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"Ein herausragendes Buch! Es ist voller ungewöhnlicher Figuren, deren Leben von Vergangenem erfüllt und von Gegenwärtigem gesprengt wird - großartig geschrieben, packend und unvergesslich." Tom Rachman, Autor von Die Unperfekten

Produktbeschreibung
"Ein herausragendes Buch! Es ist voller ungewöhnlicher Figuren, deren Leben von Vergangenem erfüllt und von Gegenwärtigem gesprengt wird - großartig geschrieben, packend und unvergesslich." Tom Rachman, Autor von Die Unperfekten
Autorenporträt
Adam Ross, geboren in New York, lebt in Nashville, Tennessee. Nach zahlreichen Erzählungen in literarischen Zeitschriften legte er mit "Mister Peanut" seinen ersten Roman vor.
Adam Ross ist verheiratet und hat zwei Töchter.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.05.2012

Einsamer Kulissenbau
Adam Ross zeigt, wann das Leben die Richtung ändert

Geschichtenerzählen, was für ein onkelhaftes Wort. "Storytelling" dagegen, das lässt sich mit lässigem Stolz aussprechen. Auch wenn sich der literarische Wert eines Textes allerorten am Stil bemisst, so ist in der Heimat Hemingways, Faulkners und Carvers doch auch schon ein guter Plot an sich einige Pfifferlinge wert. Vielleicht hat es mit der Weite des Landes zu tun, damit, dass Aufmerksamkeit in Amerika teurer zu erkaufen ist: Griffig muss so eine Handlung sein, dem Leben abgeschaut und doch überraschend. Sie darf nichts Verblasenes, Eitles an sich haben.

Und hier ist einer, der solche Plots in Reihe zu liefern versteht: Adam Ross, ein neues Talent aus Nashville, Tennessee. Erste Berühmtheit erlangte Ross als Kinderstar, trat in Spielfilmen und Werbespots auf, wurde Journalist und erlernte das Schreiben unter anderem bei William Gass. Mit Mitte vierzig kannte er genug von der Welt, um mit Erfolg die literarische Bühne zu betreten. Das war vor zwei Jahren.

Die sieben griffigen Erzählungen, die jetzt in guter Übersetzung erschienen sind, entstanden gleichzeitig mit Ross' Debütroman "Mister Peanut", bei dem freilich - Ross musste sich beweisen - sich die Form in den Vordergrund drängte: Die in Geschichten zersplitternde Obduktion einer New Yorker Ehe wartete in postmoderner Manier mit alternativen Enden auf. Die Kurzgeschichten dagegen wirken geradezu altertümlich. Diese Entspanntheit ist ihre Stärke. Für seine Szenerien, in denen Gewalt und Tod eine zentrale Rolle spielen, benötigt Ross nur wenige kräftige Striche, weil er sie gekonnt an Bekanntes anlehnt und sich auf die individuelle Abweichung konzentriert: Mutproben im Studentenwohnheim, ein Englischprofessor, der über den Abgang seiner Frau nicht hinwegkommt, das Coming-of-Age eines jüdischen Jungen. Allenthalben hat man das Gefühl, in einen vor Jahren gesehenen Film hineingeraten zu sein, dessen Ende einem nicht mehr einfallen will.

Und die Enden haben es in sich: Ross lässt nichts ausläppern, er sucht die Pointe, den Coup. Mitunter wirkt das ein wenig aufgesetzt, so in der ansonsten starken Erzählung "Perspektiven". Die Geschichte handelt von einem auf sich selbst zurückgeworfenen Herumwurstler - Redenschreiber, Verlagsassistent, Kulissenbauer, Kleintheaterleiter - ohne Arbeit, ohne Geld, kurz: ohne Perspektiven. Im besten Anzug spricht David Appelow auf eine obskure Jobanzeige hin bei einer Agentur vor, zu Beginn noch selbstbewusst genug. Tatsächlich kommt er Runde für Runde weiter, muss sich dafür allerdings bis zur Lächerlichkeit verbiegen.

Zwischen diesen Auftritten betätigt er sich - Balsam für das Selbstwertgefühl - als kumpelhafter Vaterersatz für den ebenfalls vorerst gescheiterten Sohn einer Nachbarin: "Auf einmal wurde Appelow klar, warum er sich dem Jungen so verbunden fühlte. Sie beide reagierten nur." Schließlich handelt der Junge doch - und erleichtert Appelow um seine letzten Dollar. Zugleich platzen alle Hoffnungen auf den lukrativen Job: Es bleibt nur Häme. Der Betrug, zumal der unter Freunden, ist eines der Leitthemen in diesen oft moralischen Geschichten. Dabei beißen sich die ausgesprochenen Botschaften mit den impliziten. Appelows Geschichte etwa endet mit der Beschwörung des Gebots: "Behalte dein Unheil für dich." Doch die eigentliche Moral ist pragmatischer: Traue niemandem!

Es verwundert daher kaum, dass die meisten Charaktere einsam sind. Die Liebe hält nicht, was sich die Welt von ihr verspricht. Einseitig erkaltend verführt sie sogar zu Mordphantasien. Doch gibt es eine Gegenkraft, mit der sich das Leben meistern lässt, wie immer deutlicher wird: storytelling. Viele der Protagonisten sind Geschichtenerzähler und damit beinahe Alchemisten, die aus Unglück Gold zu machen verstehen und die andere Menschen auf diese Weise in Bann ziehen, überzeugen, gewinnen. Das Buch von Ross ist vor allem das: eine phantasievolle Liebeserklärung ans Narrative.

Der schlichte Titel "Ladies & Gentlemen" - es ist zugleich der Titel der abschließenden Erzählung, in der einer Frau auf dem Weg zu einer Affäre bewusst wird, dass sie in diesem Moment über den Verlauf ihres weiteren Lebens entscheidet - kann als Inhaltshinweis und Anrede verstanden werden. Tatsächlich nämlich geht es viel um Frauen und Männer sowie um deren Koppelung, das "&". Zugleich aber wird anhand dieser Protagonisten einem ebenbürtigen Publikum vorgeführt, dass jedem jederzeit die Kontrolle entgleiten kann.

OLIVER JUNGEN.

Adam Ross: "Ladies & Gentlemen". Erzählungen.

Aus dem Amerikanischen von Eva Bonné. Piper Verlag, München 2012. 238 S., geb., 19,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

So lebensnah, überraschend und uneitel müssen Geschichten erzählt werden, meint Rezensent Oliver Jungen, der genau diese Eigenschaften in der nun gelungen übersetzten Erzählsammlung "Ladies & Gentlemen" des in Nashville geborenen Autors Adam Ross gefunden hat. Entspannt, pointenreich und mit nur wenigen Worten lasse Ross Szenarien entstehen, die meist von Gewalt und Tod, vor allem aber von der Einsamkeit seiner Protagonisten handeln, so der Kritiker, der hier etwa einem jüdischen Jungen beim Prozess des Erwachsenwerdens folgt oder einen erfolglosen Herumtreiber beim Scheitern während seines Vorstellungsgesprächs beobachtet. Für den Rezensenten ist dieses Buch eine "phantasievolle Liebeserklärung" an das Erzählen.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Ross' Sprache ist elegant und klar und manchmal so schneidend, dass es wehtut. Seine Geschichten haben jenes gewisse Etwas, das den Leser glücklich zurücklässt.", Main-Echo, 26.08.2012 20151120