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Wo leben wir eigentlich? Und wenn ja, wie oft? Wenn die neueste Forschung recht hat, gibt es unendlich viele Welten und deshalb auch jeden Menschen unendlich oft. Willkommen im Multiversum! Haben die Physiker noch alle Tassen im Schrank oder stehen wir vor der größten Revolution seit Kopernikus?
Kein Witz: Unser Universum ist nur eines von unendlich vielen, und jeder Mensch hat Doppelgänger in anderen Welten. Unendlich viele, manche gleichen uns bis aufs Atom. Das behaupten seriöse Physiker, und sie meinen es ernst. Bisher spielten Philosophen, Schriftsteller und Regisseure mit der Idee der
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Produktbeschreibung
Wo leben wir eigentlich? Und wenn ja, wie oft? Wenn die neueste Forschung recht hat, gibt es unendlich viele Welten und deshalb auch jeden Menschen unendlich oft. Willkommen im Multiversum! Haben die Physiker noch alle Tassen im Schrank oder stehen wir vor der größten Revolution seit Kopernikus?
Kein Witz: Unser Universum ist nur eines von unendlich vielen, und jeder Mensch hat Doppelgänger in anderen Welten. Unendlich viele, manche gleichen uns bis aufs Atom. Das behaupten seriöse Physiker, und sie meinen es ernst. Bisher spielten Philosophen, Schriftsteller und Regisseure mit der Idee der Vielen Welten, jetzt erobert sie die Kosmologie - und könnte die größte wissenschaftliche Revolution seit der kopernikanischen Wende auslösen. Tobias Hürter und Max Rauner berichten live von der Entstehung eines neuen Weltbilds. Und sie gehen der Frage nach, was das für jeden von uns bedeuten könnte: Wer sind wir, wenn wir nicht mehr einzigartig sind? Werden wir unsere Doppelgänger jemals kennenlernen? Ist das Multiversum das Weltbild der Postmoderne? Gibt es noch einen Platz für Gott?
Autorenporträt
Tobias Hürter, Jahrgang 1972, studierte Philosophie und Mathematik in München und Berkeley. Er war Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft und arbeitete als Redakteur beim MIT Technology Review und bei der ZEIT. Seit 2008 schreibt er als freier Autor unter anderem für P.M., die ZEIT und ZEIT Wissen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.03.2010

Wer an die Weltformel glaubt, kann es schnell mit sehr vielen Welten zu tun bekommen

Paralleluniversen sind unter Physikern keine exotischen Objekte mehr. Tobias Hürter und Max Rauner erklären die neue Faszination und finden am Multiversum dann etwas vorschnell Geschmack.

Es ist viel einfacher, Romane zu schreiben", bemerkte Ivana Trump einmal, "da kann man sich einfach alles ausdenken." Aber vielleicht hat die amerikanische Milliardärsexgattin und Hobbyschriftstellerin mit ihrem 1994 erschienenen Opus über ein superreiches Society-Girl namens Katrinka Graham in Wahrheit ja ein Sachbuch geschrieben? Dazu ist lediglich erforderlich, dass unser Universum nur eines von unendlich vielen Universen ist. Dann wird es in einigen (ebenfalls unendlich vielen) davon auch Planeten geben, die der Erde aufs Sandkorn gleichen - bis auf die Tatsache, dass auf einigen (immer noch unendlich vielen) eine Katrinka Graham liebt und leidet: In einigen wird sie amerikanische Präsidentin, in anderen Nonne, und in einer widerfährt ihr exakt jenes Geschick, welches Mrs. Trump glaubt, frei erfunden zu haben.

Je nach Geschmack ein grauenvoller oder amüsanter Gedanke, aber kein neuer. Auch in Jorge Louis Borges' "Bibliothek von Babylon" steht Trumps Buch irgendwo, und wenn der französische Mathematiker Émile Borel 1909 bemerkte, dass ein Affe an einer Schreibmaschine, wenn er nur unendlich viel Zeit hätte, irgendwann auch Shakespeares Hamlet tippen würde, so ist zu ergänzen, dass Katrinka Grahams Abenteuer notwendig ebenfalls dabei herauskämen.

Neu ist allerdings, dass einige Physiker heute in vollem Ernst glauben, es gebe diese unendlich vielen Parallelwelten tatsächlich - und dazu formelgespickt Abhandlungen veröffentlichen. Wie es dazu kommen konnte, berichten die beiden Wissenschaftsjournalisten Tobias Hürter und Max Rauner auf höchst vergnügliche Weise. Dabei wird kaum etwas ausgelassen, was zum Verständnis dieses Phänomens notwendig ist: von der Geschichte der Kosmologie bis zu Interpretationsfragen der Quantenphysik. Bei der wissenschaftshistorischen Darstellung geht das Bemühen der Autoren um Lesbarkeit zwar zuweilen auf Kosten der Genauigkeit, dafür gelingen ihnen die Erklärungen vertrackter physikalischer Sachverhalte meist wunderbar anschaulich. Und in Beobachtungen wie der, dass nicht zuletzt die Hinwendung des prominenten Stringtheoretikers Leonard Susskind die Paralleluniversen unter Wissenschaftlern populär gemacht hat, wird auch die soziologische Dimension gestreift: "Wenn ein Alphatier wie Susskind in eine andere Richtung läuft, trabt die Herde hinterher."

Tatsächlich hat die Popularität der Parallelwelten viel mit neueren Entwicklungen in der Stringtheorie zu tun. Diese soll dereinst die Quantenphysik mit Einsteins Gravitationstheorie zu einer einheitlichen fundamentalen Theorie der Physik, einer "Weltformel", verheiraten. Sie ist nicht der einzige Ansatz dazu, aber derzeit der mit den meisten Anhängern. Vor einigen Jahren stellte sich nun heraus, dass der Stringansatz nicht nur ein einziges Universum erlaubt, sondern eine absurd hohe Anzahl von größtenteils sehr verschiedenen Universen. Auch eine ausformulierte Stringtheorie wird nach gegenwärtigem Stand der Erkenntnis daher keine Gründe dafür angeben können, warum unsere Welt gerade diese Eigenschaften hat und nicht andere.

Wenn aber die materielle Welt in letzter Konsequenz naturwissenschaftlich beschreibbar sein soll und diese Beschreibung eine Stringtheorie ist, geht das nur dann, wenn jedes mögliche stringtheoretische Universum tatsächlich verwirklicht ist. Und wie Rauner und Hürter berichten, lassen sich durchaus mathematische Modelle für ein solches sogenanntes Multiversum konstruieren, in denen unser Universum nur eines von vielen ist.

Das können aber nun sehr viele sein. Ihre Zahl kann hinreichend nahe am Unendlichen liegen, dass Katrinka Grahams Realexistenz unausweichlich wird. Sie wird es insbesondere dann, wenn zur Stringtheorie auch noch die "Viele Welten"-Deutung der Quantenphysik hinzukommt. Sie ist heute ein weiterer Grund für manche Physiker, der Multiversums-Idee anzuhängen. Sie geht auf den Amerikaner Hugh Everett zurück und behauptet, der Zufall in quantenmechanischen Prozessen sei eine Illusion, und alle möglichen, in unserer Welt nur mit gewissen Wahrscheinlichkeiten eintretenden Ergebnisse eines solchen Prozesses würden tatsächlich verwirklicht - nur eben in verschiedenen Universen, in die sich die Welt in jedem Moment aufspalte.

Die Idee eines Multiversums ist zweifellos ein wissenschaftshistorisches Krisenphänomen. Sie entspringt einer seit Einstein geradezu traditionell gewordenen Vorstellung einer naturwissenschaftlichen Letztbegründbarkeit der Welt und dem Hang mancher Physiker, ihre Beschreibungen mit der Realität selbst zu identifizieren anstatt mit unserem möglichen Wissen von ihr. Eine eingehendere Reflexion auf die philosophischen, um nicht zu sagen weltanschaulichen Voraussetzungen jener "gestandenen Professoren", die das Multiversum propagieren, fehlt bei Hürter und Rauner leider. Stattdessen sprechen sie "von einem sich verdichtenden Verdacht", am Multiversum könnte etwas dran sein, und sehen hier offenbar selbst allen Ernstes eine neue wissenschaftliche Revolution kopernikanischen Ausmaßes heraufziehen.

Doch was den besagten Verdacht da nährt, das sind mitnichten irgendwelche Möglichkeiten einfacherer Naturbeschreibung wie bei Kopernikus. Es sind erst recht keine neuen Erkenntnisse, auch nicht der Erfolg des hier immer wieder ins Feld geführten sogenannten Inflationsmodells der Kosmologie oder das Fehlen einer messbaren Raumkrümmung des sichtbaren Universums als Ganzes. Garantiert ist damit nicht einmal, dass es hinter dem Horizont, den die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichts unserer möglichen Erfahrung setzt, tatsächlich unendlich weitergeht - von raumzeitlich abgetrennten Paralleluniversen ganz zu schweigen. Der Verdacht, es könnte solche transzendenten Welten geben, ist nicht mehr als ein denkerischer Ausweg aus der Situation, in die jene im Zuge der Weltformelsuche geraten, die sich an bestimmte ontologische Vorstellungen über die Physik und ihre Objekte klammern. Wenn Hürter und Rauner etwa schreiben "Wer das Multiversum nicht akzeptieren will, der muss die Quantenmechanik verwerfen", dann stimmt das so nicht. Es stimmt allenfalls für den, der die Entität, mit der Quantenphysiker rechnen, die sogenannte Wellenfunktion, für etwas fundamental Reales hält.

An einem solchen Quanten-Realismus bestehen nun durchaus Zweifel, und die Nachricht, ein Glaube daran verpflichte auch zu einem Glauben an ein unendliches Multiversum, sind nicht unbedingt dazu angetan, diese Zweifel zu mildern. Im Gegenteil. Und dazu muss man sich gar nicht erst ein Multiversum voller Katrinka Grahams vorstellen oder einem sauertöpfischen Rationalismus anhängen, der sich über die mangelhafte Falsifizierbarkeit unsichtbarer Parallelwelten beklagt. Es reicht der Blick darauf, wie Physiker in der Praxis das Auftreten von Unendlichkeiten bewerten: als untrügliches Zeichen dafür, dass entweder eine Rechnung falsch ist oder eine Theorie auf etwas angewandt wurde, für das sie ungültig ist.

ULF VON RAUCHHAUPT.

Tobias Hürter, Max Rauner: "Die verrückte Welt der Paralleluniversen". Illustriert von Vitali Konstantinov. Piper Verlag München 2009. 269 S., br., 14,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ulf von Rauchhaupt lässt sich nicht beirren. Immer wenn es gegen unendlich geht, ahnt er einen Fehler im System. So auch beim inflationären Auftauchen raumzeitlich unabhängiger, ein Multiversum formender Paralleluniversen in der Physik. Wie es dazu kommen konnte, berichten ihm die beiden Autoren dieses Bandes, Tobias Hürter und Max Rauner, auf ebenso vergnügliche wie erschöpfende Weise. Rauchhaupt taucht ein in die Geschichte der Kosmologie und die Quantenphysik. Auch wenn die Genauigkeit um der Lesbarkeit mitunter leidet, wie er feststellt, die Veranschaulichung noch der vertracktesten Sachverhalte imponiert ihm. Bleibt dem Rezensenten, die Krisenhaftigkeit des Phänomens in Erinnerung zu bringen und die unzureichende Reflexion seiner weltanschaulichen wie philsophischen Voraussetzungen in diesem Buch zu beklagen. Oder glauben die Autoren am Ende selbst an Parallelwelten?

© Perlentaucher Medien GmbH