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Antonio Skármeta setzt mit seinem untrüglichen Gespür das Leben des Literaturnobelpreisträgers Pablo Neruda in Beziehung zu dessen gefeierten Gedichten. Er kannte den Menschen Neruda, nicht nur seinen Mythos. Somit beschert er uns als ergriffener Zeitzeuge einmalige Einblicke in das Leben eines Mannes, der ebenso engagierter Politiker war wie grenzüberschreitender Lyriker. Reich an Anekdoten, Emotionen und geschrieben mit humorvollem Feingefühl, ist dies die Hommage eines berühmten Schriftstellers an seinen vielleicht noch berühmteren Freund. Aber auch eine Einladung an den Leser, den großen Lyriker Neruda neu zu entdecken.…mehr

Produktbeschreibung
Antonio Skármeta setzt mit seinem untrüglichen Gespür das Leben des Literaturnobelpreisträgers Pablo Neruda in Beziehung zu dessen gefeierten Gedichten. Er kannte den Menschen Neruda, nicht nur seinen Mythos. Somit beschert er uns als ergriffener Zeitzeuge einmalige Einblicke in das Leben eines Mannes, der ebenso engagierter Politiker war wie grenzüberschreitender Lyriker. Reich an Anekdoten, Emotionen und geschrieben mit humorvollem Feingefühl, ist dies die Hommage eines berühmten Schriftstellers an seinen vielleicht noch berühmteren Freund. Aber auch eine Einladung an den Leser, den großen Lyriker Neruda neu zu entdecken.
Autorenporträt
Antonio Skarmeta, geboren 1940 in Antofagasta, Chile, verließ 1973 nach dem Putsch Pinochets seine Heimat und verbrachte viele Jahre im Exil in Berlin. Für sein literarisches und filmisches Werk erhielt er zahlreiche internationale Preise. Sein bisher größter Bucherfolg "Mit brennender Geduld", wurde mehrfach verfilmt. 1989 kehrte er nach Chile zurück; im Sommer 2000 wurde er zum Botschafter seines Landes nach Berlin berufen. 2014 wurde er mit dem Chile's National Literature Prize ausgezeichnet. Der Autor lebt heute in Santiago de Chile.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.01.2012

Die höchste Zacke der Kordilleren
Der chilenische Autor Antonio Skármeta huldigt seinem Idol, dem Dichter Pablo Neruda
Wer vor dreißig Jahren jung war, unglücklich verliebt und politisch eher links, hatte ziemlich wahrscheinlich auch einen Band mit Gedichten von Pablo Neruda in der Jackentasche stecken oder auf dem Nachttisch liegen. Einen Dichter, so charismatisch und populär, wie es der chilenische Nobelpreisträger von 1971 damals war, kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Das Politische und das Private sollte (und wollte) man seinerzeit nicht trennen. In Nerudas Gedichten vermischten sich erotische und politische Energien, beschworen intensive Bilder herauf, die den Leser ganz direkt erreichten. Das ist überhaupt nicht abschätzig gemeint, im Gegenteil.
Nerudas Meisterschaft zeigte sich in seinen besten Gedichten gerade in der Fähigkeit, ganz schlichten Sätzen und Gedanken poetische Qualitäten abzugewinnen, scheinbar vertraute Wendungen neu zu instrumentieren. Und weil man wusste, dass diese Verse oft genug durch eigene Erfahrungen beglaubigt waren, wirkten sie noch einmal intensiver.
Freilich galt die ungeheure Verehrung, die Neruda in Europa erfuhr, nicht allein seiner Poesie. Neruda verkörperte den Antifaschisten schlechthin: Schon als junger Diplomat ein Kämpfer gegen den braunen Terror in Europa, später Kosmopolit zwischen Chile und Frankreich, Kommunist, Freund Picassos und naiver Verehrer Stalins, wortgewaltiger Botschafter nicht nur seines Landes, sondern ganz Südamerikas auf unzähligen Schriftstellerkongressen.1970 verzichtete er bei der Präsidentschaftswahl darauf, gegen seinen Freund Allende zu kandidieren, nach dessen Sieg ging er als Botschafter nach Paris. Drei Jahre später starb er kurz nach dem Putsch Pinochets an einem Krebsleiden. Sein Begräbnis, bei dem sich seine politischen Freunde ein letztes Mal öffentlich versammeln konnten, schilderte Isabel Allende später als symbolisches Begräbnis der Freiheit.
Antonio Skármeta wurde 1940 geboren. Nach Pinochets Putsch musste er Chile verlassen und lebte bis 1989 im Exil in West-Berlin, schrieb Romane, Erzählungen und Drehbücher. Im Jahr 2000 kehrte er für drei Jahre als Botschafter nach Deutschland zurück. Unter den zahllosen Verehrern Nerudas ist Skármeta einer der leidenschaftlichsten. Er hat den Meister noch persönlich gekannt, und vielleicht fühlt er sich durch die Erfahrung des Exils und in seiner Doppelrolle als Literat und Diplomat bisweilen als der Stellvertreter Nerudas auf Erden. Sein erfolgreichster Roman „Mit brennender Geduld“ handelt von der Freundschaft zwischen Neruda und einem Briefträger, Michael Redford hat ihn unter dem Titel „Der Postmann“ verfilmt – das ist auch schon wieder 15 Jahre her.
Und nun noch einmal ein Dokument der Erinnerung und der Verehrung: „Mein Freund Neruda“, ein Buch, so monoman und missionarisch, dass es sich eigentlich jeder Kritik entzieht. Im ersten Teil hält Skármeta in sieben Episoden seine Erinnerungen an Neruda fest. Noch bevor die beiden sich persönlich kennenlernten, hat Neruda Skármeta zum Dichter und zum Mann gemacht – so genau kann man das nicht unterscheiden, denn das Interesse für Verse und für Frauen wurde offenbar gleichzeitig geweckt, und das eine ließ sich vom anderen nicht immer so recht unterscheiden. Skármeta erinnert sich an diese früheBegegnung mit Nerudas Lyrik noch mit einiger Selbstironie, in den folgenden Geschichten aber macht er seinen Lesern wieder und wieder klar, dass er seine Existenz als Autor überhaupt nur Neruda zu verdanken hat.
Mit Demut oder Dankbarkeit hat das freilich nur bedingt etwas zu tun, denn Skármeta verfügt über ein beneidenswert unverkrampftes Selbstbewusstsein, wenn es darum geht, die eigenen Erfolge ins rechte Licht zu rücken. Neruda aber schwebt gottähnlich über aller Literatur: „Dieses Land hat viele Dichter, so wie das Meer Wellen und die Kordillere Zacken hat. Einen gibt es jedoch, der ist das Meer, der ist die Kordillere.“ Erraten, es ist Neruda. Die Probe aufs Exempel, wenn sie überhaupt noch nötig sein sollte, liefert der zweite Teil des Buchs. Skármeta hat 20 Gedichte Nerudas zu einer Anthologie zusammengestellt und mit kurzen, sehr persönlichen Interpretationen versehen. Die müssten auch einem heutigen Menschen von 20 Jahren begreiflich machen, warum diese Lyrik seinerzeit so sehr faszinierte. Einiges fällt natürlich weg, weil sich die politischen Verhältnisse glücklicherweise geändert haben.
Doch es bleibt genug, was bis heute hält. Auch wenn man sie viele Jahre nicht mehr gelesen hat, berühren Nerudas Gedichte wieder ganz unmittelbar – man muss für sie nicht jung sein oder unglücklich verliebt. Für einen Moment wünscht man sich aber dann doch die Jahre zurück, als Lyrik so anspruchsvoll und populär zugleich sein konnte wie zu Nerudas besten Zeiten.
TOBIAS HEYL
ANTONIO SKÁRMETA: Mein Freund Neruda. Begegnungen mit einem Dichter. Aus dem Spanischen von Petra Zickmann. Piper Verlag, München 2011. 223 Seiten, Euro 19,95
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Tobias Heyl ruft noch einmal die außerordentliche "Verehrung" und Leidenschaft in Erinnerung, die der Dichter und Nobelpreisträger Pablo Neruda in den siebziger Jahren sowohl in Lateinamerika wie in Europa genoss. Insofern ist für ihn auch Skarmetas Erinnerungsbuch über den Dichter über jede Kritik erhaben, denn Skarmeta wird darin nicht müde, die überragende Bedeutung Nerudas, wenn auch mit selbstironischen Tönen, zu preisen. Während er im ersten Teil über persönliche Begegnungen mit Neruda schreibt, hat er im zweiten Teil zwanzig Gedichte Nerudas mit sehr "persönlichen Interpretationen" versehen, die dem Rezensenten eindringlich die glücklichen Zeiten ins Gedächtnis rufen, als Lyrik noch "so anspruchsvoll und populär zugleich" war.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.07.2012

Diese Dichtung führte dazu, dass Paare sich liebten

Der chilenische Schriftsteller Antonio Skármeta hat eine Sammlung von Gedichten Nerudas herausgegeben. In ihr erzählt er auch von seiner "sporadischen Freundschaft" zu dem großen Landsmann.

Der chilenische Schriftsteller Antonio Skármeta schrieb über seinen Landsmann Pablo Neruda, dass er auf diffuse Weise verliebt gewesen sei, als ihm ein Buch Nerudas in die Hände fiel: "Todo el amor" zu deutsch: "Die ganze Liebe". Während er darin las, wollte eine nicht näher spezifizierte "endlos lange Brünette" wissen, was das für ein Buch sei. Und dann lasen beide darin, und plötzlich, so der Autor, "spürte ich ihre Zunge über meine Lippen gleiten, sich dazwischen drängen und meine suchen". Natürlich ist dies ein möglicher Zugang zu großer Lyrik. Skármeta sagt über Neruda, indem er seine schöne Erfahrung, unter Hinweisen auf analoge anderer, verallgemeinert: "Ich weiß nicht, ob er ein großer Liebhaber war, aber seine Dichtung führte dazu, dass die Paare sich liebten" - Dichtung also als Lebenshilfe, auch dies ist ein Punkt.

Skármeta, Jahrgang 1940, wurde berühmt durch seinen Roman "Mit brennender Geduld", in dem Neruda vorkommt. Dieser Roman, 1985 erschienen, wurde durch den Film "Il Postino", "Der Briefträger", den Michael Radford nach Skármetas Roman gedreht hat, noch berühmter. Und jetzt gibt es auch, diesem Film folgend, eine Oper des in Südkalifornien lebenden Mexikaners Daniel Catán, die September 2010 in Los Angeles uraufgeführt wurde - mit Plácido Domingo als Neruda und Rolando Villazón als Mario, den Briefträger. Diesen übrigens lässt Skármeta einen vorzüglichen Satz sagen und zwar dem Dichter selbst, der ihm vorgeworfen hatte, seine Verse zur Verführung einer Kellnerin zu missbrauchen: "Die Dichtung gehört nicht dem, der sie schreibt, sondern dem, der sie benutzt!"

Neruda ist ein Dichter, wie wir ihn im Raum unserer Sprache eigentlich nicht haben. Als moderner Lyriker ist er ungeheuer volkstümlich. Denn moderne Lyriker sonst - etwa Rilke, Benn, Valéry, Eliot, Montale - sind dies ja nicht, auch nicht Brecht, allenfalls wären da Lorca und Machado in Spanien zu nennen. Skármeta sagt, Neruda sei überhaupt "der populärste Dichter des zwanzigsten Jahrhunderts". Aber wie immer es sich mit diesem Superlativ verhalten mag, dieser Dichter ist zusätzlich, was nun seine Thematik angeht, ein Dichter sozusagen von allem. Eines seiner Werke heißt geradezu "Allgemeiner Gesang", "Canto General". Eigentlich passte dieser Titel für seine Lyrik überhaupt. Er besingt die Natur mit ihren vier Elementen (besonders schön sein Gesang über die Luft), genauso aber die Menschenwelt, die Gesellschaft, die Politik - alles aus Natur und Geschichte ist somit abwechselnd bei ihm gegenwärtig.

Der Nordamerikaner Walt Whitman kommt da in die Nähe, und dieser war für Neruda auch das eingestandene Vorbild. Neruda war ein großer, sprachgewaltiger, phantasievoller und unermüdlicher Sänger. "Ungezählt entfließt dir Well' auf Welle", wie Goethe an Hafis gerichtet, den Dichter des alten Persien, singt. Und die Wellen, das Meer, das unaufhörliche und immer neue, in Chile nirgends allzu weit entfernt, ist einer von Nerudas ganz großen Gegenständen. Brandend sieht er es in seiner "Ode an das Meer" gegen den Felsen schlagen "mit sieben grünen Zungen, sieben grünen Tigern, sieben grünen Meeren". Das ist poetisch, und in der Tat - man kann es verstehen. Am bekanntesten wurden Nerudas "Zwanzig Liebesgedichte und ein Lied der Verzweiflung" (1924). "Explosionsartig", sagt Skármeta mit Recht, hätten sich diese Gedichte verbreitet (und sie tun es immer noch).

Den Nobelpreis, lange erwartet, erhielt Neruda 1971. Zwei Jahre später, 1973, starb er - den Tod des Doktor Allende überlebte er, zu seinem Glück, nur zehn Tage: "eine schmerzliche Synchronie", so Skármeta. "Sie erschießen sie alle!" soll Nerudas letzter Satz gewesen sein: eine Vision, die der Sterbende hatte. Auch dies Ende gehört, weit über Chile hinaus, aber in Chile ganz besonders, zum Mythos Neruda. Skármeta zitiert ein skurril schönes Graffito, das jemand auf den Holzzaun, der um Nerudas Haus in Isla Negra herumgeht, geschrieben hat: "Nicht Neruda ist chilenisch, sondern Chile nerudianisch". Darin liege, so Skármeta, keinerlei Übertreibung. Genau so sei es. Auch Skármeta übrigens ging, wie so viele, nach dem blutigen Putsch ins Exil. Er lebte viele Jahre in Berlin und war dort, von 2000 bis 2003, Botschafter seines Landes. Mit Neruda war er befreundet, aber doch wohl nur ansatzweise, er selbst redet von "sporadischer Freundschaft". Der deutsche Titel "Mein Freund Neruda" geht also weiter als der spanische, der kürzer ist - so kurz, wie es deutsch gar nicht geht: "Neruda durch Skármeta", "Neruda por Skármeta". Genau darum geht es in diesem schönen Buch.

Es bringt im kürzeren ersten Teil Erinnerungen an Neruda zur Sprache, auch übrigens an einen anderen großen Autor, den Mexikaner Juan Rulfo, den Skármeta bei einem großen Fest Nerudas getroffen hat und der zusätzlich zu seinem Hauptwerk "Pedro Páramo" durch extreme Wortkargheit legendär wurde. Über eine Talkshow mit ihm berichtete Borges, neben Neruda der andere große Dichter Lateinamerikas: "Ich habe pausenlos geredet, und Rulfo hat ab und zu das eine oder andere Schweigen eingestreut."

Der zweite Teil des Buchs präsentiert dann Gedichte Nerudas aus verschiedenen Epochen seines Lebens - diejenigen, versteht sich, die Skármeta besonders liebt (dabei greift die gute Übersetzung von Petra Zickmann auf die schon vorliegenden von Fritz Vogelgsang, Erich Arendt und Willi Zurbriggen zurück). Skármeta kommentiert diese Gedichte nicht literaturwissenschaftlich, sondern locker, ganz persönlich, einfach als kundig überzeugter Liebhaber. So ist dieses Buch eine vorzügliche Einführung in das Werk dieses Dichters. Und es lohnt sich sehr, ihn kennenzulernen, eben weil er so anders ist. Seine Gedichte sind schwungvoll, beredt, wortreich im positiven Sinn und immer welthaltig. Immer ist da "Referenz".

Er selbst kritisiert in einem Gedicht "Der unsichtbare Mensch" die "altmodischen Dichter", die er freilich alle liebe, die die Welt um sich herum nicht wirklich wahrnehmen: "immer sagen sie ,ich', / bei jedem Schritt / widerfährt ihnen etwas, / immer ist es ,ich', / durch die Straßen / gehen sie allein / oder die Herrliche, die sie lieben / sonst niemand, / kein Fischer, / kein Buchhändler geht vorüber, / kein Maurer geht vorbei, / niemand stürzt von einem Baugerüst, / niemand leidet, / niemand liebt, / nur mein armer Bruder, / der Dichter, / ihm widerfährt alles Geschehen, / niemand anderes lebt, nur er allein, / niemand weint vor Hunger / oder Zorn...". Und so geht es weiter, noch viele Zeilen und: warum nicht? Die Befangenheit des Dichters in sich selbst jedenfalls war nicht sein Problem. Und übrigens: Kritik an anderen Dichtern in einem Gedicht, dichterische Kritik an Dichtern ist ja auch nicht so häufig.

HANS-MARTIN GAUGER

Antonio Skármeta: "Mein Freund Neruda".

Aus dem Spanischen von Petra Zickmann. Piper Verlag, München 2011. 222 S., geb., 19,95 [Euro].

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"Wunderbar sinnliche, farbige Textinterpretationen finden sich in Skármetas Band.", Sächsische Zeitung, 07.06.2011