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Natürlich war Adam Czupek nicht der Richtige für sie. Ein Mann, der mit den Händen arbeitete, einer, der Sprache für unwichtig hielt. Mit so einem Mann konnte man sich nicht sehen lassen, viel weniger noch sein Leben mit ihm verbringen. Dachten ihre Eltern. Aber was wussten sie, deren Ehe längst am Ende war, schon von der Liebe. Was wussten sie von Adam? Er baute Drachen für die Kinder, die sie bekamen, fand eine größere Wohnung. Das Leben wurde zum Abenteuer, als sie rauszogen aufs Land. Und als sie von Bauer Holzapfel die Streuobstwiese bekamen, hatte Adam schon längst einen Plan, wohin das…mehr

Produktbeschreibung
Natürlich war Adam Czupek nicht der Richtige für sie. Ein Mann, der mit den Händen arbeitete, einer, der Sprache für unwichtig hielt. Mit so einem Mann konnte man sich nicht sehen lassen, viel weniger noch sein Leben mit ihm verbringen. Dachten ihre Eltern. Aber was wussten sie, deren Ehe längst am Ende war, schon von der Liebe. Was wussten sie von Adam? Er baute Drachen für die Kinder, die sie bekamen, fand eine größere Wohnung. Das Leben wurde zum Abenteuer, als sie rauszogen aufs Land. Und als sie von Bauer Holzapfel die Streuobstwiese bekamen, hatte Adam schon längst einen Plan, wohin das alles führen sollte. Birgit Vanderbekes unkonventionelle Erzählerin lässt sich von Adam bezaubern und von seiner Art, das Leben anzugehen. "Das lässt sich ändern" ist ein klarer, leuchtender Roman über die Liebe, das Anderssein und über das Bekenntnis zu den einfachen Dingen.
Autorenporträt
Birgit Vanderbeke, geb. 1956 im brandenburgischen Dahme, lebt im Süden Frankreichs. 1997 erhielt sie den Kranichsteiner Literaturpreis, 1999 den Solothurner Literaturpreis für ihr erzählerisches Gesamtwerk sowie den Roswitha-Preis, 2002 wurde ihr der Hans-Fallada-Preis verliehen, 2007 erhielt sie die Brüder-Grimm-Professur an der Kasseler Universität.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.03.2011

Händchen für die Revolte
Birgit Vanderbeke erzählt von bürgerlichen Querelen

Die Geschichte der bürgerlichen Familie ist untrennbar verknüpft mit dem Veto von Eltern gegen die Partner ihrer Töchter. Seit unzähligen Unterhaltungsstücken der Aufklärung gehört vor allem der väterliche Protest zum Ritual. Durch Tränen, Briefe und heftige Worte verschafft es sich Ausdruck. In Birgit Vanderbekes Roman "Das lässt sich ändern" reicht schon ein wenig Babyspucke aus, um die Tochter für immer zu verjagen: Als die Ich-Erzählerin mit ihrem Freund und Neugeborenen bei den Eltern auftaucht, besiegelt ein feuchtes Bäuerchen auf Opas Jackett den Bruch mit der Vaterwelt.

Das lässt sich zwar nicht ändern, wohl aber ein Leben fern der eigenen Herkunft. Es ist der Ausbruch aus einer behüteten Wattewelt, in der kein Mensch auf die Idee käme, eine Weinkiste zu tragen, einen Nagel in die Wand zu schlagen oder einen Knopf anzunähen. Der Verehrer Adam, den die Tochter mitbringt, ist ganz anders, "roch nach Werkstatt, nach Holz, nach Metall und nach Arbeit". Als er beim Antrittsbesuch handwerkliche Hilfe anbietet, schlägt ihm Verachtung entgegen: "Das können sie, solche Leute." Die Titelwendung "Das lässt sich ändern" gehört also ganz dem bodenständigen Adam. Zunächst bezieht sich das ohne politischen Hintersinn auf den Praxisoptimismus eines Tüftlers, der jeden Sperrmüllfund reparieren kann und für alles eine Lösung hat. Doch dann schlägt der Sinn fürs Praktische ins Programmatische um - und damit die individuelle Flucht aus dem Bürgerhaus in einen Aussteigerroman. Erzählt wird von den achtziger Jahren, als jeder "irgendwie links" war und man sich ansonsten auf eine Welt einstellte, die "kein Abenteuer war, weder verlockend noch beunruhigend". Zwischen den Studentenprotesten der Siebziger und den wachsenden Erfolgsambitionen nach der Wende war nicht viel los. Wie das damalige Leben wird dieser Roman von Zufällen und Träumen regiert: Das Paar scheitert an der Spießigkeit und sucht mit nun zwei Kindern nach Alternativen. Mit dem wachsenden Realismus der Neunziger schaffen sie sich eine Art Öko-Idylle auf dem Lande.

Wer von früher erzählt, setzt sich leicht dem Verdacht der Sentimentalität aus. Davon ist dieses unzeitgemäße Buch so wenig frei wie von so manchem Klischee. Doch es zeugt von Mut, der Marktmaschine wie der übermütigen Spaßgesellschaft auch literarisch andere Lebensmodelle entgegenzustellen, die nicht völlig verschwunden sind. Mit ihrer Erinnerungsarbeit versucht die Erzählerin, die Paradoxie der Zeitgeschichte aufzudecken, "dass diejenigen, die drinstecken, meistens nicht erfassen, was geschieht". Vanderbeke wird damit am ehesten ein Publikum gewinnen, das dem Alter der Protagonisten entspricht. Für den Großteil einer ganzen Generation modelliert sie so einen handlichen Griff an die eigene Nase.

ALEXANDER KOSENINA

Birgit Vanderbeke: "Das lässt sich ändern".

Roman.

Piper Verlag, München/Zürich 2011. 147 S., geb., 24,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.05.2011

Bauer Holzapfels Streuobstwiese und die Zukunft
In ihrem Roman „Das lässt sich ändern“ erzählt Birgit Vanderbeke die Geschichte einer Musterfamilie der Nachhaltigkeit
Stimmt schon, es ist gar nicht so leicht, einen Wasserhahn zu reparieren, und wer eine Küche tischlern kann, verdient Respekt. Handwerk und Tatkraft sind dem Reden oft überlegen. Auch in gesellschaftlicher Hinsicht kann es besser sein, im Kleinen etwas zu tun, statt die Notwendigkeit von Veränderung nur zu beschwören. Als Alltagsphilosophie ist diese schlichte Wahrheit durchaus von Nutzen, etwa wenn man sich zum Konsumverzicht motivieren will, doch lässt sie sich nur schwer zum Gesellschaftsmodell ausbauen. Der amerikanische Soziologe Richard Sennett hat es mit erheblichem Aufwand getan und dem Handwerk im weitesten Sinne zu neuen Ehren verholfen. Und nun versucht es auch Birgit Vanderbeke.
„Das lässt sich ändern“ schildert die langjährige Beziehung eines ungleichen Paares von den frühen achtziger Jahren bis fast in die Gegenwart. Die Ich-Erzählerin, eine Linguistin aus gutem Hause, und der jüngere Tischler Adam, Sohn einer siebenköpfigen Familie mit überforderter Mutter, verbringen die ersten gemeinsamen Jahre in Frankfurt und ziehen nach der Geburt des zweiten Kindes aufs Land. In der fiktiven Kleinstadt Ilmenstett hat Fritzi, eine Freundin der Erzählerin aus Studententagen, ein altes Haus geerbt. Es ist ziemlich marode, aber das macht nichts, denn schließlich ist mit Adam ein tüchtiger Handwerker im Haus. Fritzi ist Psychologin und Psychotherapeutin, die Erzählerin arbeitet als Logopädin.
Beide haben eine Menge zu tun: ein gehörloser Junge muss das Sprechen lernen, eine türkische Mutter will ihr Deutsch verbessern. Paare müssen therapiert, Ängste und Zwänge überwunden werden. Der Wandel der Zeiten spiegelt sich in veränderten Krankheitsbildern: Allergien und Stress nehmen zu, lebhafte Kinder gelten plötzlich als hyperaktiv.
Was die Freundinnen als Profis leisten, macht Adam auf andere Art. Er setzt nicht nur das Haus instand und tischlert sämtlichen Lehrer- und Professorenpaaren neue Küchen, sondern er kümmert sich auch um das Seelenheil von Bauer Holzapfel. Nach dem frühen Tod seiner Frau deprimiert, kann er den Hof alleine kaum bewältigen, ohnehin lohnt sich die Landwirtschaft nicht mehr. So baut Adam eine Scheune zum Pferdestall um, gestresste Großstädter verbringen fortan ihre Wochenenden auf dem Hof. Holzapfels Gemüt hellt sich auf, aber noch nicht genug, wie Adam findet. Also überredet er ihn, seinen Traum zu verwirklichen: endlich Hühner zu halten, alte Rassen, die es auf den Legefarmen längst nicht mehr gibt. Herr Özyilmaz, für dessen Döner-Imbiss die Hühner nach langer Lebensfrist bestimmt sind, schächtet sie selbst. Bald finden sich im Ilmenstetter Tagblatt böse Verleumdungen. Der Islam, das weiß die Erzählerin ganz genau, ist das neue Feindbild, das sich der Westen ersonnen hat, als Ersatz für den verschwundenen Osten.
Mit dem Anbruch des neuen Jahrhunderts geraten immer mehr Ilmenstetter an den Rand. Große Handelsketten schlucken alteingesessene Geschäfte, Jugendliche finden keine Lehrstellen mehr. Die Streuobstwiese, die Bauer Holzapfel Adam zum Dank geschenkt hat, wird zum Umschlagplatz eines neuen Tauschhandels, in dessen Mitte eine große, selbstgebaute Jurte steht, deren Filz per bankloser Barzahlung aus der Türkei geliefert wurde. Fritzis Freund Massimo, ein ausgestiegener IT-Spezialist, knüpft Verbindungen nach Frankreich, England, Indien. Überall entstehen, so will uns die Erzählerin Glauben machen, „Basislager“ gegen die „ganze Verblödung“, um „das Menschenwissen aus zehntausend Jahren“ wieder fruchtbar zu machen.
„Das lässt sich ändern“ firmiert als Roman, folgt aber dem bewährten Muster früherer Erzählungen: ein paar biographische Standardsituationen werden mit zeitdiagnostischen Beobachtungen verknüpft, treffend, aber auch recht allgemein nach den Zehnerschritten der siebziger, achtziger, neunziger Jahre organisiert und in den typischen Vanderbeke-Sound gekleidet. Als die 1956 geborene Autorin 1990 für ihre erste Erzählung „Das Muschelessen“ den Ingeborg-Bachmann-Preis erhielt, ließ ihr an Thomas Bernhard geschulter Stil aufhorchen. Er hat viele Erzählungen getragen, von „Gut genug“, ihrer bis heute lebendig gebliebenen, auf virtuose Weise flapsigen Geschichte vom Kinderkriegen, über „Friedliche Zeiten“, dem Porträt einer ost-westdeutschen Kindheit in den sechziger Jahren, bis hin zu „Alberta empfängt einen Liebhaber“, der listig erzählten Ehegeschichte einer Schriftstellerin.
Doch mittlerweile hat sich dieser Stil abgenutzt. Was einmal atemlos und geistesgegenwärtig wirkte, erweckt nun den Eindruck von Besserwisserei. Seit den siebziger Jahren wisse man, was die Stunde geschlagen hat, nur hätten es die meisten Leute vergessen, so lautet die mehrmals wiederholte Maxime des Buches, das den Lieblingssatz Adams – „das lässt sich ändern“ – von der Handwerker-Weisheit zur Weltrettungsformel aufbläst.
Wäre es wenigstens gut gemacht! Aber es ist nicht nur im Detail nachlässig erzählt – wie oft wird hier etwas als „dada“ bezeichnet, bis hin zum „großen Dada der Gewalt“ –, auch die Zeitabläufe geraten aus dem Blick. Die Kinder scheinen einfach nicht größer zu werden, kriechen auch dann noch ins Bett der Eltern, wenn man meint, so allmählich müssten sie mal die Schule verlassen. Die Geschichte dieser Musterfamilie der Nachhaltigkeit erstreckt sich immerhin über rund dreißig Jahre. Doch mit der von früheren Ich-Erzählerinnen übernommenen Schreibweise, die vergangenes Geschehen als vollendete Zukunft in die Gegenwart zieht und das Epische unterminiert, lässt sich eben diese Dauer nicht darstellen. Sie hätte einen anderen Stil verlangt.
Birgit Vanderbeke, die seit vielen Jahren in einer südfranzösischen Kleinstadt lebt, hat es sich mit diesem Buch zu leicht gemacht. Es mag den ein oder anderen Leser zum Kopfnicken verführen – ja, die Welt ist schlecht, dabei ließe sie sich doch so einfach ändern –, wer aber ernsthaft über dieses Aussteiger-Idyll nachdenkt, kann nur den Kopf schütteln. Als Weltentwurf ist es der Komplexität unserer Gegenwart ebensowenig gewachsen wie all die Vorabendserien, die Vanderbeke mit Recht der Verblödungsindustrie zurechnet.
MEIKE FESSMANN
BIRGIT VANDERBEKE: Das lässt sich ändern. Roman. Piper Verlag, München 2011. 160 Seiten, 16,95 Euro.
Der Filz der selbstgebauten Jurte
wird per bankloser Barzahlung
aus der Türkei geliefert
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Alexander Kosenina fühlt sich angesprochen von dieser Zeitmaschine von einem Roman. Zurück in die Achtziger geht's, wenn Birgit Vanderbeke kleine und größere Fluchten (aus dem bürgerlichen Elternhaus und der Gesellschaft) mit Hang zum Programmatischen erzählt. Und wenn die Träume schließlich auf den Realismus der Neunziger stoßen, hat Kosenina zweierlei gelernt: Es gibt (oder gab sie jedenfalls) alternative Lebensmodelle zur Spaßgesellschaft, auch wenn man sie selber vielleicht kaum wahrgenommen hat. Und: Ohne Klischees geht eine Erinnerungsarbeit, wie die Autorin sie betreibt, nicht ab.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Ein wunderbarer Roman.« Elle
»Präzise, klar und tiefgründig, aber nicht mit moralischem Zeigefinger, beschreibt Birgit Vanderbeke die Sehnsucht vom einfachen, naturverbundenen Leben abseits von Modetrends, Konsumterror und Hamsterrad.« Mittelbadische Presse 20120730