Marktplatzangebote
9 Angebote ab € 2,48 €
  • Gebundenes Buch

Amerikas Krieg gegen den Terror und der Heilige Krieg der Dschihadisten: Das sind die beiden Pole, in denen sich der große Konflikt unserer Zeit spiegelt. Gilles Kepels brillante Analyse zeigt, wie wir ihn entschärfen und zu einer friedlichen Lösung gelangen können.
Deutsche Soldaten sterben in Afghanistan, weil sie dort, so heißt es, unsere Freiheit verteidigen. Aber der islamistische Terror flaut nicht ab, im Gegenteil. Diese Spirale des Terrors können gerade wir in Europa umkehren, sagt Gilles Kepel, der wohl renommierteste Kenner der arabischen Welt. Wir müssen weg von der rein…mehr

Produktbeschreibung
Amerikas Krieg gegen den Terror und der Heilige Krieg der Dschihadisten: Das sind die beiden Pole, in denen sich der große Konflikt unserer Zeit spiegelt. Gilles Kepels brillante Analyse zeigt, wie wir ihn entschärfen und zu einer friedlichen Lösung gelangen können.
Deutsche Soldaten sterben in Afghanistan, weil sie dort, so heißt es, unsere Freiheit verteidigen. Aber der islamistische Terror flaut nicht ab, im Gegenteil. Diese Spirale des Terrors können gerade wir in Europa umkehren, sagt Gilles Kepel, der wohl renommierteste Kenner der arabischen Welt. Wir müssen weg von der rein militärischen Aktion. Kepel weist den Ausweg aus der Krise: Wenn es gelingt, einen Wohlstandsraum vom Mittelmeer bis zum Golf zu schaffen, werden daraus die Konturen einer neuen Region erwachsen, die allein der richtige Rahmen für den Frieden sein kann. Dafür braucht Europa vor allem eines: politischen Mut.
Autorenporträt
Gilles Kepel, geboren 1955, studierte Soziologie und Arabistik, ist Professor für Politische Studien am Institut d'Etudes Politique in Paris und hatte zahlreiche Gastprofessuren inne. Er gilt als einer der renommiertesten Forscher zum Thema des islamischen Fundamentalismus.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.03.2009

Vermeintliche Märtyrer
Die innerislamische Debatte über Selbstmordanschläge
Der Ägypter Ayman al-Zawahiri ist seit den Anschlägen des 11. September 2001 als Stimme von al-Qaida berühmt geworden, der Name des Syrers Abu Mussab al-Suri dagegen ist eher unbekannt. Aber auch Suri ist einer der Vordenker und Vorkämpfer des weltweiten Dschihad. Seitdem er in der Folge des gescheiterten Aufstands der Muslimbrüder 1982 Syrien verlassen musste, hat er an allen Fronten mit dem Wort und der Waffe für den Islam gekämpft – sei es in Afghanistan, Algerien oder im Irak. Ebenso wie Zawahiri gehörte Suri bei der Gründung von al-Qaida 1989 im pakistanischen Peschawar zum engsten Kreis um Osama bin Laden und nach 1996 erneut zu seinen medienpolitischen Beratern. Doch während Zawahiri die Anschläge in den USA theoretisch begründet und religiös rechtfertigte, zeigte sich Suri über die Attentate entsetzt, da er zu Recht fürchtete, dass die Dschihadisten nun der geballten US-Militärmacht ausgesetzt würden. In einem 2004 veröffentlichten 1600-seitigen Pamphlet zeichnete er ein düsteres Bild des Dschihad. Während Zawahiri noch immer den 11. September als Beginn einer neuen Epoche im Kampf gegen die Ungläubigen stilisierte, sah Suri die Anschläge als schweren strategischen Fehler.
Solche Brüche im Diskurs des Dschihad aufzuzeigen, gehört zu den Leistungen des Pariser Islamexperten Gilles Kepel. Im Original heißt sein neues Buch „Terreur et martyre” , was besser als der deutsche Titel „Die Spirale des Terrors” das Thema wiedergibt. Denn Kepel geht es vor allem um die Frage „Terrorismus oder Märtyrertum”, den Kampf um die Deutungshoheit der Anschläge, der zwischen Neokonservativen und Dschihadisten einerseits und zwischen moderaten und militanten Vertretern des Dschihad andererseits ausgetragen wurde.
Die Verklärung der Selbstmörder als Märtyrer begann mit dem Iran-Irak-Krieg in den 80er Jahren, als der Iran Kinder und Jugendliche in die Minenfelder schickte. Traditionell kommt bei den Schiiten dem Selbstopfer eine hohe Bedeutung zu, den Sunniten hingegen ist es eher fremd. Während die vom Iran aufgebaute schiitische Hisbollah das Selbstmordattentat schon lange gegen die israelischen Besatzer einsetzte, übernahm die sunnitische Hamas diese Waffe erst 1993. Unter den sunnitischen Gelehrten waren die „Märtyrer-Operationen” zunächst umstritten, und viele Ulemas lehnten den Selbstmord als unislamisch ab. Doch 1996 erklärten der Fernsehprediger Scheich Qardhwari und der Kairoer Gelehrte Scheich Tantawi Selbstmordanschläge als legitimes Mittel im Kampf gegen Israel. Auch die Tötung israelischer Zivilisten sei gerechtfertigt, da diese als Reservisten potentielle Soldaten seien. Die Darstellung der Attentäter als Märtyrer fand in der Folge vor allem durch den Sender al-Dschasira Verbreitung.
Als al-Qaida die Attentäter des 11. September ebenso als Märtyrer darzustellen suchte, stieß sie allerdings auf Widerspruch. Auch Qardwhari und Tantawi lehnten die Angriffe auf die USA ab, da diese, anders als Israel, sich nicht im Krieg gegen den Islam befänden. Als nach 2003 das Selbstmordattentat im besetzten Irak von al-Qaida eingesetzt wurde, war die Legitimation zunächst einfacher. Doch als sich die Anschläge immer weniger gegen die Besatzer und immer mehr gegen schiitische Zivilisten richteten, verloren sie auch hier an Akzeptanz.
Detailliert zeichnet Kepel die Propaganda von al-Qaida nach, die die Vielzahl der Attentate und anderer Ereignisse seit dem 11. September zu einer Großen Erzählung des Dschihad, wie Kepel dies nennt, zusammenzufügen trachtete. In seinen zahllosen Fernsehbeiträgen suchte Zawahiri als Sprecher von al-Qaida den Bezug zwischen den Kriegen im Irak, Palästina und Afghanistan, den Attentaten in Madrid und London, dem Mord an dem Filmemacher Theo van Gogh oder dem Streit um die Mohammed-Karikaturen und die Regensburger Papstrede zum globalen Projekt des Dschihad herzustellen.
Indem er alles ignorierte, was sich nicht in sein Weltbild einfügen ließ, konstruierte Zawahiri in den über das Internet verbreiteten Beiträgen eine kohärente Erzählung. Kepel stellt die Kohärenz dieser Erzählung zu Recht immer wieder in Frage, beteiligt sich zugleich aber selbst an ihrer Konstruktion, da er den ideologischen Aspekt der Gewalttaten herausstellt, ihre sozialen und ökonomischen Ursachen aber übergeht. Dies wird besonders deutlich, wenn Kepel auch die Pariser Vorstadtunruhen 2005 als Teil der Erzählung vom Dschihad anführt. Dabei können nicht einmal die Dschihadisten ernsthaft geglaubt haben, dass diese Revolte arbeits- und perspektivloser Migrantenkinder ideologisch bedingt war. ULRICH VON SCHWERIN
GILLES KEPEL: Die Spirale des Terrors: Der Weg des Islamismus vom 11.September bis in unsere Vorstädte. Piper, München 2009. 260 S., 22,95 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.05.2009

Blutiges Scheitern
Der Krieg gegen den Terrorismus und der Märtyrerkult

Der von Präsident Bush nach dem 11. September 2001 ausgerufene "Krieg gegen den Terrorismus" hat seine Ziele nicht erreicht. Der Angriff auf den Irak hat der Ausbreitung des islamistischen Terrorismus sogar geholfen. Auf der anderen Seite hat auch der Märtyrerkult von Al Qaida den Sieg über die Ungläubigen keineswegs näherrücken lassen. Stattdessen ist es zu einem mörderischen Krieg zwischen Muslimen gekommen. Zusammengenommen ergibt sich so das Bild eines allseitigen gigantischen blutigen Scheiterns. Gilles Kepel, Politikprofessor in Paris ohne Scheu vor guten, allgemeinverständlichen und manchmal auch etwas saloppen Formulierungen, untersucht die Gründe dieses doppelten Scheiterns. Das verbindet er mit einigen Lektionen darüber, wie man aus der Sackgasse wieder herauskommen könnte, in welche die Regierungen und Gesellschaften in vielen Ländern, besonders aber im Nahen und Mittleren Osten, durch diese Konfrontation und ihre Folgen gelockt wurden.

Den Rahmen für Kepels Analyse bildet die Gleichsetzung zweier politischer Großziele: des Sieges über den antiwestlich ausgerichteten und sich terroristischer Methoden bedienenden politischen Islam einerseits und des Sieges über das westlich-aufgeklärte und als verderbt und verflucht angesehene, universalistisch auftretende transatlantische Projekt der Moderne. Ob dies eine sinnvolle Gleichsetzung ist, darüber bestehen Zweifel. Mit etlichem rhetorischem Überschuss nennt Kepel diese Ziele "Große Erzählungen", einen Begriff aus der Debatte um die Postmoderne, der hier eher fremd klingt.

Jedoch kann man dem Autor bei seiner resümierenden Darstellung der politischen Fehler, die die Vereinigten Staaten nach den Terroranschlägen 2001 in ihrer Politik gegenüber dem islamistischen Terrorismus gemacht haben, ein großes Stück weit folgen. Die militärischen Einsätze in Afghanistan und später im Irak waren ungenügend geplant. Die politischen Strategien des amerikanischen Präsidenten zeichneten sich durch himmelschreiende politische Naivität aus, die noch dadurch verschlimmert wurde, dass sich seine neokonservativen Berater wie Super-Machiavellisten mit einem Missionierungs-Tick aufführten. Guantánamo und Abu Ghraib lieferten die Geschichten und vor allem die Bilder für unrechtes Tun des Westens und wirkten als politisch-moralische Selbstverletzung großen Stils. Gewonnen hat, schreibt Kepel zu Recht, vor allem Iran, und zwar auf Kosten des Westens und der Araber.

Terrorismus und die Selbstmordattentate kamen als Antwort auf die amerikanische Politik in den Irak. Kurz nach dem militärischen Sieg der Amerikaner und ihrer Verbündeten begann im Irak ein erbitterter innermuslimischer Kampf zwischen den Sunniten und den Schiiten. Der Märtyrertod durch Selbstopferung war ursprünglich eine schiitische Strategie gegen feindliche Kämpfer. Die Sunniten übernahmen sie und machten daraus ein unterschiedslos eingesetztes Kampfmittel. Diese Entwicklung im Irak, aber auch in Afghanistan und anderen muslimischen Ländern wird anschaulich geschildert. Das Aufkommen von muslimischen Fernsehanstalten wie Al Dschazira sowie des Internets hat erheblich dazu beigetragen, Selbstmordattentate mit einer Aura des Erhabenen zu versehen.

Einen Schwerpunkt des Buches bildet die Beschreibung und Analyse islamistischer Texte von Ayman al Zawahiri und Abu Mussab al Suri. Beide haben immer wieder im Internet oder mit Videobotschaften den Lauf der Auseinandersetzungen zwischen den islamischen Fundamentalisten und ihren Gegnern kommentiert und pausenlos neue Kämpfer zu rekrutieren versucht; der etwas ältere Zawahiri eher geschwätzig und selbstgefällig, der jüngere Suri mit militantem Pessimismus. Man bekommt hier einen hervorragenden Einblick in das Selbstverständnis der Dschihadisten, ergänzt durch einen Überblick über die extremistischen muslimischen Milieus in Großbritannien ("Londonistan"), den Niederlanden und Dänemark. Der Streit um die dänischen Mohammed-Karikaturen und um die Regensburger Rede von Benedikt XVI. zeigt, wie leicht sich kulturelle Differenzen und Missverständnisse politisch instrumentalisieren lassen.

Kepel zeichnet ein doch wohl etwas zu positives Bild von der Integrationslage der Muslime in Frankreich. Dies nimmt er zum Ausgangspunkt für sein Plädoyer, den Nahen und Mittleren Osten in den Alten Kontinent Europa mit dem Ziel zu integrieren, dass sich im Süden und Osten des Mittelmeers Unternehmerschichten entwickeln, von denen dann eine wirkliche Demokratisierung ausgehen wird. Diese Große Erzählung ist, fürs Erste, noch viel zu schön, um wahr werden zu können.

WILFRIED VON BREDOW

Gilles Kepel: Die Spirale des Terrors. Der Weg des Islamismus vom 11. September bis in unsere Vorstädte. Aus dem Französischen von Ursel Schäfer. Piper Verlag, München 2009. 359 S., 22,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Instruktiv findet Rezensent Wilfried von Bredow dieses Buch über den islamistischen Terrorismus und den Krieg gegen den Terrorismus, das Gilles Kepel vorgelegt hat. Auch wenn er dessen Gleichsetzung dieser beiden Kriege als zwei politische Großziele ablehnt, scheint ihm die Darstellung der Fehler - von der schlechten Planung der Einsätze im Irak bis hin zu Guantanamo und Abu Ghraib -, die die USA nach dem 11. September gemacht haben, weitgehend plausibel. Zudem schätzt er die anschauliche Schilderung der Entwickelung des Terrors in Ländern wie Irak und Afghanistan. Besonders hebt der Rezensent Kepels Analyse islamistischer Texte von Ayman al Zawahiri und Abu Mussab al Suri hervor, die seines Erachtens einen "hervorragenden Einblick in das Selbstverständnis der Dschihadisten" vermittelt. Außerdem hält er den Überblick über die extremistischen muslimischen Milieus in Großbritannien, den Niederlanden und Dänemark für aufschlussreich. Kepels Bild von der Integrationslage der Muslime in Frankreich ist in seinen Augen allerdings "zu positiv" ausgefallen.

© Perlentaucher Medien GmbH