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"Alles auf die Sechsunddreißig rot!" Mit feuchten Handflächen und einer fast unerträglichen Anspannung in der Brust sitzt Noussis, wie jeden Abend, vor dem sich kreisenden Roulette, im Ohr nur das dämonische Klackern der Kugel. Wie Max der Vogel, wie Otto und der Professor ist Noussis nur von einem einzigen Gedanken getrieben: Welches ist die Zahl, die heute gewinnen wird? In der dunklen Anonymität der Welt der Kasinos fühlt Noussis sich geborgen: Freundschaft und Vertrauen haben in dieser Welt eine andere Qualität, denn keiner weiß viel vom anderen, keiner braucht etwas zu wissen. Es zählt…mehr

Produktbeschreibung
"Alles auf die Sechsunddreißig rot!" Mit feuchten Handflächen und einer fast unerträglichen Anspannung in der Brust sitzt Noussis, wie jeden Abend, vor dem sich kreisenden Roulette, im Ohr nur das dämonische Klackern der Kugel. Wie Max der Vogel, wie Otto und der Professor ist Noussis nur von einem einzigen Gedanken getrieben: Welches ist die Zahl, die heute gewinnen wird? In der dunklen Anonymität der Welt der Kasinos fühlt Noussis sich geborgen: Freundschaft und Vertrauen haben in dieser Welt eine andere Qualität, denn keiner weiß viel vom anderen, keiner braucht etwas zu wissen. Es zählt nur der gemeinsame Nenner: das Spiel. Bis eines Tages Irina, die schöne Tochter eines russischen Emigranten, auftaucht und Noussis erkennen lässt, dass sein Glück am Roulettetisch maßgeblich von seinem Erfolg bei ihr abhängt ...
Rastlos durch die Kasinos Europas reisend, folgt Noussis schließlich einer Einladung zum Rosenball nach Monte Carlo, wo er seine inzwischen perfektionierte Kunst der Wahr scheinlichkeitsberechnung ein letztes Mal zum Einsatz bringen wird.
Autorenporträt
Antonis Sourounis, geboren 1942, war Bauchladenhändler in Thessaloniki, Gastarbeiter in Deutschland, Tavernenwirt in Kalymnos, Schiffsjunge in Hamburg, Berufsspieler in fast allen Spielhäusern Europas - und ist heute einer der erfolgreichsten, meistgelesenen Autoren Griechenlands. "Der Rosenball" ist der erste seiner neun Romane, der auf deutsch erscheint.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.11.2001

Wo die Kugel hinfällt
Alles geht noch: Antonis Sourounis spielt griechisches Roulette

Täglich um halb drei Uhr nachmittags steigt Noussis am Frankfurter Hauptbahnhof in den Bus nach Wiesbaden. Außer Rentnern fahren hier nur Spielbesessene mit, die im Kasino der hessischen Landeshauptstadt auf ein Rendezvous mit ihrer Glücksfee hoffen. Noussis zählt zu letzteren. Allerdings ist der Grieche ein Spieler, wie man ihn friedlicher und in sich selbst ruhender kaum denken kann. Statt dem Roulette entgegenzufiebern, genießt er die dreiviertelstündige Busfahrt. Er ißt in aller Ruhe und sieht sich draußen die grünen Wiesen an und die Kinder, die auf den kleinen Sportplätzen Fußball spielen.

Auch im Kasino ist er nicht aus der Ruhe zu bringen. Er bemerkt Details, an denen der Blick des wahrhaft Spielsüchtigen wohl kaum hängenbleiben würde: etwa, wie armselig sein Regenmantel an der Garderobe hängt: "mit buckligem Rücken, vorgestreckten Armen und nach unten geweitet, durch den ausladenden Schritt seines täglichen Fußmarsches zum Autobus", so daß er gar nicht anders kann als "Mitleid und Zärtlichkeit" für ihn zu empfinden. Dem Leser geht es mit dem Protagonisten bald genauso. Als Noussis anschließend unaufhörlich die Zahlenreihen mitzuschreiben beginnt, weil er dem Zufall auf die Schliche kommen will, ahnt man noch dazu, daß in diesem armen Schlucker irgendwo doch ein großes Begehren stecken muß. Auch, wenn hier einer offenbar in kleinen Schritten zum Ziel will.

Das alles klingt überhaupt nicht wie Dostojewskis "Spieler". Wo beim großen Russen ein leidenschaftliches Ich im Zentrum steht, so ist es in Antonis Sourounis Roman "Der Rosenball" ein illustrer, freundlicher Mensch, wo bei Dostojewski die unbezähmbare Sucht eines Mannes jedes andere Gefühl überlagert, ist die Spielleidenschaft bei Sourounis - hat sein Protagonist denn einmal etwas Geld - zwar ein starker Zug des von ihm geschaffenen Charakters, aber eben nicht der alles dominierende. Die Spielsucht wird hier nicht auf dramatische Weise als die große existentielle Metapher des individuellen Scheiterns vorgeführt, sondern verweist vielmehr, humorvoll und dezent, auf die ewige Glückssuche des kleinen Mannes.

Die anderen Stammkunden des Kasinos wirken nicht minder sympathisch. Da ist der "Baron" mit den Haaren im strahlenden "Weiß einer nicht mehr existierenden Aristokratie", der mit großer Würde dem Kasino die Treue hält, da ist Max, der "Vogel", dessen Gestalt an einen gejagten Sperling erinnert, und jener gebildete Herr, der "Professor" genannt wird, weil er angeblich ein den anderen nicht näher bekanntes Fach an einer Universität lehrt, Otto, der "Opa-Boy", und Rolf, "der Schöne". Sie alle treffen regelmäßig am Roulettetisch zusammen.

Nur vordergründig handelt der Roman davon, daß Noussis und seine Freunde gemeinsam ein todsicheres System entwickeln, mit dem sie dann viel Geld verdienen und zu guter Letzt noch auf dem exquisiten Rosenball in Monte Carlo das große Spiel machen wollen. Eigentlich ist es ein Reigen aus lauter kleinen Geschichten, verbunden durch die Metapher des Lebens als Glücksspiel. Der große Spannungsbogen wird gestützt von lauter wunderbaren kleinen Porträts von skurrilen Figuren. Die Stärke des Romans liegt darin, ihre Schwächen so zu zeigen, daß man sie nicht als solche wahrnimmt. Da ist zum Beispiel die Großmäuligkeit des Professors: Er spricht zu seinen Freunden über die Bauart von Spieltischen, als halte er "eine Rede am Sitzungstisch einer zwanzigköpfigen Konferenz". Oder Noussis nicht allzu grüblerisch veranlagte Natur: Bei der Ansprache des Professors stellt er überrascht fest, daß er sich "noch nie ernsthaft gefragt" hat, "von welchen Menschen die Roulettes hergestellt werden, wie er sich auch noch nie gefragt hatte, von wem die Frauen gemacht werden".

Bezeichnend für Noussis und seine Freunde ist, daß sie mit Geld umgehen wie Kinder: ständig in dem Bewußtsein, daß es am nächsten Tag schon weniger wert sein kann als ein Salatkopf. So geben sie es vorsichtshalber aus, kaufen Chablis und Austern, Krawatten und Sportwagen. Einmal machen sie sich einen Spaß daraus, im kleinen Durchgangszimmer zu einer Modenschau zu sitzen und den Fotomodellen, die an ihnen in den Speisesaal vorbeidefilieren, die jeweiligen Kleider zu schenken. Ausgerechnet hier erkennen Noussis und die reich beschenkte Irina, daß sie füreinander bestimmt sind, und so mischt sich zu guter Letzt sogar ein märchenhafter Ton in den Roman.

Doch nie fehlen die Abgebrannten und Pechvögel, die die Szene konterkarieren. Es ist das Verdienst des Autors, das Verhängnis genau wie das große Glück im Laufe der Handlung auf leisen Sohlen kommen und gehen zu lassen und seinen Charakteren nie die Tapferkeit abzusprechen, zumindest versuchsweise gegen Übel anzukämpfen. Diese Geschichte über Bruchbuden im Frankfurter Bahnhofsviertel, fixe Ideen, schöne Hotels und feine Sportwagen, über das Leben als Glücksspiel und den Zufall als Beelzebub gehört nicht zu denen, die dem Leser den Boden unter den Füßen wegziehen. Aber sie ist reizvoll und anrührend und jede Seite wert. Ehrlichkeit, Liebe, Freundschaft, Humor: Diese altmodischen Tugenden strahlen bei Antonis Sourounis, dessen "Rosenball" nun als erster von neun Romanen in deutscher Sprache vorliegt, in neuem Glanz.

SILKE SCHEUERMANN

Antonis Sourounis: "Der Rosenball". Roman. Aus dem Neugriechischen übersetzt von Gesa Schröder. Piper Verlag, München 2001. 475 S., geb., 43,99 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Silke Scheuermann ist hingerissen. Antonis Sourounis Roman über die Geschichte eines Spielers "ist reizvoll und rührend und jede Seite wert", schreibt die Rezensentin. Sein Protagonist hat mit Dostojewskis "Spieler" wenig gemein. Er fährt von Frankfurt nach Wiesbaden ins Spielkasino nicht nur seiner Sucht wegen, sondern um alles zu genießen, was mit diesem Ausflug zusammenhängt: die Busfahrt, das Interieur der Spielstätte, die Beobachtung der Menschen. Die Spielsucht verweise hier nicht auf das große Scheitern, sondern auf die Glückssuche des kleinen Mannes, so Scheuermann. Erzählt wird nicht eine Geschichte, sondern ein wunderbarer Reigen voller skurriler Figuren, schwärmt die Rezensentin. Ehrlichkeit, Liebe, Freundschaft und Humor - diese altmodischen Tugenden erstrahlen bei Sourounis in neuem Glanz. Und die Begeisterung der Rezensentin für diesen Roman verdeutlicht, dass sie nichts dagegen einzuwenden hätte, wenn auch acht weitere Romane des Autors ins Deutsche übersetzt werden würden.

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