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Ein Buch voller Weisheit und Zärtlichkeit, das von den Schrecken und den Wundern der Kindheit erzählt. Im Einklang mit den geheimen Mächten der Natur und des Himmels, lebt Alvaro in einem Bergdorf in den Anden. Doch als die Cordillera erwacht, ahnt er den nahen Verlust der ihm vertrauten Welt.
»Papa flüstert mir zu: Du bist ein Kolibri. Der kleine Kolibri kreist um die Blume, um das Blatt, und schnell verschwindet er wieder. Mit einem Flügelschlag durchmißt er den Raum zwischen den Kaffeesträuchern, den Bananenstauden, er fliegt über die Hügel und die Berggipfel. Du bist wie er. Dich kann
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Produktbeschreibung
Ein Buch voller Weisheit und Zärtlichkeit, das von den Schrecken und den Wundern der Kindheit erzählt. Im Einklang mit den geheimen Mächten der Natur und des Himmels, lebt Alvaro in einem Bergdorf in den Anden. Doch als die Cordillera erwacht, ahnt er den nahen Verlust der ihm vertrauten Welt.

»Papa flüstert mir zu: Du bist ein Kolibri. Der kleine Kolibri kreist um die Blume, um das Blatt, und schnell verschwindet er wieder. Mit einem Flügelschlag durchmißt er den Raum zwischen den Kaffeesträuchern, den Bananenstauden, er fliegt über die Hügel und die Berggipfel. Du bist wie er. Dich kann man nicht einfangen, stimmt`s? Du bist scheu.« Alvaro ist scheu, er ist fünf Jahre alt und lebt in seiner eigenen Welt, in einem Dorf in den Anden, in einem Haus mit vielen Zimmern und einem nach Orangen duftenden Patio. Er wartet auf den Besuch des Großvaters, der ihm das Sternbild seines Lebens erklärt, er belauscht die Tante, wie sie seinen Schwestern das Geheimnis der Wörter nahebringt, er gruselt sich vor der Erzählung der Tränenfrau. Alvaro ist weise wie nur Kinder es sein können. Und als die Cordillera grollend erwacht, hat er eine schreckliche Vorahnung vom Verlust der ihm vertrauten Welt ...
Autorenporträt
Alvaro Escobar-Molina, geboren 1943 in einem Bergdorf im kolumbianischen Hochland, lebt seit 20 Jahren in Paris. Er lehrt Psychologie an der Universität von Amiens und beschäftigt sich als Kliniktherapeut besonders mit Häftlingen und Künstlern – mit den "Gefangenen des Daseins". Der schlafende Berg ist sein erstes Buch; er hat es auf französisch geschrieben.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.09.2003

„Plop” sagt der Kieselstein am Bach
Mächtiger Erinnerungszauber: Alvaro Escobar-Molina träumt vom fernen Kolumbien
Voltaire versteckt sie in einem Riss der Landkarte. Die beste aller Welten liegt hinter dem Bergriegel der Anden. Sein Candide lässt das Elend der Zeit, Krieg, Flucht, Gefangenschaft und Sklaverei hinter sich und erreicht das Land Eldorado, in dem die Kinder im Goldstaub der Straßen mit Smaragdkieseln spielen, auf einem reißenden Strom, der die himmelwärts ragenden Kordilleren teilt. Dort, wo Voltaire die Fahne der Hoffnung pflanzt, ist Alvaro Escobar-Molina zu Hause gewesen. Dort lag, von einer duftenden Pfefferminzhecke umgeben, sein Kindheitsparadies, eine Wiegenwelt kindlichen Glücks und familiären Friedens, die zerbrach, als die Guerilleros kamen, die Äcker verwüsteten, die Häuser niederbrannten und die Menschen aus ihren Dörfern vertrieben.
Poesie der Prosa
Der Sechzigjährige, den der Terror in seiner kolumbianischen Heimat vor zwanzig Jahren nach Frankreich verschlagen hat, macht es sich in diesem Buch zur Aufgabe, seine indianische Kindheitswelt als Ort gelebter Poesie der Prosa unseres entzauberten Zivilisationslebens entgegenzustellen. Dabei verlässt er sich auf die Wahrheiten bewussten Erinnerns. Sein Buch, das als „Roman” die Wissens- und Wahrheitsgewissheiten der konventionellen Autobiographie unterläuft, ist eine in Erzählungen aufgelöste Erzählung, die dem monographischen Entwicklungsschema des Lebenslaufs ein offenes Corpus ganzer Bruchstücke entgegenstellt.
Das föderale System dient einer Ausstellung lebender Bilder. In einer Folge isolierter Zeitumschläge werden der ferne Augenblick und die Jetztzeit des Erzählens vertauscht. Das Kind bewegt sich in einer Natur, die in wechselnden Metamorphosen ihr Eigenleben entfaltet. Die abendliche Kälte weint, in schwarze Gewänder gehüllt, weiße Tränen; der Fluss heißt, weil er einsam ist, Soledad; die Bäume werfen Schatten, wenn ihr Gespräch mit der Sonne belauscht wird.
Die Großmutter lehrt die Kinder, den Botschaften des Windes am Hang zu lauschen, den Geschichten des Kieselsteins am Bach und den Erzählungen der Blätter, die auf dem Fluss wandern. Dem Träumer unter ihren Enkeln zeigt sie den Tod. Sie führt Alvaro dorthin, wo der Weg hangabwärts führt und am Horizont verschwindet. Als Alvaro fünf Jahre alt ist, nimmt der Vater ihn mit ins Dorf, um ihn in der Bar der Gesellschaft der Männer vorzustellen. Der väterliche Stolz hat für das Kind eine besondere Bedeutung, denn es ist zwergwüchsig, im Verständnis Fremder ein Krüppel.
Der Erzähler ist nach Kräften bemüht, die Pforten seines Zaubergartens verschlossen zu halten und die Augenblicke zeitlosen Verweilens aufrechtzuerhalten. Mag sein, dass sein Restaurationswerk in dem imaginären Museum sein Vorbild hat, von dem er am Ende rückblickend spricht.
Die Familie lebt schon auf der Flucht fern der Heimat, als die Großmutter eines Abends mit lauter Stimme das Gebetslied ihrer Vorfahren anstimmt, eine kreisend sich erneuernde Beschwörung von Sonne und Sternen, gefolgt von Klagen, deren Rhythmus ein langsamer Tanz stützt. Als der Gesang gegen Morgen verstummt, wagt sich die Familie in der Dämmerung über die Schwelle und findet die alte Dame, auf den Fersen hockend, in ihrem Zelt. Das Zimmer existiert nicht mehr. An seine Stelle ist die mit Kohlestift an die Wände gezeichnete Cordillera getreten.
Und der Großvater spricht
Das Gedächtniswerk des Autors allerdings folgt den anderen Gesetzen der Schrift. Den Bildern, die er zurückholt, ist unübersehbar das Bewusstsein des Verlusts eingeschrieben. Im Originalzustand ist die alte Zeit nicht erneuerbar. Seine Kindheit verjüngt sich im Zeichen reflektierter Kindlichkeit. Er kann nicht verhindern, dass seine Tonfälle intoniert sind, der Gestus unmittelbarer Teilhabe stets auf dem Spiel steht und sein poetisches Nocheinmal zerschellt, wo immer der chronologische Takt seiner Erzählung hervortritt.
Ein erster Moment vorweggenommenen Abschieds ist jene Szene am Fluss, als der Großvater dem Kind die Zeit zeigt: den Atem des fließenden Wassers. Mit dem Begriff Gedächtnis, der am Ende des Kapitels auftaucht, legen sich die Schatten des Todes über die Gartenwelt, die Figur des Kindes sinkt in die Vergangenheit zurück und macht dem Erzähler Platz, der sich über seine Erinnerungen beugt. So verwickelt sich der Erzähler in einen Daseinskampf ausgerechnet mit seinem kindlichen Geschöpf.
Beendet wird der Hader von einer feierlichen Grundsatzerklärung des Fünfjährigen, die zum Verwechseln dem Rollenbild des durch Zuhören heilenden Psychotherapeuten entspricht. Da ist von dem Knirps schon nichts mehr übrig. Aber Alvaro Escobar-Molina, der Psychotherapeut ist und an der Universität Amiens Psychologie lehrt, hat ein Buch geschrieben, das uns Geschichtlichen eine Ahnung vermittelt vom fernen Schein der blauen Blume auf der Schwelle des Traums vom Paradies.
SIBYLLE CRAMER
ALVARO ESCOBAR-MOLINA: Der schlafende Berg. Aus dem Französischen von Elsbeth Ranke. Piper Verlag, München 2003. 155 Seiten, 15,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Sibylle Cramer ist von diesem Buch, dass Erinnerungen des im französischen Exil lebenden kolumbianischen Autors an die indianische Kindheit enthält, sehr eingenommen. Sie glaubt, der Autor wolle in diesem Buch die "Poesie" der Kindheit" der "Prosa" der Gegenwart entgegenstellen, wobei Alvaro Escobar-Molina sich nicht für eine Autobiografie, sondern für eine "in Erzählungen aufgelöste Erzählung" entschieden hat, wie die Rezensentin erklärt. Durch das sprunghafte Erzählen entstehen, wie sie meint, "lebende Bilder", die die Natur und das Familienleben in der fernen Vergangenheit beschreiben. Und auch wenn Cramer findet, dass es sich nicht immer verhindern lasse, dass das poetische Jetzt der Erinnerung mitunter am "chronologischen Takt" der erzählten Gegenwart "zerschellt", so stellt sie doch beinahe ergriffen fest, dass es "eine Ahnung vermittelt vom fernen Schein der Blauen Blume" der Kindheit.

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"Der Roman spiegelt ein Stück einer langsam verlorengehenden, kostbaren Lebensform und zeigt, wie unser Dasein auf Erden auch verstanden werden könnte." (Das Buch)