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Mata Hari - Dieser Name steht für Erotik, Exotik - und ein Geheimnis. Denn wer war die glamouröse Tänzerin wirklich? Was bewegte die Frau, der bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs ganz Europa zu Füßen lag? Um auch im Krieg ein Leben voller Luxus fortführen zu können, ließ sie sich als Spionin für das Deutsche Reich anwerben - Offiziere, die ihr Geheimnisse erzählten, gab es schließlich genug. 1917 wird sie gefasst und nach einem Geheimprozess als Verräterin erschossen. Philippe Collas hat die erst kürzlich freigegebenen Akten ausgewertet und kommt zu einem überraschenden Ergebnis: Mata Hari…mehr

Produktbeschreibung
Mata Hari - Dieser Name steht für Erotik, Exotik - und ein Geheimnis. Denn wer war die glamouröse Tänzerin wirklich? Was bewegte die Frau, der bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs ganz Europa zu Füßen lag? Um auch im Krieg ein Leben voller Luxus fortführen zu können, ließ sie sich als Spionin für das Deutsche Reich anwerben - Offiziere, die ihr Geheimnisse erzählten, gab es schließlich genug. 1917 wird sie gefasst und nach einem Geheimprozess als Verräterin erschossen. Philippe Collas hat die erst kürzlich freigegebenen Akten ausgewertet und kommt zu einem überraschenden Ergebnis: Mata Hari wurde für patriotische Zwecke geopfert von Männern, denen sie immer schon zu freizügig, zu kosmopolitisch und zu exotisch war.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.11.2010

Im Schleiertanz in die Moderne
Ein göttlicher Leib und zu viele Illusionen: Philippe Collas erzählt die „wahre Geschichte“ der Mata Hari
Erhebt etwa jemand Anspruch auf diesen Leib? Nein, nun wollte ihn niemand mehr haben, diesen exquisiten und berühmten, einst unendlich begehrten, teuer bezahlten Körper, der eben noch als Sensation, als Nervenkitzel auf den Bühnen halb Europas begafft und bejubelt wurde, während er sich im legendären „Schleiertanz“ köstlich enthüllte. Peter Altenberg vergötterte ihn als „absolut idealen Leib“. Zwar musste sich der Wiener Dichter mit Schwärmen und Seufzen begnügen – „Mata Hari, sei gesegnet ob deines Körperbaues“ – andere dagegen, wenn sie viel Geld und Ansehen besaßen oder womöglich gar eine fesche Uniform, ganz gleich welcher Armee, Hauptsache es waren Epauletten darauf, brauchten nicht erst zum Fernglas greifen, um die Vorzüge dieses „unbeschreiblich edel modellierten Leibes“ zu erkunden. Viele, vermutlich sehr, sehr viele haben seine Nähe genossen, sein Spektakel. Aber jetzt wollte ihn ganz gewiss niemand mehr haben.
Jedenfalls antwortete keiner aus dem Kreis der Herumstehenden auf diese ohnehin nur rein protokollarische Frage, als im Morgengrauen des 15.Oktober 1917 jener Körper von Kugeln zerrissen auf dem Kasernenhof in Vincennes lag. Deswegen brachte man den Leichnam Mata Haris auf einem Pferdekarren in die medizinische Fakultät der Sorbonne. Niemand wollte die Beerdigung für die angebliche Hindu-Tänzerin bezahlen, die mit ihrem als „Gebet“ verbrämten Striptease berühmt geworden war und die man nun als Meisterspionin des deutschen Geheimdienstes füsiliert hatte. Welch eine bittere Pointe: Im „Etui ihres strahlenden Leibes“ (Franz Blei) hat die aus Friesland stammende Holländerin, die schon zweifache Mutter und geschieden war, eines der faszinierendsten Illusionskunststücke der ausklingenden Belle Époque aufgeführt, eine atemberaubende Scharade. Am Ende aber wird dieser tausendfach vergötzte Körper mit aller Macht entzaubert. Sein Bann war gebrochen.
Der französische Schriftsteller Philippe Collas lässt sein glänzendes, ja mitreißendes Buch über das Leben der Margaretha Zelle (1876-1917) – und über die fatalen Verstrickungen jener von ihr geschaffenen Kunstfigur Mata Hari – mit dem Abtransport zur Sorbonne beginnen. Er wählt diese Szene jedoch nicht nur wegen ihres geradezu schwindelerregenden Beziehungsreichtums als Auftakt. Sondern auch wegen seines Urgroßvaters. Denn dieser, Pierre Bouchardon, trug als ebenso verblendeter wie unerbittlicher Untersuchungsrichter den maßgeblichen Anteil am allzu tristen Abgang Mata Haris: An ihrer Verurteilung durch ein Pariser Militärgericht und der folgenden Hinrichtung durch ein Erschießungskommando.
Bouchardon sah in ihr von Anfang an nichts anderes als einen männermordenden Vamp, eine verabscheuungswürdige Kurtisane und eine eiskalte Doppelagentin, die sich von den Deutschen bezahlen ließ und tausende, ja hunderttausende französische Soldaten durch ihren Geheimnisverrat in den Tod getrieben habe. Er hat sie monatelang verhört, er hat ihr Leben bis in den letzten Winkel auszuleuchten und ihre geheimsten Absichten zu enthüllen versucht, allein mit dem Ziel, ihre ohnehin niemals auch nur angezweifelte Schuld zu erweisen. In seinen Augen war sie als Lebedame aus Prinzip schon schuldig. Er hat an ihr Rache genommen für die Femme Fatale als Schreckgespenst des Fin de Siècle.
Sein Enkel, der unweigerlich, wie er schreibt, mit der legendären Gestalt der Mata Hari aufgewachsen ist, sich sozusagen seit jeher „verwandt mit einer barbarischen Göttin“ fühlte, rollt also gleichsam den Fall seines Urgroßvaters noch einmal auf. Auch er will diesen Menschen, dieses Schicksal ergründen, auch er lässt ihr Leben Revue passieren, stellt Fragen, prüft Fakten, sammelt Zeugenaussagen, ermittelt. Aber eben nicht, um, wie damals, einen Sündenbock für verlorene Schlachten und gescheiterte Offensiven zu finden. Sondern die Wahrheit. Jedenfalls soweit das überhaupt möglich sein sollte, bei einer solch begnadeten und ungehemmten Illusionistin wie Mata Hari, die „Wahrheit“ oder „Faktentreue“ als, nun ja, Illusionen kleinkarierter Spießer verachtete, als Gnadenbrot der Einfallslosen, und die nur das für glaubwürdig hielt, was schillernd klingt und unterhaltsam ist, irgendwie märchenhaft, gut erfunden. Sie besaß mindestens so viele unterschiedliche Viten wie Bühnenkostüme, und alle waren sie ebenso unecht wie ihre javanesischen „Tempeltänze“ und ebenso fadenscheinig wie die Schleier, aus denen sie sich bei ihrem Striptease Schicht und Schicht wickelte, um sich schmachtend der – imaginären – Gottheit hinzugeben.
Philippe Collas hat zwar in dieser „wahren Geschichte“, anders als die Aufmachung des Buches suggeriert, keine grundlegend neuen Aspekte erschlossen oder gar Sensationelles enthüllt; das Bild, das er von der Lebedame entwirft, die aus tiefster Provinz kommt, einige unglückliche Jahre mit ihrem Ehemann, einem Offizier der Kolonialarmee, in Holländisch-Ostindien verbringt und die sich später mühelos in den höchsten Gesellschaftskreisen zwischen Paris und Berlin, Wien und Monte Carlo zu bewegen weiß, als exotisches Schaustück, als Blenderin, später zunehmend auch als Edelhure, weicht im Großen und Ganzen nicht von den Darstellungen ab, wie wir sie von Fred Kupferman und anderen kennen.
Dennoch wird man Collas’ Buch mit Gewinn lesen. Nicht nur, weil es gut, vielleicht sogar elegant geschrieben ist. Sondern weil er sich besonders ausführlich, besonders quellengesättigt ihrer Verstrickung in die Spionage widmet, den konkreten biographischen und zeithistorischen Hintergründen, und den Personen, deren Wege sie nun kreuzt und die sie zunehmend zur Getriebenen, zur Beute machten. Dabei sah sie sich doch törichterweise bis zum Schluss noch immer als diejenige, die das Spiel beherrscht. Obwohl das Spiel doch längst schon zu Ende war und sie nicht mehr im bunten Reigen des mondänen Amüsierbetriebs agierte, sondern im tödlich-ernsten Schattenreich der Geheimdienste und des hellauf lodernden Weltenbrands. Die Zeit der frivolen Maskeraden war vorbei; man trug jetzt Stahlhelm und Atemmaske. Mata Hari aber dachte, sie könne sich nun zugleich vom deutschen wie vom französischen Geheimdienst aushalten lassen, so wie früher von ihren spendablen Liebhabern, den Bankiers, Generälen und Baronen aus einer rasant untergegangenen Welt. Und sie glaubte tatsächlich, dass sie mit ein bisschen Salontratsch und ein bisschen Schwindel, mit guten Verbindungen, schicker Garderobe und immer noch atemberaubenden Kurven unbeschadet diese Stahlgewitter durchqueren könnte.
Man wird Collas nur in wenigen Punkten widersprechen wollen. So lässt sich Mata Hari zwar durchaus als eine Gestalt eigenen Rechts begreifen, ungebunden und freizügig, aber gewiss nicht als „eine der ersten emanzipierten Frauen“ überhaupt. Es gab viele andere vor ihr; man findet solche famosen weiblichen Erscheinungen im 19. wie im 18. Jahrhundert, in der Renaissance wie im Barock. Und sie war auch nicht „die erste Frau des 20. Jahrhunderts, die von Männern mit der Gesinnung des 19. Jahrhunderts umgebracht wurde.“ Es verhält sich ja genau umgekehrt: Sie wurde als ein Überrest der frivolen Belle Èpoque verurteilt, von mediokren Bürokraten der Moderne, als „internationale Frau“, wie sie sich selbst immer bezeichnete, die nicht gewillt war, so etwas Triviales wie Kriege und Passformalitäten, Landesgrenzen und Geheimtinten auch nur ansatzweise ernst zu nehmen.
Sie gehörte bereits zur Welt von gestern – so wie ihr Anwalt, ein liebenswerter Greis, der bis zuletzt an ihre Begnadigung glaubte. Der Staatspräsident, soll er noch auf dem Weg zum Richtplatz ein ums andere Mal gemurmelt haben, wird doch nicht zulassen, dass dieser begnadete Leib wieder zu Staub wird. MANFRED SCHWARZ
PHILIPPE COLLAS: Mata Hari. Ihre wahre Geschichte. Aus dem Französischen von Annalisa Viviani. Piper Verlag, München 2010. 462 S., 12,95 Euro.
Nun schreibt der Urenkel ihres
strengen Untersuchungsrichters
Längst gehörte sie zur frivolen
Welt von gestern
Greta Garbo und Ramon Novarro in „Mata Hari“ (Regie: George Fitzmaurice, USA 1931). Foto: Scherl
Margaretha Geertruida Zelle (1876-1917) – hier als Nachtklubtänzerin in Paris im Jahr 1905. 1917 wurde sie von einem französischen Militärgericht zum Tode verurteilt und in Vincennes bei Paris erschossen. Foto: SZ-Photo
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Hingerissen zeigt sich Rezensent Manfred Schwarz von Philippe Collas' Buch über das Leben der Holländerin Margaretha Zelle (1876-1917), die als sagenumwobene Spionin Mata Hari am 15. Oktober 1917 hingerichtet wurde. Collas, erzählt der Rezensent, hatte ein besonderes Interesse an Mata Hari: Sein Urgroßvater hatte nämlich als Untersuchungsrichter "maßgeblichen Anteil" am Todesurteil gegen Mata Hari. Zwar bietet das Buch dem Rezensenten zufolge keine grundlegend neuen oder gar sensationellen Erkenntnisse. So unterscheidet sich Collas' Bild Mata Haris, die aus der Provinz kommend zur begehrten und bewunderten Lebedame aufsteigt, für ihn nicht wesentlich von dem, das etwa Fred Kupfermann und andere schon gezeichnet haben. Aber die Lektüre des Werks lohnt sich nach Ansicht von Schwarz trotzdem unbedingt. Zum einen scheint ihm die Darstellung bei Collas sehr detailliert und quellenreich, zum anderen hervorragend und packend geschrieben. Das Fazit des Rezensenten: ein "glänzendes, ja mitreißendes Buch".

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