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Wir werden und bleiben, was wir sind, durch Stammzellen. Der Arzt und Stammzellforscher Gerd Kempermann erklärt dieses neu entdeckte Prinzip lebenslanger Entwicklung und zeigt, wie es Medizin und Altersforschung revolutionieren wird.
Gerd Kempermann, Arzt und einer der renommiertesten deutschen Stammzellforscher, legt in der festgefahrenen Debatte um die Stammzellforschung endlich ein Buch vor, das nicht mit Ängsten oder unre alistischen Hoffnungen spielt, sondern klar und grundlegend informiert. Jenseits der Schlagzeilen erklärt er, was die "revolutionären Zellen" wirklich können:…mehr

Produktbeschreibung
Wir werden und bleiben, was wir sind, durch Stammzellen. Der Arzt und Stammzellforscher Gerd Kempermann erklärt dieses neu entdeckte Prinzip lebenslanger Entwicklung und zeigt, wie es Medizin und Altersforschung revolutionieren wird.
Gerd Kempermann, Arzt und einer der renommiertesten deutschen Stammzellforscher, legt in der festgefahrenen Debatte um die Stammzellforschung endlich ein Buch vor, das nicht mit Ängsten oder unre alistischen Hoffnungen spielt, sondern klar und grundlegend informiert. Jenseits der Schlagzeilen erklärt er, was die "revolutionären Zellen" wirklich können: Stammzellen sind Zellen, von denen andere Zellen "abstammen". Und weil die Wissenschaftler diesen lebenslangen Prozess der "Selbst erneuerung" Stück für Stück besser verstehen, werden Therapien möglich, die verhindern, dass wir überhaupt krank werden. In den Stammzellen liegt der Schlüssel für den größten Fortschritt, der in der Medizin momentan denkbar ist, und das Wissen darüber, wie und warum der Mensch altert.
Autorenporträt
Gerd Kempermann, geboren 1965 in Köln, Arzt und Stammzellenforscher, arbeitete u.a. am Salk-Institute in La Jolla, USA, and am Max Delbrück Centrum in Berlin. Seit 2007 Professor am CTRD, dem DFG Forschungszentrum für Regenerative Medizin an der TU Dresden. Konkret beschäftigt er sich mit der Frage, wie lebenslang aus Stammzellen des Gehirns neue Nervenzellen entstehen und wie dieser Vorgang reguliert wird.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.01.2009

Die Kulturen des Labors sind nicht zu unterschätzen

Die Stammzellforschung schreitet rasant voran: Gerd Kempermann weiß sie vorzüglich darzustellen, ohne die ethischen Aspekte dabei auszublenden.

Stammzellforschung wird nicht nur in Deutschland kontrovers diskutiert. Aber hier nimmt man das Thema so ernst, dass man sich kaum getraut, dazu einen Witz anzubringen. Auf amerikanischen Comedy-Websites gibt es dagegen sogar eine eigene Rubrik für solche "jokes". Einer von ihnen lautet: Ein Geisteswissenschaftler macht einem Stammzellforscher den Vorwurf, seine Welt beschränke sich auf das Labor, es mangele ihm an Kultur. Darauf der Zellbiologe erstaunt: "Kultur, wieso nicht? Ich bin doch von lauter Zellkulturen umgeben." An dem Kalauer ist etwas Wahres dran, denn zwischen den vielbeschworenen zwei Kulturen, der naturwissenschaftlich und der geisteswissenschaftlich geprägten, gibt es oft immer noch zu wenig Austausch.

Hier Abhilfe schaffen will das Buch eines deutschen Stammzellforschers, das auf jede Polemik verzichtet und kompetent in eine für Laien schwierige Materie einführt, bei der sich zudem der Kenntnisstand laufend ändert. Angesichts des Medienechos, das die Stammzellforschung in den letzten Jahren gefunden hat, überrascht es, dass nicht schon früher eine solche Einführung, die auch die ethischen Aspekte nicht vernachlässigt, auf den Buchmarkt kam.

Kempermanns Kernthese lautet, dass Stammzellen für die Medizin nicht vor allem deswegen interessant sind, weil sie sich dazu eignen, Rohmaterial für Zellersatztherapien zu liefern, "sondern vielmehr, weil sie eine fundamentale Perspektivenänderung für die Biologie verkörpern". Diese für viele Leser wohl überraschende Aussage diagnostiziert eine problematische Fokussierung in der öffentlichen Debatte - zum einen auf die embryonalen Stammzellen und zum anderen auf die Hoffnung, mit Stammzellen Krankheiten heilen zu können.

Die völlig neue Perspektive besteht nach Kempermann in entwicklungsbiologischen Erkenntnissen, die sich mit Stammzellforschung gewinnen lassen und deren Nutzen sich vielleicht erst viel später erweisen wird. Das sich vielleicht am schnellsten entwickelnde Forschungsgebiet innerhalb der Stammzellforschung ist für ihn die Neubildung von Nervenzellen aus Stammzellen im Gehirn von Erwachsenen. Diese "adulte Neurogenese" ist nicht zufällig auch das Gebiet, auf dem Kempermann selbst arbeitet. Man vermutet inzwischen, dass eine fehlerhafte Neurogenese zu Anpassungsstörungen in einem Gebiet des Großhirns führt und auf diese Weise für die Entstehung von Depressionen verantwortlich sein könnte.

Auch quantitativ betrachtet, ist die Forschung an Stammzellen des Gehirns bedeutsamer als die immer wieder in den Medien zitierten Untersuchungen an embryonalen Stammzellen menschlicher Herkunft, die nach Kempermanns Recherchen in den einschlägigen Datenbanken nicht einmal mit halb so vielen Originalarbeiten vertreten sind. Der Schwerpunkt der Forschung liegt jedoch - ausweislich der Publikationen - auf den sogenannten hämatopoetischen Stammzellen, die bereits in vielfältiger Form in der Therapie von Krankheiten - etwa bei Blutkrebs - zur Anwendung kommen.

Auch die Forschung an embryonalen Stammzellen wird natürlich dargestellt. Unter anderem zeigt Kempermann, dass die vermeintlich einfache Verschmelzung von Ei- und Samenzelle ein komplexer genetischer Prozess ist. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, was er Gegnern und Befürwortern der Forschung an embryonalen Stammzellen ins Stammbuch schreibt: "Die biologische Betrachtung allein bringt keine ethische Beurteilung hervor; die ethische Untersuchung allein jedoch bleibt willkürlich und metaphorisch, da ihr die Mittel fehlen, sich sicher in den Fakten zu verankern."

Auch Kempermann hat keine Lösung dafür parat, wie man den "Teufelskreis der Stammzelldebatte" durchbrechen kann. Er zeigt Verständnis für die sich widersprechenden ethischen Grundpositionen in der Debatte über die Forschung an embryonalen Stammzellen, weist aber auch darauf hin, dass die diagnostizierte Fokussierung auf diesen Aspekt der Stammzellforschung zu einer der Forschung abträglichen Wahrnehmungsverzerrung führt.

Kritisiert werden von ihm Forscher, die zu hohe Erwartungen hinsichtlich der therapeutischen Möglichkeiten geweckt haben. Nicht jeder verstand es, auf Fragen nach den therapeutischen Konsequenzen seiner Forschungarbeit so souverän zu antworten wie der amerikanische Krebsforscher Judah Folkman: "Ich kann Sie bestens behandeln, wenn Sie eine Maus sind."

ROBERT JÜTTE

Gerd Kempermann: "Neue Zellen braucht der Mensch". Die Stammzellforschung und die Revolution der Medizin. Piper Verlag, München 2008. 286 S., geb., 18,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Robert Jütte ist dankbar für diese Publikation. Eine verständliche Einführung in die Stammzellenforschung hält er für überfällig. Dass Gerd Kempermann vom Fach ist und ohne Polemik auch die ethischen Aspekte des Themas eingängig beleuchtet, freut ihn. Kempermanns These, wonach die Forschung an Stammzellen des Gehirns viel bedeutender ist, als die in den Medien stets im Vordergrund stehende embryonale Stammzellenforschung, überrascht den Rezensenten, überzeugt ihn aber auch durch den im Band dokumentierten Forschungsstand. Bezüglich der hitzig geführten Debatten um die Forschungsethik, lässt sich Jütte vom Autor belehren: Eine sinnvolle ethische Beurteilung setzt unbedingt die Kenntnis der Fakten voraus. Wie sich diese Kombination erreichen ließe, kann Kempermann zwar nicht vermitteln, dem Rezensenten jedoch genügt einstweilen das vom Autor aufgebrachte Verständnis für die verschiedenen Position innerhalb der Debatte und die Kritik an einer Forschung, die falsche Erwartungen im Bereich der Therapie weckt, um diesen Band als hilfreich einzustufen.

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