieben, Archive und Museen durchstöbert, nebenbei Kontakte zu Behörden geknüpft und auf diese Weise Unmengen an Material zutage gefördert: Zeitungsartikel, Briefe, Fotografien, Filmfragmente, Verhörprotokolle, Krankenakten, Totenscheine. Vor allem aber hat O’Nan zwei Jahre lang über 200 Interviews mit Überlebenden des Feuers und mit den Familien der Toten geführt. Es mag an diesen vielen kleinen, bruchstückhaften Erinnerungen liegen, dass er diesmal den scheinbar nüchternen Weg des Sachbuchs eingeschlagen hat. Gleichwohl steht seine „wahre Geschichte” über den Zirkusbrand von Hartford den künstlerischen Finessen eines Romans in nichts nach.
Es sind die Techniken des Films, genau gesetzte Schnitte, Nahaufnahmen und Kameraschwenks, mit deren Hilfe es O’Nan gelingt, seinen Text atmosphärisch zu grundieren. Dazu trägt auch eine raffinierte Verknüpfung von Chronologie und Gleichzeitigkeit bei. Der Fokus liegt auf den Tagen vom 4. bis zum 10. Juli 1944, um sich dann in immer umfassendere Zeiteinheiten aufzulösen. Die erste Hälfte des Buches ist fast allein dem Tag des Brandes gewidmet, der wiederum unterteilt ist in Momente wie den Beginn der Zirkusvorstellung, den Ausbruch des Feuers, das Chaos an den Zeltausgängen oder, später, die Situation in den Krankenhäusern. O’Nan indes schreibt jedes Moment des zeitlichen Ablaufs in ein Feld von Eindrücken um, die bisweilen unterschiedlicher kaum sein könnten. Wer als Besucher etwa vom Feuer entfernt, nahe dem Ausgang und auf einem der unteren Plätze gesessen war, konnte später gar nicht begreifen, dass keine hundert Meter entfernt Menschen verbrannt waren oder man sie zu Tode getrampelt hatte.
Für den Leser entsteht so eine seltsam verzögerte Gegenwärtigkeit, die den Brand aus zahllosen Blickwinkeln zeigt – und es sind gerade diese kleinen Verschiebungen, die den Lücken und Brüchen der Erinnerung gerecht werden. Mit seiner kühlen, genauen Sprache, deren Ton der Übersetzer Thomas Gunkel recht gut im Deutschen nachgebildet hat, umgeht Stewart O’Nan zudem den melodramatischen Stil vieler Reporter, die damals über den Zirkusbrand berichteten. Trotz der Bilder von schreienden Menschen und verkohlten Körpern ist hier nichts auf Effekt berechnet, und nur selten versteigt O’Nan sich zu moralisierenden Kommentaren.
Während man noch staunt, wie oft sich die Erinnerungen in winzigen Details verdichten, sei es ein verlorener Schuh, ein Geruch oder eine geschmolzene Puderdose, stellt man fest, wie präzise der Autor gerade in der zweiten Hälfte des Buches die nötige Verschränkung von Nähe und Distanz zu den Materialien handhabt. Nicht nur greift er die Geschichten einiger Personen immer wieder auf, nicht nur blendet er verstärkt Dokumente in den Text ein oder berichtet über die Vernehmung der Zirkusleute, über Schadensersatzklagen und neue Brandvorschriften, sondern er sammelt auch Indizien zur Ursache des Feuers. War es eine Zigarette, die jemand sorglos gegen die Seitenwand des Hauptzeltes geworfen hatte, wie eine Lokalzeitung behauptete? War es die Hitze der Scheinwerfer? Oder hat jemand den Brand gelegt?
In einem eigenen Kapitel verfolgt O’Nan die Geschichte eines jungen Mannes, der fünf Jahre nach dem Zirkusfeuer behauptete, er habe die Zeltwand angezündet, weil ihm dies „der Rote Mann” im Traum befohlen habe. Doch die Aussagen in diesem Fall erweisen sich als ebenso schwach und widersprüchlich wie die wenigen Spuren, die das Feuer auf dem Brandgelände von Hartford hinterlassen hat. Stewart O’Nan kann das Rätsel des Zirkusbrandes nicht lösen. Viel entscheidender aber ist, er will es auch gar nicht lösen. Am Ende seines Buches spricht er von dem immer wieder aufblühenden Wunsch, das Geschehene begreifen, es ordnen und dokumentieren zu können. Und fällt sich selbst ins Wort: „Doch die Geschichte des Brandes ist anders. Betrachtet man sie genau, löst sich alles auf, fällt alles auseinander.” Es ist diese Gebrochenheit, die seinen „Zirkusbrand” zu einem großen Buch macht.
NICO BLEUTGE
STEWART O‘NAN: Der Zirkusbrand. Eine wahre Geschichte. Aus dem Amerikanischen von Thomas Gunkel. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2003. 509 Seiten, 24,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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"'Der Zirkusbrand' ist Journalismus im Dienste der Literatur und Literatur im Dienste der Geschichtsschreibung." (The New York Times)