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Was geht in den Köpfen von Frauen vor, die älter werden? Mit dieser brennenden Frage beschäftigt sich Gunna seit Jahren. Eigentlich seit ihrem großen Bestseller "Der 30. Geburtstag". Wobei der 30. Geburtstag rückblickend im Grunde ein Luxusproblem ist. Denn erst später wird es richtig schlimm. Während Gunna zusammen mit Paula in ihrem Ferienhäuschen auf Sylt über Männer und Frauen und kleine private Katastrophen nachdenkt, drängt sich ein Ereignis in den Vordergrund: der 11. September 2001, New York. - Unnachsichtig und scharfsinnig geht Gabriele Wohmann in ihrem neuen Roman den Dimensionen des Alltags angesichts einer unfassbaren Katastrophe nach.…mehr

Produktbeschreibung
Was geht in den Köpfen von Frauen vor, die älter werden? Mit dieser brennenden Frage beschäftigt sich Gunna seit Jahren. Eigentlich seit ihrem großen Bestseller "Der 30. Geburtstag". Wobei der 30. Geburtstag rückblickend im Grunde ein Luxusproblem ist. Denn erst später wird es richtig schlimm. Während Gunna zusammen mit Paula in ihrem Ferienhäuschen auf Sylt über Männer und Frauen und kleine private Katastrophen nachdenkt, drängt sich ein Ereignis in den Vordergrund: der 11. September 2001, New York. - Unnachsichtig und scharfsinnig geht Gabriele Wohmann in ihrem neuen Roman den Dimensionen des Alltags angesichts einer unfassbaren Katastrophe nach.
Autorenporträt
Gabriele Wohmann, 1932 in Darmstadt geboren, gehörte zu den wichtigsten Schriftstellerinnen Deutschlands. Ihr umfangreiches Werk wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u. a. dem Bremer Literaturpreis und dem Hessischen Kulturpreis, und, sie erhielt das Große Bundesverdienstkreuz. Die Schriftstellerin verstarb im Juni 2015.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.12.2003

Die Gauloises schmecken noch
Aber der Tod raucht immer mit: Gabriele Wohmanns neuer Roman

Eine "deutsche Susan Sontag", wie Gunnas Freundin in Gabriele Wohmanns neuem Roman meint, ist sie gewiß nicht. Aber diese Gunna, Schriftstellerin wie ihre Erfinderin und auch sonst fast identisch mit ihr, ist auf jeden Fall eine gute Beobachterin. Nicht selten gelingt es ihr, den Zeitgeist nach dem 11. September 2001 einzufangen. Viele Stunden am Tag sitzt sie vor dem Fernsehapparat und versorgt uns mit kritischen, sarkastischen und manchmal auch witzigen Kommentaren. Nur leider beziehen sie sich meistens auf Ereignisse von vorgestern. Der These, daß der 11. September uns und alles um uns verändert habe, fehlen die Beweise. Allerdings ist Älterwerden angesichts einer Zeitenwende - wenn das Katastrophendatum denn eine wäre - ein läppisches Problem.

Gunna sammelt Material für ein Buch über das Altern von Frauen. Stofflieferanten sind ihre nicht mehr jungen Freundinnen, die sich gerne von ihr ausbeuten lassen. Sie hat sie sorgfältig ausgesucht. Nicht nur ihre Vornamen - Sirin, Una, Wanda, Henriette und  Paula - sind etwas Besonderes, sie haben auch besondere Berufe. Sirin, liiert mit dem zwölf Jahre jüngeren "raffaelitischen" Salvatore, ist Kunsthistorikerin und Dekanin an der Universität, Una Biologin, eine malt, eine andere ist Buchhändlerin. Bisher werden sie alle spielend fertig mit Falten, ihren Zipperlein und ein paar Pfunden zuviel. Sie kennen sich gut und palavern locker über mögliche Ängste vor dem Nachlassen der Kräfte oder dem Ende hinweg.  

Eigentlich sind sie alle ganz zufrieden mit sich. Das "Carpe diem"-Prinzip bewirkt eine gesteigerte Genußfähigkeit. Sie wissen, wo man gut ißt oder wie man gut kocht, die Gauloises schmecken noch immer, obwohl sie vielleicht das Leben verkürzen. Sie haben einiges erreicht, und daß "das umständliche Sex-Getue" meist fortfällt, scheinen sie auch nicht sonderlich zu entbehren. Ihre Männer sind ohnehin nur nützliche Begleiter oder, zeitlich befristet, erheblich jüngere Liebhaber. Nicht einmal als Stichwortgeber taugen sie.

Die findet Gunna, das Alter ego von Gabriele Wohmann, in ihrer Zitatensammlung. Die Bibel ist für sie als Pastorentochter eine vertraute Fundgrube, aber sie hat auch ihren Gadamer und Friedrich Georg Jünger gelesen, Stephen Hawking, Saul Bellow oder John Updike. Altsein sei eine "narzißtische Kränkung", eine Zumutung, aber auch eine "Jenseitseinübung", wenn ein Rest vom Kinderglauben geblieben ist. "Gemessen am Tod, ist alles lächerlich." Als Gunnas Bruder an Krebs erkrankt und nur noch kurze Zeit zu leben hat, wird die Schwester seltsam sprach- und hilflos. Und das Bekenntnis "Das Todesbewußtsein macht mich zu einem vergnügten Menschen" klingt hohl.

"Hol mich einfach ab", der  beiläufige Romantitel, will vielleicht nichts anderes sein als eine Einladung in Gabriele Wohmanns Innenwelt, die sie niemals ganz preisgibt. Schreiben ist für sie auch ein Schutz vor dem Ennui. Doch ihre treue Lesergemeinde wird ihr wieder folgen, die originellen Wortkombinationen und Gedankengänge genießen und sich die passenden verstreuten Lebensweisheiten zu eigen machen.

MARIA FRISÉ

Gabriele Wohmann: "Hol mich einfach ab". Roman. Piper Verlag, München 2003. 285 S., br., 8,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Nicht gerade für "eine deutsche Susan Sonntag", wohl aber für eine gute Beobachterin hält Maria Frise die Autorin, die sich auch in ihrem neuesten Roman mit der Schriftstellerin Gunna ein fast identisches Abbild geschaffen hat und dennoch nur wenig Einblick in die Innenwelt der Schriftstellerin Gabriele Wohmann gewährt. Wohmann-Fans werden auch diesen Roman lieben, meint Frise recht distanziert, lieben für ihre eingestreuten Lebensweisheiten, für ihre originellen Wortkombinationen und teilweise sehr treffenden Beobachtungen, die nach Meinung von Frise den Zeitgeist nach dem 11. September ziemlich gut einfangen. Bloß dass sich die teilweise recht bissigen Kommentare auf Ereignisse von vorgestern beziehen, kritisiert Frise; Wohmanns These, der 11. September habe alles in und um uns herum verändert, fehlten die Belege. Ansonsten sammelt die Ich-Erzählerin, erklärt die Rezensentin, Material für ein Buch über das Älterwerden von Frauen und benutzt dafür ihre Freundinnen, die ihre Erfahrungen gerne loswürden und letztlich alle recht zufrieden mit sich seien. Erst die Krebs-Erkrankung des Bruders erschüttere die wortmächtige Haltung Gunnas, so Frise, die auf alles ein passendes Zitat wisse. Schreiben sei für Wohmann wohl auch ein "Schutz vor dem Ennui", erklärt sie selbst leicht gelangweilt.

© Perlentaucher Medien GmbH